Die blinde Fever und der Junge ohne Namen haben sich nach London geflüchtet. Sie glauben, sie hätten Ahmasi endgültig besiegt und wähnen sich nun in Sicherheit. Fever genießt die Avancen, die sie von einem indischen Illusionisten erhält. Der Junge kann endlich einmal in aller Ruhe Kind sein.
Doch das Unheil schwebt immer noch über ihren Köpfen. Irgendwie kann der Junge es spüren. Ein Zeitungsartikel bestätigt seine instinktiven Ahnungen. Tatsächlich hat es die ägyptische Priesterin geschafft, ihren Kopf zu finden. Mit einer neuen Identität und einem Schal um den Hals, der ihre nicht verheilende Wunde verbergen soll, macht sie sich an die Verfolgung.
Der Junge ohne Namen möchte die Angelegenheit mit Ahmasi endlich beenden. Es ist zu viel Zeit vergangen, während der er immer wieder von Ahmasi gejagt, gedemütigt und auf die verschiedensten Weisen gequält wurde. Es muss ein Mittel geben, um das unsterbliche Leben zu überwinden. Der will einen Weg finden, um Ahmasi zu vernichten. Inzwischen geht es nicht mehr nur um ihn. Zu viele unschuldige Menschen starben durch Ahmasis Hand, einzig weil sie dem Jungen ohne Namen ihre Hilfe angeboten hatten.
Eine Spur führt zu einem Friedhof. In einem alten Grab findet sich wirklich ein schriftlicher Hinweis aus einer unbekannten Quelle. Nun gibt es eine konkrete Adresse, wohin er sich wenden kann – wenn es ihm auch unbegreiflich ist, wer diese Botschaft für ihn in einem Grab in London deponiert haben dürfte. Doch die Nachricht ist keine Falle. In einer verfallenen Kirche erwartet den Jungen ein alter Mann, der der letzte in einer langen Kette von Wächtern ist, die immer gehofft hatten, den Unsterblichen zu begegnen. Denn nur sie wissen, wie ein Unsterblicher seine Existenz beenden kann.
Ahmasi ist in London eingetroffen. Mit ihr kommen Tod und Verzweiflung. Aus der Not wird ein Plan geboren. Der letzte Kampf gegen Ahmasi soll die Entscheidung bringen. Der Junge ohne Namen wird sich nicht mehr verkriechen, sondern setzt alles auf eine Karte, von der er hofft, dass sie gewinnen wird.
Mit Vampire Boy 3 – Die Erlösung findet eine hoch spannende Trilogie ihren Abschluss. Nach einer Reise durch die Zeit, der Wiederkehr in ein modernes Amerika, endet nun alles in einem dunklen verregneten London. Im Endspurt der Geschichte nehmen Autor Carlos Trillo und Starzeichner Eduardo Risso noch einmal Fahrt auf.
Doch zuvor hält eine Spur Melancholie in die Geschichte Einzug, die durch das lange Leben des Jungen ohne Namen absolut begründet ist. Er ist des Lebens müde geworden. Sein Finale mit Ahmasi ist Abrechnung und Rückblick zugleich. Die Idee einer Gruppe von Wächtern, die ein Auge auf die Unsterblichen haben, ist nicht neu (siehe Highlander), aber sie ist erfrischend einfach umgesetzt. Es handelt sich nicht um eine große Organisation. Sie wissen nicht einmal, wie viele Unsterbliche es gibt. Zwei alte Männer hegen ein wichtiges Geheimnis, nur bemuttert von einem Diener. Zuerst wird dem Leser eine neue Sorte Freak präsentiert. So, wie es dargestellt wird, würde der Leser Trillo diese Wendung der Geschichte sofort glauben. Aber Trillo wäre nicht Trillo, würde er es dabei belassen. Die nächste Wendung bringt eine schöne Überraschung. Mit Stil und Kultur steuert die Geschichte auf das Finale zu – beinahe jedenfalls.
Als erzählerisches und optisches Gegengewicht werden die Verbündeten und Feinde von Ahmasi gezeigt. Wieder einmal findet sich eine arme Seele, die Ahmasi zu Diensten ist. Diesmal jedoch ist es weniger ihrer Attraktivität zu verdanken. Als der kleine Mann sie kennen lernt, ist von dieser Attraktivität gerade nicht sehr übrig. Das neue Lockmittel lautet Unsterblichkeit. Nachdem dieser Gangster 2. Klasse gesehen hat, wie Ahmasi Kugeln widerstanden hat, ist es für ihn keine Frage mehr, was er auch besitzen möchte. Trillo nutzt diese Gelegenheit für eine sehr gemeine Pointe.
Trillo hat seinen Protagonisten leider nicht sehr viele Rückblicke im Endspurt gegönnt. Denn die Ansichten und kleinen Episoden aus der Vergangenheit gaben Trillo die Gelegenheit, aus dem Vollen seiner Phantasie zu schöpfen.
(Bei genauer Betrachtung gäbe diese sehr gelungene Trilogie die gute Gelegenheit für ein so genanntes Prequel. Und es ist schade, dass es höchstwahrscheinlich nicht dazu kommt.)
Die Arbeit von Eduardo Risso an Vampire Boy findet hiermit leider auch ihr Ende. Seine Licht- und Schatteneffekte sind unbestreitbar kleine grafische Meisterwerke. Zu den sehr guten Szenen gehören die Bilder von Ahamsis ersten Erlebnissen in London und das Eintreffen des Jungen ohne Namen in der alten Kirche, in der er endlich mehr über seine eigene Herkunft erfährt. Die Figur, die Risso besonders viel Spaß gemacht haben muss, scheint der kleine Gauner Mickey zu sein. Seinen ersten Auftritt hat Mickey als eine Art Pate, der ansieht, wie seine Begleitung von Ahmasi getötet wird. Nach und nach verliert Mickey seine gespielte Härte.
Der Showdown, den Trillo und Risso dem kleinen Mickey zugedacht haben, ist sogar ein bißchen traurig. In einem Film würden das Entsetzen und der Unglauben Mickeys bestimmt in Zeitlupe eingefangen.
Das Kindliche am Jungen ohne Namen wurde hier von Risso formvollendet eingefangen. Deshalb erschüttert der Test, den die Wächter an dem Jungen ausführen, noch viel mehr. Das Bild, wie der Junge gleichsam zusammen mit Jesus am Kreuz hängt, ist eindrucksvoll. Nicht zuletzt wurde eine Variante dieser Schlüsselszene als Cover ausgewählt.
Das Ende – das soll nicht verraten werden, einzig gesagt werden darf, dass es zelebriert wird. Die Optik wurde zurückhaltend eingesetzt, vielleicht, um den Akteuren noch mehr Würde zu verleihen, ganz gleich auf welcher Seite sie stehen und gleichgültig, was sie getan haben.
Dieses Finale ist derart gelungen, dass man zum Abschluss der Trilogie sagen kann: Nee, was war das gut! Einziger Nachteil dieser Trilogie: Schade, dass sie schon vorüber ist! 😀
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