Eine wunderschöne Welt. Zerklüftet, wild, Gewässer und Berge offenbaren die gesamte Macht von Natur und der Gewalt der Götter. Alle Bewohner freuen sich auf die kommende fürstliche Hochzeit.
Während die Feiern vorbereitet werden, nähert sich ein Schiff über das weite Meer, von dem bereits furchtbare Gerüchte in Umlauf sind. Ein Mörder, ein unheimlicher Schlächter soll an Bord sein. Neva, ein Gefäß der Göttin, eine Seherin, die ihr Leben in der Abgeschiedenheit eines Tempels verbringt, sieht das Übel kommen. Warnungen können das Volk, die Wachen auf das Kommen des monströsen Wanderers vorbereiten. Aufhalten jedoch, können sie ihn nicht.
Das Horn des Fremden bläst Unheil verkündend, obwohl eine Ankündigung nicht mehr vonnöten ist. Drachenreiter stellen sich dem Eindringling in den Weg. Eine riesige Seeschlange will den vergleichsweise kleinen Angreifer aufhalten.
Neva erinnert sich. Vor langer Zeit, bevor sie ihr Leben den Göttern weihte, hatte auch sie einen Geliebten. Ein Krieg trennte sie, aber der Mann schwor, er werde zurückkehren, was es ihn auch kosten möge. Nun kommt er, bereit, den Schwur einzulösen. Dabei geht er über die Leichnahme von Göttern. Spawn ist da.
Spawn – Godslayer macht aus der sehr bekannten Vorlage des Hellspawn eine Fantasy-Geschichte mit epischem Ausmaß. Mit dem Land Endra-La hat Brian Holguin einen Ausschnitt einer phantastischen Welt geschaffen, die durch raue Schönheit besticht und eine Konzeption aufweist, wie der Leser sie vielleicht von germanischen Göttersagen her kennt. Zeichner Jay Anacletto (unter der Verstärkung von Lan Medina und Brian Haberlin) hat wieder einmal gezeigt, warum er einer der großen Künstler unter den Comic-Zeichnern ist.
Holguin lässt die Geschichte hauptsächlich von Neva aus dem Off erzählen. Aus der Sicht dieser in die Jahre gekommenen Frau, die sich an eine schöne Jugend mit einer aussichtsreichen Zukunft erinnert, lernt der Leser diese Welt kennen. Er macht diese Welt, die Landschaft und die Legenden zu einer Hauptfigur. Eines der Auftaktbilder, die Stadt Indru auf einer Klippe am Meer mit einem gewaltigen roten Mond im Hintergrund, verdeutlicht seine Vorgehensweise sehr gut.
Wie in einem gigantischen Bauwerk enthüllt Holguin ein Teil nach dem anderen. In einem Film würde man von Ausstattung und Hintergrundinformationen sprechen, hier wird es zu einer Leiter, die geradewegs zur Tragödie hinaufführt.
Der Spawn in dieser Geschichte ist vergleichsweise winzig gegenüber den Feinden, die sich ihm in den Weg stellen. Der Ur-Spawn zeigte schon, welchen Antrieb die Liebe darstellen kann. Holguin zelebriert dieses Thema regelrecht. Er macht eine monumentale und auch abstrahierte Geschichte daraus, der ein Normalsterblicher schwer folgen kann. Dieser Spawn räumt alles Sterbliche aus dem Weg. Selbst die Frau, die er einst liebte, muss den unvermeidlichen Weg gehen. Am Ende stellt sich ihm ein echter Gott in den Weg.
Es ist für den Leser schwer, dieser Mystik auf der Basis und Kenntnis eines gewöhnlichen Comics zu folgen. Bei genauer Betrachtung fühlt man sich an die vielfältige Sagenwelt erinnert, in die viele Aspekte einfließen, die nicht hinterfragt werden können.
Jay Anacletto und der für die Farbe verantwortliche Brian Haberlin haben ein optisches Meisterwerk geschaffen. Diese Bilder hätten durchaus ein größeres Format verdient. Manche Seiten würden tolle Postermotive abgeben, aber diese Bilder halten den Betrachter auch immer etwas zurück. Man kann ihnen nicht so nahe kommen wie anderen Comic-Bildern. Das ist der deutliche Nachteil.
Die doppelseitige Grafik, in der Lyra erwacht und die ihr anvertrauten Gläubigen rächen will, gehört bestimmt zu einem der schönsten Bilder seit langem in einem Comic. Aber bei aller Optik bleibt die Erzählung etwas auf der Strecke.
Geniale Bilder in einer tragischen Erzählung, der Ende leider allzu vorhersehbar ist. Optisch aber sicher ein Meilenstein im Spawn-Universum.