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Comic Blog


Mittwoch, 08. November 2006

Scooter Girl

Filed under: Cartoon,Klassiker — Michael um 15:34

Scooter GirlAshton Archer hat gerade ein kleines Techtelmechtel in der Öffentlichkeit beendet. Leider ist seine Freundin dadurch derart derangiert, dass sie sich erst einmal zu Hause neu schminken muss. Freundin ist ein weiter Begriff, weshalb Ashton die Gelegenheit nutzt und paar Meter weiter bereits die nächste Frau aufreißt.
Gott, bin ich gut!, denkt Ashton. Gott, ist er gut!, denkt sich auch Angela, die er gerade vernascht hat.

Ashton ist die Art von Junge, die nicht an mangelndem Selbstbewusstsein leidet. Die Geschichte seiner Familie und damit all der Wüstlinge, die ihr Schicksal durch das Wohlwollen von Frauen bestimmten, ist jahrhunderte lang.
Sein Leben ist das Paradies auf Erden. Überall ist er der Erste, nicht nur bei den Frauen. Sei es im Sport, im Scooter Club, im Unterricht, Ashton Archer ist ein Gewinner: Bis sie kommt!

Margaret ist zusammen mit ihrem Zwillingsbruder Drake neu an der Schule. Mit ihr beginnt Ashtons Niedergang. Der coole Typ wird zum Clown – und er hasst es, ein Clown zu sein. Obwohl er sich wahnsinnig zu Margaret hingezogen fühlt, kommt er nicht umhin, sie zu hassen. Am Ende besiegelt sie seinen Untergang. – Oder wird es schließlich doch Liebe sein? Ashton versucht alles Mögliche, um Margaret zu entkommen. Er wechselt den Wohnort, freundet sich mit Leuten an, die er vorher nicht einmal angesehen hätte. Wie kann es ihm gelingen, ihre Zuneigung zu erlangen? Nach all den Katastrophen, die Ashton in ihrer Nähe passieren, wäre ihm damit schon sehr geholfen.

Scooter Girl zeigt einen Ausschnitt aus dem Leben des überaus beliebten Schulabsolventen Ashton Archer. Diese Sorte Junge wird einerseits bewundert (und alle wollen so sein wie er), andererseits missgönnt so mancher ihm auch seine unverdiente allgemeine Zuneigung.
Auf dieser Basis hat Autorin und Zeichnerin Chynna Clugston eine wundervoll schwungvolle Komödie zu Papier gebracht. Geschickt verwendet sie die verschiedensten Rezepte für Liebeskomödien und schafft eine richtig liebenswürdige unterhaltsame Handlung.

Einerseits ist die Geschichte herrlich altmodisch und ist mit entsprechenden Zeitbildern versehen. Wer uralte Streifen mit Doris Day und Rock Hudson gesehen hat, kann das Gefühl nachempfinden, dass in Scooter Girl mitschwingt. Mods und Scooter vermitteln weitere Atmosphäre, die irgendwo in den Swinging Sixties liegt, bevor die Blumenkinderzeit ihren Durchbruch hatte.
Andererseits wird Scooter Girl auch sehr modern erzählt. Musiktitel weisen auf einen ganz eigenen Soundtrack hin, der die Szenerie perfekt untermalen soll. Die Zeichnungen sind ein wenig mangaesk, die Figuren erinnern aber auch an den Stil von Modezeichnungen. Das ist nicht von der Hand zu weisen, da Mode, das Outfit der Akteure auch ein wichtiges Merkmal der Charakterisierung ist.

Dank der Tolpatschigkeit Ashtons wechselt die Szenerie zwischen Situations- und Dialogkomik. Da gibt es sehr viel Slapstick, wie selbst Margaret angesichts von Ashtons Kapriolen einmal feststellt.
Sidekicks, wie das Mädchen, das immer wieder etwas abbekommt, ohne etwas dafür zu können, tauchen immer wieder auf. Kleine Einlagen, wie Ashtons Opa, der einen Herzanfall vortäuscht, um der Schwester in den Ausschnitt starren zu können, lockern die Handlung auf. Humor ist also Trumpf in Scooter Girl, was diese Comic-Erzählung zu etwas Besonderem in der Comic-Landschaft macht.

Chynna Clugston kann bereits auf diverse Projekte zurückblicken (Blue Monday), zeichnete auch für Marvel, Dark Horse und Nickelodeon, was auch einiges über die Bandbreite ihrer Arbeiten aussagt.
Wer eine gelungene Liebeskomödie lesen möchte, die man erst nach der letzten Seite mit noch schmerzendem Zwerchfell wieder beiseite legen kann, liegt mit Scooter Girl absolut richtig. 😀

Samstag, 04. November 2006

Die Entdeckung

Filed under: Klassiker — Michael um 15:41

Die EntdeckungDer Königinnentag in Holland naht. Jeroen sucht auf dem Dachboden seiner Großmutter nach geeigneten Sachen, die er auf dem Trödelmarkt an jenem Tag verkaufen kann. Dabei macht er eine Entdeckung, der er zuerst keine große Bedeutung zumisst.
Die Ordner mit Zeitungsartikeln und Fotos enthüllen mitsamt der Erzählung der Großmutter eine völlig andere Welt, beginnend in den 30er Jahren bis zu Beginn der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts. Anfangs wünscht sich Jeroen noch, seine Oma möge so bald wie möglich mit der Geschichte fertig werden. Doch schließlich ist er gebannt von der Geschichte, die nicht nur seine Familie betrifft, sondern auch von dem zeitlichen Bild, das vor ihm ausgebreitet wird.

Die frühesten Erinnerungen an die aufziehende Katastrophe Zweiter Weltkrieg hat Oma Helena mit der Ankunft ihrer damaligen Freundin Esther, die mit ihrer Familie aus Deutschland nach Holland flüchtet, wo sie sich zunächst in Sicherheit wähnt. Aus Helena und Esther werden dicke Freundinnen. Die Sicherheit in Holland währt nicht lange. Deutschland annektiert ohne Gegenwehr ein Land nach dem anderen. Als es in Polen einmarschiert, erklärt England Deutschland den Krieg. Weitere Expansion kann nicht geduldet werden. Rassenhass gebiert in Deutschland die furchtbarsten Szenarien. Esthers Familie wird vom Grauen eingeholt, als Deutschland in das bislang neutrale Holland einmarschiert.

