Donnerstag, 31. Mai 2007
Lex Luthor befindet sich auf der gleichen Stufe wie die größten Kriegsverbrecher und Tyrannen, die es jemals in der menschlichen Geschichte gegeben hat. So ist jedenfalls die Meinung des Gerichts. Für Luthor klingt das Todesurteil eher wie ein Kompliment. Mehr konnte er sich gar nicht wünschen.
Clark Kent ist über den Interview-Termin mit diesem prominenten Verbrecher in der Todeszelle gar nicht erfreut. Luthor hingegen findet die Situation belustigend. Nicht zuletzt waren es die Beweise, wie er die Artikel nennt, des Daily Planet, die eine Verurteilung Luthors möglich machten. Lex, der sehr viele Freiheiten im Gefängnis genießt und weiter an seinen Gerätschaften basteln darf (immer unter Beobachtung), wird durch Zufall durch Clark vor einem tödlichen Stromschlag bewahrt. – Jeder Leser kann sich denken, dass hier alles andere als Zufall am Werk war.
Das Gespräch verläuft äußerst einseitig. Luthor wähnt sich bereits auf einer höheren Stufe der Evolution, während Clark nur ein Schreiberling ist, dem es gestattet wurde, sich die geistigen Ergüsse eines Luthor anzuhören.
Eines ist vollkommen deutlich: Luthors Selbstwertgefühl ist allein durch die Existenz eines Superman gehörig angeknackst worden. Ein edles Überwesen deklassiert Luthor vollkommen. So ist es kein Wunder, dass Lex regelrecht mit seinem Mordanschlag auf Superman prahlt.
Doch zwischendurch gilt es hinter den Gefängnismauern das eigene Leben zu bewahren. – Und das ist gar nicht so einfach.
Smallville wird wenig später zum Schauplatz einer ungewöhnlichen Begegnung. Für Superman sind Zeitreisen nichts Besonderes. Eine Begegnung mit Mitgliedern der Superman Squad, unterschiedlichsten Nachkommen Supermans aus verschiedenen Epochen, wird für Clark nicht nur ein ungewöhnliches, sondern auch ein schmerzhaftes Ereignis.
Mit All Star Superman 3 geht die etwas andere Erzählung um den Stählernen in die lang erwartete nächste Runde. Frank Quitely, bekannter Zeichner im Marvel-Universum in der New X-Men-Reihe, interpretiert Superman auf eine höchst eigentümliche, aber auch erfrischend neue Art. Aber Quitely kann nicht ganz aus seiner Haut, so erinnert Lex Luthor ein wenig an Professor X. Es mag ihm nachgesehen werden, denn Quitely kann das Mienenspiel eines Charakters vorzüglich auf Papier bannen.
In der ersten Episode Luthor, und wie er die Welt sah können beide Comic-Veteranen, Grant Morrison als Autor und Quitely, aus dem Vollen ihrer humoristischen Ader schöpfen. Clarks Versteckspiel ist je nach Geschichte ein offensichtliches oder unterschwelliges Thema gewesen. Aber ganz selten nur wurde Clarks zur Schau gestellte Tolpatschigkeit auf so treffliche Art erzählt. Sein Gesichtsausdruck, der tatsächlich der eines überraschten Tölpels ist, ist sehr komisch gelungen. Clarks Besuch im Gefängnis hat etwas von einer Sitcom. Witze erfolgen auf Teufel auf komm raus. Dabei ist völlig gleichgültig, ob jeder Witz zündet, ob er gut ist oder nicht. Wer sich einmal an die Achterbahnfahrt der Komik gewöhnt hat, lässt sich einfach treiben – und genießt.
Schließlich versinkt die Episode in einem wohl geordneten Chaos, in dem sich ein merkwürdiger (aber auch glaubwürdiger) Parasit präsentiert. Aber auch der Wahnsinn Luthors ist treffend stilisiert – er ist nicht mehr der Geschäftsmann, der zum Präsidenten aufsteigen könnte, sondern nur noch ein Irrer mit einem wahnsinnig hohen IQ.
Die Episode Begräbnis in Smallville ist alles andere als humorlos, doch Morrison webt zusätzlich eine gründliche Portion Nachdenklichkeit und Traurigkeit mit ein. Jeder Supie-Fan weiß, dass Pa Kent sterben muss. Die Umsetzung in dieser Form ist eindrucksvoll geworden – und kommt, obwohl man vorgewarnt ist, doch überraschend.
Die neue Erzählweise, das Aufrollen der altbekannten Geschichte in einer anderen Form ist nicht der übliche Transport in ein neues Jahrzehnt, vielmehr eine gelungene Mischung aus Altmodigkeit und vielen neuen Ideen. 😀
Samstag, 05. Mai 2007
Der Joker erhält eine einmalige Chance und nutzt sie. Er tötet Batman! – Das glaubt er wenigstens. Plötzlich zieht Batman eine Pistole und schießt!
