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Comic Blog


Donnerstag, 04. Oktober 2007

G.P. Taylors Schattenbeschwörer

Filed under: Mystery — Michael um 17:23

G.P. Taylors SchattenbeschwörerThomas Barrick hat es nicht leicht. Der Junge hat seine gesamte Familie verloren. Er weiß auch, wer die Schuld daran trägt. Doch mit seinen dreizehn Jahren vermag er nichts gegen die Macht des Pfarrers Obadia Demurral auszurichten – oder doch?
In einer sehr finsteren Nacht schleicht Demurral mit seinem Gehilfen Beadle zum Strand. Demurral ist im Besitz eines Kerub, einer kleinen Statuette in Form eines Engels, der sehr mächtige Kräfte innewohnen. Es existieren nur zwei dieser Statuetten, und gemäß der magischen Gesetze können sie niemals getrennt sein. Langsam nähert sich ein Schiff, das bald darauf zerschellt. Aber wo ist der fehlende Kerub? Demurral muss ihn unbedingt finden.

Die Gemeinde versammelt sich, um über die Bergung des in der Nacht gesunkenen Schiffes zu beraten. Schnell findet sich eine Lösung, die natürlich von Pfarrer Demurral gnädigst bevorzugt wird. Niemand will aufbegehren. Einzig der Waisenjunge Thomas Barrick stellt sich offen gegen den teuflischen Priester, der seine Macht missbraucht. Hat der Junge hier kein Glück, klebt ihm zudem das Pech an den Fersen. Bei einer Flucht durch den Wald gerät er in die Nähe der Klippen und stürzt in die See. – Aber er wird gerettet.

Er findet sich wenig später in der Höhle wieder, die er nach dem Verlust seines elterlichen Zuhauses zu seinem Heim machte. Allerdings ist er nicht mehr alleine dort. Ein anderer Junge hat hier eine Zuflucht gefunden, ein Junge von schwarzer Hautfarbe, fern der Heimat Afrika und auf der Suche nach einem Gegenstand, der seinem Volk entwendet wurde. Zunächst ist Thomas über die Anwesenheit des Fremden empört. Als Raphah sich ihm vorgestellt hat und deutlich wird, dass sie einen gemeinsamen Feind haben, ändert sich Thomas’ Verhalten, wollte er doch stets einen Verbündeten gegen Demurral haben.

Doch bevor die beiden Jungen gegen den Pfarrer bestehen können, gilt es noch weitere Abenteuer zu bestehen. Außerdem müssen sich weitere Verbündete finden, denn selbst zu zweit sind ihre Chancen nur gering. Nach und nach stellen sich weitere Mitstreiter auf ihre Seite, so auch der gefürchtete Schmuggler Jacob Crane. Ein gefährlicher Plan nimmt Gestalt an.

In einer immer größer werdenden Welt, die aus dem Dorf ausbricht, in dem sich zuerst alles zuträgt, handelt die Geschichte des Schattenbeschwörers, die hier nach dem Bestseller von G.P. Taylor in Roman und Hörbuch nun als Comic in der Bearbeitung von Tony Lee vorliegt.

Die in einer ganzen Reihe erschienen Kapitel der Vorlage sind hier in einem Band zusammengefasst. Gleich zwei Zeichner haben Schattenbeschwörer bearbeitet. Pedro Delgado liefert die Vorlage, während Stephen Jorge Segovia seine Bilder an den Arbeiten seines Kollegen ausrichtet, um die Optik beizubehalten. Als Koloristen sind hier Eva De la Cruz, Kieran Oats und Ian Sharman zuständig. Ihre Arbeit gibt ein gutes Beispiel, wie unterschiedlich sehr ähnliche Grundzeichnungen nach Tusche und Kolorierung ausfallen können, und unterstreicht die Wichtigkeit dieser Arbeitsabschnitte.

Das düstere Titelbild des Sammelbandes steht beispielhaft für die gesamte Erzählung, die seinen jungen Protagonisten und erwachsenen Helfern nichts erspart. Ihnen gegenüber steht ein Priester, der sich von Gott abgewendet hat, weil er sein eigenes Gottesreich auf Erden errichten will. Irdische Macht besitzt er bereits, himmlische Macht soll folgen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Zu Beginn steht ein Szenario dessen Atmosphäre anfänglich an den Film Das Schloss im Schatten (Moonfleet, 1955) von Fritz Lang erinnert. Auch dort findet sich zur Zeit des 18. Jahrhunderts ein Waisenjunge, der von einem Schmuggler unter seine Fittiche genommen wird.

Auf Magie jedoch verzichtete Lang seinerzeit. Davon wimmelt es jedoch in G.P.Taylors Geschichte. Mythen und Legenden erzählen von dunklen Gestalten, die in den dichten Wäldern und in den Tiefen des Meeres hausen. Der christliche Glaube peitscht die Dorfbewohner, er schenkt ihnen keine Hoffnung. Ausgerechnet ein fremder Junge fern der Heimat, der seinen Gott anders nennt, aber durchaus den gleichen meint, schenkt einigen Menschen neue Zuversicht, sich dem eigenen Schicksal zu stellen.

Taylor (und auch Tony Lee mit seiner Comic-Adaption) überrascht mit ungewöhnlichen Einfällen. Erstes Beispiel ist der Kerub. Eine sehr kleine Figur, nicht größer als eine Hand, besitzt außerordentliche Kräfte. Ihre Kräfte sind neutral, deshalb kann auch Demurral sie verwenden und für seine Zwecke nutzen.
Wer Demurral betrachtet, wird Ähnlichkeit mit anderen Bösewichtern feststellen, wie sie in klassischen Jugendromanen Kindern immer wieder das Leben schwer machen. Demurral jedoch ist dunkler, gemeiner, bösartiger, ja sogar dämonisch zu nennen – und auch optisch oft so dargestellt, wenn nur seine glitzernden Augen und sein gruseliges Lächeln in der Dunkelheit zu sehen sind.
Mit neuem der zehn Kapitel entstehen neue Wendungen. Die Pläne scheinen sich zu zerschlagen, oder ihre Umsetzung zumindest zu erschweren. Kurz, die Helden gehen durch ihre ganz eigene Hölle, in der die unheimlichen Kreaturen des Landes immer mehr Oberhand gewinnen. Ein alternatives Ende der Geschichte, von Taylor ursprünglich erdacht, zeigt deutlich, wie finster der Autor auch noch den Schluss gestalten wollte. Aus der Sicht des Leser ist es ungewöhnlich, wie wenig Mitleid Taylor mit seinen Figuren hatte.

Pedro Delgado und Stephen Jorge Segovia zeichnen sehr unterschiedlich. Delgados Zeichenstil nähert sich der grafischen Gestaltung eines Humberto Ramos oder Francisco Herrera. Segovia könnte, wenn man ihn ließe, auch gut im Superhelden-Genre agieren. Zeichnungen, die von ihm zu finden sind, deuten darauf hin, dass er an Wolverine, Superman und Co seinen Spaß hätte.
Fakt ist leider, dass die Zeichnungen der beiden unter den Qualitäten der Koloristen zu leiden haben. Die Sorgfalt der ersten Kapitel durch Eva De la Cruz geht durch ihre Kollegen im weiteren Verlauf leider etwas verloren.
Dem Gesamteindruck des vorliegenden Bandes mit immerhin 240 prallen Seiten schadet das allerdings kaum.

Fantasy und Grusel pur: Die Umsetzung des Jugendbuch-Bestsellers von G.P. Taylors fesselt von der ersten bis zur letzten Seiten durch neue Wendungen und phantastische Einfälle. 🙂

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