Supermans Geschenk an Lois ist ein absoluter Volltreffer. Die Reporterin kann es kaum erwarten, sich wie der Stählerne für einen Tag in die Lüfte zu schwingen.
Gleichwohl muss Lois Lane auch erfahren, dass das Leben einer Superheldin nicht nur aufregend ist, sondern auch voller Überraschungen sein kann. Zunächst ist sie noch damit beschäftigt, ihre neuen Fähigkeiten auszuprobieren, da stellen einige echsenartige Invasoren aus dem Erdinneren ihr neu erworbenes Talent auf die Probe – beinahe jedenfalls. Obwohl Lois voller Elan ans Werk gehen möchte, sind bereits andere Helden dabei das Problem zu lösen.
Doch die Hauptarbeit hat trotzdem Superman.
Nicht nur Lois hautenges Superheldenkostüm ist dafür verantwortlich, dass die klassischen Helden Samson und Atlas, gerade auf Zeitreise, in einen freundschaftlichen Wettstreit mit Superman um die Gunst der attraktiven Reporterin treten wollen. – Nicht zuletzt, weil Samson als Zeitreisender Informationen hat, die in dem berechtigte Hoffnungen wecken. (Informationen übrigens, die der Leser ebenfalls bereits seit Ausgabe 1 hat.)
Superman hat nicht viel Zeit, sich mit diesem Problem auseinander zu setzen. Bald schon wartet eine höchst unangenehme Situation auf ihn – ausgelöst durch schwarzes Kryptonit. Ist er auch inzwischen gegen grünes Kryptonit immun, greift diese Abwehrkraft gegen das schwarze Gestein seiner Heimatwelt noch nicht. Die Auswirkung sind bedrohlich für die ganze Menschheit.
Wie gut, dass Ausnahmereporter und Kolumnist JimmyOlsen der Menschheit den Tag retten kann.
Die zweite Ausgabe von All Star Superman kann mit dem genialen Auftakt der Reihe mehr als nur mithalten. Autor Grant Morrison lässt seiner Phantasie völlig freien Lauf – so mag es jedenfalls für den Leser wirken. Das Ergebnis ist eine vollkommen erfrischend erzählte Superman-Geschichte. Freilich hat er auch den enormen Vorteil, dass er von den Fesseln der bisherigen Handlungsstränge befreit ist, seine eigene Vergangenheit erfindet und so eine völlig neue Gegenwart erschafft.
Superman wähnt sich im Sterben begriffen. Das ist kein Geheimnis, denn genau auf dieser Grundlage fusst auch das Geschehen des vorliegenden Bandes. Dieser Superman macht insgesamt ein ziemlich gelockerten Eindruck. Das Heldentum ist nicht mehr seine vordringlichste Aufgabe. Superman erledigt seine Aufgaben mehr nebenbei und konzentriert sich auf die Abwicklung seiner Angelegenheiten.
Natürlich lässt ihn Grant Morrison dabei nicht so einfach gewähren. Der Auftritt der klassischen, biblisch einerseits, mythisch andererseits, geprägten Giganten Samson und Atlas zeugt von dem Humor, mit dem Morrison diese Erzählung gestaltet. Die beiden mythischen Recken erfüllen so ziemlich jedes sexistische Klischee, geben sich so männlich es eben geht und stehen dabei dem heute männlich korrekten Mann absolut entgegen – herrlich zu lesen und dank Zeichner Frank Quitely auch herrlich anzuschauen.
An dieser Stelle darf auch die hervorragende Arbeit von Jamie Grant nicht unerwähnt bleiben. Sie hat die digitale Tusche und die Kolorierung übernommen. Dank ihr erscheinen die Figuren tatsächlich wie mythische Gestalten – etwas barockig, wenn man es so nennen kann.
Morrisons Spiel mit den Charakteren wird in der zweiten Episode dieser Ausgabe noch amüsanter. Ein Jimmy Olsen, wie ihn die Leser so noch nicht kannten, übernimmt eine überaus ungewöhnlich Aufgabe (nun, die hatte er schon häufig, aber das hier ist wirklich ungewöhnlich). Außerdem gestattet Morrison seinem Olsen ein deutlich forscheres und selbstbewußteres Auftreten, was der Figur sehr gut steht – obwohl sie immer noch mit Supies Signaluhr ausgestattet ist und sich so aus jeder ausweglosen Situation retten kann.
Morrison nimmt Olsen diese letzte Rettungsmöglichkeit und überrascht den Leser so einmal mehr.
Ein sehr schönes Lesevergnügen! Selbst jene Comic-Fans, die ansonsten mit Superhelden nichts anfangen können, werden mit dieser leicht ironischen Variante ihren Spaß haben können. 😀