Niederländer, die mit den Nationalsozialisten sympathisieren, gelangen schnell in wichtige Positionen. Sie unterdrücken das Volk, wer sich wehrt, verwirkt sein Leben. Durch Helenas Familie geht ein Spalt. Der Vater, Polizist, arrangiert sich mit den Besatzern. Ein Sohn schließt sich einer Freiwilligeneinheit der Nazis an, der andere Sohn geht in den holländischen Widerstand. Helena selbst versucht Esther zu helfen, erfolglos. Schließlich wird auch ihre Familie abgeholt, etwas, das Helena ihrem Vater nie verzeihen kann.

Die Entdeckung ist seit geraumer Zeit erhältlich. Es stellt auf perfekt erzählte Weise einen Querschnitt des Zweiten Weltkrieges jener Menschen dar, die nicht als Soldaten an den Fronten kämpften. Es sind Menschen, die die Besatzung erdulden mussten, deportiert wurden, bombardiert wurden und all jene Schrecken erlebten, die ein Zivilist in diesen Zeiten erleben konnten.
Helenas Familie steht darin exemplarisch, ihr bleibt nichts erspart, weder nah noch fern, weder in Holland oder auch im heutigen Indonesien, wo die Familie das Leid unter der japanischen Besatzung erfahren muss.
Von Seite zu Seite berührt das Schicksal von Helenas Familie. Am Ende steht eine Frage: Was wäre aus der Familie geworden, wenn es den Krieg nicht gegeben hätte?
Helena hat ihren Vater wegen seines Verhaltens hassen gelernt, einen Mann, der vor dem Einmarsch ein respektabler Polizist war. Der eine Bruder, der ihm Krieg auf Seiten der Nazis fiel, der andere Bruder, der zuerst im Widerstand kämpft, nach dem Krieg nach Kanada auswandert. Und über allem Esther, die Freundin, die Helena zeigt, dass alle nur Menschen sind.

Würde diese Geschichte, von Eric Heuvel gezeichnet und mitgeschrieben, verfilmt, für das Fernsehen vielleicht, würden alle von einer großartigen Geschichte reden, einer großartigen Tragödie. Und das ist es in der Tat. Großartig, ungeheuer komplex erzählt, ohne überflüssige Sentimentalität, häufig recht dokumentarisch, das Grauen nicht aussparend.
Zuerst dachte ich, die Zeichnungen würden die Geschichte nur verharmlosen, doch der einfache frankobelgische Zeichenstil eröffnet dem Leser nur einen leichteren Zugang und kann sich am Ende, ebenso wie Jeroen, der Geschichte nicht mehr entziehen.

Dieses Projekt des Anne Frank Hauses und des Widerstandsmuseums Friesland ist ein außerordentlich gutes Beispiel, wie ein Comic Geschichte behandeln und gerade für jüngere Leser aufbereiten kann.

Freitag, 20. Oktober 2006

Bone – Flucht aus Boneville

Filed under: Cartoon,Klassiker,Mystery — Michael um 16:55

Bone 1 - Flucht aus BonevilleFone Bone, Smiley Bone und Phoncible P. Bone sind auf der Flucht. Na, eigentlich ist nur Phoncible auf der Flucht. Seine Freunde Fone und Smiley begleiten ihn lediglich. Während sie in der Wüste rasten, vergeht Phoncible in Selbstmitleid. Er hat all sein Geld verloren – das ist wohl das wichtigste an der ganzen Angelegenheit. Alles andere interessiert ihn nicht.
Die anderen beiden sind eher praktisch orientiert. Fone sucht auf der Karte einen Weg, was sich als schwierig erweist, denn sie befinden sich längst in nicht kartographiertem Gelände. Smiley findet zwar eine Karte, doch ehe sie aus diesem merkwürdigen Stück Papier schlau werden können, bekommen sie Besuch: Ein Heuschreckenschwarm treibt sie über eine Klippe. Die drei Bones werden getrennt.

Fone Bone landet alleine in einem unbekannten Tal. Zwar findet er Spuren seiner Freunde, doch dabei bleibt es. Zunächst ist er auf sich allein gestellt.
Das bleibt er allerdings nicht so. Dank seiner liebenswerten Natur gewinnt Fone bald Freunde. Seien es Ted, die kleine Wanze, oder die kleine Opossum-Familie. Doch Fones neue Welt ist auch gefährlich. Was steckt hinter den Rattenmonstern, die immer seinen Weg kreuzen? Wie gut, dass sie so dumm sind, oder scheuen sie sich tatsächlich, Fone zu fressen?
Die Antworten auf diese Fragen benötigen ihre Zeit. Vorher trifft Fone das Mädchen Thorn. Ihren Namen erwähnte bereits Ted. Fone hatte sich jemand völlig anderen darunter vorgestellt. Was, weiß er wohl auch nicht so genau, aber ein Mädchen war sicherlich nicht. Sie nimmt ihn mit in ein kleines Gehöft im Wald, wo Fone auch Oma Ben kennen lernt, eine alte Frau zwar, aber ungemein durchsetzungsfreudig – und obendrein Teilnehmerin des Kuhrennens, das von den Einheimischen so geliebt wird.

Kurze Zeit verläuft alles friedlich. Alsbald ziehen wieder Wolken am Himmel auf und Fone und seine Freunde geraten in ernsthafte Gefahr. Nicht nur Rattenmonster haben ein unerklärliches Interesse an Fone. Da gibt es noch einen großen roten Drachen, der genau dann auftaucht, wenn Fone wirklich in Schwierigkeiten steckt. Was hat es damit auf sich?

Bone 1 – Flucht aus Boneville beginnt wie ein harmloser kleiner Cartoon und führt damit seine Leser gehörig in die Irre. Denn aus der kleinen Geschichte wird nach und nach, schleichend, etwas Größeres. Bones Welt wächst von Seite zu Seite.

