Montag, 05. November 2007
Captain America ist ein Gefangener. Der Mann, der bereits im Zweiten Weltkrieg die amerikanischen Truppen in höchstgefährlichen Situationen angeführt hatte, war auch der Initiator gegen die neue Gesetzesrichtlinie. Auf der anderen Seite stand Iron Man und sein Alter Ego Tony Stark, erster Befürworter des Gesetzes. Aus den Freunden wurden unerbittliche Feinde.
Die beiden Journalisten Ben Urich und Sally Floyd erhalten die Gelegenheit, die beiden Kontrahenten Captain America und Iron Man zu befragen. Urich ist besonnener als seine Kollegin, ruhiger, auch beruhigend. Im Gespräch mit einem desillusionierten Captain America kann er Sally trotzdem nicht zurückhalten. Sally redet sich ihren gesamten Frust von der Seele.
Nachfolgend treffen sie auf Tony Stark, der mit seiner zweiten Identität Iron Man einen neuen technischen Höchststand erreicht hat. Außerdem ist er zum Direktor von Shield, der internationalen Eingreiftruppe der UN aufgestiegen. Obwohl er der Gewinner des Konflikts ist, hat er persönlich nur verloren. Zusätzlich sind die beiden Reporter Machenschaften auf die Spur gekommen, die das Ansehen dieses mächtigen Mannes gehörig ankratzen. Ihnen ist sogleich klar, dass sie diese Informationen niemals werden veröffentlichen können.
Ein gefangener Captain America kann immer noch zu einer Gefahr werden. Dieser Auffassung sind die verschiedensten Fraktionen, nicht nur die offiziellen Stellen. Als Cap die Stufen zum Gerichtsgebäude erklimmt, mehr oder minder sorgsam bewacht, fallen Schüsse. Das Symbol einer ganzen Ära bricht getroffen zusammen.
Der Bürgerkrieg zwischen den Helden findet sein Ende mit Civil War – Der Tod eines Traums und einem sehr lauten Knall. Wenn Helden ihr Ende finden, wird es ja häufig belächelt. Na, die werden schon wiederkommen. Irgendwie. Captain Americas Ende soll aber wohl nicht nur ein Meilenstein im Comic sein, sondern auch ein Zeichen sein, eine Aussage. Wer die Helden und Schurken in der schaurigen Episode am Ground Zero stehen sieht, entdeckt nicht nur Parallelen, sondern auch ein durchgehendes Konzept.
Cap trat nicht nur gegen Kriegsverbrecher, Schurken und außerirdische Invasoren an. Zuletzt kam er auch gegen Terroristen zum Einsatz, besonders unter dem Eindruck der Katastrophe vom 9.11.2001. Civil War ist nicht nur ein sehr großes verlagsinternes Crossover geworden. Es ist zugleich auch umwälzender als das vergleichbare jüngste Großereignis bei DC.
Iron Man selbst vergleicht seinen Sieg mit dem Desaster, dass auch für König Pyrrhus ein Sieg war. Ein Sieg, der so teuer mit Menschenleben erkauft wurde, dass von einem Sieg kaum die Rede sein konnte. Angespornt durch legendäre Anführer wie König Artus sah sich auch Tony Stark als Architekt einer neuen sicheren Weltordnung, ein Visionär für das Gute. Für Captain America bedeutete diese neue Weltordnung nur den Erstickungstod der Freiheit.
Beide Ansichten prallen aufeinander, nicht bereit auch nur einen Millimeter zurückzuweichen, so dass am Ende alles auf der Strecke bleibt, auch solches, was beiden Seiten lieb und teuer ist.
Marvel gestaltet hier den Niedergang des Helden-Mythos, des einfach gestrickten Supersoldaten, des edlen Rächers. Obwohl sich viele mit dem Unvermeidlichen abfinden und sich registrieren lassen, gärt es unter der Oberfläche weiter. Neue Konflikte scheinen nur aufgeschoben zu sein.
Insgesamt lässt sich sagen, dass dieser Band, von Autoren wie Paul Jenkins, Brian Michael Bendis oder Warren Ellis geschrieben, ein ziemlich dichtes trauriges Bild liefert. Zwar zeichnet sich auch ein Neubeginn ab, so die Gründung von Omega Flight, dem neuen kanadischen Superteam, aber der Niedergang ist offensichtlich. – Wenn die Thunderbolts zu einer tatsächlichen Ansammlung von Verbrechern und Psychopathen verkommen, ist dies ein deutliches Zeichen. Illustre Namen wie Bullseye, Venom oder der Grüne Kobold unter einem Dach? Das kann nicht gut gehen.
So aufwühlend und auch niederschmetternd diese Handlung für die Fans auch sein dürfte, so toll ist die optische Gestaltung, in der zweifelsohne wieder einmal die von Marc Silvestri dominiert und die anderen, die ebenfalls gut sind, doch in den Schatten stellt. Entsprechend dramatisch fallen die Szenen um Omega Flight (gigantische Neuvorstellung) und die neuen Thunderbolts aus.
Ein sehr düsterer Abschluss, wie ein weiterer Auftakt zur Revolution geschrieben, der Tod eines Mythos. Der Abschied von Iron Man und Captain America voneinander, äußerst ruhig erzählt, sehr intensiv in Szene gesetzt, dürfte einer der Wendepunkte in der Historie des Marvel-Universums sein. Praller, sehr ernsthafter Lesespaß. 😀
Montag, 22. Oktober 2007
Jackie Estacado ist am Boden zerstört. Jenny ist tot. Die einzige Frau in seinem Leben, die ihm jemals etwas bedeutet hat, wurde geradezu hingerichtet. Sein Onkel schickte ihm ein Video. Nichts ahnend legte er das Band ein und sah den Tod des Menschen, den er aufrichtig liebte.
Dabei war es nicht Jenny, die etwas falsch gemacht hatte. Jackie hatte den Fehler begangen, jemanden in sein Leben zu lassen, der am Ende für seine Vergehen büsste. Ein Druckmittel, ein Rachemittel. Sein Onkel nutzte die Gelegenheit, um seinem Neffen für die Schmach bezahlen zu lassen. Atemlos beobachtet Jackie, wie Jenny von der tödlichen Kugel getroffen wird.
