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Comic Blog


Freitag, 01. Dezember 2006

Sin City 7 – Einmal Hölle und zurück

Filed under: Thriller — Michael um 14:42

Sin City 7 - Einmal Hölle und zurückDer Commander geht einer für seine Ausbildung äußerst unüblichen Arbeit nach: er malt. Sein jüngstes Motiv ist schlüpfriger Natur. Nackte Frau unter Laken. Leider ist es seinem Auftraggeber nicht schlüpfrig genug. Der Künstler in ihm verweigert sich. Er könnte es so, wie der Kunde es wünscht, aber sein Starrsinn ist ihm im Weg. Lieber denkt er sich einen anderen Weg aus, um die nächste Miete aufzutreiben.
An diesem Wendepunkt angelangt, kreuzt eine Frau seinen Weg, nur um sich im nächsten Moment von einem Felsen in die Tiefe zu stürzen. Wallace zögert nicht lange. Der ehemalige Soldat einer Elitetruppe, hoch dekoriert, stürzt sich hinterher und rettet die junge Frau. Sein Leben bekommt einen neuen Sinn.
Durch einen dummen Zufall hat er eine Frau kennengelernt, die ein ähnliches Leben wie er führt. Und sie ist jemand, der sich ehrlich für ihn interessiert – und was noch viel wichtiger ist, sie versteht ihn außerdem noch.
Als Esther sehr unsanft wieder aus seinem Leben gerissen wird, sieht Wallace rot.

Ich werde jemanden umbringen. Ziehen Sie ihre Sachen an. Jemand, der im Hintergrund seine Fäden spinnt, möchte Wallace aus dem Weg haben. Doch die Menschen um ihn herum täuschen sich gewaltig in Wallace, den sie dank seiner langen Haare alle für einen späten Hippie halten.
Wallace ist wehrhaft, wie er gegen Gangster und Polizei beweisen muss. Dabei ist nicht völlig allein. Ausgerechnet Freunde aus der Zeit, die er hinter sich lassen wollte, stehen ihm bei. Lange sieht es sehr düster für ihn aus. Dann wendet sich das Blatt und Wallace startet seinen Rachefeldzug und seinen letzten Rettungsversuch, von dem er nicht einmal weiß, ob er noch rechtzeitig kommt.

Frank Millers letzte Geschichte der Sin City-Saga bildet einen opulenten Abschluss einer Thriller-Reihe, die so im Bereich der Comics ihresgleichen sucht. Auf satten 296 Seiten (plus Pin-Ups und Covern) erzählt er eine Geschichte, die zweifellos die intensivste der Reihe ist.

Wer ist Wallace? Wallace ist Soldat gewesen und bemüht sich nun, ein unbescholtenes Leben zu führen. Gleichzeitig hat Wallace Charakter. Er ist nicht bereit, sich zu verbiegen, auch nicht für Geld. Charakterfeste Menschen stolpern irgendwann über ihre Prinzipien. In diesem Fall ist es allerdings nicht sein Verschulden, sondern Kollege Zufall, der ihm in die Quere kommt. Miller lockt seine Helden gerne mit Frauen in die Falle, den falschen oder den richtigen Weg. Seine Frauen sind entweder sündhaft (böse) oder unschuldig. Damit folgt er den Gesetzen des Film Noir. – Miller wäre jedoch nicht Miller, würde er nicht mit diesen Gesetzen spielen und viel weiter gehen, als es besagte Filmgattung je getan hat.
Frauen werden in diesem Band für die Hauptfigur zu einem echten Problem. Miller lässt gleich drei verschiedene Typen auf Wallace los:
Nummer 1 braucht Schutz. Nummer 2 ist die Femme Fatale, die Wallace reinlegen soll. Nummer 3 ist die eiskalte Mörderin mit Hang zum Sadismus.

Wallace bleibt stets etwas rätselhaft. Als Leser weiß man nie, ob er in die Falle tappt, ob er sie erkennt oder ob er ein eigenes Spiel spielt. Wallace hebt die Spannung manchmal unerträglich hoch, weshalb man diesen Thriller erst zum guten Schluss wieder schließen kann.
Ist Wallace ein wichtiges Element in dieser Geschichte, ist der Makrokosmos des Verbrechens in Sin City eine weitere erzählerische Säule der Handlung. Nach und nach enthüllen sich die Hintermänner und deren Hintermänner und deren . . . Und mit jeder Enthüllung wird die Welt von Sin City schwärzer.

Einmal jedoch kommt Farbe ins Spiel. Wallace wird von seinen Feinden auf einen Drogentrip geschickt. Die Welt wird bunt. Puttenengel, Dinosaurier, Rambo, Moses, Captain America, Big Guy und Rusty, Lone Wolf und Cub und andere geben sich hier ein Stelldichein. Verwirrend für Wallace, äußerst spaßig für den Leser.

Wallace ist der für mich bislang sympathischste Charakter der Reihe. Zwar kämpft er gegen andere, aber er kämpft auch gegen sich selbst. Selbst wenn man in Aktion gesehen hat, verhält er sich weiter so, als könne er nicht gewinnen, ist zurückhaltend, beinahe schüchtern.

