Der Königinnentag in Holland naht. Jeroen sucht auf dem Dachboden seiner Großmutter nach geeigneten Sachen, die er auf dem Trödelmarkt an jenem Tag verkaufen kann. Dabei macht er eine Entdeckung, der er zuerst keine große Bedeutung zumisst.
Die Ordner mit Zeitungsartikeln und Fotos enthüllen mitsamt der Erzählung der Großmutter eine völlig andere Welt, beginnend in den 30er Jahren bis zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Anfangs wünscht sich Jeroen noch, seine Oma möge so bald wie möglich mit der Geschichte fertig werden. Doch schließlich ist er gebannt von der Geschichte, die nicht nur seine Familie betrifft, sondern auch von dem zeitlichen Bild, das vor ihm ausgebreitet wird.
Die frühesten Erinnerungen an die aufziehende Katastrophe Zweiter Weltkrieg hat Oma Helena mit der Ankunft ihrer damaligen Freundin Esther, die mit ihrer Familie aus Deutschland nach Holland flüchtet, wo sie sich zunächst in Sicherheit wähnt. Aus Helena und Esther werden dicke Freundinnen. Die Sicherheit in Holland währt nicht lange. Deutschland annektiert ohne Gegenwehr ein Land nach dem anderen. Als es in Polen einmarschiert, erklärt England Deutschland den Krieg. Weitere Expansion kann nicht geduldet werden. Rassenhass gebiert in Deutschland die furchtbarsten Szenarien. Esthers Familie wird vom Grauen eingeholt, als Deutschland in das bislang neutrale Holland einmarschiert.
Niederländer, die mit den Nationalsozialisten sympathisieren, gelangen schnell in wichtige Positionen. Sie unterdrücken das Volk, wer sich wehrt, verwirkt sein Leben. Durch Helenas Familie geht ein Spalt. Der Vater, Polizist, arrangiert sich mit den Besatzern. Ein Sohn schließt sich einer Freiwilligeneinheit der Nazis an, der andere Sohn geht in den holländischen Widerstand. Helena selbst versucht Esther zu helfen, erfolglos. Schließlich wird auch ihre Familie abgeholt, etwas, das Helena ihrem Vater nie verzeihen kann.
Die Entdeckung ist seit geraumer Zeit erhältlich. Es stellt auf perfekt erzählte Weise einen Querschnitt des Zweiten Weltkrieges jener Menschen dar, die nicht als Soldaten an den Fronten kämpften. Es sind Menschen, die die Besatzung erdulden mussten, deportiert wurden, bombardiert wurden und all jene Schrecken erlebten, die ein Zivilist in diesen Zeiten erleben konnten.
Helenas Familie steht darin exemplarisch, ihr bleibt nichts erspart, weder nah noch fern, weder in Holland oder auch im heutigen Indonesien, wo die Familie das Leid unter der japanischen Besatzung erfahren muss.
Von Seite zu Seite berührt das Schicksal von Helenas Familie. Am Ende steht eine Frage: Was wäre aus der Familie geworden, wenn es den Krieg nicht gegeben hätte?
Helena hat ihren Vater wegen seines Verhaltens hassen gelernt, einen Mann, der vor dem Einmarsch ein respektabler Polizist war. Der eine Bruder, der ihm Krieg auf Seiten der Nazis fiel, der andere Bruder, der zuerst im Widerstand kämpft, nach dem Krieg nach Kanada auswandert. Und über allem Esther, die Freundin, die Helena zeigt, dass alle nur Menschen sind.
Würde diese Geschichte, von Eric Heuvel gezeichnet und mitgeschrieben, verfilmt, für das Fernsehen vielleicht, würden alle von einer großartigen Geschichte reden, einer großartigen Tragödie. Und das ist es in der Tat. Großartig, ungeheuer komplex erzählt, ohne überflüssige Sentimentalität, häufig recht dokumentarisch, das Grauen nicht aussparend.
Zuerst dachte ich, die Zeichnungen würden die Geschichte nur verharmlosen, doch der einfache frankobelgische Zeichenstil eröffnet dem Leser nur einen leichteren Zugang und kann sich am Ende, ebenso wie Jeroen, der Geschichte nicht mehr entziehen.
Dieses Projekt des Anne Frank Hauses und des Widerstandsmuseums Friesland ist ein außerordentlich gutes Beispiel, wie ein Comic Geschichte behandeln und gerade für jüngere Leser aufbereiten kann.