Sicherlich bleibt Bones Welt relativ harmlos, was nichts daran ändert, dass es spannend ist – und seltsam. Vieles meint der Leser zu kennen: Menschen, Kühe, Wanzen, Drachen, Monster und vieles mehr. Autor und Zeichner Jeff Smith entwirft ungewöhnlich einfache Figuren in bester (alter) Disney-Tradition und schickt sie in eine Welt, mittelalterlich schlicht, wo sie die Außenseiter sind. Obwohl die Bones nichts sind, was jemand in diesem Wäldchen und dieser Gegend schon gesehen hat, wird ihnen mit relativer Gleichgültigkeit begegnet.

Smith lüftet die Geheimnisse seiner Hauptfiguren ebenso, wie er die Gegend immer weiter enthüllt – letztlich ergeben sich daraus immer weitere Hintergründe. Er spielt regelrecht mit dem Leser. Smith benutzt nicht einen Faden, den er weiterspinnt, nein, es sind viele kleine. In dieses Geflecht setzt er die Figuren auf sehr schöne Art zueinander in Beziehung, allen voran die Bones.
Fone Bone, ein bißchen schreckhaft, aber schlau, ein kleiner Mann mit viel Humor, der nicht aufgibt. Phoncible Bone, ein Choleriker, geizig, weinerlich, gierig, kurzum ein Ekelpaket, wie es im Buche steht. Smiley Bone, dessen Name Programm ist, einer der das Leben leicht nimmt und stets aus allem etwas Gutes ziehen möchte.
Die Rattenmonster vervollständigen die Komödie, während Thorn und ihre Oma Ben für Liebe, Action und Geheimnisse herhalten. – Und für noch mehr Geheimnisse sorgen der Drache und der Tod.

Das Konzept wirkt neu oder ungewöhnlich, weshalb es so anziehend ist. Die Tatsache, dass Bone ursprünglich in reinem schwarzweiß erschien, ist ebenso ungewöhnlich, tat seinem Erfolg aber keinem Abbruch, ganz im Gegenteil. Nur ganz selten kommen Serien derart aus dem Nichts und erreichen so gewaltig das Publikum. Steve Hamaker hat sich nun der schwarzweißen Vorlagen angenommen und fein koloriert. Hier erscheinen diese Ausgaben nun in einer schönen Sammleredition.
Wer die Serie bislang verpasst hat (oder vor schwarzweiß zurückschreckte), sollte einen langen Blick riskieren – auf die wohl gelungenste Mischung aus Cartoon und Fantasy seit langem. 😀

Mittwoch, 09. August 2006

Die Blueberry Chroniken – Die Jugend von Blueberry

Filed under: Abenteuer,Klassiker — Michael um 14:41

Die Blueberry Chroniken 1 - Die Jugend von BlueberryMike Donovan hat den Sklaven Long Sam wieder eingefangen. Diesen will er nun zurückbringen und an ihm ein Exempel statuieren lassen. Sein Plan stößt bei Tucker, dem Vater seiner angebeteten Harriet, auf keine Zustimmung. Tucker gefallen die Ideen des Nordens, die Abschaffung der Sklaverei nicht, doch er meint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Diese Idee wird sich nicht aufhalten lassen. Er möchte Mike Donovan den Sklaven abkaufen, um dessen Auspeitschung zu verhindern. Mike weigert sich, und es kommt zu einem erbitterten Streit.
Die Umstände sind gegen Mike. Den wertvollen Säbel lehnt er im Tausch gegen Long Sam ab. Leider wird der Säbel zur Mordwaffe und Mike ist gezwungen, ein Leben zu führen, das er nie vorher geahnt hätte.

Mike flieht. Eben noch ein Südstaatler wird aus ihm auf der Seite der Yankees Mike Steve Blueberry. Der Krieg ist für Blueberry etwas völlig anderes als sein bisheriges Leben. Aber er ist bereit alles zu riskieren und setzt ständig alles auf eine Karte. Zwar kann Blueberry sein Leben aus den bedrohlichsten Situationen retten, doch das bedeutet nicht, dass er ein Glückskind ist.

Den Dank für die Zerstörung einer Brücke erntet ein anderer. Hinter den feindlichen Linien entgeht er zwar den Kugeln der Nordstaatler, für die er kämpft, dafür wollen ihm die Konförderierten ans Leben – eine ironische Situation, da er bei seinem Eintritt in die Nordarmee betonte, er werde nicht auf Südstaatler schießen. Sein häufiges Tauschen der Uniformen lässt ihn zwar nicht seine Loyalität vergessen, aber es wird von denjenigen, denen er Treue geschworen hat, falsch gedeutet. Eine Anklage gibt dem Verdacht zusätzliche Nahrung: Blueberry wird als Doppelagent zum Tode verurteilt.
Wieder überlebt er durch Glück und muss feststellen, dass nur der Hass auf seine Person der Auslöser für seine Befreiung war. Bis er seinen Namen endgültig – wenn auch nur teilweise – reinwaschen kann, vergeht noch einige Zeit.

Endlich erscheinen die Anfänge von Blueberry mit diesem ersten Band der Blueberry Chroniken – Die Jugend von Blueberry in einer gesammelten Ausgabe.
(Ich habe mich besonders über diese Ausgabe gefreut, da es auch ein Ausflug in vergangene Comic-Tage ist, als Blueberry hierzulande noch in Schwarzweiß Seite an Seite mit vielen anderen Helden erschien. Siehe: Mit Vollgas ins Abenteuer.)
Als Western und als Comic ist der Name Blueberry legendär. Er steht für Spannung, Abenteuer und einen außergewöhnlichen Helden, nicht immer sympathisch, nicht immer erfolgreich, sehr realistisch angelegt und im Laufe seines Comic-Lebens mit vielen aufregenden Episoden seitens seiner Macher Jean-Michel Charlier und Jean Giraud gesegnet. Charlier ist ein Comic-Autor, der sehr viel bewegt hat und an so manchem Klassiker beteiligt war, die heute immer noch Vorbildfunktion haben (Buck Danny, Mick Tangy, Der Rote Korsar). Giraud hat sich unter den Comic-Zeichnern zu einer lebenden Legende entwickelt. Als Moebius setzte er neue Maßstäbe, als Giraud zeigt er mit Blueberrys Jugendtagen noch einen anderen Zeichenstil, bodenständiger, nicht so experimentierfreudig, wie man es als Leser später von ihm geradezu gewohnt ist.

