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Comic Blog


Freitag, 26. Oktober 2007

Hägar der Schreckliche – Gesamtausgabe 1973-1975

Filed under: Cartoon — Michael um 17:31

Hägar der Schreckliche - Gesamtausgabe 1973-1975Helga hätte gerne einen Mann, der reinlicher ist. Oder aufmerksamer. Einer, der ihr Blumen mitbringt. Oder wenigstens etwas Schönes für den Haushalt. Aber leider ist ihr Mann nicht irgendein Mann, sondern Hägar der Schreckliche.
1973 begann die Erfolgsgeschichte einer Figur, die einen trockenen und herzlichen Humor in aller Welt verbreiten sollte. Den Auftakt druckten bereits 136 Zeitungen ab, heute drucken immer noch rund 2000 Zeitungen weltweit die Abenteuer des grantigen und rauflustigen Wikingers. Hägar, so scheint es, ist vom Ruhestand weit entfernt. Der Humor eines längst vergangenen Jahrzehnts im vergangenen Jahrhundert trägt und begeistert nach wie vor.

Trottel! Ihr habt uns letzten Monat ausgeraubt!

Dik Browne, Autor und Zeichner, nutzt diverse Inhalte und Vorgaben als Grundlage seines Humors. Zu Beginn steht sicherlich die Zeit, in der ein Wikinger eben so lebt. Es ist ein dunkles Mittelalter, und der richtige Wikinger bricht auch immer wieder auf, um über die Völker an Englands und Frankreichs Küsten herzufallen. Ritter müssen bekämpft und Burgen belagert werden. Solche Raubzüge erfolgen natürlich mit unterschiedlichem Erfolg. Eine Belagerung will gut durchdacht sein – vor allem gilt es auch ein Augenmerk auf den Feind zu werfen, denn es könnte vielleicht ein Riese sein.

Monatelang habe ich von einem Ende Englands bis zum anderen Angst und Schrecken verbreitet! Gebrandschatzt! Geraubt! Geplündert! Ich finde, in meinem eigenen Heim habe ich etwas Ruhe und Frieden verdient!

Ist es nicht der ständige Kampf, den Hägar der Schreckliche sucht, ist es der Trost in der Feier, in einer ordentlichen Portion Bier. Der Schwerpunkt von Hägars Abenteuern liegt in den abgedruckten zwei Jahren deutlich auf seinem Familienleben. Seine Frau Helga hat durchweg etwas zu mäkeln, die reizende Tochter Honi will unter die Haube gebracht werden und der Sohn Hamlet – nun, es wäre ganz schön, wenn er weniger Wert auf Bücher legen würde.
Und als wäre das noch nicht genug, gibt es da noch Sven Glückspilz, dessen Name eher Wunschdenken ist und keine Umschreibung seines tatsächlichen Händchens für das Schicksal, denn in der Nähe von Hägar ist ihm nur selten das Glück beschieden.

In dieser Ausgangssituation treibt Dik Browne seinen Schabernack. Seine Phantasie und sein Humor scheinen kein Tief zu kennen. In den Sketchen, rein Schwarzweiß gehalten, aufgeteilt auf jeweils ein bis vier Bilder, entfaltet Browne Wortwitz ebenso wie Bilderwitz oder gelungene Zusammenspiele beider Varianten.
In seiner ganzen Bandbreite hat Hägar außerdem für jeden etwas zu bieten. Die Szenen einer Ehe im trauten Wikingerheim haben bis heute Allgemeingültigkeit und es hat den Anschein, dass all unsere Comedians in deutschen Landen, die mit diesem Thema über die Bühnen tingeln kaum etwas Neues beizusteuern haben. Hägar ist ein kleiner Prolet, also ein echter Mann, der längst ein Wörterbuch zum Thema Mann/Frau – Frau/Mann auf den Markt gebracht haben könnte – Moment, das hat er sogar!

Helga: Das Schlimme ist … Unsere Ehe hat das Geheimnisvolle verloren. Weg! Fort! Dahin!
Hägar: Für dich vielleicht, Schatz! Du bist mir immer noch ein Rätsel!

Wer die einzelnen Strips aufmerksam liest, muss lachen. Zahlreiche Sitcoms mögen sich hier ihre Inspiration geholt haben, nicht nur auf dem Gebiet der Mann/Frau-Thematik. Honi, jung und forsch, leidet unter ihrer Stärke und genießt andererseits ihre Ausstrahlung. Sie ist Frau genug, um sich den Hof machen zu lassen, aber auch Manns genug, um einen Konflikt per Armdrücken zu lösen. Ein Liebeslied wird auch schon mal mit dem Schwert erzwungen.
Hamlet ist der Sohn, der ernsthaft und strebsam ist und jede Pisa-Studie Lügen straft. Auf diese Weise ist er auch eine fleischgewordene Strafe für seinen Vater, der viel lieber einen Haudrauf als Sohn hätte. Doch alle Bemühungen das Verhalten des Sprösslings zu ändern scheitern kläglich.

Du kannst weder rudern noch kochen, Sven Glückspilz … Könntest du Ausschau halten? – Nach vorne, Depp!

Zum guten Schluss ist Slapstick Trumpf. Oder auch absolute Albernheit. Eine mannsgroße Mausefalle, mit einer Flasche Wein bestückt, für versoffene Wikinger gedacht, spricht für sich und bedarf keiner weiteren Erläuterung. Neben seiner zeitübergreifenden Komik verbindet Hägar durch seinen Humor außerdem die verschiedenen Kulturen, weil schlicht und ergreifend nicht nur für jedes Alter oder Geschlecht etwas dabei ist, sondern ganz einfach für jeden.
Dik Brownes Humor ist ein Paradebeispiel dafür, wie man verschiedensten Lesegruppen Freude bereiten kann, ohne auch nur einer davon auf den Schlips zu treten.

Hägar: Mein Bart ist nicht ganz rot. Da sind winzige silberne und goldene Sprenkel drin. Findest du nicht, das sieht vornehm aus?
Helga: Das sind Dorschschuppen.

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