Aber Jackies Onkel hat einen großen Fehler gemacht. Nein, sogar zwei große Fehler. Erstens tötete er das Wertvollste, was Jackie in seinem Leben begegnet war. Zweitens glaubte Jackies Onkel, er habe es mit seinem Neffen mit einem ganz normalen Killer zu tun.
Jackies Rache fällt furchtbar und ohne Mitleid aus. – Denn Jackie ist kein einfacher Mafioso, sondern der Träger der Darkness, jedenfalls solange er sich der Liebe und dem Sex entzieht. Ein Verhältnis mit einer echten Frau bedeutet das sofortige Ende. In diesem Fall würde die Darkness auf den nächsten Träger übergehen. Die Frau, zu der er ein familiäres Verhältnis pflegte, die er wie eine Schwester liebte, war seine letzte Verbindung zu einem normalen Leben. Jetzt gibt es nur noch die Darklings, Gnome und Monster, geboren aus der Dunkelheit und Jackie hündisch ergeben, bereit, jeden seiner Befehle auszuführen.
Jackie glaubt zunächst, dass mit dem Tod seines Onkels die Angelegenheit ausgestanden sei. Auch er unterliegt einem Irrtum, denn die Nachfolger stehen schon in den Startlöchern. Der kleine Gangster, der sich am Ziel seiner Träume glaubt und der neue Pate wird, will auch Jackie in seine Schranken weisen. Estacado muss an seine Grenzen gehen. Plötzlich begegnen ihm Menschen, die auch ohne Darkness monströs sind und gnadenlos agieren.
Paul Jenkins hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen unter den Comic-Autoren gemacht. Die Darkness lebt unter seiner Federführung von einer gut durchdachten Geschichte ebenso wie von dunklem Humor, der natürlich über die Darklings zum Ausdruck kommt.
Eine Figur wie die Darkness ist nicht leicht zu treffen, weder emotional noch körperlich. Am Tage, bei Licht ist sie verletzlich. In der Nacht, in der Dunkelheit ist sie (scheinbar) unbesiegbar. Jenkins verletzt Estacado über einen Umweg, die einzige Lösung die plausibel erscheint. Jenkins lässt die Darkness Selbstmord begehen und überrascht mit dieser Vorgehensweise den Leser völlig.
Estacados Abgang ist grafisch beeindruckend, durch den Auftritt der Darklings mit dem nötigen bösen Witz versehen. Jackie wirft nur ein brennendes Feuerzeug in die Benzinlache, die sich über den gesamten Hallenboden ausbreitet. Die Darklings werfen sogleich noch mehr Feuerzeuge wie Konfetti hinterdrein.
Die Darkness stirbt!
Mit dem Tod, und natürlich der Wiederkehr, gehen neue Fähigkeiten einher, eigentlich Visionen, die sogar den mit allen Wassern gewaschenen Killer erschrecken. Seine Rekonstruktion, seine Bilder wie auch die Endergebnisse seiner Racheakte sind optische Horrorszenarien, die dem Leser keine Phantasie mehr abverlangen. Immerhin, Jackie ist eine jener Charaktere, die mitunter durch ihre eigenen Taten doch noch erschreckt werden kann.
Interessant wird es, wenn dem Killer ein Trio gegenüber gestellt wird, dass sich selbst als den ultimativen Alptraum begreift und Ideen umsetzt, die der Phantasie von Jackies Darklings in nichts nachstehen. Noch interessanter wird es, wenn dieses Trio begreift, dass es gegen die Macht der Darkness keine Chance besitzt.
Hier findet sich auch eine kleine Schwäche dieser Geschichte, die ansonsten sehr stimmig und auch kurzweilig umgesetzt ist: Jackie ist über kurz oder lang zu mächtig, um sich überhaupt von jemandem aufhalten zu lassen. Was ihm letztlich immer wieder einmal im Weg steht, sind seine restlichen Skrupel – am Ende verdankt er es seinen Feinden, dass davon immer weniger übrig bleiben. So zwingt der Nachfolger von Jackies Nachfolger die Darkness geradezu zum Amoklauf.
Grafisch ist dieser Sammelband, ob man Horror mag oder nicht, ein ziemlicher Höhepunkt. Beide Zeichner, Dale Keown und Keu Cha, liefern eine tolle Arbeit ab. Außerdem nähern sie sich optisch so sehr einander an, dass es nur geringe Unterschiede gibt und der Gesamteindruck beibehalten bleibt. Die Arbeit eines einzigen Inkers, Jason Gorder, tut ihr Übriges, um die Handlung wie aus einem Guss erscheinen zu lassen. John Starr und Matt Milla haben das sehr gelungene Farbenspiel übernommen. Besonders Milla, der ein Faible für milchig ineinander übergehende Farben hat, zeigt hier wieder einmal, wie stark und eindrucksvoll er eine Kolorierung umzusetzen weiß.
Mafiosi unter sich: Gangster können noch viel grausamer sein, wenn eine Kreatur des Grauens unter ihnen wandelt. Diese Horror-Vision von Paul Jenkins hat es dank einer sehr gelungenen Umsetzung in sich und setzt sich positiv von anderen Produktionen ab. Sofern man bei einer Horror-Produktion von einer liebevollen Arbeit sprechen kann, trifft dies hier voll zu. 🙂
Freitag, 14. September 2007
Der Krieg tobt mit ungebrochener Härte. Die Soldaten sind erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. Stetig kommt von der Befehlsstelle die Anweisung zum Vorrücken. Inmitten dieses Wütens erinnert sich ein Soldat an die Heimat, an die Liebe, die er zurücklassen musste.
Charles hat seinen Brief an die Heimat gerade beendet, als bereits der nächste Befehl eintrifft. Die Kompanie soll sofort aufbrechen. Das Ziel lautet Reims, doch das ist 30 Kilometer entfernt. Die Aufgabe scheint kaum lösbar angesichts ihres Zustandes.
Charles hat seinen Brief an die Heimat gerade beendet, als bereits der nächste Befehl eintrifft. Die Kompanie soll sofort aufbrechen. Das Ziel lautet Reims, doch das ist 30 Kilometer entfernt. Die Aufgabe scheint kaum lösbar angesichts ihres Zustandes.
Nanu?!
