Die Jagd ist eröffnet. Wieder einmal sind Yorick, Agentin 355 und Dr. Mann auf der Flucht. Yorick hat seinen Spaß dabei, von Cowgirls verfolgt zu werden. Für Mann und 355 ist es bitterer ernst.
355 muss erneut unter Beweis stellen, wie kaltblütig sie in einer bedrohlichen Situation bleiben kann. Die Reise geht weiter, allerdings sind sie die Schwierigkeiten, die durch das Beisein des letzten Mannes entstehen, leid. Während Yorick bei einer alten Freundin und Kollegin zurückbleibt, wollen Dr. Mann und 355 dafür sorgen, dass der kleine Affe Ampersand die lebensrettenden Medikamente erhält. – Ampersand ist zwar ein nervtötendes Tier, aber immerhin scheint er auch das einzige männliche Tier (nach Yorick) zu sein.
Die ehemalige Agentin 711 ist zunächst sehr gastfreundlich. Das ändert sich jedoch über Nacht. Plötzlich findet sich Yorick in einem Sadomaso-Alptraum wieder. Fein kopfüber aufgehängt, an Händen und Füßen gefesselt, entpuppt sich Agentin 711 als Domina, die keinen Widerspruch duldet.
Aus dem vermeintlichen Sexspiel, für das Yorick keinerlei Interesse entwickeln kann, wird eine Reise in seine Erinnerungen und sein innerstes Selbst.
Dieser Trip ist allerdings nicht die einzige Hürde, die Yorick zu nehmen hat. In Arizona ist die Straße durch Überreste einer militaristischen Untergrundbewegung versperrt. Nichts und niemand, weder Hilfslieferungen noch sonstige Unterstützungen, konnte die teilweise verminte Landstraße passieren. Die Entscheidung fällt den drei Reisenden sehr schwer. Die Zeit drängt, wenn Dr. Mann mit ihren Forschungen noch etwas ausrichten will, dann muss es bald geschehen. Einen anderen Weg zu suchen, hieße, einen riesigen Umweg zu machen.
Dr. Mann erwägt, eine eigene Lösung auszuprobieren. Leider geht sie davon aus, dass in dieser Welt noch ausreichender Menschenverstand vorhanden ist. Nur haben die Waffen längst die Oberhand über den Verstand gewonnen. Dr. Mann bringt sie alle in Gefahr.
Die vierte Episode von Y – The Last Man besitzt den schönen Untertitel Offenbarungen. Das Fehlen von Männern hat Verhaltensblüten heranwachsen lassen, die niemand vorhersehen konnte. Y ist ein Road-Movie durch ein zusammengebrochenes Amerika als Abbild der gesamten Welt.
Yorick muss sich in dieser Folge erklären. Der berühmte einzige Mann auf der Welt glaubt immer noch an die große Liebe zu seiner Freundin, die sich leider auf der anderen Seite des Globus in Australien befindet. Angesichts der Probleme, in den ehemaligen USA von der Ost- zur Westküste zu gelangen, bedeutet die Reise nach Down Under eine lebenslange Aufgabe zu werden.
Trotzdem hat Yorick seine Hoffnung, die Freundin wiederzusehen, noch nicht verloren. Die Frage ist, warum? Als sich Agentin 711 mit Peitsche und Drogen in das Unterbewusstsein Yoricks hackt, erfährt auch der Leser einiges über den Mann und viele Fragen klären sich.
Es lässt sich nicht sagen, ob dieses Wissen um Yoricks Person gleich zu Beginn der Handlung als Hintergrundinformation des Autoren Brian K. Vaughan existiert hat, gleichwohl fügt es sich aber gut in die Handlung ein und klärt tatsächlich einige offene Fragen. Die Antworten sind logisch und treffend – realistisch, denn was als Traum eines Mannes im Witz klassifiziert wird, ist in Wahrheit unter diesen Verhältnissen nur noch beklemmend. Yoricks Gefühle, die im Mittelpunkt dieser Teilepisode stehen (und die sich später noch zeigen), werden für den Leser sehr glaubhaft dargestellt.
Ebenso realistisch ist das Land, wenngleich es etwas zu leer erscheint. Man könnte sich auch Flüchtlingsströme vorstellen, die durch das Land ziehen und mit der Sperre dieser wahnsinnigen Frauen kurzen Prozess machen. Wie es ausschaut, und auch in vorherigen Episoden geschildert wurde, bleiben die Menschen lieber an angestammten Orten, als ihr Glück in viel versprechenderen Landstrichen zu versuchen.
Realistisch ist auch die Gewalt, die sich wieder eingeschlichen hat und offen praktiziert wird. Der Westen ist wieder wild, wahrscheinlich wilder, als es die alten Siedler und Pioniere je gekannt haben. Vaughan beschreibt Land, in dem durch den Tod der Männer der Wahnsinn endlich seinen Durchbruch erleben konnte – ohne von den meisten überlebenden Frauen als solcher erkannt zu werden.
Zeichnerin Pia Guerra hat in dieser Ausgabe Verstärkung durch Goran Parlov erhalten, der ihren zeichnerischen Stil aber sehr gut aufgreift. Ein Unterschied ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen und könnte ebenso gut ein Experiment von Guerra gewesen sein.
Guerras Zeichenstil ist schnörkellos und wird von Inker José Marzán Jr. mit der gleichen Exaktheit umgesetzt. Dieser Effekt, wie auch die zugrunde sparsame liegende Kolorierung von Zylonol lässt einen halbdokumentarischen Charakter der Handlung entstehen. Nichts lenkt von der Geschichte ab. Man muss sich nicht in Details vertiefen, sondern kann die Handlung uneingeschränkt verfolgen.
Die Spannung steigt! Das Ziel des reisenden Trios rückt näher, doch mit jedem Schritt entweicht die Hoffnung ein Stück weiter weg. Ein gelungenes und schlüssiges Endzeitszenario mit einigen Rätseln im Hintergrund, die noch der Lösung bedürfen. Perfekte Unterhaltung.
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