Mit Wallace hat Frank Miller einen Charakter erschaffen, dem der Leser so richtig die Daumen drücken kann. Die Handlung zieht den Leser hinein und lässt ihn nicht mehr los. – Mit diesem Werk bestätigt Miller vollkommen zu Recht, dass Sin City als Bester Internationaler Comic auf der Frankfurter Buchmesse 2006 ausgezeichnet wurde. 😀

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Mittwoch, 29. März 2006

Sin City 5 – Familienbande

Filed under: Thriller — Michael um 21:43

Sin City 5 - FamilienbandeDwight McCarthy hat einen Auftrag, einen sehr persönlichen Auftrag: Rache. Mit der kleinen Japanerin Miho an seiner Seite wird dies eine der blutigsten Nächte, die Sin City jemals erlebt hat.

Alles beginnt mit einer anderen Rache. Nach vielen Jahren hat Don Magliozzi endlich erfahren, wer seine geliebte Nichte Andrea ermordete. Bruno, ein Killer, der sich inzwischen als Politiker einen Namen in Sin City gemacht hat, musste seine Missetat zum Bettgespräch machen. Ein großer Fehler, wie er bald beim Essen in einem seiner Lieblingsrestaurants feststellen muss.
Dieser Anschlag, dessen Fakten Dwight aus einer verlorenen Seele herauslockt, birgt ein Geheimnis, weshalb Dwight und Miho eine Falle aufstellen.

Die Falle schnappt alsbald zu und Miho zeigt einmal mehr, wozu sie in der Lage ist. Die kleine Japanerin ist einerseits attraktiv, andererseits ist sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Todesengel. Dwight kann sich glücklich schätzen, sie an seiner Seite zu haben. Zwar hat Miho auch einen eigenen Willen, wie sie eindrucksvoll unter Beweis stellt, wenn man sie beleidigt, aber sie gehorcht, wenn es ihr angebracht erscheint und sie jemanden unter ihren Schutz gestellt hat.

Langsam aber sicher nähern sich Dwight und Miho ihrem Ziel. Im Sinne eines alten Filmtitels lässt sich sagen: Leichen pflastern ihren Weg. Die beiden Rächer schenken ihren Feinden nichts. Am Ende geht es um Familie und ein Mafiaboss muss erkennen, dass nicht nur Italiener den Wert einer Familie zu schätzen wissen.

Zurück in Sin City!
Rache ist ein häufiges Thema in Sin City, es schwingt wenigstens unterschwellig mit, wenn es nicht sogar absolut in den Mittelpunkt gestellt wird wie hier. Obwohl Frank Miller dieses Thema oft verwendet, wird es trotzdem nicht langweilig, da Miller seine Charaktere sehr sorgfältig gestaltet und auf diese Weise immer neue Wege beschreiten kann.

Dwight darf hier beweisen, dass er nicht nur der knallharte Typ ist, der sich an der Seite der Prostituierten eisenharte Gefechte mit Kriminellen liefert. Der Ausspruch Harte Schale, weicher Kern ist auf ihn absolut zutreffend. Wie er sich seine Informationen beschafft, wie er sich auch um Miho sorgt (obwohl sie das überhaupt nicht nötig hat), sein Verständnis für die Ursache der Vendetta, all das stellt ihn in bester Tradition eines Verbrechers und Gauners mit Herz dar.
Miho! Es fällt schwer, etwas über Miho zu schreiben. Miho spricht nicht, ihre Taten sprechen für sie. Selten, wirklich sehr selten, hat das Thriller-Genre eine derart brutale und gewalttätige Frau gesehen, die außerdem ihr Handwerk mit höchster Eleganz ausübt.
Und Miller wäre nicht Miller, würde er nicht mit seinen Figuren spielen. Im Gegensatz zu allen anderen, ganz besonders im Gegensatz zu ihrem Handwerk wird Miho in blütenreinem Weiß dargestellt. Für Miller muss sie ein Racheengel sein und niemand würde einem Racheengel einen Vorwurf über das machen, was ein Racheengel eben tun muss. Bei aller Artistik, die sie bei ihrer Arbeit an den Tag legt, verliert sie nie ein Wort. Das nährt die Idee des Racheengels, der absolut emotionslos seinen Auftrag ausführt, weil er von der Gerechtigkeit seines Handelns überzeugt ist.

Die Gegenspieler, die Miller kreiert, sind nicht eindimensional, sie haben durchaus Charakter. Aber sie sind immer sehr schlecht, jeder auf seine Art, der eine aus reiner Bosheit, der nächste vielleicht aus Verzweiflung. Miller spielt mit diesen Figuren. Er hetzt sie auch aufeinander und ich unterstelle ihm einfach einmal, dass er sich auch selbst davon überraschen lässt, was passieren wird.
Als Dwight dem kleinen Gangster Vito die Wahl lässt, ob dieser seinen Kumpanen umlegt oder selber durch die Hand Mihos stirbt, ist der Ausgang dieser kleinen Episode doch nicht so gewiss, wie es zunächst den Anschein hat. Es sind genau diese Kleinigkeiten, die Millers Geschichten ausmachen.