Charles erlebt ein Dé-Jà-Vu. Der Befehl, das Verlassen des Schützengrabens, das Vorrücken der Truppe, all das kommt ihm plötzlich allzu bekannt vor. Genau in diesem Augenblick schlägt das Schicksal zu. An den Angriff, der folgt, kann er sich bereits erinnern. Die Explosion vernichtet seine Kameraden auf einen Schlag. Und plötzlich hat er wieder diese Begegnung, die ihn schon zuvor im Mark erschütterte.
Doch das Blatt wendet sich. Aus den Rauchschwaden tritt ein mannshoher Schatten hervor, der das Monster, das Charles’ Leben beenden will, erschießt. Der langhaarige Mann ist alles andere als militärisch gekleidet und gehört auch keiner der kämpfenden Einheiten an. Außerdem ist seine Waffe ziemlichungewöhnlich – abgesehen davon scheint er die Waffen, die er benötigt, irgendwie erschaffen zu können.
Was geht hier vor?
Die Odyssee von Jackie Estacado findet in The Darkness – Level 2 ihre Fortsetzung. Ist das die Hölle, in die die Autoren Paul Jenkins und David Wohl ihn hier geschickt haben? Der Eindruck mag sich dem Leser aufdrängen. Umso spannender ist die Tatsache, dass Jackie diese Frage nicht klären kann.
Fest steht, dass es sich um keinen der Weltkriege handelt, nicht einmal um einen zukünftigen Krieg, denn der Feind ist monströs und verfügt über schweres Kriegsgerät, welches so noch nicht in Erscheinung getreten ist.
In Charles findet Jackie einen Weggefährten. Charles weiß sowieso nicht, wohin er soll, nachdem seine Kameraden aufgerieben worden sind. Also kann er auch an der Seite des merkwürdigen Fremden bleiben.
Jenkins und Wohl beschreiben eine Welt, die als Hölle angesehen werden könnte. Eine ständige Wiederholung von Sterben und Tod? So könnte die Hölle aussehen. Und wie es scheint, hält die Hölle für jeden einzelnen Gast die ganz persönliche Hölle parat. Für Charles ist es der Krieg.
Aber was ist es für Jackie Estacado?
Jenkins und Wohl haben für die Darkness, die dem Italo-Killer innewohnt, ein Erziehungsprogramm geschaffen. Als alle Waffen versagen, erschafft Jackie seine ganz eigene Kompanie von Darklings, die sich auf den Feind stürzen.
Dank der versierten Technik von Zeichner Tyler Kirkham ist der Comic dieser bekannten Horror-Comic-Figur auf einem gewohnt hohen Niveau. Das liegt nicht zuletzt auch an der guten Tuscheführung von Sal Regla und dem kolorierenden Studio F.
Braune Erdtöne, olivgrüne Uniformen, grellgelbe Explosionen, stahlblaue Darklings und schmutzigbeige Feindmonster bestimmen das Farbspiel der vorliegenden zweiten Episode der Level-Reihe der Darkness, die das Thema auf andere Weise anpackt und einen Estacado in unbekanntem Umfeld zeigt.
Die Ideen sprechen für sich. Das ist die Darkness einmal anders, gruselig, überraschend, ein Horrorspaß, mit Rätseln und Geheimnissen, zu kurz zwar, aber dennoch mit guten unvorhersehbaren Wendungen versehen. Gut. 🙂
Samstag, 21. Juli 2007
Jenny ist wieder daheim. Es ist wie ein Ausflug in die Vergangenheit. Sie erinnert sich an gute alte Zeiten, an eine schöne Kindheit. Das Bild von ihr und Jackie auf der Kommode kündet von einer sehr engen und vertrauensvollen Verbindung.
Jackie hat Geburtstag. Eigentlich sollte er sich freuen. Jenny hat inzwischen bestimmt wieder alles für einen Pate-Marathon vorbereitet und die DVDs bereitgestellt. Aber Jackie noch ganz andere Probleme. Sein alter Kumpel Gianni hat eine Schrotflinte auf ihn gerichtet. Zwar entschuldigt sich Gianni für die Umstände, doch irgendwie kann Jackie dieser Entschuldigung keinen Trost abgewinnen. Da er kein unbedarfter junger Mann ist, kehrt sich die Situation bald um. Nach einer kurzen Befragung kann Jackie von Gianni erfahren, wer ihm den Tod wünscht. Die Antwort begeistert ihn noch weniger.
Während Jackie weiter gejagt wird, wartet Jenny auf ihn alleine in ihrem Apartment. Sie weiß nicht, dass pünktlich zum 21. Geburtstag etwas äußerst Ungewöhnliches mit Jackie vorgeht. In seinem Versteck meldet sich eine Stimme in seinem Kopf. Ohne es beherrschen zu können, bricht eine schwarze Horde aus seinem Rücken hervor. Seine Augen leuchten rot auf. In dieser Nacht hat er nichts mehr zu befürchten, denn fortan sind die Darklings an seiner Seite und beschützen die Darkness.
Nach einer kurzen Stippvisite bei Jenny beschließt Jackie mit seinem neuen Freunden bei seinen alten Freunden aufzuräumen.
The Darkness: Level 1 ist eine Neuerzählung des modernen Darkness-Mythos, einer Horror-Figur, die sich neben der Witchblade einer größeren Beliebtheit erfreut. Paul Jenkins und David Wohl haben den Anfang dieser Figur neu erzählt, veränderten sie sogar und können so den Leser sicherlich überraschen.
Die Optik, sicher in Szene gesetzt von Stjepan Sejic, könnte als The Darkness trifft Final Fantasy umschrieben werden. Wer die Gesichter der Final Fantasy-Verfilmungen vor Augen hat, kann sich die Gesichter und die gesamte Ausstrahlung der Bilder in diesem Comic sehr gut vorstellen. Es wirkt etwas kühl, aber auch sehr echt und die rückt die Darkness in ein ganz anderes Licht. Sejic hat einen Trickfilm zu Papier gebracht. Die Kunstfertigkeit, die er dabei zeigt, ist beeindruckend. Die Portraits des Jungen Jackie und das des Erwachsenen sind ungeheuer gelungen und vermitteln, was nicht eben häufig ist, auch leise Emotionen sehr gut.
