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Comic Blog


Freitag, 17. Juli 2009

W.E.S.T. 5 – Megan

Filed under: Mystery — Michael um 16:40

W.E.S.T. 5 - MeganEin Dämon ist schuld. Leider will Morton Chapel niemand glauben, dass ein gestaltloses Wesen für den Tod seiner Frau und das Verhalten seiner Tochter verantwortlich ist. Vor vielen Jahren tötete er seine Frau, die, besessen wie sie zu dem Zeitpunkt war, damit drohte die gemeinsame Tochter zu ermorden. Morton konnte nicht ahnen, dass der Dämon genau das im Schilde geführt hatte. So konnte er bequem in den Geist des Mädchens wechseln. Ihre Psyche, unausgereift, hatte den Einflüsterungen des Dämons nichts entgegenzusetzen. Morton Chapel hatte keine andere Wahl. Er brachte seine Tochter in eine geschlossene Anstalt.

Alle dachten, seine Tochter hätte der Schock über den brutalen Verlust der Mutter in einen Zustand der Starre fallen lassen, aber weit gefehlt! Der Dämon wartet, er spricht zu dem Kind, erzieht es in seinem Sinne, hetzt auf, macht es bereit für eine bestimmte Aufgabe. Als der Tag naht, wird Morton schmerzlich bewusst, was er tun muss: Megan, seine Tochter, töten.

W.E.S.T. entführt diesmal in ein Szenario, das von Xavier Dorison und Fabien Nury äußerst fein konstruiert wurde und mit sehr schönem hintergründigem Grusel aufwarten kann. Besessenheit ist mehrmals ein spannendes Thema gewesen. Diverse Filme, auch jüngeren Datums, zeugen davon. Der vorliegende historische Rahmen, die gelungen zueinander stehenden Hauptcharaktere und Nebenfiguren entwickeln ein Gespinst, dem sich der an dieser Art Geschichten interessierte Leser nur schwerlich entziehen kann.

Alles beginnt mit einem Rückblick. Obwohl sich die Sondereinheit W.E.S.T. mit außergewöhnlichen Fällen befasst, wird nicht gleich jedes merkwürdige Vorkommnis als nicht von dieser Welt klassifiziert. Kathryn Lennox, die Ärztin, die sich um Megan kümmert, schenkt den Worten von Morton Chapel um mysteriöse Mächte keinerlei Glauben. (Nach den Geschehnissen der ersten vier Bände hat sich das durchaus geändert.) Allein die Besessenheit macht ihr immer noch Schwierigkeiten. Das Mädchen selbst reagiert so gut wie nicht. Der Leser ist ebenso wie das Anstaltspersonal an dem Punkt angelangt, an dem er nicht glauben mag, dass sich das noch ändern wird. (Gut, das Titelbild verspricht etwas anderes. Vielleicht hätten hier die Macher dieser neuen Doppelfolge weniger forsch sein und nicht so viel verraten sollen.)

Der Dämon: Durch die Erzählungen Chapels weiß der Leser, dass es einen Dämon gibt. Die inneren Erlebnisse Megans tragen ihr Übriges zum Verständnis dieses Unholds bei. Weniger ist mehr, ließe sich dieses Monstrum überschreiben, denn so, wies es sich darstellt, ist der Dämon ein meuchelnder und mit Engelszungen redender Dandy. In geisterhaftes Weiß gekleidet weiß er seine Opfer durch sexuelle Handlungen wie auch durch simple Versprechungen zu becircen. Diese unheimlichen Ereignisse, die das Flair einer viktorianischen Gruselmähr umgibt, stehen im Gegensatz zu den realen Mordplänen an Morton Chapel. Dorison und Nury lassen hier den Hass eines alten und sehr einflussreichen Mannes auf Chapel los, der sich nun auch noch gegen ganz normale Menschen wehren muss.

Christian Rossi ist für die komplette Gestaltung der Geschichte verantwortlich. Dank ihm sieht der Leser die Unheimlichkeit des Geschehens, wird sie wie auf alten Fotografien oder Filmaufnahmen aus der Vergangenheit gerissen. Seine Bilder sind dem Realismus zugeneigt, doch wie auf einer alten Fotografie fehlt mitunter etwas, wirkt verwaschen oder es ist verblasst. Die Farben sind entsprechend reduziert und so angelegt, dass sie nicht stören, aber aktiv Stimmungen und Eindrücke vermitteln. Das mag auf den ersten Blick nicht sehr eindringlich sein, da die auch eher verhalten und blass wirken. Doch in der zweiten Wahrnehmung wird ein dunkles Rot umso intensiver.
Die schönsten Nebenfiguren im Sinne von überaus gelungen schafft Rossi mit Mr. Verhagen und dem indianischen Lehrer Angel Salvaje. Beide heben sich sehr vom Rest der auftretenden Charaktere ab, wenn gleich sie auch relativ kleine Auftritte haben. Die Handlung aber zeigt, dass ihnen in der Fortsetzung noch eine wichtige Rolle zufallen wird.