Interessant ist es, wie eine Figur, die dem Leser zuerst als gemeiner Schnösel nahe gebracht wird, einem mehr und mehr ans Herz wächst. Blueberry, oder besser Mike Donovan, entwickelt sich, nicht zuletzt, da sich in all den Miseren, die er durchlebt, plötzlich Menschen für ihn einsetzen, von denen er das nie angenommen hätte. Diesen Überraschungen stehen ebenso viele Enttäuschungen gegenüber (wenn nicht sogar mehr). Es lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass Charlier seinen Helden regelrecht durch die Hölle schickt und ihm nur selten eine Verschnaufpause gönnt. (Außerdem erfährt der Leser, woher Blueberry seine Boxernase hat.)

Die Kolorierung der Episoden ist mit gleich lockerem Strich geführt wie die Tuschestriche. (Es ist immer wieder faszinierend, wie einige wirklich simple Striche von Giraud umfassende Bilder ergeben.) Die Farben sind eindringlich gewählt, mal erdig, mal grell, immer der jeweiligen Stimmung angepasst und treffend.

Was eigentlich ein Ausflug in die Comic-Geschichte ist, kann sich mit aktuellen Produktionen jederzeit messen – man könnte auch sagen, aktuelle Produktionen müssen sich immer noch an diesen Werken messen lassen. Wer Western zugeneigt ist (oder wenigstens starkes Interesse an Comics hat), kommt an dieser Werkausgabe, die mit gut aufbereiteten zusätzlichen Informationen über Charlier, Giraud und den amerikanischen Bürgerkrieg angereichert ist, nicht vorbei. 😀

Bereits berichtet: Blueberry 42 – Der Schlächter von Cincinnati

Freitag, 28. Juli 2006

Bob Morane – Die Atomschmuggler

Filed under: Abenteuer,Klassiker,Thriller — Michael um 18:45

Bob Morane 1 - Die AtomschmugglerEigentlich sollte es nur ein kleiner Rundflug über der unberührten Natur von Brasilien werden. Doch Bob Morane und sein Freund Bill Ballantine haben enormes Pech. Ihr kleines Sportflugzeug versagt ausgerechnet über dem Dschungel den Dienst. Morane bringt die Maschine in einem kontrollierten Absturz zu Boden.
Die beiden Männer gehen mit der Situation auf männlich bärbeißige Art um. Irgendwo in diesem undurchdringlichen Grün muss es einen Weg nach Hause geben. Später als beiden lieb ist, stoßen sie auf eine winzige Ortschaft im Nirgendwo. Sao Francisco beherbergt feindselige Gesellen, die die Fremden am liebsten sofort wieder los wären – sogar tot, wenn es sein muss.

Moranes und Ballantines Glück ist es, dass Piloten gebraucht werden. Und die beiden Männer sind ziemlich neugierig, als ein undurchsichtiger Jorge Serena ihnen einen Job anbietet. Die beiden Männer nehmen an, schließlich wollen sie auch aus dem Dschungel wieder heraus und dies scheint dafür auch die beste Gelegenheit zu sein. Serenas Luftflotte ist alt, aber gut gewartet. Gleich beim ersten Auftrag nehmen sie eine merkwürdige Fracht auf. Zeit, um die Neugier zu befriedigen, bleibt nicht. Sobald sie wieder in der Luft sind, werden die beiden Freunde von zwei Düsenjägern angegriffen. Werden die beiden in ihrer DC3 eine Chance haben?

Bob Morane – Die Atomschmuggler ist ein ganz klassischer Abenteuer-Comic aus jenen Tagen, als Männer noch Männer waren, die Whisky und Bier tranken und nebenbei aus jeder Misere wieder herauskamen. Es sind Männer wie Buck Danny, Andy Morgan, Dan Cooper oder eben Bob Morane, die wissen, was ein Mann tun muss. – Spaß beiseite. Ich liebe diese doch recht klassischen Abenteuer-Geschichten. Ein kurzer Auftakt und es geht los.
Selbstverständlich kann ein Mann wie Bob Morane nicht alle Facetten eines Mannes abdecken, weshalb wenigstens ein Duo erforderlich ist. Bob hat Bill Ballantine an seiner Seite, trinkfest, draufgängerisch, immer etwas zu schnell mit den Fäusten und einer großen Klappe bei der Sache.
Charakterlich ist Bob Morane der vernünftige der beiden Männer – eigentlich ist er derjenige, der weniger Spaß macht während des Lesens. Zwar bringt sich Ballantine viel schneller in Schwierigkeiten, aber er sorgt auch für spannende Situationen – er ist die Art von Charakter, den der Leser sympathisch findet und sich gleichzeitig die Haare über so viel Unvernunft rauft. (Wie kann er nur!? – Diese Frage stellt man sich spätestens, wenn Ballantine bereit ist, sich wegen einer Büchse Bier zu schlagen.)

Bob Morane startete in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in Comic-Form und ist, wenn man es so nennen kann, ein Ableger einer Romanserie. Seine Grundthematik wird wohl mit einer realistischen Science Fiction umschrieben. Morane muss sich mit diversen Feinden herumschlagen. Eine davon, die geheimnisvolle Miss Ylang Ylang, zieht auch im vorliegenden Band ihre Fäden im Hintergrund. Von Science Fiction ist allerdings in dieser Geschichte nichts zu spüren. Die Atomschmuggler ist ein sehr geradliniger Abenteuer-Band und sehr techniklastig. (Wer Buck Danny wegen seiner technischen Ausstattung mag, wird sich bei Bob Morane in diesem Band wie zu Hause fühlen.)