Die Darklings, jene Getreuen der Darkness, die aus ihrer Macht und Phantasie entstehen, erinnern zum Teil an die guten alten Gremlins, aber auch an jene Bildern von gruselig anzuschauenden Tiefseefischen und –schlangen. Das Design dieser Horrorgestalten ist recht ausgefeilt und könnte auf dieser Basis sicher auch gleich für einen Film oder ein Spiel umgesetzt werden. – Wer sich die Bilder des Darkness-Spiels ansieht wird Parallelen im Design feststellen. Eine Grundlage gleichzeitig für einen Film? Oder ein Popularitätstest dafür? Die Witchblade hat es immerhin zu einer Fernsehserie geschafft. Nach dem Erfolg einer Figur wie Blade wäre Jackie Estacado vielleicht ein nächster Anwärter für die Leinwand.
Zuerst hat alles den Anschein eines üblichen Thrillers. Aus den beiden Kindern, die ihre Jugend gemeinsam in einem Waisenhaus verbrachten, sind Erwachsene geworden. Die Beziehung von Jackie und Jenny ist bereits aus der Originalserie bekannt, wird hier jedoch liebevoller dargestellt. Es ist mehr Familie im Spiel, die im krassen Gegensatz zur ehrenwerten Familie steht, für die Jackie arbeitet – uns es zeigt sich, dass die glorifizierte Familie, die Jackie in der Pate-Trilogie so toll findet, in der Realität nicht zu finden ist.
Ein Rädchen greift hier exakt ins andere. Der Werdegang von Jackie Estacado gewinnt besonders durch die Optik eine neue Dimension. Eine herausragende Neuerzählung der bekannten Geschichte. 🙂
Sonntag, 24. Juni 2007
Der Kampf tobt. Das Unglaubliche ist geschehen. Freund kämpft gegen Freund. Iron Man geht ohne Gnade gegen Captain America vor und bestätigt diesen mit jedem Schlag und jedem Fetzen Kostüm, der zu Boden fällt.
Plötzlich halten die Frauen und Männer um Captain America inne. Ein neuer Gegner hat das Schlachtfeld betreten. Niemand hatte mehr mit diesem mächtigen Helden gerechnet. Thor ist zurück! Aber irgendetwas ist anders an dem Donnergott. Sein Blick ist finster, vom Wahnsinn umnebelt. Im nächsten Augenblick greift er an.
Mit brutaler Gewalt und gnadenlos setzt Thor seinen Hammer und elektrische Energien gegen den Feind ein. Frauen und Männer wirbeln herum wie Blattwerk. Der Boden bricht auf. Regen prasselt stürmisch hernieder. Thors Wiederkehr scheint zugleich die Tore der Hölle aufgestoßen zu haben. Falcon gelingt es, Captain America aus der Gefahrenzone zu bringen. Zugleich mit der Gewalt des Gottes fallen auch die letzten Hemmungen. Als sich Goliath dem Donnergott in den Weg stellt, geschieht das Unfassbare. Der Gott überschreitet die Grenze, die er stets einzuhalten versuchte. Und ein Held fällt.
Susan Storm ermöglicht denen, die sich auf Caps Seite stellten, die Flucht. Inmitten des abflauenden Regens weint der Beobachter.
Inzwischen nehmen auch Speedballs Probleme kein Ende. Gerade scheint er dem Knast entronnen, da kommt es auch schon schlimmer, als er es sich in seinen schlimmsten Träumen ausmalen konnte. Für Superverbrecher und Abweichler wurde ein neues Gefängnis geschaffen. Aus Fantasy Island in der Negativzone kann es kein Entkommen geben.
In Schläfer macht Wonder Man eine Entdeckung, die ihn sehr schockiert. Die Umwälzungen in der menschlichen Gesellschaft hat eine weitere Gruppe dazu animiert, wieder aus dem Abseits zu treten.
Drei verschiedene Episoden warten in dieser Ausgabe mit Schockeffekten auf. Diese fallen durchaus unterschiedlich stark aus, doch aus jeder erwächst eine folgenschwere Konsequenz. Dem größten Schock begegnet der Leser in der neuesten Folge der Handlung zum Civil War. Der Auftritt von Thor ist von Mark Millar derart gruselig inszeniert, dass man als Fan nur mit ungläubigem Blick weiterblättern kann. Das starre Auftreten des Gottes und seine Sprüche, die jedes Mitleid fehlen lassen, wecken ein wenig die Erinnerung an Zombies, die im Marvel-Universum binnen kurzer Zeit einen hohen Beliebtheitsgrad bei den Lesern sammeln konnten. Ein Gott, der Amok läuft, lässt den Leser erahnen, welche Kraft in Thor verborgen liegt und wie sehr er sich in der Vergangenheit gezügelt haben muss. Millar belässt es aber nicht mit diesem Schock. Gegen Ende trumpft er noch einmal auf und schafft einen unheimlichen Cliffhanger, der enorme Neugier auf den nächsten Teil erschafft.
Steve McNiven gehört zu den Zeichnern, die auf einem sehr hohen Niveau arbeiten. Ähnliche Leistungen bringen Leute wie Jim Lee oder David Finch. Obwohl die Bilder sehr viele Details zeigen, sind die Seiten doch so gestaltet, dass sie mit ruhigen Blicken zu lesen sind. Andere Zeichner, die so viele Informationen in ihren Bildern unterbringen müssen, gestalten mitunter derart hektische Bilder, so dass ein Lesen keinen rechten Spaß mehr macht. Es mag an der Farbgebung von Morry Hollowell, die dank einer imaginären Lichtquelle den Blick immer auf das Wesentliche lenkt und so das jeweilige Zentrum des Bildes festlegt.
In den bisherigen Folgen von Angeklagt hatte es Speedball schon nicht leicht. Jetzt gibt Paul Jenkins der Geschichte eine neue Wendung, die den Civil War in immer finstere Bahnen lenkt. In Schläfer, ebenfalls von Paul Jenkins, wird diese strenge Linie fortgesetzt. Der Civil War bringt die dem Leser bekannte Marvel-Welt vollends an den Rand des Abgrunds.
Keine Verschnaufpause für die Helden. Die heimliche Überschrift dieser Ausgabe lautet: Extratragisch!