Grusel, wie er sein sollte und selten ist: Dorison und Nury beleben mit ihrer Geschichte um Besessenheit das Genre vortrefflich. Die zeitliche Kulisse der Handlung bietet genug Ähnlichkeiten mit der Gegenwart und auch genügend Andersartigkeit, um den Leser gekonnt zu entführen. Rossis Zeichnungen sind von außerordentlicher Perfektion, aber auch experimentierfreudig. Das Team arbeitet Hand in Hand und liefert ein Comic-Erlebnis wie aus einem Guss. 🙂

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Donnerstag, 18. Dezember 2008

W.E.S.T. 4 – Der 46. Staat

Filed under: Abenteuer — Michael um 15:11

W.E.S.T. 4 - Der 46. StaatMan stelle sich vor: Der Sargdeckel schließt sich. Man sieht durch eine kleine Glasscheibe hinaus, sieht die Erde sich über den Deckel ergießen, bis es finster wird. Mit der Dunkelheit kommen die Alpträume, die man in völliger Bewegungslosigkeit ertragen muss – immer und immer wieder. Kathryn Lennox ist in die Falle des aufwieglerischen Islero geraten. Dieser El Santero, bewandert in den alten Künsten, entführt seine Opfer und erschafft Zombies aus ihnen, wandelnde Tote, lebendig im Körper, geistig nur noch ihm zu Diensten. Nur der Tod des Santero kann den Fluch brechen.

W.E.S.T., das Weird Enforcement Special Team, befindet sich inmitten eines Unabhängigkeitskampfes. Eigentlich sollte das Team um Morton Chapel den Konflikt mit dem unbekannten Santero lösen, in Wahrheit werden sie ziemlich an der Nase herumgeführt und geraten in höchste Bedrängnis. Hinter den Kulissen laufen die Vorbereitung zur Angliederung Kubas an die Vereinigten Staaten unbeirrt weiter. Die Ängste der Aufständischen sind also keinesfalls Hirngespinste. Wie ernst es jedoch wirklich ist, können sie nicht einmal erahnen.

In der abschließenden Episode aus dem zweiten Zyklus von W.E.S.T. verhärten sich die Fronten und die Vorgehensweisen – auf beiden Seiten – werden rabiater. Das Titelbild der Geschichte um den 46. Staat, zu dem es so nie kam, verrät hier einiges. Morton Chapel, der Team-Leiter, muss seine Gentleman-Natur beiseite schieben, um seines und das Überleben seines Teams gewährleisten zu können. Xavier Dorison und Fabien Nury lassen ihre Hauptfiguren auf einem Drahtseil balancieren. Obwohl Chapel in der Lage ist, das Geheimnis um Islero zu lüften, hat man als Leser den Eindruck, dass alles nur noch um Haaresbreite gut geht – und manchmal eben auch nicht.

Mit dieser Technik halten die beiden Erzähler ihre Leser in atemloser Spannung. Kleine und große Dramen lösen einander ab. Joey Bishop gesteht der komatösen Kathryn Lennox seine Liebe. Islero erlebt, wie Männer vor einem Erschießungskommado gestehen, er zu sein, nur um das Idol des Widerstands zu schützen. Selbst ein Kind bleibt nicht verschont. Colonel Weyler kennt kein Erbarmen. Auf Kuba herrscht Krieg ohne Kriegserklärung. Vordergründig geht es um Macht, hintergründig um Geld und den Einfluss der United Fruit Company.

All diese Bestandteile werden sehr sorgsam und gut aufeinander aufbauend zusammengestellt. Wie auf einer Leiter bildet hier jedes Detail eine Sprosse bis hin zum unvermeidlichen Höhepunkt – der wahrscheinlich anders ausfällt, als es mancher Leser zu Beginn gedacht haben mag. Stück für Stück schieben die Autoren die Hatz auf Islero zurück und stellen den Freiheitskampf Kubas in den Vordergrund.