Grafisch sind wieder sehr schöne Einstellungen dabei – wenn man es so nennen kann, da der Begriff eher dem Film zugeordnet ist, aber mit etwas Glück werden wir diese Geschichte auch auf der Leinwand sehen.
Die Umgebung ist wieder einmal düster geraten. Es ist wieder Nacht in Sin City und der Leser gewinnt den Eindruck eines Settings aus der Zeit der schwarzen Serie. Dunkle Ecken, Abgründe, festungsähnliche Villen und monströse Gauner und Verbrecher. Der Mafiaboss sieht aus, wie es das Klischee will. Hager, teuflisch, gebückt. Er ist, um ihn mit Schauspielern zu vergleichen, kein Brando, eher ein magerer Davi. Zum Schluss fährt Dwight endlich den alten Cadillac, den er die ganze Zeit haben wollte. Damit schließt sich der Kreis von Millers Anspielungen, die hier in dieser Geschichte etwas offenkundiger zutage treten.

Ich habe die Geschichte sehr genossen. Sie beginnt langsam, fast freundlich, sogar mit einer Prise Humor. (Ich möchte behaupten, dass sich Miller hier selbst als Barkeeper karikiert.) Später driftet der Humor in Tarantino-Sphären ab. (Wer Kill Bill gesehen hat, wird verstehen, was ich meine.) Während der Zeit des Lesens war ich richtig gebannt und wollte mich auch durch nichts ablenken lassen. Besseres lässt sich kaum über eine Geschichte sagen: Sin City 5 – Familienbande fesselt einfach.
Thriller- und Miller-Fans kommen auch an dieser Geschichte nicht vorbei. 😀

Dienstag, 29. November 2005

Dieser feige Bastard

Filed under: Thriller — Michael um 22:00

Sin City 4 - Dieser feige BastardHartigan ist ein Cop, einer von der Sorte, die selbst den Kollegen ein Dorn im Auge sind. Er ist altgedient, mürrisch, hat seinen Job stets mit Leidenschaft verfolgt und ist nicht korrupt. Damit gehört er in Sin City zu einer aussterbenden Gattung.
Tatsächlich ist es um seine Gesundheit nicht gut bestellt. Hartigans Herz macht so kurz vor der Pensionierung nicht mehr richtig mit. Das hindert ihn jedoch nicht daran, einem Kinderschänder das Handwerk legen zu wollen. Sein Partner ist von dieser Aktion nicht begeistert, handelt es sich bei dem Verbrecher doch um den Sohn von Senator Roark. Die Roarks sind eine feste Größe in Stadt und Land und niemand legt sich ungestraft mit ihnen an.

Hartigan setzt sich gegen seinen Kollegen durch und stellt den Kindermörder, bevor er die kleine Nancy töten kann. Hartigan kennt weder Gnade noch geht er mit Samthandschuhen an die Angelegenheit heran.
Ein alter Mann stirbt. Ein kleines Mädchen lebt. Fairer Tausch.
Mit dieser Einstellung rettet er Nancy, bevor ihm sein Kollege doch noch in den Rücken fällt. An diesem Abend endet das Leben, wie er es kannte. Nichts von dem, was nach dem Job erstrebenswert schien, ein ruhiges Leben mit seiner Frau, bleibt übrig. Senator Roark will Rache an dem Mann, der seinen Sohn zum geschlechtslosen Krüppel machte. Hartigan lässt alles über sich ergehen: Den Hass, der ihm von allen Seiten entgegen schlägt, weil man ihn der Kinderschändung bezichtigt. Die Wut des Senators, die Schläge seiner Kollegen, die jahrelange Einzelhaft.

Eines erhält ihn am Leben: Einmal pro Woche erhält er einen Brief von Nancy, der er im Alter von elf Jahren das Leben rettete. Sie verschleiert ihre Identität und Hartigan schweigt beharrlich, damit sie weiterhin am Leben bleibt. Eines Tages kommen die Briefe nicht mehr. Hartigans einzige Freude verwandelt sich in grenzenlose Sorge. Er muss aus dem Knast raus, um Nancy, die er bedroht glaubt, zu retten. Dafür ist er bereit alles zu tun. Einfach alles.

In der Kinofilmumsetzung war Dieser feige Bastard die dritte Episode. Hartigan wurde von Bruce Willis dargestellt, der rückblickend betrachtet, von keinem anderen Schauspieler besser auf die Leinwand gebracht werden konnte.
Unabhängig davon ist die Geschichte um den alten Cop eine ganz klassische Geschichte, wie sie sich immer wieder einmal in amerikanischen Kriminalgeschichten findet. Der amerikanische Cop ist ein einsamer Wolf, eine Art mythischer Sheriff der Großstadt. Ähnlich wurde er thematisiert in Romanen wie Die Bronx oder Die Chorknaben.

Hartigan ist einer jener Cops, denen außer ihrem Polizistendasein nicht viel geblieben ist, weshalb sie auch zur Selbstaufgabe zum Wohle anderer neigen. Diese Einstellung und natürlich die Abscheu vor jeder Art von Gesetzesbrechern, ausgestattet mit enormen Einsteckqualitäten, macht sie zum Schrecken all jener, die sich bislang in verbrecherischer Sicherheit wiegen konnten und sich unantastbar fühlten. So verhält es sich jedenfalls mit dem Auftakt der Geschichte und ich möchte behaupten, Frank Miller hat einige Anspielungen in die Geschichte eingebaut.