Samstag, 23. Juni 2007
Kameras und Mikrofone sind auf Peter Parker gerichtet. Seine Maske hält er in den Händen. Ansonsten trägt er noch sein altes Kostüm. Nun weiß jeder seine wahre Identität.
Tony Stark spricht Peter Mut zu. Peters Gesichtsausdruck spricht Bände. Er ist überhaupt nicht begeistert über die Situation. Immer noch existiert da ein leiser Zweifel. Hat er richtig gehandelt? Ist er auf der richtigen Seite? Oder hat er gerade die Menschen, die ihm die Liebsten auf der Welt sind, ans Messer geliefert? Auch in Wakanda versucht Reed Richards Überzeugungsarbeit zu leisten. T’challa, der Black Panther, ehemaliges Mitglied der Rächer und Regierungsoberhaupt von Wakanda, kann sich der Argumentation von Richards nicht anschließen.
Auch Doctor Strange sind die Pläne von Tony Stark nicht geheuer. Er hat sich zum Fasten in die Arktis zurückgezogen. Selbst unter den bekanntesten Helden gibt es zahlreiche Vorbehalte gegen die Registrierung der Superhelden. Auch Emma Frost kann sich noch gut an das Fehlen von Helden erinnern, als die Übergriffe gegen Mutanten Überhand nahmen und Genosha vernichtet wurde. Wo waren die Helden in jenen Tagen? Die Kluft zwischen den Anhängern von Tony Stark alias Iron Man und Captain America wird immer tiefer. Eine handgreiflich ausgetragene Konfrontation wünscht sich keine Seite, aber die Wahrscheinlichkeit dafür wird ständig größer.
Für einen Helden ist die Arbeit Undercover nicht leicht. Für die Helden um Captain America, die sich neue Privatidentitäten zugelegt haben, wird die Heldenarbeit noch schwieriger. Schließlich treffen beide Gruppen aufeinander.
Die Schwierigkeiten und der aufziehende Sturm könnten im Civil War kaum schlimmer sein. An allen Ecken und Enden werden Intrigen gesponnen und Vorbereitungen getroffen. Das Marvel-Universum ist paranoid geworden. – Magneto dürfte seine helle Freude daran haben. Ebenso wie der Leser, denn nichts ist mehr sicher, nichts ist mehr vorhersagbar. Die Helden wurden von der Leine gelassen und verhalten sich nun ziemlich eigenmächtig.
Die Helden, die eben noch vorhersehbar waren, gehen nun gegeneinander vor, schmieden Pläne für alle Eventualitäten oder tauchen in den Untergrund ab. Eine sehr schöne Szene findet sich bei einer Zusammenkunft, die Captain America ins Leben gerufen hat. Hercules, Daredevil und Goliath sitzen in einem ganz normalen Diner und haben sich nett verkleidet. Abgesehen von Captain America kommen sich die anderen wie eine Neuauflage der Village People vor.
Was für ein Name ist Rockwell Dodsworth? wundert sich Goliath. Der Einfallsreichtum des untergetauchten Nick Fury ist recht groß gewesen. Aus dem überdimensionalen Helden Goliath wurde ein Gemeindeaußendienstmitarbeiter. – Eigentlich eine nette Umschreibung für die Arbeit eines Helden.
Die umfangreichste Episode dieser Ausgabe endet mit einem Knaller, der nur noch das Sahnehäubchen ist. Optisch kann man nur Spaß an dieser Ausgabe haben. Die Kampfszenen sind überraschend und waren so noch nicht zu sehen. Yellow Jacket gegen Goliath oder Hercules gegen Shehulk und andere Paarungen – an Dramatik und Realismus wird hier einiges geboten.
Dieser Realismus findet einen noch stärkeren Ausdruck in der Episode um Speedball. Der junge Held war an einer der größten Katastrophen in der Geschichte des Marvel-Universums beteiligt. Nun sitzt er im Gefängnis. Ähnlich wie bei einem Polizisten, ist es für einen ehemaligen Helden nicht leicht im Knast. Hier haben es alle auf ihn abgesehen, Wärter und Häftlinge.
Dieses Drama, das für einen Superhelden-Comic eher ungewöhnlich ist, wird abgelöst durch eine weitere Epsiode um Wonder Man, der seine eigenen Schwierigkeiten mit den neuen Gesetzen hat.
Ein vielschichtiger Erzählabschnitt im Marvel-Universum, der das Superhelden-Genre noch erwachsener werden lässt.
Dienstag, 15. Mai 2007
Wie können sie nur? Tony Stark hat sein Geheimnis endgültig gelüftet. Er ist der Iron Man. Vor einer Reportermeute hat er außerdem gestanden, dass er Alkoholiker ist. Damit nicht genug. Auch Peter Parker gesteht, wer er in Wirklichkeit ist: Spider-Man. Seitdem hat er bei der Zeitung Daily Bugle Hausverbot. Nicht alle Reporter sind begeistert über all die Schlagzeilen, die wie eine Flutwelle mit dem Inkrafttreten des Registrierungsgesetzes über sie hereinbrechen. Ein alter Kollege von Peter, Ben Urich, ist sehr traurig über die ersten Auswirkungen. – Natürlich kann er wie viele seiner Kollegen auch nicht die Schadenfreude verhehlen, die er angesichts von Jamesons Reaktion auf die Neuigkeit von Peters zweiter Identität empfindet. Eine Spürnase wie Jameson hat über all die Jahre nichts von Peters doppelter Persönlichkeit geahnt.
Aber nicht nur Urich macht sich Sorgen. Auch die Reporterin Sally Floyd, eine Freundin von Urich, macht sich ihre ganz eigenen Gedanken, nicht zuletzt wegen eines Gespräches mit Spider-Man, der sie in ihrer Wohnung besuchte. Sie forscht nach, was aus all den Superhelden wird, die sich nicht dem Registrierungsgesetz beugen wollen. Ihre Ergebnisse sind ernüchternd. Firestar, zeitweiliges Mitglied der Rächer, hängt ihre Superheldenaktivitäten an den Nagel. Ihr Studium ist ihr wichtiger geworden. Andere, weniger bekannte, Helden sind in den Untergrund gegangen. Die Angst geht um. Man ist bereit für die eigene Meinung zu kämpfen. Prodigy hat sich mut angetrunken und ist nichts willens, den Anordnungen eines Iron Man Folge zu leisten. Er wehrt sich und muss dafür einen hohen Preis zahlen.
