Zum Inhalt springen


Comic Blog


Montag, 18. Juni 2007

Vampire Boy 3 – Die Erlösung

Filed under: Mystery — Michael um 19:27

Vampire Boy 3 - Die ErlösungDie blinde Fever und der Junge ohne Namen haben sich nach London geflüchtet. Sie glauben, sie hätten Ahmasi endgültig besiegt und wähnen sich nun in Sicherheit. Fever genießt die Avancen, die sie von einem indischen Illusionisten erhält. Der Junge kann endlich einmal in aller Ruhe Kind sein.
Doch das Unheil schwebt immer noch über ihren Köpfen. Irgendwie kann der Junge es spüren. Ein Zeitungsartikel bestätigt seine instinktiven Ahnungen. Tatsächlich hat es die ägyptische Priesterin geschafft, ihren Kopf zu finden. Mit einer neuen Identität und einem Schal um den Hals, der ihre nicht verheilende Wunde verbergen soll, macht sie sich an die Verfolgung.

Der Junge ohne Namen möchte die Angelegenheit mit Ahmasi endlich beenden. Es ist zu viel Zeit vergangen, während der er immer wieder von Ahmasi gejagt, gedemütigt und auf die verschiedensten Weisen gequält wurde. Es muss ein Mittel geben, um das unsterbliche Leben zu überwinden. Der will einen Weg finden, um Ahmasi zu vernichten. Inzwischen geht es nicht mehr nur um ihn. Zu viele unschuldige Menschen starben durch Ahmasis Hand, einzig weil sie dem Jungen ohne Namen ihre Hilfe angeboten hatten.

Eine Spur führt zu einem Friedhof. In einem alten Grab findet sich wirklich ein schriftlicher Hinweis aus einer unbekannten Quelle. Nun gibt es eine konkrete Adresse, wohin er sich wenden kann – wenn es ihm auch unbegreiflich ist, wer diese Botschaft für ihn in einem Grab in London deponiert haben dürfte. Doch die Nachricht ist keine Falle. In einer verfallenen Kirche erwartet den Jungen ein alter Mann, der der letzte in einer langen Kette von Wächtern ist, die immer gehofft hatten, den Unsterblichen zu begegnen. Denn nur sie wissen, wie ein Unsterblicher seine Existenz beenden kann.

Ahmasi ist in London eingetroffen. Mit ihr kommen Tod und Verzweiflung. Aus der Not wird ein Plan geboren. Der letzte Kampf gegen Ahmasi soll die Entscheidung bringen. Der Junge ohne Namen wird sich nicht mehr verkriechen, sondern setzt alles auf eine Karte, von der er hofft, dass sie gewinnen wird.

Mit Vampire Boy 3 – Die Erlösung findet eine hoch spannende Trilogie ihren Abschluss. Nach einer Reise durch die Zeit, der Wiederkehr in ein modernes Amerika, endet nun alles in einem dunklen verregneten London. Im Endspurt der Geschichte nehmen Autor Carlos Trillo und Starzeichner Eduardo Risso noch einmal Fahrt auf.

Doch zuvor hält eine Spur Melancholie in die Geschichte Einzug, die durch das lange Leben des Jungen ohne Namen absolut begründet ist. Er ist des Lebens müde geworden. Sein Finale mit Ahmasi ist Abrechnung und Rückblick zugleich. Die Idee einer Gruppe von Wächtern, die ein Auge auf die Unsterblichen haben, ist nicht neu (siehe Highlander), aber sie ist erfrischend einfach umgesetzt. Es handelt sich nicht um eine große Organisation. Sie wissen nicht einmal, wie viele Unsterbliche es gibt. Zwei alte Männer hegen ein wichtiges Geheimnis, nur bemuttert von einem Diener. Zuerst wird dem Leser eine neue Sorte Freak präsentiert. So, wie es dargestellt wird, würde der Leser Trillo diese Wendung der Geschichte sofort glauben. Aber Trillo wäre nicht Trillo, würde er es dabei belassen. Die nächste Wendung bringt eine schöne Überraschung. Mit Stil und Kultur steuert die Geschichte auf das Finale zu – beinahe jedenfalls.

