Mittwoch, 29. August 2007
In der Wüste ist der alte Pioniergeist noch lebendig. Die Menschen, die hier leben, wollen sich nichts sagen oder vorschreiben lassen. Und sie wollen sich schon gar nicht vertreiben lassen. Die Zeit drängt. Bald schon rückt das Militär an, denn die Zeit der Atombombentests steht bevor.
Die Menschen wollen nicht gehen. Sie begreifen nicht einmal, in welcher Gefahr sie eigentlich schweben. Das Wort Radioaktivität ist für sie wie ein Buch mit sieben Siegeln.
Einige Soldaten wollen die Angelegenheit auf ihre Weise regeln. Aber die Situation eskaliert. Als ihr Überredungsversuch einem Mann der Siedler das Leben kostet, drohen sie den Menschen in diesem abgelegenen Dorf ganz offen mit weiterer Gewalt. Sie haben nicht mit der Entschlossenheit der Witwe gerechnet. Die nächsten Soldaten, die gegen das Dorf vorrücken, werden von Scharfschützen empfangen. Das Militär wird nur kurz aufgehalten. Die nächste Einheit rückt mit Panzern vor und ebnet das Dorf ein.
Den Menschen bleibt nur die Flucht in den Untergrund. Lange Zeit bleiben sie verschwunden. An der Oberfläche erschüttern die Explosionen der Atombomben die Erde und jagen die Druckwellen bis zu ihnen hinunter. Nachdem die Armee abgezogen ist und die Menschen an die Oberfläche zurückgekehrt sind, ahnen die Überlebenden nichts von der unsichtbaren Gefahr, die draußen auf sie wartet und sie langsam verändert. Zunächst ist alles gut. Nach der Geburt eines Kindes, das nie gezeugt wurde, ändert sich das gewaltig. Die Gemeinschaft spaltet sich, und der Niedergang der Gruppe beginnt.
Blanker Horror findet sich im Comic-Auftakt zum Genre-Film The Hills Have Eyes. Der Beginn mag an die entbehrungsreichen Szenarien erinnern, die so mancher amerikanische Siedler auf sich genommen hat. Vergleiche lassen sich auch durchaus zu Filmen wie Die letzten Amerikaner oder Beim Sterben ist jeder Nächste ziehen. Die Grundthematik ist ähnlich. In einer abgelegenen Gegend der Vereinigten Staaten, von denen es noch viele zu geben scheint, treffen Freaks auf Normalos oder die Armee und der Tanz beginnt.
The Hills Have Eyes – Der Anfang bringt uns die Entstehungsgeschichte dieser Freaks nahe. Hier sind es Menschen, die sich einfach nicht von ihrem Land vertreiben lassen wollen und der Willkür von Soldaten ausgesetzt sind, die ganz eindeutig ihre Dienstbefugnisse überschreiten. Aus diesem Konflikt entsteht Rache und schließlich die Geschichte, wie sie der Genre-Freund heute kennt.
Jimmy Palmiotti, Schöpfer von Painkiller Jane, und Justin Gray haben sich der Geschichte angenommen. Es ist bemerkenswert, mit welcher Fairness die Geschichte aus der Sicht der späteren Mutanten erzählt, jener Monströsitäten, die keinerlei Probleme damit haben, ihre Vorfahren zu verspeisen. Beide Autoren bringen den berühmten Stein ins Rollen, der sich sehr schnell verselbständigt. Ab einem gewissen Punkt ist die Ursache für das Desaster vergessen. Für die Menschen, oder die Lebewesen, die durch die atomare Strahlung entstanden sind, ist das Überleben ebenso wichtig, wie für jeden anderen auch. Unter der Führung von Hades, jenes ungezeugten Sohnes, organisieren sie den Nachschub an Materialien und Nahrung, derer sie draußen in der Wüste dringend benötigen.
Die Brutalität ist Zufall und rangiert für diese Wesen wohl auf der gleichen Ebene wie die Vorgehensweise eines Jägers, der seine Beute nach getaner Arbeit aufbricht.
Schnell wird deutlich, dass die Macher ihren Lesern ein dem Kino ebenbürtiges Erlebnis bieten wollen. Hier zieht der Horror blank dank der Leistung von Zeichner John Higgins (und Co-Künstler S.J. Hurst). Wer sich an die Reihenfolge der Bilder hält und nicht vorblättert, wird den einen oder anderen Schockeffekt erleben.