Nach seinem Haftaufenthalt ist Hartigan kein Cop mehr. Er selbst hat nichts mehr zu verlieren, er kann nur noch letztmalig zum Schutz der kleinen Nancy beitragen. Das macht ihn zu einer Art Mann sieht rot, dessen Originaltitel Death Wish hier viel treffender ist. Hartigan und Kersey (aus Death Wish) sind sich in ihrer Verzweiflung sehr ähnlich, Hartigan geht nur dank seiner Ausbildung viel versierter zur Sache.
Sein Umgang mit dem Stilett spricht eine deutliche Sprache. Die Tötung eines Verbrechers wird zu einer gewissen Kunst hochstilisiert, denn am Ende ist es genau das, was Hartigan am besten kann. Einzig sein Motiv und seine Opferbereitschaft unterscheiden ihn von den Bösen.
Ich bezweifle, dass jeder Leser geneigt ist, sich mit Hartigan zu identifizieren, aber zweifellos wird er ihn bewundern für das, was er tut und er wird ihn bemitleiden für das, was ihm zustößt.

Das Killerduo Mr. Shlubb und Mr. Klump, das sich in einer pseudointellektuellen Sprache ergeht, findet eine Entsprechung in einem etwas älteren Killerduo: Mr. Kidd und Mr. Wint aus Diamonds are forever (Diamantenfieber), jenes schwule Killerpärchen, das James Bond das Leben schwer machte.
Mr. Shlubb und Mr. Klump leben ihre Leidenschaft weniger in ihrem Beruf aus, den sie eher mit der Einstellung eines Chirurgen angehen, als vielmehr mit hochgeistigen Gesprächen. Diese Vorgehensweise erinnert doch sehr an ihre filmischen Verwandten. In beiden Fällen nehmen sie der Geschichte die Härte und sorgen für ein Schmunzeln.

Nancy! Ja, Nancy. Der Auftritt von Jessica Alba als Nancy gehört wohl zu den Szenen in einem Film, welche die Augen der Zuschauer an die Leinwand nagelte. Wer diese Empfindung auf den Comic überträgt, wird die Versuchung verstehen, der Hartigan ausgesetzt ist und der er sich doch erwehren kann. Ich möchte behaupten, der Comic von Frank Miller schafft die Darstellung der Versuchung noch viel treffender, was nicht zuletzt an Millers Umsetzung von Nancys körperlichem Einsatz liegen mag, der um einiges freizügiger ausfällt als im Film.

Bislang kannte man die rein schwarzweiße Darstellung von Millers Geschichten. Im vorliegenden Band Dieser feige Bastard wird aus Senator Roarks Sohn ein verunstaltetes Ekel, welches eine ebenso unfeine gelbe Hautfarbe hat. Miller hat Umgangssprache wörtlich genommen. Yellow (gelb) findet im Englischen Anwendung für Feigheit. Damit ist auch That Yellow Bastard erklärt.

Qualitativ ist Dieser feige Bastard sicherlich auf gleicher Höhe wie Stadt ohne Gnade. Wegen des Themas ist diese Geschichte allerdings die gruseligste. Am Ende fand ich es sehr schade, dass Miller seinem Protagonisten nicht wenigstens ein kleines Happy End gönnt. In jedem Fall ist es für mich ein großartiger Thriller. 😀

Freitag, 07. Oktober 2005

Das große Sterben

Filed under: Thriller — Michael um 14:06

Sin City - Das große SterbenDwight McCarthy ist wieder zurück. Das Gesicht ist neu, die Haarpracht auch, aber die Probleme sind die alten geblieben. Als er sich mit Shellie eingelassen hat, der Kellnerin, die in der Vergangenheit so nett zu ihm gewesen ist, sollte es nur ein vergnügliches Stelldichein werden. Doch jetzt könnte es bedrohlich werden.
Shellies Ex weiß noch nichts von seinem Status in der Beziehung zu Shellie und ist auch nicht bereit, diese Tatsache zu akzeptieren. Jack Rafferty, Iron Jack genannt, ist ein Mann, der sich gerne vor seinen Kumpels profiliert, indem er Frauen schlägt und wie Dreck behandelt.
Solche Typen bringen stets den Kavalier in Dwight zum Vorschein. Jack muss nicht lange warten, bevor Dwight Jacks Kopf in die Toilettenschüssel taucht.

So gedemütigt macht sich Jack mit seinen Kumpels davon. Shellie bleibt unbehelligt, aber Dwight möchte auch verhindern, dass anderen Frauen nichts geschieht. Einen Warnruf von Shellie überhört er.
Die Verfolgungsjagd führt in die Altstadt von Sin City. Ein Polizeiwagen, der sich an die Fahrzeuge, dreht in der Altstadt gleich wieder um, denn die Altstadt wird von den Prostituierten beherrscht und kein Polizist, geschweige denn die Mafia, wagt sich hierhin.

Jack und seine Kumpels sind betrunken. Sie geben nichts auf diese Geschichten. Sehr schnell haben sie ein Opfer auserkoren. Becky befindet sich nach einem langen horizontalen Arbeitstag auf dem Heimweg. Sie hält die Bande auf Abstand, erkennt aber auch, dass diese nicht locker lassen werden. Sie führt sie in eine Sackgasse.
Dwight kann nicht eingreifen. Die Falle schnappt zu. Die tödlichste Killerin der Mädchen verrichtet erbarmungslos und präzise ihre Arbeit.

Was nach einem Akt der üblichen Selbstverteidigung der Mädchen ausschaut, wird zu einer Katastrophe. Einer von der Bande war kein gewöhnlicher Krimineller.

