Mittwoch, 28. März 2007
John Constantine ist ein Detektiv der anderen Art. Wer Probleme mit der jenseitigen Welt oder gar der Hölle hat, ruft den abgehalfterten jungen Mann, der nicht ohne Zigaretten auskommt.
Du borgst in der einen Hölle, um die andere zu bezahlen, John Constantine. Der Totengott, der John bereits als Kind erschienen ist, erkennt sehr früh, wie es um John bestellt ist. Zu diesem Zeitpunkt weiß John selbst nicht einmal, was später aus ihm werden wird. Als Kind ist seine Fähigkeit, mit anderen Welten, vornehmlich Höllen und mythischen Sphären, Kontakt aufzunehmen, eher hinderlich. Man könnte auch sagen, dass es die reinste Qual ist.
Sehr viel später wird John mit dieser Fähigkeit und der Respektlosigkeit, mit der er jedem dunklen Wesen begegnet, zu einem Rettungsanker, der letzten Hoffnung, die es in paranormalen Fällen noch gibt.
Ein solcher Fall ist das Koma der kleinen Trish. John nimmt den Ball auf und will seinem Freund Chas, dem Vater der Kleinen, helfen. Die ersten Ergebnisse sind nicht ermutigend. Die Spur führt von London in die Stadt der Engel, nach Los Angeles. Der Dämon, der sich ihnen dort offenbart, wirkt auf John wie ein Haufen Exkremente mit einem gedrungenen Kopf und klebrigen Armen und Beinen. Die Lösung ist einfach. Wenn John dem Dämon einen Gefallen tut und die unirdische Konkurrenz des Dämons aus dem Weg schafft, lässt er den Geist der kleinen Trish wieder frei.
John macht sich an die Arbeit. Aber er weiß um die mangelnde Vertrauenswürdigkeit von Dämonen. Deshalb spielt er sein eigenes Spiel.
Am Ende gerät scheinbar alles außer Kontrolle. John ist derjenige, der die Hölle auf Erden gebracht hat.
John Constantine wurde einer breiteren Zuschauerschar durch die thematische Verfilmung mit Keanu Reeves in der Hauptrolle ein Begriff. Der paranormale Ermittler, der auf ähnlichen Spuren wandelt wie der von Clive Barker erfundene Ermittler Harry D’Amour, füllt eine Lücke in den Horrorgeschichten, in denen ansonsten die Hauptfiguren den Monstern eher ausgeliefert sind.
Constantine ist einer jener Detektive, deren Grundlage sich in den Geschichten von Erzählergrößen wie Dashiel Hammett oder Raymond Chandler findet. Ein einsamer Ermittler, heruntergekommen, mit einem eigenen Ehrbegriff ausgestattet oder einer eigenen Form von Moral. Ein solcher Mann glaubt alles gesehen zu haben – was im Falle von Constantine sogar stimmt. Nichts kann ihn mehr schrecken. Ein solcher Mensch raucht und trinkt zuviel, weil es sowieso keinen Unterschied macht. Im Gegensatz zum normalen Detektiv steigt Constantine noch einige Stufen tiefer in in den Untergrund, dorthin, wo finstere Mächte regieren und den Menschen das Leben schwer machen.
Constantine behandelt diese Dämonen nicht wie Monster, sondern wie Verbrecher. Natürlich wendet er die dazu nötigen Gesetzmäßigkeiten an, aber letztlich bleibt er dabei immer cool. (Auch eine Eigenschaft, die ein solcher Detektiv besitzen muss. Ein lockerer Spruch auf den Lippen muss noch in der verfahrensten Situation kommen.) Seine Vorgehensweise ist beeindruckend erzählt von Mike Carey. Man könnte Constantine auch als abgebrüht bezeichnen. Wie er sich in den verschiedenen Situationen bewährt, ist nicht nur toll geschrieben – es springt auch der Spannungsfunke direkt über.
Constantines erste Begegnung mit dem Totengott ist ungeheuer gelungen – und gruselig.
Leonardo Manco zeichnet sehr detailliert ein Wesen, dessen Knochen der menschlichen Anatomie so ähnlich und doch entsteht durch das folkloristische Äußere ein fremdartiges Wesen, das kaum besser entworfen sein könnte. Diese Gestaltung der Dämonen, bei denen Manco sich sehr viele Freiheiten nimmt und seinen Phantasien freien Lauf lässt, steht im vollkommenen Gegensatz zu der Präzision, die er mit der Zeichnung von Menschen, Fahrzeugen, Raum- und Stadtansichten zeigt. Auf diese Art wird all das Fremdartige exakt mit dem Bekannten verwoben zu einem hervorragenden Gruselerlebnis.
Constantines Hauptgegner ist wie ein Moloch angelegt. Rein äußerlich erinnert er an den Golgataner, wie er in dem Film Dogma zu sehen war. Ein sehr unappetitlicher Anblick, der jedoch mit einigen Überraschungen aufwarten kann, die selbst den sonst so nüchtern agierenden Constantine ein wenig aus der Bahn werfen.