Eine Gruppe im Untergrund versteckt sich wie eine Horde Verbrecher. Andere Helden tragen ihre Meinungsverschiedenheiten in aller Öffentlichkeit aus. Obwohl sie noch vor wenigen Tagen auf der gleichen Seite standen, bekämpfen sie sich nun bis aufs Blut. Bisher hat das Registrierungsgesetz nichts Gutes eingebracht.
Und damit nicht genug. Urich steht zu seiner Meinung – und steht sehr bald ohne Job da. Viel Zeit, um diese Tatsache zu verdauen, bleibt ihm nicht, denn er grübelt immer noch darüber, wie es dem Grünen Kobold gelingen konnte, ihm in einer Seitengasse aufzulauern. Eigentlich sollte dieser Superverbrecher doch eingesperrt sein.
Dunkle Zeiten sind angebrochen. Ein neuer Bürgerkrieg teilt das Land. Ein Ende dieser Tragödie ist nicht in Sicht.
Civil War: Front Line zeigt den neuen Bürgerkrieg aus der Sicht ganz normaler Leute. Es sind die Leute, die täglich auf den Straßen unterwegs sind und es sind jene, die sonst über die Taten der Helden und ihrer Feinde berichten. Was passiert, wenn ein Reporter Stellung bezieht? Im wahren Leben wie auch im Marvel-Universum erzeugt eine eigene Meinung automatisch Druck von außen. Wer diese Meinung auch gewichtig vertreten kann, wird entsprechende Reaktionen ernten. Selbst eine Meinung, die auch immer Rücksprache hält, ob sie richtig ist, wird stets einen Gegner finden. Die Traurigkeit dieser Erkenntnis wird von den Autoren dieser Handlungslinie, Paul Jenkins und Robert Kirkman in einer sehr düsteren Stimmung eingefangen.
Es ist erstaunlich, wie schnell so mancher Held sehr verzweifelt reagiert. Nur ein tiefer Verrat kann eine solche Reaktion hervorrufen. Der Verrat wird hier von Seiten der Regierung begangen – und von den eigenen Freunden!
Obwohl es zumeist sehr unbekannte Helden sind, die sich lieber in den Untergrund begeben, schafft es die Geschichte binnen weniger Szenen, einen hohen Sympathiewert für diese Randfiguren aufzubauen. Im Gegenzug verlieren die bekannten Helden massiv an Sympathie. Wir erleben die (Haupt-)Geschichte durch die Augen der beiden Reporter Ben Urich und Sally Floyd. Ihre Fassungslosigkeit wird zu unserer. Die Autoren haben sich sehr drastische Szenen ausgedacht. Wer Iron Man in verschiedenen Geschichten kennengelernt hat, wird wahrhaftig über das fehlende Einfühlungsvermögen von Tony Stark erstaunt. Zuerst hält er sich noch zurück. Spätestens wenn Shield die Eingreiftruppe der Helden verstärkt, wird aus den Aktionen der Regierung eine unaufhaltsame Kampflawine.
Optisch können Ramon Bachs sehr überzeugen. Vielleicht ist es auch seine realistische Darstellungsweise, die das Drama dieser Episoden untermauert. Es scheint so, als würde Bachs seine Hauptfiguren Urich und Floyd auch gut leiden können – sicherlich für einen Zeichner eine wichtige Voraussetzung für das Entstehen eines wirkungsvollen Charakters. Urich und Floyd, so unterschiedlich sie sind, wirken auch dank ihres geschichtlichen Hintergrundes echt.
Es macht Spaß, dieser Geschichte zu folgen. Der Blickwinkel ist ungewöhnlich und unverbraucht. Die Hauptcharaktere, keine Helden, sind sympathisch. Ihr Staunen wird das des Lesers. Eine ungewöhnliche Erzählweise, ein Vergleich des Civil War zu realen Kriegsauslösern der Vergangenheit, rundet dieses Comic-Ereignis wohltuend ab. 🙂
Montag, 11. Dezember 2006
Die Welt der Witchblade und der Darkness ist düster. Die beiden sind Spiegelbilder, bekämpfen einander oder kämpfen Seite an Seite. Diese beiden Episoden zeigen die neuen Horror-Klassiker in feinen Gruselepisoden.
Nicht zum ersten Mal steht die Witchblade einem Dämon gegenüber. Doch dieses Mal ist er menschlich, eine Tatsache, die den Dämon noch schrecklicher erscheinen lässt. Witchblade: Demon entführt in die Straßen der Großstadt, in der Sarah Pezzini als Polizistin arbeitet. Die merkwürdigsten Motive sind ihr nicht fremd: Dieser Killer will den größtmöglichen Schaden herbeiführen. Er tötet nicht einfach. Er philosophiert, wie er eine Kettenreaktion in Gang setzen kann, damit möglichst viele Menschen an seinen Taten zu leiden haben.
Dieser Killer ist ein Monster in Menschengestalt, ein Dämon.
Jackie Estacado war einmal ein Killer der Mafia. Jetzt ist er die Darkness, ein Wesen, dessen Kräfte sich in der Dunkelheit, in der Nacht vollkommen entfalten. In einem Zustand ohne Sonnenlicht sind der Darkness keinerlei Grenzen mehr gesetzt. Was mag geschehen, wenn ein Mensch, der von Natur aus eine Killernatur ist, diese auch noch in Form unbegrenzter Macht auf dem Silbertablett serviert bekommt? (Nun, es gibt auch Einschränkungen, über die Estacado nicht sehr glücklich ist.)
Ein Mann will sich verstecken. Er hat sich dafür einen unheimlichen Ort ausgesucht, ein ehemaliges Gefängnis. Ein Unwetter zieht auf und die Darkness ist bereits in der Nähe, als Richter und Henker zugleich.
Darkness und Witchblade sind in den letzten Jahren zu modernen Horror-Klassikern geworden. (Unlängst konnten Genre-Fans dieser Klassiker ein Zusammentreffen mit den Alten des Genres verfolgen.) Diese Vertreter des Horrors haben neue Fähigkeiten entwickelt und leben mit einer zweiten Identität, die sie bisweilen auch übermannt.