Da werden Weiber zu Hyänen.
Dieser altbekannte Spruch ist hier nicht ganz zutreffend. Die Gruppe der Mädchen ist weitaus schlagkräftiger.
Die Kampfmaschine, die kleine tödliche Miho, ist einer der gefährlichsten Charaktere, die in Comics jemals gegen Bösewichter angetreten sind. Frank Miller hat Miho sehr klein, beinahe verletzlich aussehend geschaffen. Umso erstaunlicher sind für den Leser ihre Kampfeswut und ihre Brutalität. Hinzu kommen ihre Beweglichkeit und ihr sehr guter Umgang mit allen möglichen Waffen. Ihre Präzision macht das Maß voll.
Und in der ganzen Zeit gibt Miho keinen Laut von sich.

Wie der Titel dieser verfilmten Geschichte aus dem Universum von Sin City schon besagt, Das große Sterben, ist Gewalt ein sehr zentraler Punkt. Mehr noch als in den beiden Geschichten zuvor führt nur Gewalt für alle Beteiligten zum Ziel.
Die einen sind Dilettanten, andere sind absolute Profis, wieder andere sind eher Handwerker. Dwight balanciert irgendwo dazwischen. Er ist die Sorte Mann, der es nicht so recht begreifen kann, wenn eine Frau zu Gewalt greift. Interessant ist seine Beziehung zu Gail, der Anführerin der Mädchen. Für ihn ist sie seine Kriegerin, seine Amazone, die perfekte Mischung aus Brutalität und Sexualität. Dwight ist einfach vernarrt in diese Frau und setzt alles daran, ihr zu helfen.

Die Schauplätze im vorliegenden Band sind sehr gut ausgewählt und spielen eine wesentliche Rolle. Die Teergruben mit ihren steinernen Dinosaurierfiguren in Lebensgröße liefern Atmosphäre. Der schmale Zugang bei dem Austausch von Geiseln und Beweisstücken erinnert auch textlich an die Thermophylen, den Schlachtort der Spartaner gegen die Perser. Miller verarbeitete dieses historische Thema bereits zusammen mit seiner Frau Lynn Varley in Miller’s 300.

Ist die vorliegende Geschichte auch nicht im klassischen Altertum angesiedelt, so verhalten sich ihre Protagonisten wenigstens auf mittelalterlichem Niveau. Das Schlachtfeld wechselt zwischen Festung und städtischem Dschungel.
Dazwischen findet sich Millers sehr schwarzer Humor, der hier meist mit Gewaltszenen in Einklang gebracht wird. Zu diesem Zeitpunkt ist der Leser bereits so sehr von der Geschichte gefesselt, dass das Lachen zur Befreiung wird und eine kurze Verschnaufpause gewährt. Diese währt allerdings nicht lange. Wenn der Showdown startet, hält der Leser (zumindest ging es mir so) schlichtweg die Luft an. 😀

Samstag, 01. Oktober 2005

Eine Braut, für die man mordet

Filed under: Thriller — Michael um 17:41

Eine Braut, für die man mordetAls Sally von ihrem Luden umgebracht werden soll, ist Dwight McCarthy zur Stelle. Eigentlich hatte er nur Fotos von diesem sexuellen Akt machen sollen. Als der Lude durchdreht, um das Geheimnis seines kleinen Techtelmechtels zu wahren, rettet Dwight die Prostituierte.
Dwight lebt nur noch ein kleines unscheinbares Leben. Er hält das mörderische Tier in sich im Zaum. Er trinkt nicht mehr und versucht Ava, die Frau, die ihm das Herz brach, zu vergessen. Denn Ava hat ihn verlassen, weggeworfen, als sie ihn nicht mehr brauchte und den größten Gangsterboss der Stadt geheiratet.

Plötzlich ist Ava wieder da. Verführerisch wie damals. Und Dwight lässt sich verführen. Er glaubt ihre Horrorgeschichte einer furchtbaren Ehe, über Folter und Machtspielchen. Er glaubt, dass ihr Mann Damien Lords sie töten wird.
Sein erster Ausflug in die Villa des Mannes, der ihm die Frau genommen hat, verläuft wenig erfreulich. Dwight wird erwischt. Obwohl er sich als Spanner ausgibt, lässt Damien nicht die Polizei rufen. Er übergibt Dwight an den riesenhaften Manute, den Aufseher seiner Leibwächter.

Dwight sieht für sich nur eine Chance. Er muss sich Verstärkung holen. Wie gut, dass Marv, ebenfalls ein riesenhafter Berserker, nicht an sich halten kann, wenn es um den Schutz von Frauen geht.
Marv nimmt sich Manute vor und Dwight holt sich Damien als Gegner. Doch dann läuft alles aus dem Ruder. Dwight wurde wieder einmal reingelegt.

Frauen sind nicht gut für harte Kerle!
Dwight McCarthy, die Hauptfigur dieser zweiten Geschichte aus Sin City in Eine Braut, für die man mordet, kann ein Lied davon singen. Ava, ist eine Frau, die einen ganz besonderen Reiz auf die Männer ausübt. Durch ihren Körper, ihre Stimme, ihr Aussehen, wie sie sich gibt. Das ist im Comic schwer darzustellen, sollte aber für die männlichen Leser nachzuvollziehen sein.
Ava sorgt nicht nur dafür, dass ein anderer Körperteil als das Gehirn beim Mann das Kommando übernimmt, sie vernebelt den Männern um sie herum auch vollkommen den Blick auf die Realität.

