Es herrscht Bürgerkrieg. Im Sommer 1864 gehen die Nordstaaten gegen die Konförderation in die Offensive. Ein Mann könnte das Kriegsglück zugunsten der Südstaaten wenden. Sein Name: Richard Jordan Gatling.
Wie in jedem Krieg trägt auch die Waffenkunst in diesen Tagen neue furchtbare Früchte. Die ersten Ansätze von automatischen Waffen mit hoher Feuergeschwindigkeit haben grausame Erfolge erzielt. Eine dieser Erfindungen ist die berühmt (berüchtigte) Gatling-Gun. Als Gatling seine Erfindung dem Gouverneur von Indiana vorführt, ist man im Norden sehr interessiert und bedeutet ihm, sich an Washington zu wenden.
Leutnant Blueberry erfährt in Washington im Büro von Allan Pinkerton davon, dass auch noch andere Interessenten an der Gatling Gun existieren. Leider haben diese Interessenten nicht so zögerlich reagiert, wie es der Norden tat. Eine kleine Gruppe von Südstaatlern hat den Waffenentwickler in seine Gewalt gebracht. Blueberry, Baumhoffer, Grayson und Homer sollen den für den Norden so wichtigen Ingenieur befreien und zurückholen.
Leider gestaltet sich das trotz aller Vorsicht viel schwieriger, als Blueberry und seine Männer annehmen. Unter der Anleitung des brutalen Snake flüchtet die kleine Gruppe Südstaatler Richtung Mexiko. Snake, dessen Gesicht durch einen Schnitt gezeichnet ist, geht dabei über Leichen. Ein Leben, auch das eines Kindes, bedeutet ihm nichts.
Doch Snake und seine Männer sind nicht die einzigen Gefahren, mit denen sich Blueberry herumschlagen muss. Sobald er und seine Männer den Rio Grande überquert haben, geht der Ärger erst richtig los, denn nicht nur die Südstaatler haben hier ihr Lager aufgeschlagen.
Alsbald sind Mexikaner und Franzosen hinter ihnen her. Dabei sind sie dem entführten Mr. Gatling nur einen Fingerbreit näher gekommen.
Blueberry gehört in all seinen Ausprägungen zum Urgestein des Western-Comics. Ob als jugendlicher Leutnant, als einfacher Mister, als Marshall, stets erwarten den Leser abenteuerliche Geschichten, vor ernsthaften Hintergrund, mit verschmitztem Humor, mit Helden, mit finsteren aber auch skurrilen Gestalten.
Zu großer Bekanntheit brachten Blueberry natürlich das Team Jean-Michel Charlier und Jean Giraud, letzterer auch bekannt als Moebius.
Inzwischen haben Francois Corteggiani als Szenarist und Michel Blanc-Dumont als Zeichner das Ruder übernommen. In Sachen Farbe werden sie durch Claudine Blanc-Dumont unterstützt. Zweifellos haben die drei Künstler damit ein schweres Erbe übernommen. Ich finde allerdings, dass es ihnen durchaus gelingt, mit ihren Vorgängern in diesem Band Schritt zu halten.
Die Einleitung mit den Zeichnungen des amerikanischen Bürgerkrieges erinnern an die großen Schlachtengemälde, die aus und über diese Zeit existieren. Auch hier spiegeln die Bilder von Blanc-Dumont jene Mischung aus falschem Heldentum und Wahnsinn wider, die aus diesem Krieg erwuchs. Entsprechend ist der Aufhänger der Geschichte, die Jagd nach dem entführten Waffenschmied, bezeichnend. Beide Seiten sind bereit, alles zu riskieren, um einen Mann in die Hände zu bekommen, dessen Werk am Ende den Krieg entscheiden soll. Über wie viele Leichen der Sieg errungen wird, ist letztlich jeder Seite egal, Hauptsache, es handelt sich nicht um die eigenen Männer.
Diesen Aspekt, Mord und Totschlag, stellt Corteggiani an mehreren Stellen heraus. Sei es der Bürgerkrieg selbst, sei es die Lynchjustiz in einem kleinen unbedeutenden Ort, die gerade noch verhindert werden kann oder der Titel gebende Schlächter von Cincinnati, sie alle sind Ausprägungen ein- und derselben Medaille.
Obwohl das Leben in diesen Zeiten für jedermann eher furchtbar ist, wandelt Blueberry darin wie ein Abenteurer. Sein Charakter scheint kindlich, teils impulsiv, stets von sich überzeugt. Wohin das führen kann, zeigt Corteggiani auch. Blueberry war immer schon ein Tausendsassa, aber sein Verhalten brachte ihn auch sehr oft in Schwierigkeiten, so bleibt ihm hier am Ende auch nichts erspart.
So ist es erfreulich, dass sich die Geschichte über die Spannung hinaus in einem realistisch angelegten Rahmen bewegt.
Michel Blanc-Dumont versteht sein Handwerk, das steht absolut außer Frage. Die Zeichnungen sind exakt. Figuren, Gesichter, Haltungen und natürlich die Umgebung wie auch Landschaften sind gut getroffen.
Da er sich in weiten Teilen bemüht, den Stil eines Giraud nachzuahmen, muss er sich auch den kleinen Vorwurf gefallen lassen, dass er dessen Leichtigkeit des Strichs nicht zur Gänze erreicht. Was ihm jedoch gut gelingt, ist die Eigentümlichkeit der Geschichten, die Giraud durch die Gesichter bereits abbilden konnte. Blanc-Dumont greift diese Gesichter auf, schafft neue und Blueberry selbst ist in nahezu jeder Situation erkennbar. Blanc-Dumont hat ganz eindeutig seine Hausaufgaben gemacht und sich sehr gut auf diese Arbeit vorbereitet.
Die Bilder stützen die Geschichte sehr gut. Das besondere Farbenspiel alter Blueberry-Abenteuer findet sich hier nicht. Vielmehr wird auch hier mehr auf Realismus gesetzt. Ich finde nicht, dass es schadet. Blueberry hat sich mit seinen Machern weiterentwickelt und der Weg, den sie gehen, ist eine solide Arbeit, an der Abenteuer- wie auch Western-Fans ihre Freude haben werden. 😀