Zeichner William Vance zeichnet Männer mit kantigen Zügen, eckigen Kinnpartien und strengen Blicken. Seine Gangster sehen wie Gangster aus, entweder gelackt wie ein Papagallo oder unrasiert, ungepflegt und düster. Vance gestaltet seine Figuren mit starken Tuschestrichen. Infolge der Kolorierung wirken die Bilder ein wenig altmodisch – andererseits gibt es mittlerweile Arbeiten aus jüngerer Zeit, die ähnliche Stile haben und so einen entsprechenden Effekt erzielen.
Ich finde solche Bilder sehr gelungen, weil auch die Geschichte Spaß macht und Abenteuer pur ist. Wenn eine Staffel aus Corsairs und Messerschmidts angreift und einen Bandenkrieg thematisiert, bricht ein richtiges Actionfeuerwerk los. Da lösen Sturz- und enge Kurvenflüge einander ab, knattern die MGs und werden Napalmbomben abgeworfen. – Es ist erstaunlich, dass eine französische Frauenzeitschrift (Femme d’Aujourd’hui) an Vernes mit der Idee herantrat, aus Bob Morane eine Comic-Serie zu gestalten. Nun, wahrscheinlich war der metrosexuelle Mann damals noch kein Thema und kantige Kerle wie Belmondo faszinierten die Frauen.
(Wer sich noch mehr für Vance’ Arbeiten interessiert, mag vielleicht die Serie Ramiro, seinerzeit Splitter Verlag, ein eher mittelalterliches Szenario, aber sehr spannend.)

Bei genauer Betrachtung reiht sich Morane auch in die Riege von Bond ein – spätestens aus dessen Plots sollten die Leser/Zuschauer die ominöse Verbrecherorganisation kennen, die im Hintergrund ihr Unwesen treibt.
So gesehen, ist Bob Morane auch ein Wegbereiter solider Agenten- und Thrillergeschichten. Künstlerisch hat er optisch und handwerklich einiges zu bieten, weshalb Comic-Freunde, die schon ähnliche Comic-Helden, die echte Kerle sind, in ihrer Sammlung bevorzugen, hier bedenkenlos zugreifen können.
Ich jedenfalls freue mich auf die nächste Ausgabe. 😀

Samstag, 15. Juli 2006

300 – Der Film

Filed under: Comics im Film,Klassiker — Michael um 14:17

300 - Der FilmDer Film zu 300, der Graphic Novel von Frank Miller, wird fleißig produziert. Unter 300themovie.warnerbros.com finden sich im Production Blog einige interessante Infos über die Umsetzung des bildgewaltigen Comics. Die verschiedenen Ansichten von Bildumsetzungen haben mich ziemlich beeindruckt. – Sicher, Kollege Computer schafft heute alles, aber wie sich ein Bild von der Aufnahme bis zur fertigen Szene wandelt, wirkt immer noch wie ein kleiner Zaubertrick. Insbesondere hier, da die Bilder ein metallisches Leuchten erhalten, um der (im wahrsten Sinne des Wortes) spartanischen Grundstimmung gerecht zu werden.

Freitag, 07. Juli 2006

300

Filed under: Abenteuer,Klassiker — Michael um 12:23

300Im Jahre 480 vor Christus marschieren 300 spartanische Krieger zu den Thermophylen. An diesem Engpass gedenkt König Leonidas das persische Vielvölkerheer abzufangen. Keiner der Männer glaubt daran, dass er jemals zurückkehren wird.

Der König ist eine Legende unter den Spartanern. Wenn es ein Ideal eines Soldaten gibt, dann erfüllt Leonidas dieses Ideal bis ins Mark. Entsprechend fallen die Ehrbezeugungen und die Bewunderung seiner Männer aus. Und doch führt Leonidas seine Männer wider besseres Wissen in den Kampf. Er forderte den persischen Gottkönig Xerxes heraus, indem er dessen Gesandte in einen Brunnenschacht stürzen ließ. Das Orakel sprach sich gegen einen Kampf gegen die Perser aus. Leonidas, stolz und intelligent wie er ist, gibt nichts auf die Weissagung des Orakels. All die verantwortlichen Priester hält er für korrupt und krank.
Die Spartaner marschieren. Und sie geben ein Vorbild. Bald schließen sich ihnen andere Griechen an, doch sie sind keine wahren Soldaten, wie es die Spartaner ihr Leben lang sind. Leonidas traut ihnen keinen Platz in vorderster Linie zu.

Die Spartaner beziehen ihre Stellung, vorzüglich ausgewählt können sie mit ihrer Zahl an einem Gebirgsengpass das massive Heer der Perser aufhalten, denn hier zählt ihre schier unglaubliche Zahl nichts. Der erste Ansturm wird zurückgeschlagen. Xerxes sieht sich genötigt, persönlich mit Leonidas zu verhandeln. Natürlich schlägt der Grieche das Angebot des Persers aus. Als die gefürchteten Unsterblichen des persischen Gottkönigs angreifen, eine Truppe von Elitekriegern, scheint das Ende gekommen zu sein.

Es existieren einige wenige Schlachten in der Weltgeschichte, die niemals vergessen werden. Diese Schlachten zeichnen sich häufig durch enorme strategische Verdienste der Gewinner aus – oder durch die ungeheure Tapferkeit der Verlierer. Die Schlacht bei den Thermophylen ist ein solch geschichtsträchtiges Ereignis.
Frank Miller, der Meister des Comic-Thrillers, hat sich dieses herausragenden Themas angenommen und den Männern, die den Ansturm jener Übermacht aufhielten, ein szenisches Denkmal gesetzt. Spannungsgeladen bis zum äußersten wendet Miller sein erzählerisches Handwerkzeug auf dieses geschichtliche Ereignis an und schafft so ein Comic-Epos, das seiner Arbeit, die er mit Sin City ablieferte, die endgültige Krone aufsetzt.
Wenngleich die 300 Spartaner auch wie ein Mann handeln, wenn der Kampf ruft (eine wichtige Eigenschaft einiger ihrer Kampftaktiken, wie sich im Verlaufe der Schlacht zeigt), erzählt Miller ihre Geschichte anhand einiger weniger Charaktere, die er sorgfältig ausgewählt hat.