Dwight ist ein Charakter, der nicht nur gegen andere, sondern auch gegen sich selbst kämpft. Aus dieser Tatsache zieht er die Sympathie des Lesers. Und Frank Miller bedient sich auch wieder des Mitleids des Lesers, denn wie so häufig ist auch Dwight eine verlorene Seele. In Basin City, kurz Sin City genannt, scheint es nur verlorene Seelen zu geben.
Miller zeigt aber auch die vermeintlich Standhaften. Ein Polizist verfällt Ava, obwohl er kurz zuvor noch prinzipientreu auf seine Ehe verwies.
Am Ende steht wie üblich der Tod. Das ist nichts Neues bei Miller und verrät natürlich auch nicht, wer nun den Tod findet.

Erfreulich zu vermerken ist, dass Miller die Geschichten nicht chronologisch, sondern wie eine Art Puzzle zu erzählen scheint. Durch diesen Umstand ist wieder Marv mit von der Partie, der es Dwight abnimmt, gegen Manute anzutreten. Einzelne Szenen aus anderer Perspektive finden sich, die der Leser aus Stadt ohne Gnade wieder erkennt. Und der Leser wird auch feststellen, dass Miller vorausdachte, indem Miller im ersten Band Szenen am Rand spielen ließ, die nun eine wichtige Funktion haben.

In dieser Geschichte wird auch deutlich, nach welchem Muster sich Sin City für den Leser erschließt. Nach dem Auftakt durch Marvs ureigene Geschichte findet sich der Leser im zweiten Teil sehr schnell zurecht. Szenen und Charaktere, die der Leser erkennt, fesseln weiter – und es wird langsam zur Tatsache, dass man sich auch in Schwarzweiß nicht von Nancy losreißen kann.
Ich glaube, selbst Frank Miller hat etwas für Nancy übrig.

Im Anhang findet sich ein Interview mit Frank Miller. Seine Erläuterungen zu seinem beruflichen Werdegang und seinen Arbeiten sind ein interessanter Blick hinter die Kulissen. Man übertrug ihm seinerzeit die sinkenden Schiffe Daredevil und Batman. Er hatte das Glück, nichts falsch machen zu können. Zu dem Zeitpunkt konnte er nur dabei gewinnen. Sein Traum war es, Krimis zu schreiben. Er hat dieses Element, so oft es eben ging, in seine diversen Arbeiten einfließen zu lassen.

Es wäre unfair, die vergangenen Arbeiten von Miller aus dieser Sicht als Fingerübungen zu betrachten. Letztlich ist es aber gut, dass Miller endlich in seinem nach seiner Sicht wahren Element angekommen ist. 😀

Mittwoch, 28. September 2005

Stadt ohne Gnade

Filed under: Thriller — Michael um 20:49

Sin City - Stadt ohne GnadeMarv ist verliebt in Goldie. Die schöne junge Frau sucht bei ihm Schutz. Aber Marv ist ziemlich betrunken und Goldie ist nach der Liebesnacht tot. Kurz nachdem Marv neben der Toten aufwacht, ist auch schon die Polizei zur Stelle.
Für Marv bleibt nur ein Schluss: Nur zwei Menschen können von Goldies Tod wissen. Der Mörder und er. Und Marv hat die Bullen nicht angerufen.
Ihm bleibt vorerst nur die Flucht und der Wunsch nach Rache.

Bald nachdem Marv seine Fühler ausgestreckt und von seiner Bewährungshelferin Lucille verarztet worden ist, erscheinen bereits die ersten Killer und wollen Marv umlegen. Aber Marv will Antworten und so ist er es, der am Ende die Fragen stellt und die Leute umlegt. Seine Antworten erhält Marv über den Rücken von Leichen. Es ist nicht einfach und die Wunden und Blessuren, die er dabei davon trägt, sind zahlreich. So zahlreich, dass selbst er es kaum ertragen kann, wie es scheint.

Auf einem Bauernhof außerhalb der Stadt gerät er auf eine wirklich heiße Spur und mitten hinein in einen Alptraum. Lucille ist die Gefangene des Killers. Als Marv das erste Mal gegen Kevin antritt, hat er keinerlei Chance. Kevin ist wahnsinnig schnell, stark, brutal und lautlos.
Im weiteren Verlauf der Geschichte gerät Marv in einen absoluten Alptraum. Am Ende, das weiß er ziemlich schnell, wird es nicht gut für ihn ausgehen. Selbst wenn er gewinnt, wird er dennoch verlieren.

Marv beendet seinen Rachefeldzug. Es ist blutig, sehr brutal und er zahlt alles, was man ihm angetan hat (und noch antun wird), zehnfach zurück.

Mehr habt ihr nicht drauf, ihr Weicheier?
Mit Sin City – Stadt ohne Gnade hat Frank Miller endlich seine Bestimmung gefunden. Seine Batman Interpretationen haben mir nicht gefallen und mit Ronin konnte er mich auch nicht hinter dem Ofen hervorlocken. Frank Miller verträgt sich einfach nicht mit Farbe.
In Schwarzweiß ist die Sachlage ganz anders.
Wenn ich mir die Bildkompositionen in Stadt ohne Gnade anschaue, und anders sind sie wirklich nicht zu nennen als Kompositionen, dann scheint es fast als habe Frank Miller das Rad des Comics neu erfunden.