Als erzählerisches und optisches Gegengewicht werden die Verbündeten und Feinde von Ahmasi gezeigt. Wieder einmal findet sich eine arme Seele, die Ahmasi zu Diensten ist. Diesmal jedoch ist es weniger ihrer Attraktivität zu verdanken. Als der kleine Mann sie kennen lernt, ist von dieser Attraktivität gerade nicht sehr übrig. Das neue Lockmittel lautet Unsterblichkeit. Nachdem dieser Gangster 2. Klasse gesehen hat, wie Ahmasi Kugeln widerstanden hat, ist es für ihn keine Frage mehr, was er auch besitzen möchte. Trillo nutzt diese Gelegenheit für eine sehr gemeine Pointe.

Trillo hat seinen Protagonisten leider nicht sehr viele Rückblicke im Endspurt gegönnt. Denn die Ansichten und kleinen Episoden aus der Vergangenheit gaben Trillo die Gelegenheit, aus dem Vollen seiner Phantasie zu schöpfen.
(Bei genauer Betrachtung gäbe diese sehr gelungene Trilogie die gute Gelegenheit für ein so genanntes Prequel. Und es ist schade, dass es höchstwahrscheinlich nicht dazu kommt.)

Die Arbeit von Eduardo Risso an Vampire Boy findet hiermit leider auch ihr Ende. Seine Licht- und Schatteneffekte sind unbestreitbar kleine grafische Meisterwerke. Zu den sehr guten Szenen gehören die Bilder von Ahamsis ersten Erlebnissen in London und das Eintreffen des Jungen ohne Namen in der alten Kirche, in der er endlich mehr über seine eigene Herkunft erfährt. Die Figur, die Risso besonders viel Spaß gemacht haben muss, scheint der kleine Gauner Mickey zu sein. Seinen ersten Auftritt hat Mickey als eine Art Pate, der ansieht, wie seine Begleitung von Ahmasi getötet wird. Nach und nach verliert Mickey seine gespielte Härte.
Der Showdown, den Trillo und Risso dem kleinen Mickey zugedacht haben, ist sogar ein bißchen traurig. In einem Film würden das Entsetzen und der Unglauben Mickeys bestimmt in Zeitlupe eingefangen.

Das Kindliche am Jungen ohne Namen wurde hier von Risso formvollendet eingefangen. Deshalb erschüttert der Test, den die Wächter an dem Jungen ausführen, noch viel mehr. Das Bild, wie der Junge gleichsam zusammen mit Jesus am Kreuz hängt, ist eindrucksvoll. Nicht zuletzt wurde eine Variante dieser Schlüsselszene als Cover ausgewählt.
Das Ende – das soll nicht verraten werden, einzig gesagt werden darf, dass es zelebriert wird. Die Optik wurde zurückhaltend eingesetzt, vielleicht, um den Akteuren noch mehr Würde zu verleihen, ganz gleich auf welcher Seite sie stehen und gleichgültig, was sie getan haben.

Dieses Finale ist derart gelungen, dass man zum Abschluss der Trilogie sagen kann: Nee, was war das gut! Einziger Nachteil dieser Trilogie: Schade, dass sie schon vorüber ist! 😀

Vampire Boy 3 – Die Erlösung: Bei Amazon bestellen

Mittwoch, 05. April 2006

Vampire Boy – Die Auferstehung

Filed under: Mystery — Michael um 19:26

Vampire Boy 1 - Die AuferstehungBauarbeiten. Sonnenlicht fällt durch ein Loch im Asphalt, das seit 50 Jahren verschlossen war. Tief unten setzt sich eine Reaktion in Gang. Gewebe erneuert sich auf einem uralten Skelett. Wenig später flüchtet ein Junge aus dem Loch.

Ein Junge ohne Namen inmitten einer nordamerikanischen Großstadt, allein, aber nicht schwach. Nichts kann ihm etwas anhaben, die Sonne ist seine Verbündete und heilt jede Wunde, die ihm zugefügt wird. Sein langer Schlaf hat ihm einen riesengroßen Hunger beschert, einen Hunger, der so groß ist, dass er anderen auffällt. Obwohl äußerlich ein Kind, ist der Junge alt, sehr alt und sein endloser Hunger auf menschliche Nahrung ist nicht die einzige Besonderheit, die ihn auszeichnet.
Die Welt hat sich sehr verändert, aber sie ist so gefährlich wie eh und je. Auch diese Erfahrung macht er alsbald wieder. Doch die Welt ist auch nicht so schlecht, wie sie ihm zu Beginn erscheint.
Ein alter Indianer namens Gentle Bear hilft dem Jungen, nicht ganz uneigennützig, wie sich später herausstellt.