Christian Rossi, der bereits zuvor eine tolle Arbeit als Zeichner und Kolorist ablieferte, ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus, sondern steigert sich noch einmal – ein persönlicher Eindruck, der von den außerordentlich dramatischen und sehr menschlich dargestellten Ereignissen gestützt wird. Es sind zahlreiche Momente, die den Leser in seinen Bann ziehen, vornehmlich solche, in denen Menschen vor einer Entscheidung stehen – oder schlichtweg rot sehen.

Dieser Effekt wird von Christian Rossi bei Islero eingesetzt, in jener beschriebenen Szene, in der sich die zum Tode Verurteilten für ihn aufopfern. Und er verwendet bei Bart Rumble, einem Agenten des Teams, einen ähnlichen Effekt. In der wie zuvor verwendeten Farbpalette von braun, orange, blau und grau sowie einigen Zwischentönen stechen die roten Farbtupfer hervor, mögen sie noch so klein sein. Der Anstrich wirkt nach wie vor wie aus dokumentarischen Aufnahmen entnommen, macht das Eintauchen in die Geschichte natürlicher. Farbaufnahmen wären hier fehl am Platz, würden den Eindruck trüben, der Abstand und gleichzeitig auch Nähe gestattet. Eine Geschichte aus vergangener Zeit kann nicht mit modernen Worten erzählt werden. Christian Rossi hält sich mit seiner farblichen Interpretation auch im übertragenen Sinn daran.

Ein gelungener zweiter Teil dieser Geschichte um Kuba. Die bisherigen dramatischen Fäden werden mit erhöhter Geschwindigkeit fortgeführt. In jeder Hinsicht ist diese Ausgabe von W.E.S.T. eine tolle Abenteuergeschichte, die sich im wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen kann. 🙂

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Montag, 29. September 2008

W.E.S.T. 3 – El Santero

Filed under: Abenteuer — Michael um 14:02

W.E.S.T. 3 - El SanteroDie weißen amerikanischen Eindringlinge haben keinen Glauben. Sie sehen die Resultate, aber sie wollen lieber nachforschen, ergründen, eine Lösung finden. Soldaten, die an Gelbfieber starben, dürfen nicht wieder aufstehen und als Zombies unter den Lebenden wandeln. Schlimmer noch: Sie scheinen unter dem Einfluss einer fremden Macht zu stehen, der sie gegen ihren Willen handeln lässt. Kuba will die Amerikaner nicht. Der Präsident sieht das anders. Er schickt W.E.S.T.: Das Weird Enforcement Special Team.

Am 7. Januar 1902 wird auf Kuba ein weiterer Tod festgestellt. Diesmal ist es kein Soldat, sondern ein Geschäftsmann, der am Gelbfieber gestorben ist. Edward Nash war Vorsitzender der United Fruit Company. Ein Mann in einer solchen Position stirbt nicht einfach so. Die Presse wittert eine große Geschichte. Obwohl der verantwortliche General Wood alles dementiert, machen schlimme Gerüchte und Vermutungen die Runde. Islero, ein für die Unabhängigkeit Kubas kämpfender Santero, soll für die Tat verantwortlich sein.

Kurz nach der Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert bemühte sich die immer noch junge USA anderen Staaten ringsherum auf die demokratischen Beine zu helfen. Kuba ist für die Befreiung von den spanishen Herrschern allerdings nicht besonders dankbar. Aber den Kubanern fehlen auch die Mittel, angemessen zu reagieren. Während einige die Hilfe von außen suchen, greifen andere zu eher abergläubischen Mitteln: Santeria.

Im Kern des unheimlichen Widerstands steht die karibische Form des Voodoo. Diese geheimen Riten wirken nur leider für die amerikanischen Besatzer auch bei Ungläubigen. Das Team, das sich solcher Fälle annimmt, wurde entwickelt und geschrieben von Xavier Dorison und Fabien Nury. Anders als vergleichbare Gegner des Bösen und Löser unheimlicher Fälle wie die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen, B.U.A.P. oder Mulder und Scully bewegt sich W.E.S.T. näher an der historischen Realität. Sind letztere Ermittler schon relativ normal, ist es das Team von W.E.S.T. erst recht. Neben einer unheimlichen Komponente besitzt die Geschichte die Kulisse eines Vorkriegsszenarios, in dem sich Geheimagenten und Intrigen die Klinke in die Hand drücken.