Es gibt einige wirklich herausragende Szenen in diesem Band. Dazu gehören Marvs erste Begegnung mit zwei Killern, der erste Kampf mit Kevin und Marvs Wanderung durch den Regen in Sin City.
Alleine die Regenszene zeigt, was ein Comic mit Bildsprache alles erreichen und erzählen kann. In einer anderen Szene wird Miller sogar nostalgisch. Marvs Sprung in die Tiefe auf einer einzelnen Seite erinnert doch sehr stark an das Dark Knight Cover vor dem nächtlichen Blitz.

Millers Geschichte um Marv entführt in die guten alten Zeiten des Film Noir, als die Welt schwarzweiß war und die Ganoven Narbengesichter und riesige Kanonen mit sich herumtrugen. Fast meint man in Marvs Nachtclub gleich Edward G. Robinson oder Humphrey Bogart um die Ecke kommen zu sehen – vorausgesetzt, man hätte es in Hollywood in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts gewagt, solche brutalen (und anzüglichen) Filme zu drehen.
Als alles vorüber zu sein scheint und Marv alleine auf einer Seite steht und über sein Werk sinniert, enttäuscht ist, weil Kevin nicht geschrieen hat, dann gehört das zu den monströsesten Szenen, die es wohl in Comics gegeben hat.

Seltsamerweise kann der Leser Marv es nicht übel nehmen. Marv hat Schlimmes erlebt, niemand ist jemals gut mit ihm umgesprungen. Die Gegner dachten, niemand werde Marv vermissen. Möglicherweise hatten sie damit sogar recht, doch sie rechneten nicht damit, dass er es ihnen so schwer machen würde.
Miller erzählt eine Geschichte, in der niemand unschuldig ist, am allerwenigsten Marv. Trotzdem mag man ihn, vielleicht weil er der Einzige in diesem Spiel ist, der noch einen Ehrenkodex hat und Mitleid verdient.

Doch es soll nicht zuviel in einen Comic hineininterpretiert werden. 🙂

Für mich bleibt zum Schluss nur, dass ich einen der besten Krimis seit langem gelesen habe und das war zufällig ein Comic. 😀

Samstag, 24. September 2005

Sündige Stadt: Ratten

Filed under: Comics im Film — Michael um 21:39

Sin City: RatsEin Mann, halb erblindet, sitzt in seinem kleinen heruntergekommenen Zimmer. Er isst Fraß aus der Konservendose. Er denkt über Ratten nach, Menschen, die er für Ratten hielt und Ratten, die das Zimmer mit ihm teilen. Er fängt eine Ratte. Der Mann steckt das Tier in den Ofen und ergötzt sich an dessen Qualen.
Da öffnet sich hinter ihm die Tür.

Seit langem ist dies ein wirklich guter Comic-Fanfilm: Rats Der Film ist rein in Schwarzweiß gehalten, wie es aus der aktuellen Sin City Verfilmung bekannt ist. Technisch ist der Film sehr gut gemacht, einfach erzählt, aber atmoshärisch absolut stimmig. Der Erzähler John LaMotta besticht durch einen sehr intensiven stimmlichen Einsatz: Düster, verkommen. Außerdem ist der Film mit etwas über 8 MB (Quicktime Format) sehr ladefreundlich geraten.

Wer Sin City mochte, findet mit Rats ein kleines Sahnhäubchen. 🙂

Samstag, 03. September 2005

Pulp Fiction für Erwachsene

Filed under: Comics im Film — Michael um 17:22

Sin CityMarv (Mickey Rourke) war zum ersten Mal glücklich. Eine Frau namens Goldie (Jaime King) hat sich ihm hingegeben. Zum ersten Mal gab sich ihm eine Frau hin. Wenig später ist sie tot. Ermordet. Nun ist die Polizei hinter ihm her, weil sie ihn für einen Serienmörder hält, der hinter Prostituierten her ist. Marv sucht die Wahrheit, doch bestimmte hochgestellte Persönlichkeiten wollen, dass er diese Wahrheit für sich behält.
Langsam kommt er dem Mörder auf die Spur. Kevin (Elijah Wood), ein kleiner flinker Killer, fängt die Frauen und frisst sie. Den Rest lässt er seinem Wolf, den er als Hofhund hält. Nach einer Reihe von Befragungen, die für die Befragten grundsätzlich tödlich enden, erreicht Marv den Drahtzieher Kardinal Roark (Rutger Hauer) und kommt in Teufels Küche.
Aber da ist ihm bereits alles egal.

Dwight (Clive Owen) mag es nicht, wenn Männer Frauen bedrohen. Deshalb will er etwas gegen Jackie Boy (Benicio Del Toro) und seine Kumpane unternehmen. Die Jagd geht nach Old Town, wo die Prostituierten gemäß eines Abkommens mit der Polizei regieren. Bevor Dwight die üble Bande fertig machen kann, haben Gail (Rosario Dawson), Miho (Devon Aoki) und die anderen Mädchen bereits die Lage unter Kontrolle.
Ehe Dwight sich versieht, hat Miho bereits nach bester Ninja-Manier mit den Gangstern aufgeräumt. Leider zu früh, denn wie es sich herausstellt, war Jackie Boy ein Cop. Das Abkommen wird brechen, die alten Zeiten werden zurückkehren, es sei denn, es gelingt Dwight, die Leichen verschwinden zu lassen.
Und das ist, wenn Gangster, Söldner und Cops hinter einem her sind, gar nicht so einfach.