Higgins ist nicht zimperlich in der Darstellung verschiedener Szenarien und bleibt dem Erfolgsrezept der Neuverfilmung wie auch dem Original Hügel der blutigen Augen treu. Außerdem muss hier bei der Darstellung nicht gespart werden, denn es gilt schließlich kein Budget einzuhalten.
Die Gegner sind im Anschluss keine Vorstadtfamilie, die sich verirrt hat – auf den ersten Film wird kurz angespielt. Aus dem Comic-Prequel wird am Ende ein Krieg. Panzer rücken vor. Diesmal sind es nicht die alten Geräte aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern modernstes Gerät. Der Gegner kämpft mit Guerilla-Taktiken. Was ihnen an Waffen fehlt, machen sie durch Tricks und schiere Menge wett. Wie Higgins dies in Szene setzt – wie tollen Arbeitsskizzen im Anhang untermauert – gibt ein ziemliches apokalyptisches Bild ab.
Zusätzlich finden sich Cover von Tim Bradstreet, Greg Staples und Bill Sienkiewicz, die ebenso gut als Kinoplakat beeindrucken könnten. – Und vielleicht sogar mehr beeindruckt hätten, als die tatsächlich verwendete Variante des Remakes.
Horror, Horror, Horror, Leser, die den Comic für harmloser als die Filme halten mögen und einen Blick riskieren wollen, seien gewarnt: Comic und Film begegnen sich auf Augenhöhe! Spannend aus der Sicht der Kreaturen erzählt und mit Schock-Effekten gezeichnet, legt The Hills Have Eyes die Messlatte für Horror-Comics sehr hoch.
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Montag, 30. April 2007
Blüdhaven ist ein Trümmerfeld. Nachdem Chemo über der Stadt explodierte, ist Blüdhaven ein apokalyptischer Ort geworden. Rechtschaffene Menschen, die es nicht mehr rechtzeitig nach draußen geschafft haben, verstecken sich. Mutierte Metas versuchen ihre neue Macht auszunutzen.
Die Teen Titans sind machtlos. Per Regierungsverordnung ist es ihnen verboten worden, einzugreifen. Zunächst halten sich die Titans daran. Immer noch herrscht der Irrglaube vor, dass alles, was die Regierung initiiert, auch richtig sei. Aber nicht alle legen viel Wert auf solche Verordnungen.
Innerhalb der Mauern von Blüdhaven, das von Regierungstruppen abgeriegelt wurde, die selbst den ehemaligen Bewohnern der Stadt keinen Zutritt gewähren, sind andere am Werk, die helfend eingreifen und ein bestimmtes Ziel verfolgen. Die Suche der Atomic Knights kreuzt sich mit ihren Feinden. Die Nukleare Legion, eine Bande von Gangstern, die alle unterschiedliche durch Strahlung kontaminiert und verändert wurden sind noch nicht einmal ihre härtesten Gegner. Auch die Regierung hat unter der Leitung von Father Time ein altes Team reaktiviert. Der ehemalige Freedom’s Ring wurde zu SHADE, einer Abwehreinheit gegen Metawesen. Unter der Führung des wahnsinnigen Major Force befolgen sie die Befehle des undurchsichtigen Father Time.
Ganz langsam wird das Ziel aller in diesen Trümmern eindeutig. Irgendwie hat Captain Atom seine Tour de Force überlebt. Jeder scheint an dem im Koma liegenden Helden interessiert zu sein.
Bald sich auch die Titans zurück. Sie wollen den Behörden nicht länger Glauben schenken und die seltsamen Maßnahmen nicht länger gutheißen. Und sie kommen nicht allein. An ihrer Seite kämpft die legendäre Green Lantern namens Hal Jordan. Darauf hat Major Force nur gewartet.
Die Secret Six sind Verbrecher. Catman, Deadshot, Knockout, Scandal Savage, Mad Hatter und Ragdoll stehen bereits sehr lange auf der falschen Seite des Gesetzes. Als Team nehmen sie Attentatsaufträge an. In einer Welt, in der die wahren Helden genug mit sich selbst beschäftigt sind, können die Secret Six in aller Ruhe ihrem Beruf nachgehen. Eigentlich läuft es gut für sie. Doch genau an dem Tag, an dem sie sich etwas mehr Ruhe gönnen, setzt jemand die Six auf seine Abschussliste.