Bemerkenswert ist die Dichte der einzelnen Handlungsstränge, von denen jeder einzelne schon für eine eigene Geschichte ausreichen würde. Morton Chapel, der Chef des Teams, verfügt augenscheinlich über eine bewegte Vergangenheit. Eingangs wird der Leser bereits mit Chapels traumatisierter Tochter Megan konfrontiert. Sobald sie ihren Vater nur sieht, erwacht sie aus ihrer Starre und verfällt in einen hysterischen Schreiwahn. Szenen wie diese machen es dem Leser schwer mit Chapel zu fraternisieren.

Optisch ein gealteter Lex Barker, eine Mischung aus Abenteurertyp und Pinkerton-Agent, hoch aufgeschossen, hager, stets ernsthaft steht dieser Mann ansonsten sehr unterschiedlichen Charakteren vor, die ihre Aufgabe aber nicht weniger ernst nehmen. Bart Rumble, ein irisches Urgestein, ist der sympathischste der vier Teammitglieder. Er ist herzlich, leidenschaftlich, er kann einstecken und austeilen. Er ist ein Profi, der sich in gefährlichen Situationen sehr im Griff hat – was angesichts einiger Szenen ziemlich beeindruckend ist.

Christian Rossi, westernerprobt an der Seite von Jean Giraud bei Jim Cutlass, zeichnet ein Kraftpaket von einem Mann, der in einem Ringerkostüm auch auf einem Jahrmarkt auftreten könnte. Auch die beiden anderen Figuren, Doktor Lennox und Joey Bishop, haben Format und einen guten Wiedererkennungswert. Der grafische Stil besitzt, äußerst passend, eine dokumentarische Form. Wie ein Gerichtszeichner seziert Rossi die Zeit, den Ort, die handelnden Figuren mit scharfem Blick und sicherer Hand. Mit Ocker, Orange, aber auch kaltem Grau und Blau schafft er eine gespenstische Atmosphäre, die auf der Grenze zum Western wandelt und mit den Erinnerungen an bräunlich verblasste Fotografien der besagten Jahrhundertwende spielt.
Darüber hinaus arbeitet er mit ähnlich zerbrechlich anmutenden Darstellungen eines späteren Giraud, aber ohne allzu sehr in die Abstraktion oder zu große Einfachheit zu verfallen.

Eine Geschichte, die in der ins Abseits gedrängten Ecke der amerikanischen Geschichte spielt. In dieser frühen Kubakrise schaffen Dorison und Nury eine perfekt atmosphärische Gruseldämmerung mit überzeugenden Charakteren. Rossis grafische Umsetzung ist wie geschaffen für dieses Genre – wie er schon zuvor unter Beweis gestellt hat. Sobald W.E.S.T. Kuba erreicht, kann der Leser sich den Bildern nicht mehr entziehen. Wer sich Grusel und Freiheitskampf Seite an Seite in historischer Umgebung vorstellen kann und mag, wird hier sehr mitreißend und niveauvoll unterhalten. 🙂

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Freitag, 23. Juli 2010

Heiligtum 1 – USS Nebraska

Filed under: SciFi — Michael um 18:00

Heiligtum 1 - USS NebraskaBerlin, Frühjahr 1945. Die Rote Armee überrennt die deutsche Hauptstadt. Das Dritte Reich liegt in Trümmern. Der Gegner musste endlich in die Knie gezwungen werden. Aber einigen Russen geht es um viel mehr als das. Als die Soldaten in unterirdische Hallen eindringen und auf sumerische Schriftzeichen stoßen, ist das Erstaunen groß. Die seltsame Statue, die sich ihnen kurz darauf präsentiert, vollendet die Verwunderung und setzt eine fürchterliche Odyssee in Gang.

Im Jahre 2029: Die USS Nebraska, ein modernes us-amerikanisches U-Boot, gelangt an den Ort, an dem das russische U-Boot auf seiner Suche nach den Artefakten verschwand. Selbst nach so vielen Jahren ist die unterseeische Umgebung immer noch lebensgefährlich. Bald schon nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Xavier Dorison ist der Mann für das Phantastische. Aber Hier bewegt er sich stilsicher auf den Spuren eines Michael Chrichton (Sphere), eines Stephen Spielberg (Unheimliche Begegnung der dritten Art), Stephen King (Tommyknockers) und Brian de Palma (Mission to Mars). Hinzu kommen diverse U-Boot-Abenteuer, eine Spur Alien-Atmosphäre, ein wenig Russen-Mystik aus dem Zweiten Weltkrieg und gigantische Artefakte, die an vergangene südamerikanische Kulturen erinnern.

