Hartigan ist ein Cop, einer von der Sorte, die selbst den Kollegen ein Dorn im Auge sind. Er ist altgedient, mürrisch, hat seinen Job stets mit Leidenschaft verfolgt und ist nicht korrupt. Damit gehört er in Sin City zu einer aussterbenden Gattung.
Tatsächlich ist es um seine Gesundheit nicht gut bestellt. Hartigans Herz macht so kurz vor der Pensionierung nicht mehr richtig mit. Das hindert ihn jedoch nicht daran, einem Kinderschänder das Handwerk legen zu wollen. Sein Partner ist von dieser Aktion nicht begeistert, handelt es sich bei dem Verbrecher doch um den Sohn von Senator Roark. Die Roarks sind eine feste Größe in Stadt und Land und niemand legt sich ungestraft mit ihnen an.
Hartigan setzt sich gegen seinen Kollegen durch und stellt den Kindermörder, bevor er die kleine Nancy töten kann. Hartigan kennt weder Gnade noch geht er mit Samthandschuhen an die Angelegenheit heran.
Ein alter Mann stirbt. Ein kleines Mädchen lebt. Fairer Tausch.
Mit dieser Einstellung rettet er Nancy, bevor ihm sein Kollege doch noch in den Rücken fällt. An diesem Abend endet das Leben, wie er es kannte. Nichts von dem, was nach dem Job erstrebenswert schien, ein ruhiges Leben mit seiner Frau, bleibt übrig. Senator Roark will Rache an dem Mann, der seinen Sohn zum geschlechtslosen Krüppel machte. Hartigan lässt alles über sich ergehen: Den Hass, der ihm von allen Seiten entgegen schlägt, weil man ihn der Kinderschändung bezichtigt. Die Wut des Senators, die Schläge seiner Kollegen, die jahrelange Einzelhaft.
Eines erhält ihn am Leben: Einmal pro Woche erhält er einen Brief von Nancy, der er im Alter von elf Jahren das Leben rettete. Sie verschleiert ihre Identität und Hartigan schweigt beharrlich, damit sie weiterhin am Leben bleibt. Eines Tages kommen die Briefe nicht mehr. Hartigans einzige Freude verwandelt sich in grenzenlose Sorge. Er muss aus dem Knast raus, um Nancy, die er bedroht glaubt, zu retten. Dafür ist er bereit alles zu tun. Einfach alles.
In der Kinofilmumsetzung war Dieser feige Bastard die dritte Episode. Hartigan wurde von Bruce Willis dargestellt, der rückblickend betrachtet, von keinem anderen Schauspieler besser auf die Leinwand gebracht werden konnte.
Unabhängig davon ist die Geschichte um den alten Cop eine ganz klassische Geschichte, wie sie sich immer wieder einmal in amerikanischen Kriminalgeschichten findet. Der amerikanische Cop ist ein einsamer Wolf, eine Art mythischer Sheriff der Großstadt. Ähnlich wurde er thematisiert in Romanen wie Die Bronx oder Die Chorknaben.
Hartigan ist einer jener Cops, denen außer ihrem Polizistendasein nicht viel geblieben ist, weshalb sie auch zur Selbstaufgabe zum Wohle anderer neigen. Diese Einstellung und natürlich die Abscheu vor jeder Art von Gesetzesbrechern, ausgestattet mit enormen Einsteckqualitäten, macht sie zum Schrecken all jener, die sich bislang in verbrecherischer Sicherheit wiegen konnten und sich unantastbar fühlten. So verhält es sich jedenfalls mit dem Auftakt der Geschichte und ich möchte behaupten, Frank Miller hat einige Anspielungen in die Geschichte eingebaut.
Nach seinem Haftaufenthalt ist Hartigan kein Cop mehr. Er selbst hat nichts mehr zu verlieren, er kann nur noch letztmalig zum Schutz der kleinen Nancy beitragen. Das macht ihn zu einer Art Mann sieht rot, dessen Originaltitel Death Wish hier viel treffender ist. Hartigan und Kersey (aus Death Wish) sind sich in ihrer Verzweiflung sehr ähnlich, Hartigan geht nur dank seiner Ausbildung viel versierter zur Sache.
Sein Umgang mit dem Stilett spricht eine deutliche Sprache. Die Tötung eines Verbrechers wird zu einer gewissen Kunst hochstilisiert, denn am Ende ist es genau das, was Hartigan am besten kann. Einzig sein Motiv und seine Opferbereitschaft unterscheiden ihn von den Bösen.
Ich bezweifle, dass jeder Leser geneigt ist, sich mit Hartigan zu identifizieren, aber zweifellos wird er ihn bewundern für das, was er tut und er wird ihn bemitleiden für das, was ihm zustößt.
Das Killerduo Mr. Shlubb und Mr. Klump, das sich in einer pseudointellektuellen Sprache ergeht, findet eine Entsprechung in einem etwas älteren Killerduo: Mr. Kidd und Mr. Wint aus Diamonds are forever (Diamantenfieber), jenes schwule Killerpärchen, das James Bond das Leben schwer machte.
Mr. Shlubb und Mr. Klump leben ihre Leidenschaft weniger in ihrem Beruf aus, den sie eher mit der Einstellung eines Chirurgen angehen, als vielmehr mit hochgeistigen Gesprächen. Diese Vorgehensweise erinnert doch sehr an ihre filmischen Verwandten. In beiden Fällen nehmen sie der Geschichte die Härte und sorgen für ein Schmunzeln.
Nancy! Ja, Nancy. Der Auftritt von Jessica Alba als Nancy gehört wohl zu den Szenen in einem Film, welche die Augen der Zuschauer an die Leinwand nagelte. Wer diese Empfindung auf den Comic überträgt, wird die Versuchung verstehen, der Hartigan ausgesetzt ist und der er sich doch erwehren kann. Ich möchte behaupten, der Comic von Frank Miller schafft die Darstellung der Versuchung noch viel treffender, was nicht zuletzt an Millers Umsetzung von Nancys körperlichem Einsatz liegen mag, der um einiges freizügiger ausfällt als im Film.
Bislang kannte man die rein schwarzweiße Darstellung von Millers Geschichten. Im vorliegenden Band Dieser feige Bastard wird aus Senator Roarks Sohn ein verunstaltetes Ekel, welches eine ebenso unfeine gelbe Hautfarbe hat. Miller hat Umgangssprache wörtlich genommen. Yellow (gelb) findet im Englischen Anwendung für Feigheit. Damit ist auch That Yellow Bastard erklärt.
Qualitativ ist Dieser feige Bastard sicherlich auf gleicher Höhe wie Stadt ohne Gnade. Wegen des Themas ist diese Geschichte allerdings die gruseligste. Am Ende fand ich es sehr schade, dass Miller seinem Protagonisten nicht wenigstens ein kleines Happy End gönnt. In jedem Fall ist es für mich ein großartiger Thriller. 😀