Niemand könnte über Batmans Verhalten erstaunter sein als der Joker. (Obwohl er Batman auch schon in einer ähnlichen Verfassung erlebt hat.) Kurz darauf wird er seltsamerweise von Batman gerettet – dem echten Batman. Während Commissioner Gordon von seiner Begegnung mit dem Joker erholt und das Gift abbaut, das ihm ein schiefes Grinsen im Gesicht beschert hat, geht Batman alias Bruce Wayne seiner täglichen Beschäftigung nach.
Diese Beschäftigung hat jedoch rein gar nichts mehr mit dem Auftreten eines nichtsnutzigen Playboys zu tun, der sich die Tage und Nächte mit mehr oder weniger heiratswilligen jungen Frauen um die Ohren schlägt. Selbst Butler Alfred, der auch eine ruhige Phase zu schätzen weiß, kommt nicht umhin, ihn auf dieses doch sehr langweilige Verhalten hinzuweisen. Ob Bruce will oder nicht, er muss an seinem verruchten Image arbeiten. Was liegt näher, als der Besuch bei einer Vernissage, bei der er inmitten von luftig bekleideten Damen Stoff für die Klatschspalten liefern kann.
Allerdings wird Bruce bereits beobachtet. Jemand ist zurückgekehrt, den er lange nicht mehr gesehen hat. Diese Person hat noch jemanden mitgebracht, von dem Bruce nichts weiß. Vorab jedoch muss Bruce das tun, was Batman mitunter am besten kann: Kämpfen.
Was eben noch eine gelungene Party war, wird zu einem Schlachtfeld, auf dem sich Batman gegen einen Man-Bat behaupten muss – und noch einen, und noch einen, und noch einen. Einem Unbekannten ist es gelungen, das Man-Bat-Programm zu perfektionieren, um eine kleine Armee dieser Kreaturen zu züchten. Mit Schwertern ausgerüstet, stürzen sie sich gesammelt auf Batman, der in eine der gefährlichsten Situationen seines Lebens gerät.
Batman 4 läutet einen Zweiteiler ein, der Batman eine ziemliche Nuss zu knacken gibt. Zu einem von Batmans sehr alten Feinden zählt der mysteriöse Ra’s al Ghul. Dieser Feind, der irgendwo zwischen Mogul und Dämon angesiedelt war, hatte eine Tochter, die Bruce Wayne (oder besser dem Detectiv, wie er immer genannt wurde) sehr wohl gesonnen war. Wie es aussieht, hat während eines alten Abenteuers tatsächlich ein Abenteuer stattgefunden, eines von der romantischen Art. Obwohl dieses Abenteuer für den Leser schon länger zurückliegt, hat diese Affäre vor gar nicht langer Zeit Früchte getragen: Batman hat einen Sohn namens Damian.
Dieser von Autor Grant Morrison erdachte Sohn ist dem Verhalten nach eine ähnliche düstere Kreatur wie sein Namensvetter aus der alten Omen-Trilogie (Der vierte Teil zählt nicht.). Die Tochter von Ra’s al Ghul, Thalia, die wahrlich einiges von ihrem Vater gewöhnt ist und so manches drastische Erlebnis mitgemacht hat, kann diesen Sprössling nicht mehr bändigen. Lieber befiehlt sie einer Heerschar von mannsgroßen Fledermäusen, als weiter auf dieses kleine Biest aufzupassen.
Doch zurück zum Anfang. Aus Bruce Wayne ist Langweiler geworden. Der Tagesablauf, den Morrison hier schildert ist sehr durchgeplant und ausgefüllt, aber erfüllend ist er wohl nicht. Bruce lebt und arbeitet konzentriert – konzentriert auf seine zweite Existenz und vernachlässigt dabei total seine Tarnidentität, sofern man sie so nennen will. Immerhin ist Wayne auch der Chef eines Multimillionendollar-Unternehmens. Davon ist aber auch nichts mehr zu merken. Bruce’ wilde Zeit liegt solange zurück, dass Butler Alfred dem ehemaligen Playboy Verhaltensregeln und vorgefertigte Sätze mit auf den Weg geben muss. – Daraus hat Morrison eine sehr schöne Szene gemacht.
Zeichner Andy Kubert ist ein Comic-Talent, wie er mehrmals in größeren Publikationen unter Beweis stellen konnte. Sein Batman ist ebenso versiert, wie es seine Arbeiten in Marvels Ultimativem Universum waren oder auch im Comic-Ereignis 1602. Demzufolge ist es keine Überraschung, dass die vorliegende Batman-Ausgabe perfekte Unterhaltung aus der Welt des dunklen Ritters ist. Dank der Farbgebung von Dave Stewart entsteht eine schöne Plastizität.
Eine feine Idee ist Batmans Kampf in einer Ausstellung, in der sich viele Bilder finden, die ganz offensichtlich auf Comic-Vorlagen basieren. Im Sinne eines Roy Lichtenstein, der den Comic auf die Leinwand bannte, finden sich auch hier Grafiken, die außerdem den Kampf an der einen und anderen Stelle kommentieren.