Der Aufbau der Geschichte ist sicherlich hier und dort inspiriert durch den Film, aber er kann auch Ähnlichkeiten zu anderen Comics nicht verhehlen. Die Atmosphäre, das Geheimnisvolle, das Mystische erinnert an Publikationen wie Der Schimpansenkomplex. Die erste Folge von Heiligtum mit dem Untertitel USS Nebraska nimmt sich sehr viel Zeit mit der Einleitung der gesamten Handlung. Wie immer bei solchen Geschichten lautet die quälende Frage: Wann gibt es endlich etwas Außerirdisches zu sehen?

Lange muss der Leser nicht warten. Ein geschickt gesetzter Appetizer sorgt für Neugier, bevor es aus dem Prolog, angesiedelt in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs, in die Neuzeit geht und ein modernes U-Boot in Tiefen vorstößt, in die kaum ein Mensch zuvor gewesen ist. Langsam entspinnt sich eine leise Gruselstimmung, Paranoia, bis die sprichwörtliche Bombe schließlich platzt.

Christophe Bec besetzt gerne Schauspieler. Die Gesichter, die hier auftauchen, machen aus diesem Wunsch kein Geheimnis: Jürgen Prochnow (als U-Boot-Kommandant), Scott Glenn (als U-Boot-Kommandant), Beau Bridges (als Sonar-Offizier), Bruce Willis und Nicolas Cage, Johnny Depp, William Hurt (mit dunklen Haaren und jünger) und einige, bei denen die Zuordnung etwas schwerer fällt. Nicht imemr ist die Ähnlichkeit offensichtlich. Manchmal verrutscht die Perspektive auch etwas, vielleicht dann, wenn keine entsprechende Vorlage zur Verfügung stand.

Dabei scheint er im Vorspann noch vermehrt auf eigene Kreationen gesetzt zu haben. Hier sind die Ergebnisse besser, allerdings auch aufwendiger. Die Technik, mit Bildern von Schauspielern als Vorlagen zu arbeiten, haben bereits andere Künstler verwendet. Der Effekt wirkt nur kurz, wenn er nicht zur Gänze durchgehalten werden kann. Wo Christophe Bec in jedem Fall punktet, ist seine Arbeit mit Räumen, wie auch mit Licht und Schatten. Gerade in den Unterwasserszenen, die länger hätten ausfallen können, ist die Wirkung immens und regt sehr die Phantasie an, denn es entsteht die quälende Frage: Wann gibt es noch mehr davon zu sehen?

Eine solide Erzählung von Xavier Dorison, der mit W.E.S.T. und Prophet bereits makellose Arbeiten ablieferte. Insgesamt gut gezeichnet, nicht immer sind alle Protagonisten vorteilhaft getroffen (aber beschweren wird sich von denen bestimmt niemand). Auf jeden Fall macht der Auftakt neugierig auf die Fortsetzung. Für SciFi-Fans einen Blick wert. 🙂

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Dienstag, 29. Juni 2010

Der Planwagen des Thespis 3 – Kathleen

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:56

Der Planwagen des Thespis 3 - KathleenIm Herbst des Jahres 1865 in Baxter Spring geht alles seinen gewohnten Gang. Deshalb fällt ein junger Mann, der ein Pferd in einer Scheune zurücklässt auch sofort auf. Drustan ist dies vollkommen gleich. Für ihn zählt nur noch, mit diesem Abschnitt seines Lebens abzuschließen. Das gilt auch für Kathleen, die in ihrer Kammer auf das Unvermeidliche wartet. Den Besuch, der sie als Frau in die Gemeinschaft einführen wird. Unter feiern die Männer diesen besonderen Tag. Kathleen wartet in einer Mischung aus Angst und Enttäuschung. Obwohl so aufgewachsen, lässt auch sie dieses Leben bald hinter sich.

In der dritten Folge der vorliegenden Comic-Reihe übernimmt ein neuer Szenarist den Handlungsfaden: Philippe Bonifay. Mit ihm wird sogleich eine weitere Figur in den Reigen der Hauptcharaktere eingeführt: Kathleen. Die junge Frau steht als Hoffnungsträger für den nun flüchtigen Drustan, der versucht, sich fernab des Planwagens des Thespis eine eigene, vollkommen neue Zukunft aufzubauen.

