Malta. Ein geheimer Auftrag. Das seltene und wichtige Dokument soll in den Besitz der katholischen Kirche gelangen. Doch so einfach, wie sich der Auftrag zunächst anhört, ist er nicht. Pater Vince, als Leibwächter für Pater Ornello abgestellt, wiegt sich anfänglich in einer sicheren Position.
Aber er hat sich schwer getäuscht. Der Handel geht viel zu leicht vonstatten. Ein instinktives und auch erlerntes Misstrauen stellt sich ein. Nicht zu Unrecht, denn wenig später werden sie von zwei äußerst hartnäckigen Verfolgern durch die maltesische Nacht gejagt.
Die Fahrt geht durch die altehrwürdigen Gassen, vorbei an mittelalterlichen Befestigungsanlagen, die ein beliebter Drehort für historische Filme sind – und gerade jetzt genutzt werden. Die Bestürzung der beteiligten Schauspieler, Statisten und des Drehteams ist groß, als sich vor ihren Augen plötzlich eine echte Action-Szene abspielt.
Vince entschädigt sich großzügig für all die Aufregungen mit einem kleinen Techtelmechtel mit einer Stewardess, die ihm bereits bei der Ankunft schöne Augen machte – ohne zu wissen, dass Vince ein ordinierter Pater ist.
Zurück in Rom beichtet Vince sogleich all seine Missetaten Noch ahnt er nicht, dass seine Verdienste ihn geradewegs die Türen zu einer noch viel wichtigeren Stellung geöffnet haben: Unter dem neuen Namen Trias wird er der dritte Janitor, einer von zwölfen, und gehört fortan einer geheimen Schutztruppe an, von der nur sehr wenige Eingeweihte im Vatikan wissen.
Aber ist Vince auch wirklich bereit für dieses Leben? Schönen Frauen kann er einfach nicht widerstehen. Andererseits, wer ist dieses kleine Mädchen, das ihm auf Malta begegnet ist und wenig später in Rom seinen Weg kreuzt? Wie kommt sie zu der Behauptung, dass sie bereits seit seiner Geburt über ihn wacht?
Der Janitor reiht sich mit seinem Serienauftakt Der Engel aus Valletta in Thriller wie Illuminati, Assassini oder Das geheime Dreieck ein, die das Wirken des Vatikans und der katholischen Kirche als Basis für einen soliden Thriller nutzen.
Aus der Realität weiß man um Organisationen wie Opus Dei oder auch der Schutztruppe im Vatikan, der Schweizer Garde. Der Vatikan, die Kirche insgesamt, weiß immer noch mit einigen schwarzen Löchern aufzuwarten, die sich perfekt dazu anbieten, sie zu füllen und eigene Geschichten daraus zu kreieren. Das umfangreiche Archiv der Kirche bietet außerdem einen Ansatzpunkt für den Beginn dieser Handlung, geht es doch sogleich um die Beschaffung eines wichtigen Dokuments.
F. Boucq und Y. Sente halten sich nicht mit Vorreden auf. So erleben wir Pater Vince bei seiner täglichen Arbeit als Leibwächter im Priestergewand. Es ist ein wenig schade, dass man durch das Cover bereits von Vince’ Berufung weiß, denn so geht ein Teil der Überraschung verloren, die wenigstens die Stewardess am Morgen nach der Liebesnacht hat, als sie Vince in seiner tatsächlichen Berufskleidung sieht. (Ein Überraschungseffekt, den die beiden Macher für den aufmerksamen Leser beinahe in einer Art Fußnote verstecken.)
Die gezeigte Nacht- und Nebelaktion weiß ebenso zu begeistern wie die fremdländische Umgebung, denn Malta ist recht selten Schauplatz eines Thrillers, im Roman wie im Comic. Alleine die Fahrzeuge und die fein abgebildeten Straßenzüge machen die Verfolgungsjagd zu einem Erlebnis.
Mit der sorgfältig konstruierten Handlung beweisen F. Boucq und Y. Sente gleichzeitig, dass Action nicht notwendig ist, um Spannung zu erzeugen. Bereits die geheimnisvolle Tätigkeit von Vince ist für viele Fragen gut, die einer Klärung bedürfen. Damit nicht genug. Würde schon Vince’ kurze Vergangenheit im Dienste der katholischen Kirche für eine Geschichte reichen (Und überhaupt, was hat es mit dem Dokument auf sich?), wird er nun zu einem Mitglied einer noch geheimeren Gruppe. Es existieren nur zwölf Janitoren und keiner kennt den anderen. Damit agieren sie noch geheimer als die Doppelnull-Agenten.
Vince erledigt seine Aufgabe ernsthaft, doch die Kommentare, in Form einer Beichte, aus dem Off eröffnen dem Leser auch eine gewisse charmante Naivität. Vince macht seine Arbeit und lässt sich treiben. Obwohl er einen großen Karrieresprung in kurzer Zeit bewerkstelligt, stellt er keine Fragen – und der Leser erkennt: Dort, wo Vince arbeitet, stellt man keine Fragen. Vince ist ein gutes Werkzeug, und er nimmt sich hinter seiner Aufgabe sehr zurück.
Aber als Leser erkennt man auch, wie sehr er Gefahr läuft, über seine Leidenschaften in Form attraktiver Frauen zu stolpern.
Wer überwacht die Überwacher? Angesichts der Geheimhaltung dürfte sich dieser Frage noch einige Spannung entwickeln, weil F. Boucq und Y. Sente gerade diesen Erzählstrang bereits in Form der Journalistin Laura Pride vorbereiten.
Die seltsamen mystischen Andeutungen und Ereignisse sind noch nicht einzuordnen, aber gerade vor Themen wie den Templern verstehen F. Boucq und Y. Sente auch hier die richtigen Knöpfe zu drücken und mit den Erwartungen des Lesers zu spielen.
Vor einer sehr schönen gestalteten Kulisse mit interessanten Charakteren baut sich eine ungewöhnlich dichte Spannung auf, sehr ernsthaft und realistisch erzählt und ebenso realistisch gezeichnet. Sebastien Gerard stützt die im besten Sinn klassische Gestaltung mit einer leichten und versierten Farbgebung. Perfekte Thriller-Unterhaltung im Comic-Format.
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