Wer es noch ausgefallener mag, wird sich auch über die Zusammenarbeit von Batman und Riddler freuen. Der abgeschlossene Kriminalfall in der zweiten Hälfte des Bandes bildet einen guten Kontrast und hat einen eher klassischen Aufbau. – Batman ist wieder da! Sehr gut. 🙂
Samstag, 09. September 2006
Supermans Geschenk an Lois ist ein absoluter Volltreffer. Die Reporterin kann es kaum erwarten, sich wie der Stählerne für einen Tag in die Lüfte zu schwingen.
Gleichwohl muss Lois Lane auch erfahren, dass das Leben einer Superheldin nicht nur aufregend ist, sondern auch voller Überraschungen sein kann. Zunächst ist sie noch damit beschäftigt, ihre neuen Fähigkeiten auszuprobieren, da stellen einige echsenartige Invasoren aus dem Erdinneren ihr neu erworbenes Talent auf die Probe – beinahe jedenfalls. Obwohl Lois voller Elan ans Werk gehen möchte, sind bereits andere Helden dabei das Problem zu lösen.
Doch die Hauptarbeit hat trotzdem Superman.
Nicht nur Lois hautenges Superheldenkostüm ist dafür verantwortlich, dass die klassischen Helden Samson und Atlas, gerade auf Zeitreise, in einen freundschaftlichen Wettstreit mit Superman um die Gunst der attraktiven Reporterin treten wollen. – Nicht zuletzt, weil Samson als Zeitreisender Informationen hat, die in dem berechtigte Hoffnungen wecken. (Informationen übrigens, die der Leser ebenfalls bereits seit Ausgabe 1 hat.)
Superman hat nicht viel Zeit, sich mit diesem Problem auseinander zu setzen. Bald schon wartet eine höchst unangenehme Situation auf ihn – ausgelöst durch schwarzes Kryptonit. Ist er auch inzwischen gegen grünes Kryptonit immun, greift diese Abwehrkraft gegen das schwarze Gestein seiner Heimatwelt noch nicht. Die Auswirkung sind bedrohlich für die ganze Menschheit.
Wie gut, dass Ausnahmereporter und Kolumnist JimmyOlsen der Menschheit den Tag retten kann.
Die zweite Ausgabe von All Star Superman kann mit dem genialen Auftakt der Reihe mehr als nur mithalten. Autor Grant Morrison lässt seiner Phantasie völlig freien Lauf – so mag es jedenfalls für den Leser wirken. Das Ergebnis ist eine vollkommen erfrischend erzählte Superman-Geschichte. Freilich hat er auch den enormen Vorteil, dass er von den Fesseln der bisherigen Handlungsstränge befreit ist, seine eigene Vergangenheit erfindet und so eine völlig neue Gegenwart erschafft.
Superman wähnt sich im Sterben begriffen. Das ist kein Geheimnis, denn genau auf dieser Grundlage fusst auch das Geschehen des vorliegenden Bandes. Dieser Superman macht insgesamt ein ziemlich gelockerten Eindruck. Das Heldentum ist nicht mehr seine vordringlichste Aufgabe. Superman erledigt seine Aufgaben mehr nebenbei und konzentriert sich auf die Abwicklung seiner Angelegenheiten.
Natürlich lässt ihn Grant Morrison dabei nicht so einfach gewähren. Der Auftritt der klassischen, biblisch einerseits, mythisch andererseits, geprägten Giganten Samson und Atlas zeugt von dem Humor, mit dem Morrison diese Erzählung gestaltet. Die beiden mythischen Recken erfüllen so ziemlich jedes sexistische Klischee, geben sich so männlich es eben geht und stehen dabei dem heute männlich korrekten Mann absolut entgegen – herrlich zu lesen und dank Zeichner Frank Quitely auch herrlich anzuschauen.
An dieser Stelle darf auch die hervorragende Arbeit von Jamie Grant nicht unerwähnt bleiben. Sie hat die digitale Tusche und die Kolorierung übernommen. Dank ihr erscheinen die Figuren tatsächlich wie mythische Gestalten – etwas barockig, wenn man es so nennen kann.
Morrisons Spiel mit den Charakteren wird in der zweiten Episode dieser Ausgabe noch amüsanter. Ein Jimmy Olsen, wie ihn die Leser so noch nicht kannten, übernimmt eine überaus ungewöhnlich Aufgabe (nun, die hatte er schon häufig, aber das hier ist wirklich ungewöhnlich). Außerdem gestattet Morrison seinem Olsen ein deutlich forscheres und selbstbewußteres Auftreten, was der Figur sehr gut steht – obwohl sie immer noch mit Supies Signaluhr ausgestattet ist und sich so aus jeder ausweglosen Situation retten kann.
Morrison nimmt Olsen diese letzte Rettungsmöglichkeit und überrascht den Leser so einmal mehr.
Ein sehr schönes Lesevergnügen! Selbst jene Comic-Fans, die ansonsten mit Superhelden nichts anfangen können, werden mit dieser leicht ironischen Variante ihren Spaß haben können. 😀