Scandal muss erleben, wie ihre Freundin Knockout in einer Explosion scheinbar ihr Leben verliert. Deadshots Frau und Tochter werden zum Köder und zur Zielscheibe. Und das ist erst der Anfang.
Einen prallen Lesespaß bietet die Monster Edition mit Ein Jahr nach der Infinite Crisis. Der vorliegende Band beweist: Das DC-Universum lebt – auch ohne die wirklich besonderen Helden, die das Universum über Jahrzehnte zusammengehalten haben.
Trotzdem muss der Leser nicht auf alte Bekannte verzichten. Hal Jordan ist zurück, wenngleich es eher ein Gastauftritt ist – allerdings mit einem Paukenschlag, das lässt sich nicht anders sagen. Batman-Fans können sich vielleicht noch an die äußerst amerikanische Heldentruppe erinnern, gegen die das einstige Batman-Team antreten musste. Wie es sich sehr bald zeigt, ist die Gruppe unter Major Victory nicht mehr mit den Individuen identisch, die einstmals Batmans Leuten gegenüber traten. Selbst in dieser Ausgabe findet ein Austausch statt. Altbekanntes wird mit neuen Elementen gemischt. Die Geschichte der Infinite Crisis wird jedoch in einer Weise fortgeführt, die so richtig auf den Putz haut und fast schon zu viel Inhalt mit sich führt.
Als wären vier Gruppen, die Titans, die Nukleare Legion, die Atomic Knights und Shade noch nicht genug, erwarten den Leser der Auftritt von Hal Jordan, diverse Neuhelden und Kriminelle, Captain Atom und zum guten Schluss auch die nukleare Familie. Letztere ist eine richtig nette kleine Überraschung und sorgt für einen wirklich humorvollen Auftritt. Ein sprechender Hund war zuletzt das Zünglein an der Waage in MIB. Eine ähnliche Charakter-Konzeption erwartet den Leser auch hier.
Während Die Schlacht um Blüdhaven eher konventioneller erzählerischer Natur ist, wird mit den Secret Six so richtig aufgetrumpft. Diese sechs Gangster sind erstens eine gelungene Mischung und zweitens dürfen sie sich auch wie Gangster verhalten. Diese Bande verdient ihr Geld mit dem Töten von Menschen, nicht immer, aber immer öfter. Und auch aus persönlichen Motiven heraus werden Feinde lieber umgelegt, als am Leben gelassen.
Gail Simone, die Autorin dieses Mehrteilers, hat die Gelegenheit genutzt, um diesen Gangstern sehr viel Profil und Geschichte zu verleihen. Simone ist manchem Leser als die Autorin der Birds of Prey bekannt, einer Serie, die hierzulande nicht sehr erfolgreich war. Nun darf sie aus den Secret Six lebende Menschen machen, die lieben, hassen, ihr Leben bestreiten müssen, sich auch ausruhen, ihren Vergnügungen nachgehen und die sich, obwohl nicht immer alles passt, zusammenraufen, um einem der ihren zu helfen.
Interessant ist, wie sogar der Mad Hatter, der verrückte Hutmacher, ein alteingesessener Gegner von Batman, an Profil gewinnt. Als Beispiel genommen ist er viel näher an seiner literarischen Vorlage, als er es in der Vergangenheit war. Simone steigert den Mann auch viel weiter in seine Phantasien hinein. – Derart weit, dass es ab einem bestimmten Punkt sogar Mitleid erregend wird.
Der Realismus der Geschichte erinnert ein wenig an jene Erzählstrukturen, wie der Comic-Fan, sie auch vom Marvel-Universum her kennt. Besonders Catman kann mit seiner Vergangenheit gewisse Parallelen zu Wolverine nicht leugnen.
Zeichner Dan Jurgens gestaltet auf seine gewohnt versierte Art die Geschichte um Blüdhaven (zusammen mit Gordon Purcell). Brad Walker kann sich im eher düsteren Szenario um die Secret Six austoben. So sind die Geschichten auch grafisch sehr gegensätzlich, aber immer äußerst passend.
Mir persönlich sagt die echtere Geschichte um Catman und Co. mehr zu. Unter dem Strich bleibt ein echter Knaller, der Dank seines enormen Umfangs viel Lesevergnügen im neuen DC-Universum bietet. 😀