Zu Beginn macht die junge Frau auf Drustan einen recht unbeschwerten Eindruck, ein Umstand, der für den Leser schwer zu bewerten ist, bis sich schließlich doch Narben auf der Seele von Kathleen wieder öffnen und ihr Leid offenbaren. Drustan, der um Normalität in seinem Leben kämpft, oder wenigstens in diese zu fliehen versucht, wird von Philippe Bonifay nur wenig Zeit gegönnt, um einen Vorgeschmack eines Lebens in einer Kleinstadt im Westen zu bekommen.

Denn aus dem einstigen, wenn auch wahnsinnigen Helfer Hermes, ist ein nicht minder wahnsinniger Rachedämon geworden. Bereits in den ersten beiden Episoden war erkennbar, dass Hermes jenseits einer wirklichen Welt lebt und stets eine Flucht auf die Bühne antreten will. Sein Theaterplan, der mehr ein Theaterwahn ist, entbehrt jeder vernünftigen Argumentation. Er kommt mit diesem Wahnsinn nur solange durch, wie auch der Wahnsinn des Krieges das Land regiert. Doch danach steigt die Sehnsucht nach Frieden wieder. Und Normalität. Ein Wunsch, der Drustan fliehen lässt. Den jungen Mann, den Hermes als Schützling, als Sohnersatz auserkoren hatte.

Gefährlich: Der Leser weiß mehr, als die Charaktere nur ahnen können. So sieht der Leser die Gefahr kommen, muss miterleben, wie sich der Kreis immer enger zieht, bis es zum Aufprall kommt. Ganz nebenbei lässt Bonifay eine Liebe sich entwickeln und weitere Bedrohungen wachsen.

Christian Rossi, der sich nun ganz auf das Zeichnen konzentriert, macht wieder einen Schritt hin zu seinen ganz eigenen Zeichenstil. Kein Vergleich mehr zum ersten Band und selbst gegen den direkten Vorgänger wirken die Bilder noch einmal reduziert. Weniger Striche, mehr Ausdruck. Das ist das Geheimrezept, das später auch in den Ausgaben der Reihe W.E.S.T. zum Markenzeichen werden wird. Das Titelbild steht für den grafischen Stil des gesamten Bandes. Mit erstaunlich wenig, dafür sehr sicher gesetzten Strichen entstehen Figuren und Räume. Der Gesamteindruck einer Seite wird so viel größer, weiter und auch ruhiger.

Diese Ruhe, die sich selbst in Aktionsszenen niederschlägt, wird auch durch die stille Farbgebung begünstigt. Eine Mixtur aus blassen und leuchtenden Farben kontrastiert miteinander, hilft den Blick auf das Wesentliche lenken. Neben einem guten Blick auf das Geschehen kann der Leser auch den Gastauftritt einer bekannten Persönlichkeit des Wilden Westen in kurzer Aktion sehen.

Wie der Beginn eines neuen Aktes: Die Tragödie weitet sich immer mehr aus. Während Joe Adam etwas in den Hintergrund tritt, gewinnt die Figur des Hermes ein starkes Volumen, wird wuchtig, theatralisch überbordend. Der dritte Teil der Reihe präsentiert sich eher als Thriller denn als Western. Klasse. 🙂

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Dienstag, 20. April 2010

Der Planwagen des Thespis 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 19:30

Der Planwagen des Thespis 1 - Shakespeare und Muerte KidDrustan wollte nichts als seine Virginia. Selbst inmitten des Krieges hatte er die Hoffnung auf eine schöne Zukunft mit ihr. Da ahnte er auch nicht, dass die Südstaaten ihn als Soldaten brauchen würden. Gegen eine Zwangsverpflichtung gibt es keine Hilfe, besonders dann nicht, wenn der eigene Vater den Sohn mit großem Enthusiasmus in den Krieg schicken will. Drustan sieht das freilich vollkommen anders. Er hält nichts vom Sterben. Leider gibt auch der schwarze Butler Matt seine Meinung dazu ab und besiegelt damit in den Augen des anwesenden Offiziers der Konföderierten ihr Schicksal. Wenig später bleibt beiden nichts als die Flucht, nur um alsbald in die Fänge von Unionssoldaten zu geraten.

Ein sehr ungewöhnlicher Titel für einen Western, aber mit einem nicht minder ungewöhnlichen Duo inmitten des Bürgerkriegs im nordamerikanischen Wilden Westen. Autor und Zeichner Christian Rossi überraschte in der ersten Hälfte der 80er Jahre mit diesem Western, der zwei sehr gegensätzliche Männer zusammenbringt. Während der eine sich der Illusion hingibt ein besonders vom Theater inspirierter Künstler zu sein, ist der andere schlichtweg auf der Flucht. Obwohl alles dagegen spricht, dass die beiden mit heiler Haut davonkommen, hält Thespis, der Erfinder des Dramas im antiken Griechenland, wohl die schützende Hand über sie.