Nach acht Jahren im Gefängnis erhält Hartigan (Bruce Willis) keine Briefe mehr von Nancy (Jessica Alba). Die Briefe des Mädchens, das er einst vor einem Vergewaltiger und Mörder rettete, sind das Einzige, was ihn am Leben erhält. Eines Tages kommen keine Briefe mehr. Hartigan wird halb wahnsinnig vor Sorge. Er geht den Deal ein, der ihm vor langer Zeit angeboten wurde und gesteht die Morde, die er nie begangen hat. Die Cops, die Medien haben nun einen Sündenbock. Hartigan kommt frei und macht sich auf die Suche nach Nancy.
Aus dem kleinen Mädchen ist eine Stripperin geworden. Als Hartigan die Bar betritt, erkennt er schlagartig seinen Fehler. Nach so langer Zeit hat er die Hintermänner zur letzten Zeugin geführt.
Der Sohn von Senator Roark (Powers Boothe) und wahrer Mörder weilt noch unter den Lebenden und will nach so vielen Jahren endlich seine Rache an dem alten Cop.

Pulp Fiction für Erwachsene.
Es ließe sich auch sagen: Wo Pulp Fiction die Gewalt der Phantasie des Zuschauers überlässt, schöpft Sin City aus dem Vollen. (Und Quentin Tarantino ist folgerichtig auch als Gast-Regisseur dabei.)
Wäre der Film nicht überwiegend in Schwarzweiß, wäre es eine ziemliche Blutorgie. Zumeist erfolgt die Darstellung des Blutes in gnädigem leuchtendem Weiß, manchmal aber auch in ziemlichem Rot.

Die Abstrahierung macht die Gewalt erträglich, verkehrt sie eine humoristische Ecke. In Sin City ist das Fehlen von Gewalt unnormal.

Frank Miller, der einen Gastauftritt als Priester absolviert (ausgerechnet!), orientiert sich mit seinem Film an den Geschichten von Hollywoods Schwarzer Serie, die in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts mittels fieser Gangster den Kinobesuchern das Gruseln lehrten. Wer einen Vergleich mit neueren Geschichten anstellen möchte, wird Ähnlichkeiten mit den Wirrungen und düsteren Charakteren in den Handlungen von James Ellroy finden können. Der Romancier, der Amerikas dunkle Seite in seinen Geschichten nach außen kehrt (L.A. Confidential), bewegt sich auf einem ähnlichen erzählerischen Level wie Miller.
Miller übertreibt nur noch ein bisschen besser.

Das Aufgebot der Schauspieler kann sich mehr als nur sehen lassen. Hatte die Batman Begins Verfilmung schon eine Menge Altstars auftreten lassen, trumpft Sin City noch einmal auf. Neben den gestandenen Schauspielern wie Bruce Willis, Benicio Del Toro, Clive Owen, Mickey Rourke (schönes Comeback) kommt die neue Garde mit Jessica Alba, Elijah Wood, Rosario Dawson zum Einsatz. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, treffen sich aus der ersten Riege der Nebendarsteller noch Schauspieler wie Powers Boothe, Michael Madsen und Rutger Hauer (einmal mehr als Ekel).
Das dürfte nicht mehr zu toppen sein.

Weitere Comic-Verfilmungen dürften es schwer haben, Allen voran der heiß erwartete Superman Returns (2006) von X-Men-Veteran Bryan Singer.
Und ich denke, es dürfte Sin City 2 auch schwer fallen seinen Vorgänger qualitativ wie optisch zu überholen. 😀

Samstag, 30. Juli 2005

Stirb langsam in Sin City

Filed under: Comics im Film — Michael um 23:24

Sin CityGerade eben kamen auf einem Privatsender (nennen wir ihn beim Namen: Pro7) die ersten Minuten von Sin City in einem Special.
Was für ein Hammer!
Doppelt so viel Pulp wie Pulp Fiction und doppelt so viel Bildsprache wie Hulk. Ohne Zweifel wird der Film die Meinungen der Zuschauer spalten. Frank Miller gehört sowieso zu denen, die absolut polarisieren. Entweder man mag seine Werke oder nicht. Ich glaube kaum, dass es da für irgendjemanden einen Mittelweg gibt.

Die Bilder und die Machart wirken wie ein finsteres Gegenstück zu Dick Tracy, in dessen Mantel sich Warren Beatty vor einigen Jahren wagte.
Was mich besonders freut, ist, dass Mickey Rourke als Marv hier endlich mal wieder richtig gut ist. Dank der Schwarzweiß-Optik und des künstlichen Kinns (jedenfalls hoffe ich, dass es künstlich ist) fallen seine so oft aufgespritzten Wangen gar nicht auf.
Es könnte wirklich endlich einmal zu einhundert Prozent gelungen sein, einen Comic auf die Leinwand zu übertragen.

Stimmen aus dem Off sind in Filmen oft verpönt, aber wenn Bruce Willis (besser hier seine Synchronstimme Manfred Lehmann) über die kleine Nancy erzählt (alias Jessica Alba), während diese genüsslich ein Lasso auf einer Strip-Bühne schwingt, dann entsteht genau das, was Kino, oder besser Comic-Kino ausmacht: ein cooles Event! 😀