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Comic Blog


Donnerstag, 04. Oktober 2007

Morea – Das Blut der Engel

Filed under: SciFi — Michael um 15:21

Morea - Das Blut der EngelMorea Doloniac führt ein ganz normales Leben auf Kuba im Jahre 2082. Sie arbeitet für einen der mächtigsten Konzerne der Welt, dem DWC, und ist zugleich eine der Erbinnen dieser Firma, wenngleich sie in der Rangfolge auch ziemlich weit hinten steht.
Als sie zur Arbeit geht, ist alles so wie immer. Sie verabschiedet sich von ihrem Freund, nicht ahnend, dass bereits ein Killerkommando in den Wolkenkratzer eindringt, um alle Angehörigen der Doloniacs auszulöschen.

Morea hat außerordentliches Pech. Auch sie wird erschossen – nur um im Krankenhaus wieder aufzuwachen. Ihre Wunde ist verheilt, während ihr Blut noch ihren Oberkörper bedeckt. Nicht nur für den Sanitäter kommt diese Tatsache einem Wunder gleich. Dachte Morea, dies sei der Gipfel ihrer Probleme, sieht sie sich bald gewaltig getäuscht. Ihre unbekannten Feinde geben nicht so schnell auf.
Da trifft es sich, als im Moment höchster Not ein Unbekannter ihren Weg kreuzt und sie rettet.

Es kann nur eine geben, trifft in diesem Fall nicht zu, denn Morea gehört zu einer ganzen Reihe von Unsterblichen, die auf dem Planeten weilen. Ähnlich wie es der Fantasy-begeisterte Leser von Highlander her kennt, haben auch diese von Christophe Arleston geschaffenen Unsterblichen eine Schwachstelle: Sie können verbrennen. Das bedeutet ihren endgültigen Tod.
Morea, die Erbin eines Multimilliardenunternehmens, ist jedoch nicht allein. Pünktlich zu ihrem Ableben findet sich ein Lehrer ein, der ihr beibringen will, wie sie sich als Unsterbliche künftig zu verhalten – und zu verteidigen hat!
So weit, so ähnlich.

Der Leser findet eine Umgebung vor, die recht selten in dieser Form anzutreffen ist. Aus Kuba, der ehemals kommunistischen Hochburg in Spuckweite zum riesigen kapitalistischen Nachbarn USA ist ein gigantisches Handelszentrum geworden. Hier reihen sich riesige Wolkenkratzer aneinander.
Die Luftfahrzeuge, fliegende PKWs und Motorräder, die hier von Zeichner Thierry Labrosse gestaltet werden, erinnern, ebenso wie das gesamte Umfeld an Szenarien wie Das fünfte Element und Blade Runner. Auf dem Boden ist kein Platz mehr, weshalb die Gebäude in den Himmel sprießen. Die Architektur ist verspielt, geschwungen, fast könnte man sagen französisch, zieht man das Set-Design von Das fünfte Element zum Vergleich heran.
Am Boden herrscht ein zivilisiertes Durcheinander. Es ist ein wenig ungepflegt, aber bei weitem nicht so schmutzig wie im erwähnten Blade Runner. Hinzu kommt ein strahlendes Sonnenwetter, kurzum, der Handlungsort ist ein irdisches Paradies, das von der Hochfinanz weidlich ausgenützt wird.

Wie in Das fünfte Element ist der Hintergrund auch mystisch zu nennen, stehen sich doch zwei rivalisierende Parteien gegenüber, die sich selbst Drachen und Engel nennen. Im Gegensatz zur religiösen Mythologie verschiedener Glaubensrichtungen handelt es sich bei diesen Gruppen jedoch nicht um Gut und Böse, vielmehr sind es Wesen, die einzig um die Vorherrschaft kämpfen. Aus der Sicht der Drachen sind die Engel freilich die Bösen, denn ihre Vorstellung einer menschlichen Zukunft aus Gewalt, Sklaverei und der Vorherrschaft durch eine Minderheit behagt den Drachen überhaupt nicht.
Engel haben in Comics schon länger keinen besonders guten Leumund mehr. Oft schon wurde das so genannte Böse zum Missverstandenen, Fehlinterpretierten oder Opfer von feindlicher Propaganda. Inwiefern Morea hier tatsächlich schon die Wahrheit offenbart wurde, wird die weitere Entwicklung der Geschichte zeigen.
Angesichts von Arlestons Erzählkunst, die er bisher mit seinen Troy-, Lanfeust-, Ythag-Arbeiten und vielen anderen bewiesen hat, kann man sicherlich auf einige Überraschungen gefasst sein.

Wie paradiesisch das Gelände ist, zeigt sich auch am späteren Trainingsort von Morea und ihrem neuen Mentor Terkio. Ist das Training mit dem Schwert schon eine Hommage an Highlander, ist es der schlanke, in Ehren ergraute, bärtige und mit einem Pferdeschwanz versehene Terkio erst recht. Es wäre kaum glaubhaft, würde Labrosse behaupten, er habe bei dem Entwurf zu Terkio keinen Sean Connery vor Augen gehabt.

Labrosse ist als Künstler vergleichbar mit Terry Dodson. Wie der amerikanische Comic-Künstler setzt auch Labrosse hauptsächlich auf Außenlinien und nur wenige Tuscheschatten (von schwarzer Kleidung einmal abgesehen). – Dodson (mit Frau Rachel) hingegen setzt auf verschieden starke Linien, während Labrosse es doch eher bei einer Linienstärke belässt und diese auch nicht so exakt ausgeführt werden wie bei den akribischen Dodsons. Es ergibt sich ein eindrucksvoll realistisches Gesamtbild durch die menschlichen Figuren, aber auch durch Land, Architektur, technische Ausstattung wie auch durch die cineastischen Blickwinkel, mit denen Labrosse gerne arbeitet, wenn die Action die Handlung zeitweise bestimmt.

Farblich hält sich der Kolorist Didier Arpin sehr zurück. In der Regel gönnt er dem Szenario eine Grundfarbe und einen Schattierungston. Mit einer aufwendigen Farbgestaltung könnte eine viel plastischere Optik erzielt werden. Dank der realistischen Gestaltung hingegen, die bereits ein hohes Maß an Atmosphäre vermittelt, konnte aber auch darauf verzichtet werden.

Ein spannender Auftakt mit vielen bekannten Inhaltselementen, durch den sehr versierten Christophe Arleston gekonnt neu gemischt und einen sehr begabten Thierry Labrosse in Szene gesetzt. Die Mischung aus Science Fiction und mythologischer Auseinandersetzung wartet mit einer sympathischen Hauptfigur auf, die trotz ihrer Unsterblichkeit sehr menschlich bleibt und das Beste aus der Situation zu machen versucht. 😀

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