Christian Rossi, hierzulande auch mit der Serie W.E.S.T. bekannt, zeigt hier eine frühe Arbeit, die er auch selbst geschrieben hat. Klassisch im Stile eines Blueberry steigt der Leser drei Jahre nach Beginn des amerikanischen Bürgerkriegs in die Handlung ein. Rossi, der auch die von Charlier und Giraud ins Leben gerufene Serie Jim Cutlass nach Girauds Ausstieg weiter zeichnete, steuert hier gegen bekannte Beispiele an, indem er die seine Helden eher untypisch wählt. Das ist nicht Charlier, mehr ein Twain, vielleicht eine Spur Jack London.

Wir leben in einem großen Theaterstück, unter einem riesigen Zelt und das Firmament ist die Leinwand!

Die Figur des Hermes, des Theaterdirektors, der nichts sein eigen nennt außer einem Planwagen, von einem Ensemble ganz zu schweigen, umgibt auf den ersten Blick ein Spur Wahnsinn. Doch vor den Ereignissen eines Bruderkrieges, Menschen, die tagtäglich fallen und marodierenden Banden, die unkontrolliert rauben und brandschatzen, ist der Wahnsinn von Hermes vielmehr willkommener Optimismus und auch Lebensfreude. Dieser milde, man könnte auch sagen, Größenwahn hält Hermes nicht davon ab, berechnend zu agieren und seine Chancen zu suchen. Allerdings spielt er auch mit dem Leben, mit seinem und denen, die in seiner Nähe sind.

Christian Rossi hat bereits in dieser frühen Phase seines Lebens seine Hausaufgaben gemacht und weiß mit einer spannenden Geschichte aufzuwarten. Zwar gibt es Ruhephasen, doch diese habe stets eine innerliche Dramatik, eine unterschwellige Bedrohung bei der Hand, so dass immer ein wenig Aufregung vorhanden ist. Für Rossi ist der Moment der Ruhe auch gleichzeitig ein Anlauf auf das nächste gefährliche Ereignis hin.

Grafisch wirkt er hier noch deutlich von einem Giraud inspiriert. Später, in den Ausgaben der Reihe W.E.S.T. hat er viel stärker zu seinem eigenen Stil gefunden, der optisch weitaus ruhiger, lässiger, aber auch genauer geworden ist. Manche Bilder sind hier schon perfekt, andere wirken ein wenig hingeworfen, ähnlich wie die Arbeiten eines Gerichtszeichners, dem nicht viel Zeit bleibt, um den Moment auf dem Papier zu erfassen.

Der amerikanische Bürgerkrieg aus einer anderen Sicht: Helden wider Willen, auch widerwillig beieinander stellen sich den Widrigkeiten des Krieges auf sehr ungewöhnliche Art. Mit Hermes ist Christian Rossi ein seltsamer, aber nicht unsympathischer Held gelungen. Ein Western-Abenteuer so ungewöhnlich wie sein Titel, aber auch sehr gut. 🙂

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Sonntag, 11. Oktober 2009

Prophet 1 – Ante Genesem

Filed under: Mystery — Michael um 19:02

Prophet 1 - Ante GenesemProfessor Jack Stanton und sein Mentor Professor Alexander Kandel stehen endlich am Ziel all ihrer Forschungsbemühungen. In 6000 Metern Höhe, inmitten schroffer Felsen und umgeben vom ewigen Eis entdecken sie ein in den Fels gemeißelten mindestens 400 Meter hohen Tempel. Aber die langjährig erwartete Entdeckung führt zu einem Sinneswandel von Professor Alexander. Angesichts der Monströsität des Bauwerks bricht sein Enthusiasmus zusammen. Niemand darf jemals von dieser Kathedrale des Unheiligen erfahren. Jack Stanton jedoch will nach all den Bemühungen nicht auf den verdienten Ruhm verzichten.

Ein Buch entsteht. Stanton genießt die Aufmerksamkeit. Über das Fernsehen hat er die Möglichkeit, seine Theorien zu verbreiten, die natürlich etwas marktschreierisch sind, aber im Sinne einer verkaufsfördernden Maßnahme zu erwarten waren. Leider geben die verbreiteten Thesen den meisten Menschen keinerlei Grund an all das, was Stanton erzählt, zu glauben. Doch die wenigen, die Stanton beeindruckt hat, sehen das anders. Einer von ihnen versucht den Professor sogar zu töten. Und das ist erst der Anfang.