Allen voran steht natürlich König Leonidas. Er ist einer jener Charaktere, die in einer Geschichte für ein einziges vorbezeichnetes Ziel in ihrem Leben existieren. Leonidas ist bereits Zeit seines Lebens eine Legende. Dilios, ein getreuer Soldat, berichtet den anderen Gefährten über den König wie über eine althergebrachte Sage.
Leonidas lebt so seine eigene Legende. Durch seine Stärke ist er der Archetyp des Spartaners.
Ihm gegenüber steht Xerxes, der persische Gottkönig, für den Menschen nur Material bedeuten. Würde der Begriff Kanonenfutter zu dieser Zeit schon Sinn machen, wären sie für ihn nichts anderes. Sein Ehrbegriff ist zu dem der Spartaner vollkommen gegenteilig, nur der Sieg und die Macht zählen. Der Zweck heiligt die Mittel, weshalb schließlich auch Verrat zum Untergang der Spartaner führt.

Das mag sich sehr analysiert lesen, ist allerdings von Miller in ganz einfache strenge Formen gepresst. Die Geschichte ist eine Tragödie. Ein jeder weiß, wie es enden wird, ja, enden muss, aber einen Ausweg gibt es nicht, weil jeder gemäß seines Charakters handeln muss.
Aber Miller lässt den Leser nicht außen vor. Er holt den Leser herein in diese Tragödie, als junger Soldat im Heer des Leonidas, hier in Gestalt von Stelios. Für Stelios’ zeitweilige Schwäche wird das ganze Heer gestraft. Der junge Mann reißt sich schließlich zusammen und trägt zur Legende der Spartaner heldenhaft bei. Und Miller geht noch weiter. Er lässt den Leser auch zum Verräter werden. Einer, der unmöglich mit den Spartanern mithalten kann, offenbart den Persern einen Weg, um den Spartanern in den Rücken zu fallen, nur damit er am Ende umso deutlicher das ruhmreiche Verhalten der Spartaner erkennt. Schließlich stellt Miller dem Leser noch Dilios, den Erzähler, zur Seite, jenen Charakter, der auserwählt ist, diese Geschichte weiter zu erzählen.

Der vorliegende Band erscheint in einem rechteckigen Format, was mitsamt seiner bildgewaltigen Darstellungen, die der Leser von Miller kennt, unwillkürlich an das Cinemascope-Format erinnert. Natürlich bleibt es nicht aus, angesichts des spartanischen Heeres, das auf den Betrachter zumarschiert, an das Breitwand-Kinoformat erinnert zu werden. Martialische Kämpfe finden teilweise in einer gnädigen Scherenschnittdarstellung statt – und erinnern so ein wenig an die Darstellungen aus der Einleitung von Bram Stoker’s Dracula.
Die Leistung der Spartaner ist schier übermenschlich. Entsprechend gleitet Millers bildliche Darstellung manchmal ins Abstrakte ab. So überlässt er der Phantasie des Lesers das Grauen, das sich in dieser Schlacht abgespielt haben muss. – Wie groß der Kern dieser Legende ist, muss jeder Leser für sich selbst herauslesen, selbst wenn er sich nur an die Fakten hält, die überliefert sind.

“Einhundert Völker werden über euch kommen. Unsere Pfeile werden die Sonne verdunkeln.“
“Dann kämpfen wir im Schatten.“
Markige Dialoge und Sprüche sind auch ein Markenzeichen von Miller. Hier gelingt es ihm tatsächlich einen Teil der Atmosphäre eines Thrillers oder auch eines Spaghetti-Westerns in einen Sandalen-Film zu übertragen. Derlei Texte geben der Tragödie ein wenig Humor und nehmen der Geschichte ein bißchen von der hochmütigen Schärfe, mit der die Spartaner auftreten. Trotzdem verliert der Leser dadurch nicht den Respekt vor den Spartanern, die sich einem der größten Despoten ihrer Zeit entgegenstellten.
Kehr zurück mit deinem Schild – oder auf ihm. Selbst die Frauen wissen, was es bedeutet, ein Spartaner zu sein. Ehrverlust wiegt schwerer als der Tod. So wird der Galgenhumor der Spartaner für jeden Leser erkennbar.

Am Ende bleibt zwar nur Tod und Vernichtung, aber es bleibt auch die Erkenntnis für den Leser, mal wieder einen richtigen Monumentalfilm gelesen zu haben. Beide Daumen rauf für eine Geschichte, für die der Begriff Graphic Novel hätte erfunden werden müssen. 😀

Mehr Informationen: 300 (Film-Info bei IMDB)

Montag, 21. November 2005

Wisse, oh Prinz …

Filed under: Klassiker,Superhelden — Michael um 19:47

ConanKlassiker gehen wohl nie zugrunde. Einer davon ist Conan. Zu seinen Lebzeiten hätte sich sein Erfinder Robert E. Howard die Langlebigkeit seiner Figur wohl nicht träumen lassen.

Die Homepage unter www.conan.com zeigt viele Aspekte des Kultes um den Cimmerier, der mit dem Schwert denkt und dem die Frauen zu Füßen liegen. Den großen Run löste ganz bestimmt die nach wie vor sehr gute Verfilmung Conan, der Barbar mit Arnold Schwarzenegger aus.
Unbestritten ist allerdings, dass die Filme nur die Spitze des Eisbergs darstellen.

In den Comics, die auch sehr viel abseits der gewöhnlichen Geschichten (Kurzgeschichten, Romane) handelten, gab es immer wieder Überraschungen und herausragende Figuren. Conan, der in Begleitung der Piratin Belit und ihrer Gefährten die wildesten Abenteuer zu Wasser und zu Lande erlebte, hat mit diesen Geschichten wohl einen Spitzenplatz unter den Barbaren- bzw. Fantasy-Comics. Hier tobte sich Roy Thomas zusammen mit John Buscema und Ernie Chan aus. Conan ist in diesen Geschichten eine richtige Urgewalt. Alternativ brachte Gil Kane einen ähnlich guten Conan zu Papier.

Im Stile dessen, wie auch Robert E. Howard seine Geschichten aufbaute, sind die Kurzgeschichten meistens eine recht angenehme Comic-Zwischenmahlzeit. Beispielhaft ist Die Nacht des Wolfs von Michael Fleischer und John Buscema. Conan rettet eine junge Frau in der Wüste aus den Fängen zweier mieser Burschen. Er macht sich kaum Gedanken darüber, warum sie die Frau in einem hölzernen Würfel transportierten. Wie der Titel schon (leider) verrät, ist die Frau ein Werwolf. Auch Conan hatte nicht allzu häufig mit einer Frau zu tun, die sich in eine reißende Bestie verwandelt. Es ist eine feine Geschichte, die trotz des vorweg genommenen Endes sehr schön aufgebaut ist.

