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Comic Blog


Dienstag, 03. Januar 2006

Gaston

Filed under: Cartoon — Michael um 20:45

FAZ Klassiker der Comic-Literatur 18 - GastonEin kleines Büro. Hier wird der Alltag zum täglichen Wahnsinn. Fantasio, ein dünner Mann, um Ruhe bemüht und doch in Hektik verfallend, mit gelben Haaren, versucht seine Arbeit zu bewältigen. Das wäre eine Leichtigkeit, gäbe es da nicht einen anderen dünnen Mann, vielleicht etwas jünger, aber in jedem Fall nicht so verantwortungsbewusst wie sein Vorgesetzter Fantasio.
Der Name dieses jungen Mannes, der immer einen grünen Rollkragenpullover, eine Jeans und ausgelatschte Schuhe trägt, lautet: Gaston.

Gaston könnte übersetzt heißen: Nervensäge, nutzloser Unhold oder der helle Wahnsinn. Ähnlich lautende Antworten sollte der Leser von Fantasio erhalten – wenn Fantasio leben würde und antworten könnte.
Was Fantasio so alles mitmacht, ist auch kaum zu ertragen. Eine Arbeit ist verrichtet: Gaston wird sie zunichte machen. Fantasio ist ausgeglichen und heiter: Gaston wird ihn zu Tode erschrecken. Ein Geschäft befindet sich endlich vor dem Abschluss: Gaston sei Dank, es wird nicht vollendet werden. Und sollte das alles noch nicht genug Chaos verursacht haben, bringt Gaston eben eine Kuh oder einen Igel ins Büro.

Nebenrollen wie Spirou und Herr Bruchmüller sorgen für zusätzliche Erheiterung oder auch Running Gags. (Im Falle von Spirou ist es eigentlich jemand, bei dem sich Fantasio endlich einmal über Gaston ausweinen kann.)

Umgesetzt hat Gaston der legendäre Zeichner André Franquin, der sich auch für die Serie Spirou und Fantasio verantwortlich zeichnet.
Die Zusammenstellung in der vorliegenden 18. Ausgabe ist fast schon ein kleines Denkmal für Franquin, dessen Ende eher tragisch und weit vom Humor dieses Mannes entfernt war. Die Episoden mögen einzeln betrachtet nicht so viel hergeben. Ihr Humor ist nett, spaßig mit ein wenig Slapstick. Doch zusammengenommen, in dieser Fülle, ergibt sich daraus ein Feuerwerk.
Eine einzelne Episode ist ein Witz, aber in dieser Sammlung ergibt sich sogar eine Art Handlung. Ob dieses Gesamtbild beabsichtigt war, lässt sich nicht sagen. Höchstwahrscheinlich hat es sich wohl eher zufällig ergeben.

Gaston, der hier in Deutschland auch in alter Zeit als Jojo unterwegs war, ist in bester frankobelgischer Cartoon-Manier gezeichnet, in jener klassischen Form, die diese Art von Humor berühmt gemacht hat.
Sehr schön zu sehen an dieser Sammlung ist auch die Veränderung, die mit Gaston vor sich geht. Lange Zeit ist die Darstellung einheitlich, später kommt es zu minimalen Veränderungen am Kopf und an den Haaren. Gegen Ende sind die Veränderungen und der viel schneller ausgeführte Zeichenstil deutlicher. In dieser Phase erhält das Büro Verstärkung und Gaston bekommt neue Zielscheiben, denen er das Leben schwer machen kann.
Franquins Einfallsreichtum bleibt während jeder Phase seines Schaffens ungeheuer gut. (Mag es durch seine gesundheitliche Angeschlagenheit auch zu Einbrüchen gekommen sein, in der Gesamtheit ist dies nicht zu erkennen. Ich glaube nicht, dass jemand Unterschiede in der Humorqualität erkennt, denn jeder fasst Spaß sowieso anders auf.)

In dieser ausgewählten Reihe der FAZ Klassiker der Comic-Literatur ist Gaston für mich ein absolutes Highlight. (Vor allem, weil hier ein Lacher auf den nächsten folgt, fast ein bißchen wie eine persönliche Sitcom. 😀 )