Solche Szenen machen die vorliegende Geschichte mit ihren düsteren Bildern zu einem Fest für alle, die nicht nur Horror- und Gruselcomics mögen, sondern vielleicht auch von der Roman- oder Film-Seite her auf den Comic-Geschmack gebracht werden wollen.
Top! So kann Horror-Action-Grusel sein. Intelligent erzählt, spannend verpackt, perfekt gezeichnet. Mehr davon!
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Sonntag, 18. Februar 2007
In der Halbwelt, jener Welt, aus der sich Menschen am besten heraus halten, kursieren Gerüchte, die den Blutsaugern keineswegs gefallen. Jemand macht Jagd auf sie, noch dazu jemand aus den eigenen Reihen. – Vampirella ist zurück!
In einer kleinen Bar wurde vor kurzem ein neuer Blutspeicher angezapft und die Gäste lassen es sich wohl schmecken. Ein jeder hat etwas zu den Gerüchten beizutragen, Halbwahrheiten, Details, Ängste.
Vampirella, die Verräterin an ihrer eigenen Art, wurde hier gesehen und dort. Dieser und jener ist tot, ausgelöscht, in einer Ascheexplosion vergangen. Aber was ist ihr Ziel?
Auch darüber streiten sich die Gemüter. Angeblich soll sie sich auf einem heiligen Kreizzug befinden, der erst dann sein Ende findet, wenn der letzte Vampir tot ist – verständlich, dass die anwesenden Blutsauger von dieser Aussicht nicht gerade begeistert sind. Die Person um die sich letztlich alles dreht, heißt Lilith, jene Urmutter der Vampire, die wegen ihrer Brut bis zum jüngsten Tag verflucht ist.
Es sei denn, jemand nimmt sich des Problems an und tilgt die Blutsauger vom Angesicht der Erde.
Ein Streit bricht in der Bar aus. Auch unter Vampiren kann solch ein Streit mit einer kleinen Lokalrunde besänftigt werden. Aber als der nächste Blutspeicher, Mensch, angezapft werden soll, kommt es für die anwesenden Gäste völlig anders als erwartet.
Vampirella ist zurück!
Kein Vampir davor oder danach ist derart sexy aufgetreten und ist im Comic-Bereich zu einem Inbegriff der Blutsauger geworden.
Vampirella bildet einen äußerst gegensätzlichen Charakter. Einerseits ist sie mit äußerst großen weiblichen Attributen ausgestattet und kurvenreicher als die Serpentinen einer Gebirgsstraße, andererseits geht sie oftmals blutiger ans Werk als der Ur-Vampir, Dracula persönlich, schlechthin.
Vampirellas Vergangenheit ist darüber hinaus noch sehr ungewöhnlich. Immer wenn die Sprache auf ihre außerplanetare Herkunft von Drakulon kommt, entsteht so eine B-Movie-, wenn nicht sogar C-Movie-Geschmack, der angesichts der Verfilmung mit Ex-Bondgirl Talisa Soto in der Hauptrolle gar nicht so weit hergeholt ist. Drakulon als Hintergrundgeschichte spielt keine Rolle mehr, der Pulp-Geschmack bleibt.
Man darf aber auch nicht vergessen, dass Vampire lange Zeit nur im Pulp-Bereich überlebt haben, bevor sie mit Anne Rice & Co. und einem leicht schwülstigen Horror ein Comeback erlebten.
Vampirella hat nicht nur überlebt, sie hat sich außerdem noch einen Namen gemacht. Das mag auch an ihrem Outfit liegen: ein knapper roter Einteiler, hohe Stiefel, mehr nicht. Diese gewisse sexuelle Komponente hat sicherlich auch zum langen Comic-Dasein von Vampirella beigetragen. – Sex war aber schon zu Draculas Zeiten unterschwellig thematisiert und ist keine Erfindung von Vampirella. Bei ihr ist es eher eine Aussage wie: Wenn schon, denn schon. So teilt sie mit Dracula nur den hohen Kragen und das Rot seines Umhangs.
Neben ihren ganz eigenen Auftritten war sie ein beliebtes Crossover-Girl – mit Lady Death, Purgatori, Shi, Pantha, Chastity oder auch mit der Magdalena.
Aus dem Vampir-Genre ist Vampirella nicht mehr weg zu denken, zumal sie auch mit ihren Ausflügen in Romane und Mangas andere Wege beschritt.
Vampirella Revelations ist ein Prolog zu einem neuerlichen Feldzug der Vampir-Ikone. Wie bei den Fans so hat sich die schwarzhaarige Vampirin auch bei ihren Feinden in der Erzählung einen Namen gemacht – wie es sich gehört, ist es ein Name der gefürchtet wird.