Zeichnerisch hat mich Im Banne des goldenen Horns zwar nicht begeistert, aber als Beispiel, wie sich Geschichten entwickeln können, ist sie durchaus interessant. In der Endversion kennt man sie als Conan – Der Zerstörer. Viele Elemente, wie das des schlafenden Gottes, Zula und andere, sind auch im Comic zu finden. Aber ebenso wenig wie der Film ist auch der Comic nicht der absolute Hit für mich. Es hat eine Reihe von Geschichten gegeben, die weitaus leinwandwürdiger wären und auch viel fantastischer sind.

Nicht ganz so schön finde ich die Geschichten um einen jüngeren Conan, gezeichnet von Barry Smith. Besser ist es allerdings, dass hier auf rein textliche Vorlagen zurückgegriffen wurde, so zum Beispiel in Der Elefantenturm, eine der schönsten Conan-Geschichten, oder Im Netz des Spinnenengottes. Zur Comic-Action 2005 hat es anscheinend eine Neuauflage einiger Storys aus dieser Zeit gegeben. Ich könnte mir vorstellen, dass Smiths Zeichnungen mit moderner Computer-Kolorierung einen ordentlichen Qualitätsschub erhalten haben.

Wie unter conan.com zu sehen ist, gibt es auch immer wieder neuen Nachschub an neuen Geschichten. Ein Beispiel:
http://www.conan.com/f_100000.shtml
Der Zeichenstil mit seinen Konturen und milchig ineinander fließenden Farben steht im völligen Kontrast zu den skizzenähnlichen Bildern von John Buscema oder Michael Docherty. Es gibt Conan eine märchenhafte Seite, vielleicht eine modernere Erzählweise, die vom Herrn der Ringe aufgedrängt wurde.

Ein weitaus genauerer Einblick dazu ist unter darkhorse.com zu finden. Hier gibt es ordentlich Nachschub. Interessant hierbei ist es, dass bei Darkhorse dieser Tage eine Geschichte mit dem Titel The Heart Of Yag-Kosha erschien, bei der der Elefantenturm wieder aufgegriffen wurde. Einsehbar als Preview unter:
http://www.darkhorse.com/profile/preview.php?theid=10-321
Störend finde ich diese geschmacklosen Papierschnipsel, die scheinbar mit einer Schreibmaschine beschrieben wurden. Das Cover des Bandes macht jedenfalls einen großartigen Eindruck.

In den Romanen und Kurzgeschichten hatte ich häufig den Eindruck von Wiederholungen: Conan kommt irgendwohin, liebt beiläufig ein paar Frauen, macht kleine und übermächtige Gegner platt, reitet in den Sonnenuntergang. (Na gut, das könnte auch der Plot eines Bondfilms sein.)
In den Comics fand ich das erzählerische Potential der Figur viel facettenreicher. Das kann natürlich auch ein völlig subjektiver Eindruck sein. 😀

Donnerstag, 17. November 2005

Tief im Westen

Filed under: Klassiker — Michael um 20:54

Western… wo die Sonne verstaubt, da muss der Westen ganz wild sein!

Zuerst dachte ich, Western-Comics wären mir nie begegnet. Bei genauerer Betrachtung war das aber ganz anders. Irgendwie hatte es mit Bessy angefangen. Ich erinnere mich an ein Cover, auf dem Bessy, ein Collie, zu sehen war, die einen Indianerhäuptling angriff. In der Konsequenz war Bessy eine Art Lassie-Kopie.
Ebenso spannend, wenigstens damals empfand ich das so, war Buffalo Bill. Die Figur dieses Westernhelden ist zwar ein Mythos geworden, aber weniger wegen seines tatsächlichen Lebens, eher wegen seiner legendären Wildwest-Shows. Die Comics allerdings enthielten alles, was Western für Kinder bringen müssen. (Und die außerdem gerade durch Fernsehserien wie Western von gestern so richtig Feuer an dem Thema gefangen haben.)
Bessy und Buffalo Bill gehören zu großen Ausflügen des Bastei Verlages in die Welt des Comics.

Später gehörte ich dann zu denen, die in Yps weitere Bekanntschaft mit dem Thema machten: Buddy Longway.
Darauf habe ich mich immer tierisch gefreut. Die Geschichte Allein erzählt von Buddy, der sich in der Wildnis ein Bein bricht und versucht, nach Hause zu kommen. Schließlich hat er das Glück, freundlichen Siedlern zu begegnen. Die junge Frau, die ihn pflegt, verliebt sich sogar in ihn, aber Buddy muss sie enttäuschen: Er will nur zurück zu Chinook, seiner Frau, und Jeremias, seinem Sohn.
Es ist eine Geschichte (wie auch in anderen Episoden von Buddy Longway), die nach heutigen Maßstäben völlig unspektakulär daher kommt. Vielleicht mag ich diese Geschichten deshalb so, weil sich die Dramatik ganz zwanglos entfaltet, denn dramatisch ist es zweifellos.

So infiziert konnte ich gar nicht anders, ich musste zugreifen, als Ehapa Die großen Edel-Western ins Rennen schickte. Blueberry, Mac Coy, Jonathan Cartland und natürlich Comanche.
Red Dust war so cool! Da steht dieser Herumtreiber mitten in der Prärie. Eine nahende Postkutsche hält und plötzlich findet sich der Rothaarige im Duell mit dem großmäuligen Revolverhelden Hondo. Red Dust geht als Gewinner aus diesem Duell hervor. Was Hermann und Greg hier zu Papier bringen, ist eine richtige Männergeschichte. Red duelliert sich schließlich mit Kentucky Kid, einem Freund aus guten alten Tagen. Es geht nicht anders. Hier wird deutlich, dass vieles in einem Western auch etwas Ritterliches hat, sofern sich die Protagonisten an einen Ehrenkodex halten.
In vielen Western ist am Ende dieser Kodex entscheidend. Er findet sich in den Filmen von Sergio Leone oder mit John Wayne ebenso wie bei Comanche.
Ich weiß gar nicht, warum mich gerade Comanche so begeisterte. Ich denke, es war diese schöne Mischung der Charaktere, die sich am Ende von Red Dust präsentieren: Ein weißer und ein schwarzer Cowboy, ein Greenhorn, ein alter Mann (ein Oldtimer) und Comanche, die Chefin. Später, in Krieg ohne Hoffnung, gesellte sich auch noch ein Indianer hinzu, der eine ganz eigene Methode zum Fangen von Kälbern entwickelt.