Und wie bei einer guten Horrorgestalt haben sie ihre Fähigkeiten eigentlich nicht gewollt, wissen sie jedoch später zu schätzen. Die Witchblade und die Darkness haben so manches Crossover-Abenteuer miteinander erlebt. Der vorliegende Band vereint zwei getrennte Geschichten, Short Stories, hervorragend erzählt.
In Demon schickt Autor Mark Millar Sarah Pezzini in einen atmosphärisch sehr dichten Thriller. Wer Filme wie Sieben oder Resurrection kennt, kann die Szenerie schnell nachempfinden, wer unbedarft an die Geschichte herangeht, wird wahrscheinlich noch mehr Spannung aus der Handlung ziehen können.
Zeichner Jae Lee (bekannt von den Inhumans, Hulk u.a.) beherrscht einen außergewöhnlichen Zeichenstil, der ohne jegliche Kolorierung auskommen könnte. Er ist modern, gezackt, leicht abstrakt ausgeführt, aber auch düster und so drückt Lee bisher jedem bekannten Comic-Universum, an dem er gearbeitet hat, seinen eigenen unverwechselbaren Stil auf. Waren es bisher Superhelden, die von ihm gezeichnet wurden, hat er mit der Witchblade (und der Darkness) Szenarien gefunden, die wie für ihn geschaffen scheinen.
Sind schon die großstädtischen Szenen und die Rückblicke des Dämons in der Witchblade-Episode sehr gut gelungen, ist das Prelude der Darkness mit alle seinen Schatten, Verstrebungen, den engen Gassen und den verwitterten Hauswänden außerordentlich gut.
Im Gegensatz zu anderen Geschichten, in denen die Darklings eine regelrechte Angriffsfront bilden und für sehr viel schwarzen Humor sorgen, setzt der Autor dieser Episode, Paul Jenkins, einzig auf das Grauen, das sich in der Dunkelheit manifestieren kann. Eben mit diesem Aspekt spielt auch Jackie Estacado und treibt sein Opfer so in den Wahnsinn. Vorzüglich geschrieben und gezeichnet.
Atmosphärisch dicht, düster, gruselig, zwei perfekte Episoden der Darkness und der Witchblade. 😀
Mittwoch, 31. Mai 2006
Ein Detective von Scotland Yard verbringt seine Nacht gewohnt alleine in seinem Apartment. Nach eigener Aussage mag Charlie Northern hübsche Mädchen, aber es ist keines in seiner Nähe. Dafür stehen seine Regale voller Bücher, die Verschwörungstheorien zum Inhalt haben. Northern ist 45 Jahre alt, 30 Jahre davon hat er als Raucher hinter sich gebracht. Northern ist ein vollkommen desillusionierter Mensch, denn vor langer Zeit verlor er seinen Glauben.
Unerwartet erhält Northern Besuch von einem alten Freund. Die Begegnung ist auch von Spott geprägt, denn Northerns alter Freund Marcel ist als Priester inzwischen im Vatikan angekommen. Marcel übersieht Northerns beißenden Humor und hat eine große Bitte. Im Vatikan wurde ein Kardinal ermordet. Nun sehen sich einige Kirchenobere genötigt, Hilfe von außen heranzuziehen, da es einige zu geben scheint, die den Fall längst aufgeklärt sehen. Northern ist für sie die beste Wahl. Ein Polizist, der seinen Glauben verloren hat, wird den Fall in der Schaltzentrale kirchlicher Macht ohne Druck zum Abschluss bringen können.
Northern nimmt den Fall widerstrebend an und wird an den Vatikan ausgeliehen.
In Rom angekommen realisiert Northern schnell, dass die Widerstände größer sind, als er ursprünglich angenommen hat. Spuren wurden verwischt, die Zeugen verhalten sich widersprüchlich oder verweigern sich. Mysteriösen Hinweisen auf schwarze Messen und Teufelsanbeter begegnet Northern mit seinem ihm ureigenen Zynismus.
Northern konnte nicht ahnen, dass der Fall für ihn persönlich werden würde. Kardinal Toscianni, einer derjenigen, die den verstorbenen Kardinal Richleau zuletzt lebend sahen, entwickelt sich zu einem wahrhaftigen Feind. Der Polizist von Scotland Yard lässt sich zusehends von seinem Zorn leiten, während hinter den Kulissen die Wahrheit offen gelegt wird. Am Ende wird Northern gezwungen, sich endgültig mit seinem Glauben auseinanderzusetzen.
Die Offenbarung bringt den Autoren Paul Jenkins und den Zeichner Humberto Ramos wieder zusammen. Beide sind sie Spider-Man-Veteranen und wie sie in ihren Arbeiten gezeigt haben, dem phantastischen Genre nicht abgeneigt.
Ramos zeigte sein Talent zu gruseligen Szenarien mit dem Spider-Man-Mehrteiler Der Hunger, der von Paul Jenkins geschrieben wurde. Besonders drastisch zeichnete Ramos die Welt der Vampire in dem Mehrteiler Crimson.
Der Mehrteiler Revelations, hier zusammengefasst zu Die Offenbarung setzt weniger auf drastische Szenen, sondern setzt mehr auf die zynische Hauptfigur, Detective Northern, einerseits und die atmosphärischen Zeichnungen andererseits.
Ramos ist ein Zeichner, der seine Charaktere stets sehr überzeichnet darstellt – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Grenze zum Cartoon ist nicht weit entfernt, umso erstaunlicher ist es, wie gut sich seine Bilder mit phantastischen, ja auch ernsthaft gruseligen Themen vertragen. Bösewichter, skurrile Charaktere sind seine absolute Spezialität. Sei es der Kardinal Toscianni, seltsame Verwandlungen oder der kleine Priester mit der riesigen Brille, sie alle (und noch vieles mehr) zeigen ein gerüttelt Maß an handwerklicher Fähigkeit, die durch die feinen Szenenideen und Perspektiven noch einmal mehr unterstrichen wird.
Bisher konnten Ramos’ Bilder im typischen Comicstil bewundert werden: Getuschte Outlines, per Computer koloriert.