Vampire Boy – Die Auferstehung packt das Vampir-Genre auf erfrischende Weise an. Es entzaubert es einerseits, gibt ihr ungewöhnliche Hauptfiguren, andererseits bringt es neue Aspekte ein, die auf den ersten Blick ungewöhnlich sind, aber auch sehr ernsthaft und mit der nötigen Geduld erzählt werden.

Ein kleiner Junge, der mit der Erfahrung von 5000 Jahren ausgestattet ist, ist ein Vampir der außergewöhnlichen Art. Er besitzt ein wenig von der Schwermut, die bei Vampiren in den letzten Jahren nach dem Willen ihrer Autoren umgeht. Aber er ist auch nach wie vor ein Kind, das sich nach menschlicher Nähe sehnt, nachdem er seine eigene Familie viel zu früh verlor.
Einem Kind eine, nennen wir es beim Namen, eine bösartige Hure entgegen zu stellen, halte ich für eine beinahe geniale Idee. Ahmasi hat außer ihrer Sucht nach Lust (und Macht über die Männer) nichts Menschliches an sich, nicht einmal zu Lebzeiten.
Beide sind unsterblich, aber sie machen nichts daraus. Das ist, zusammen mit dem abgrundtiefen Hass aufeinander, die einzige Gemeinsamkeit, die die beiden haben. Der eine ist zu klein, die andere zu selbstsüchtig. Da die Handlung sich die erforderliche Zeit nimmt, werden die Charaktere sehr schön vorgestellt. Rückblicke zeigen kurze Momentaufnahmen aus dem Leben der beiden in vielen Jahrhunderten.

Die Handlung selbst ist ungewöhnlich spannend. Sie zeigt nicht nur das Leben eines Vampirs, sondern auch das eines kleinen Jungen in einer heutigen Großstadt. Hat ersterer eigentlich nichts zu fürchten, so sieht sich letzterer in dieser Welt einer riesigen Ansammlung von Gefahren gegenüber. Autor Carlos Trillo leistet hier mit seinen Beschreibungen ganze Arbeit, wenngleich es auch ein wenig trostlos ist. Die Rückblicke sollten ruhig etwas häufiger eingestreut sein – vielleicht auch, im Hinblick auf die ägyptische Herkunft des Jungen, weil ägyptische Szenarien immer schon etwas Geheimnisvolles in sich haben.
Trillo spricht im anschließenden Interview zum Ende des Bandes die Ironie an, mit der er die Realität beschreibt. Ich möchte behaupten, dass die Ironie nicht so überspitzt ist, wie sie sein könnte. Ein überaus genauer Blick auf das, was ist, ist es allemal.

Zeichner Eduardo Risso, der nicht zum ersten Mal mit Trillo zusammenarbeitet, beherrscht einen hervorragenden Minimalismus. Anders kann ich seinen Bildaufbau nicht beschreiben. Er entzieht sich der Details nicht, die ein Gegenstand oder eine Stadt haben kann, aber er beherrscht es geradezu perfekt, gerade so viel zu zeigen, dass das Auge des Lesers den nötigen Rest hinzu sieht. Einige Ansichten, wie etwa vom Stammesgebiet der Oglala aus, sind beeindruckend fein ausgearbeitet. Manchmal zeigt Risso kleine Nebenszenen wie einen Autounfall, der die Handlung zwar nicht vorantreibt, aber für Atmosphäre sorgt.
Rissos Darstellung der Charaktere ist sehr, sehr schön. Die Einfachheit ist einfach toll. Gentle Bear, der alte Indianer, Fever, die blinde Ladenbesitzerin, beides Nebenfiguren sind feine Beispiele für eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Geschichte.
Insgesamt würde Vampire Boy in Farbe nicht mehr so schön sein. Ich behaupte, Rissos feine Art zu zeichnen würde hierbei zu sehr in den Hintergrund treten. (Natürlich eine reine Spekulation, letztlich müsste das jeder Leser für sich selbst entscheiden.)

Der Auftakt der Geschichte lässt noch viele offene Fragen übrig. So ist die Entstehungsgeschichte des kleinen Vampirjungen immer noch rätselhaft. Die kurzen Ausblicke in die Vergangenheit bieten viele Möglichkeiten. Ich würde mich freuen, mehr darüber zu lesen, was der Junge über die Jahrhunderte hinweg noch alles erlebt hat. Am Ende lässt Carlos Trillo Gnade vor Recht ergehen und legt damit den Grundstein für eine wirklich gern erwartete Fortsetzung. Genre-Freunde werden an dieser schönen Variante des Vampirthemas ihre Freude haben. 😀