Blueberry ist natürlich ein ebensolcher Klassiker, der jüngst auch in der FAZ Reihe der Comic-Literatur einen gebührenden Band erhielt. (Eine Schande, dass Comanche nicht dabei sein wird!)
Im Blueberry-Band wird die fünfteilige Saga um den Südstaatenschatz in Höhe einer halben Million Dollar geschildert. Blueberry ist eher ein Einzelgänger, obwohl sich immer wieder Freunde finden, die ihm helfen. Blueberry finde ich deutlich raubeiniger angelegt als die Charaktere in Comanche und ich finde ihn auch nicht so sympathisch.
Jean-Paul Belmondo soll äußerlich inspirierend bei seiner Entstehung gewirkt haben. Das mag sein. Aber ich habe nie so recht mit Blueberry gefiebert, wie ich es mit Belmondo tat. Ein wenig mehr von Belmondos schnoddriger Art hätte Blueberry gut getan. Blueberry ist eher wie der Duke (John Wayne), eher unnahbar und zeitweilig mit einer riesigen Portion Glück gesegnet, weil er immer wieder mit (halbwegs) heiler Haut davon kommt.
Das bedeutet nicht, dass ich diesen Klassiker schlecht finde. Nur hat mir Comanche besser gefallen.

Cowboys, Indianer, Kavallerie, windige Halunken und verlotterte Saloons: Comic-Herz, was willst du mehr? 😀

Mittwoch, 16. November 2005

Abenteuer zur See

Filed under: Klassiker,Mystery — Michael um 21:55

FAZ Comic-Literatur 11 - Corto MalteseDas kleine Segelschiff kreuzt auf dem Pazifik unter dem Kommando des brutalen Kapitäns Rasputin. Eigentlich erhofft sich niemand an Bord besondere Vorkommnisse bis zum eigentlichen Anlass der Reise: dem Kapern eines englischen Kohlefrachters. Wie so oft kommt es ganz anders. In einem treibenden Rettungsboot findet die Mannschaft des Segelschiffs einen Jungen, Cain, und ein Mädchen, Pandora, beide, wie sich später herausstellt, Kinder reicher Eltern. Für Rasputin ist klar, dass er für die Kinder ein ordentliches Lösegeld verlangen kann.
Als sie auch noch den auf eine Planke gefesselten Corto Maltese aus dem Wasser aufnehmen, nimmt Rasputins Plan eine endgültig andere Wendung.

Schnell wird der Abenteurer Corto Maltese zu einem ausgleichenden Faktor an Bord des Schiffes. Seine grundlegende Ehrenhaftigkeit, die er tunlichst zu leugnen versucht, hält den Jähzorn Rasputins häufig im Zaum. Nach der Kaperung des Kohlefrachters treffen sie auf ihre deutschten Kontaktleute. Die deutsche Marine versucht sich im Pazifik Stützpunkte einzurichten, bevor der Ernstfall eintritt und der Nachschub abbricht. (Der Erste Weltkrieg steht kurz bevor.) Corto wird die Aufgabe zuteil, an Bord des Segelschiffs auf die beiden jungen Geiseln aufzupassen.
Und wieder kommt alles ganz anders.

Ein Sturm verschlägt Corto und die ihm Anvertrauten auf eine einsame Insel geradewegs in die Arme von Eingeborenen, die keineswegs an einer friedlichen Lösung interessiert sind. Bald schon findet die Flucht statt, dramatisch zwar, aber glücklich. Während sich der junge Cain noch mit einem neuen Freund über Moby Dick unterhält, taucht vor ihnen ein deutsches U-Boot aus der Tiefe empor.

Abenteuer pur!
Manchmal sieht man einen Ausschnitt aus einem Film. Jahre später schaltet man das Fernsehen wieder ein und landet just genau in dieser einen Szene, die man damals bereits gesehen hat und die einem besonders im Gedächtnis geblieben ist.
Ähnlich erging es mir mit Corto Maltese.
Ich kramte ein bißchen und siehe da: ZACK, Ausgabe Nr. 7, Februar 1974. Hier findet sich die vierte Episode der Südseeballade. In dieser Darstellungsgröße wirken die Bilder von Pratt ein wenig zu einfach. In der Verkleinerung in der vorliegenden Ausgabe aus der FAZ Reihe der Comic-Literatur bekommen die Bilder einen eher grazilen Charakter.
Die Kolorierung wurde erneuert. So betrachtet gewinnen die Bilder insgesamt an Qualität. Zwar wird Pratts Abstraktionsfähigkeit und die Simplifizierung von Szenen stets gelobt, aber für meine Begriffe sollte es auch nicht übertrieben werden.

Für Pratt, und das steht außer Frage, ist die zeichnerische Darstellung auch ein erzählerisches Mittel, das ähnlich einer klaren einfachen Sprache nicht von der eigentlichen Handlung ablenkt.
So entspinnt sich schnell eine tolle Abenteuergeschichte. Da sie sich der gängigen Erzählweise entzieht und kein Muster auf sie anwendbar scheint, entsteht eine absolut unvorhersehbare und deshalb sehr spannende Geschichte.
Wer Vergleiche anstellen will, mag Der Seewolf oder Sohn der Sonne heranziehen. Ein ozeanisches, exotisches Flair, beinahe magisch, ohne jemals unrealistisch zu sein. Dies ist weniger ein Comic, eher ein Roman, eine Geschichte, die den Begriff Graphic Novel absolut verdient.

Feine einleitende Worte und schöne Aquarellzeichnungen von Pratt machen diese FAZ Ausgabe der Reihe zu einem wirklichen Schmuckstück, das selbst für jene interessant ist, die sonst mit Comics rein gar nichts anfangen können. 😀