Durch die Hilfe der Koloristen Leonardo Olea, Edgar Delgado und Edgar Clement ergibt sich etwas völlig Neues. Schwache, braun skizzierte Outlines, leicht bräunlich schraffierte Schattierungen und cremig ausgeführte Farbflächen ergeben einen Zeichentrickeffekt. Die Bilder schaffen den schönen Spagat zwischen der Düsternis im Vatikan, Regenszenarios wie in Sieben und der Heiterkeit eines sonnigen römischen Nachmittags in der Innenstadt. Letztere Bilder sind allerdings Ausnahmen, weshalb die Farbzusammenstellung eigentlich die miesmutige Stimmung von Northern abbildet.
Jenkins hat eine Geschichte geschrieben, die erfreulich diffus bleibt und nicht jedes Detail bis ins Letzte aufklärt. Angerissen werden die Geheimnisse von Fatima, derer es bislang drei gab. Jenkins setzt diesen Geheimnissen eines hinzu, das wohl schrecklichste. Der Vatikan, oder besser religiöse Institutionen, sind seit langem Zielscheibe von Autoren und stets für eine Geschichte gut. Erfreulicherweise malt Jenkins seine Ansichten der Kirche nicht vollkommen schwarz, wie es derzeit häufiger vorkommt. Deshalb ergibt sich ein vielschichtiges Szenario, es wandeln sich die Sichtwinkel der einzelnen Charaktere und zum Schluss muss der Leser sich völlig neu orientieren.
Die Figur des Charlie Northern, des ungläubigen Thomas, gefällt mir ausgesprochen gut. Ein Anlass in seinem Leben hat ihn zum Raucher gemacht und brachte ihn dazu, seinem Glauben abzuschwören. Northern raucht seit 30 Jahren, stirbt aber nicht. Jede Zigarette wird während des Anzündens beschimpft, oder lässt Northern seine Wut in Wahrheit an jemand anderem aus? Der zerrissene Charakter von Northern ist jedenfalls ungeheuer gut getroffen und er ist der eigentliche Kern der Geschichte, die sich nur um ihn dreht, ob er will oder nicht.
Mein Fazit: Verdammt düster, gruselig, rätselhaft, eine dieser Geschichten, die es mehrmals zu lesen lohnt. 😀
Mittwoch, 28. Dezember 2005
Ein Friedhof im Winter, Weihnachten. Peter Parker besucht das Grab seines Onkels Ben. Aber obwohl Peters Ersatzvater und Freund seit vielen Jahren tot ist, bleibt es kein stiller Besuch. Peter hält Zwiesprache mit dem Verstorbenen, der ihm immer ein guter Ratgeber war. Sie schwelgen in Erinnerungen an schöne Tage. Sie sehen die kleinen Eigenarten des anderen, erwärmen sich an der Liebe von Tante May, die immer wusste, dass sie zwei Kinder zu Hause hat: Peter und Ben.
Es ist ein Rückblick in Peters Kindheit, als er der einzige Ameisensoldat mit acht Beinen während einer Schulaufführung war.
Es ist ein Blick auf die Zeit als Spider-Man, die verlorenen Lieben, die Freunde, die Feinde, die vielen Kämpfe, die kein Ende zu nehmen scheinen.
Diese Geschichte zeigt, was Superheldencomics alles zustande bringen können. Die Kurzgeschichte Der letzte Vorhang steht völlig für sich alleine. Natürlich dreht es sich um Peter Parker und um sein Alter Ego Spider-Man, aber das ist hier vergleichsweise nebensächlich. Ebenso gut könnte er ein Cop sein, oder ein Feuerwehrmann, ein Arzt vielleicht, in der Hauptsache jemand, der sich tagtäglich für andere einsetzt.
Das ist die eine Seite. Die Last der Verantwortung, die Verluste, die er zu beklagen hat. Ob diese durch seinen Nebenjob herrühren oder nicht, ist auch eher nebensächlich.
Die andere Seite ist eine sehr schön menschlich dargestellte Geschichte. Zeitweilig gewann ich sogar den Eindruck, es mit einer weihnachtlichen Gespenstergeschichte zu tun zu haben. Peter und Ben erzählen sich ihre Erinnerungen und bilden Engelsfiguren im tiefen Schnee ab. Auffallend dabei ist die Tatsache, dass es zwei Figuren sind und diese auch im Schnee erhalten bleiben.
Die Erzählweise, der Wechsel in den verschiedenen Zeitebenen und der damit einhergehende wechselnde Zeichenstil hebt die Geschichte zusätzlich hervor. Die Kindheit ist eher eine cartoonhafte Erinnerung, die Gegenwart realistisch, das Leben als Spider-Man ist verklärt und merkwürdig. Am Ende fließen die Zeichenstile ineinander und formen ein Abschlussbild, in dem einfach alles zusammenpasst und –gehört.
Hört sich sehr tiefsinnig an?
Wer Superheldengeschichten heute noch Geistlosigkeit unterstellt, liegt sowieso total falsch. Klar, nobelpreisverdächtig sind sie auch nicht, aber inzwischen sind derart viele versierte und gute Autoren hier am Werk, dass es beinahe unheimlich ist. Superhelden gehören zum Lebenslauf eines Schriftstellers, der es in der Unterhaltung zu etwas gebracht hat.
Der letzte Vorhang ist recht universell und im Gegensatz zum Einsatz gegen üble Halunken wird der eine oder andere Leser Parallelen zu eigenen Erlebnissen finden können. Unter dem Strich lässt sich nur sagen: Klasse!
Am Ende der Geschichte steht die Hoffnung.
Ähnlich nachhaltig blieb mir bisher nur die Geschichte um den 11. September in Erinnerung, die aktuell in der FAZ Ausgabe Spider-Man abgedruckt ist.
Die zweite Episode des vorliegenden Bandes ist vielleicht nicht ganz so schön umgesetzt, aber immer noch hübsch anzuschauen. Die kleine Geschichte schildert, wie Spidey sich für die Schulaufgaben seiner Schüler einsetzt (natürlich für Parkers Schüler). Spider-Man, der, an einer Hauswand hängend, Schulaufgaben Korrektur liest, ist ein Anblick für sich.
Diese letzte Ausgabe von Der spektakuläre Spider-Man ist ein schönes Beispiel dafür, dass Superhelden auch nur Menschen sind (sein sollen). 🙂