Nette Kleinigkeiten dieses Auftakts sind zum Beispiel die Art und Weise, wie in der Vampirkneipe für Getränkenachschub gesorgt wird. Es ist eine Szene, die den Leser in die Geschichte hineinkatapultiert, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Die Bilder unter der Federführung von Mike Lilly bleiben düster. Es bleibt ihm nicht viel Zeit, sich selbst und seine Fähigkeiten angemessen in Szene zu setzen. Dort, wo ihm mehr Platz bleibt, gelingt es ihm schon ganz gut, besonders als sie ihr Versteck verlässt. Der Auftakt insgesamt, von Mike Carey geschrieben, macht Hoffnung auf eine stark actionhaltige Handlung. Man darf gespannt sein. 🙂
Donnerstag, 22. Juni 2006
Die Fantastischen Vier sind auf dem Heimweg. Die Stimmung ist nach dem Desaster in Las Vegas ein wenig gedrückt. Doch das ist fast kein Vergleich zu dem, was sie beim Anflug auf ihr Hochhaus erwartet. Plötzlich setzen die Motoren des Transporthubschraubers aus.
Die Bruchlandung in das Baxter Building verursacht zwar keine Opfer, aber fortan werden die Beteiligten zu einem Spielball einer seltsamen Macht, die sich der Labors bemächtigt hat.
I’m smarter than you. (So das scheinbare Motto des Gegenspielers der Fantastischen Vier.)
Das Spiel nimmt seinen Lauf. Reed Richards wird direkt herausgefordert und muss seine Intelligenz unter Beweis stellen. Leider ist das nicht das einzige Problem, das sich ihm stellt. Er muss die Impulsivität von Johnny und Ben zügeln, andererseits versucht er Susan zu beschützen. Schließlich findet sich der Gegner: Wieder einmal müssen sich die Fantastischen Vier dem Wahnsinn eines Feindes stellen, der keine Gnade walten lassen will.
Denkfabrik ist eine wunderbar gruselige Geschichte im Ultimativen Marvel-Universum geworden. Verantwortlich für die stimmige Geschichte zeichnet sich Autor Mike Carey, Zeichner Jae Lee liefert die perfekt darauf zugeschnittenen Bilder. June Chung sorgt mit einer sparsamen, aber äußerst punktgenauen Farbgebung für einen feinen Kontrast und unterstützt so den Bildaufbau und den zeichnerischen Stil perfekt.
Jae Lee hat bereits mit dem Vierteiler um die Inhumans beweisen können, wie sehr sein scheinbar einfacher Zeichenstil für eine düstere Atmosphäre taugt. Auf den zweiten Blick ist es sogar unglaublich, wie sehr er es schafft, durch seine Strichführung diese umfassenden Eindrücke zu vermitteln. Lee hat einen Stil geschaffen, der zwar gewöhnungsbedürftig ist, aber gleichzeitig auch unverwechselbar. Wollte man den Stil beschreiben, ließe sich vielleicht sagen, dass die Bilder wie Fotografien wirken, die mittels Vektorgrafiken überarbeitet und vereinfacht wurden.
Lees Bilder können sicherlich die Meinungen der Leser polarisieren. Ich für meinen Teil finde es gut, dass es mit Jae Lee einen weiteren Zeichner mit einer sehr individuellen Handschrift gibt und dessen Arbeit sofort zu erkennen ist. Lee besitzt ein hohes Maß an Abstraktionsfähigkeit. Diese setzt er jedoch so geschickt ein, dass es dem Leser (in diesem Falle mir) nicht so vorkommt, als fehle etwas.
Auffallend in diesem Band ist die Darstellung mittels Schattenrissen. In so mancher Szene entsteht ein ziemlich surrealer Effekt. Diese Bilder erinnern ein wenig an die guten alten Borg aus Star Trek. Verkabelungen, rote Lichter, kreisrunde Monitore vor kaltblauen Hintergründen, alles in allem gruselig technisch. Eben eine Art moderne Frankenstein-Variante im Marvel-Universum.
Deshalb muss dem Autor Mike Carey in der Tat ein großes Lob ausgesprochen werden, wie viel er aus dieser Geschichte herausholt. Nicht oft sind kürzere Geschichten derart gehaltvoll. Zu häufig sind die Erzählungen auf längere Mehrteiler ausgelegt, die zweifellos einen hohen Reiz haben. Aber in einer kürzeren Geschichte sind die Autoren viel mehr gefordert, weil sie viel stärker die Kerninformationen in kürzerer Zeit an den Leser bringen müssen. Das erfordert ein viel besseres handwerkliches Geschick.
Carey gehört zu den Autoren, die im Marvel-Universum zu Hause sind. Er verdiente sich seine Sporen bei den X-Men ebenso wie im Ultimativen Universum bei den Fantastischen Vier, den X-Men und er brachte Daredevil und Elektra in einer neuen ultimativen (sehr gelungenen) Version zusammen.
Fazit: Ein echtes Zückerchen für F4-Fans. 😀