Xavier Dorison, Comic-Fans phantastischer Stoffe bekannt von aktuellen Serien wie W.E.S.T. oder Long John Silver, erzählt die Geschichte eines Propheten. Ein Blick in die Bibel zeigt, dass die Visionen, oder jene Dinge, die sie sahen, nicht immer leicht verständlich waren. Es ist keine leichte Vision, die hier von einem Jack Stanton empfangen wird, aber sie ist umso spannender für den Leser. Angeblich gehören Autoren wie Stephen King oder Michael Crichton zu seinen Vorbildern. Nach der Lektüre des vorliegenden Bandes dürften Fans der beiden letztgenannten Autoren dies ausdrücklich unterstreichen.

Mathieu Laffray ist ein klassischer Illustrator, der bei einigen Projekten sein Können unter Beweis stellen konnte. Für Dark Horse schuf er die Titelbilder zu den Comic-Umsetzungen der Thrawn-Trilogie und gab dem Admiral das Aussehen von Clint Eastwood. Für den Film Der Pakt der Wölfe arbeitete er als Konzept-Designer. (Seine Homepage zeigt viele schöne Arbeiten von ihm.

Sein Strich ist ausdrucksstark und auf dem Punkt. Bei Laffray findet sich ein beherrschter, aber auch natürlicher zufälliger Strich wieder, wie er auch einer Illustratorlegende wie John Buscema zueigen war. Die Gesichter besitzen Charakter, Kantigkeit und Individualität. Die Gestaltung der Umgebung fällt aufwändiger aus. Xavier Dorison gibt die nötigen Vorgaben dazu. Seien es der erwähnte Turm, den die beiden Professoren auf ihrer Expedition finden, ein wahrhaft apokalyptisches Szenario im Herzen von New York oder im weiteren Verlauf die Geschehnisse, die dem Comic erst ihren Namen geben: Laffray setzt immer das Nötige ein. Die nötigen Striche, die nötige Tusche (bzw. Schatten) und die nötige Farbe. Die Bilder wirken in absoluter Balance.

Nachdem er sich mit der Realität zu Beginn arrangieren muss, kann sich Laffray in der zweiten Hälfte auf das Gebiet des Phantastischen geben. Es ist ein Ausflug in Bilder, die das Gefühl von Die Reise zum Mittelpunkt der Erde, Der dunkle Turm, ein wenig Dantes Inferno, aber auch von mancher Conan-Geschichte aufkommen lassen. Riesige versteinerte tote Körper sehen aus, als verharrten sie im Moment ihres Todes mitten in der Bewegung. Manche Details zeugen noch davon, was ihnen vorher geschah. Stanton selbst bleibt unerwartet cool. Zigarette rauchend sitzt er auf einem überdimensionalen Totenschädel am Sandstrand eines unwirklichen Meeres. Laffray zeigt viel, doch noch bleibt für die Vorstellungskraft übrig. Wie in sorgsam servierten Appetithäppchen lüftet diese fremde Welt Bild für Bild ihre Geheimnisse.

Das geschieht natürlich nicht zur Gänze. Dorison verfährt ähnlich wie Stephen King, der einst seinen Revolvermann auf die Reise schickte. Aus dem anfänglich dünnbandigen Geschichtchen wucherte regelrecht ein ganzes Universum. Hier gewinnt man als Leser sehr schnell den Eindruck, dass genau das auch hier passieren kann. Das Potential ist mehr als vorhanden. Dorison ergeht sich in Rätseln und erinnert mit dieser Technik auch an den Comic-Autor Regis Loisel. Zum Auftakt werden Puzzleteile ausgebreitet. Als Leser erkennt man, wo etwas zusammenpassen könnte, doch man kann sich erst sicher sein, wenn der Autor die Lösung tatsächlich preisgibt.

Nahe an der Perfektion: Rätselhaft, düster, verschachtelt, aber mit Verstand erzählt. Erstklassig illustriert. Lange war endzeitliche Stimmung nicht mehr so gut. 🙂

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Links:
www.lauffray.com (Homepage von Mathieu Lauffray)
www.youtube.com/watch?v=bo4d8oTU2tk (Drawing Superheroes 2/3, John Buscema ist der erste Zeichner)