1865. ZELDA, GAVROCHE, COOPER, DAVY CROCKETT und weitere Weggefährten befinden sich an Bord eines Dampfschiffes in der Magellanstraße, zwischen Patagonien und Feuerland, als ihnen Bekannte auflauern, von denen sie dachten, es herrsche Frieden zwischen ihnen. Der Kampf ist kurz, die Übermacht zu groß, die Bitte um einen Waffenstillstand führt zu einem klärenden Gespräch und einer beunruhigenden Ankündigung. Derweil kämpft sich der geschlagene GENERAL SANTA ANNA mit seinen wenigen verbliebenen Leuten durch den Tiefschnee. Am Ende seiner Kräfte angelangt, wähnt er sich dem endgültigen Aus nahe …
Hätten JULES VERNE, H.G. WELLS, ARTHUR CONAN DOYLE, EDGAR ALLAN POE und H.P. LOVECRAFT, vielleicht noch CHARLES DARWIN die Idee zu einer gemeinsamen Geschichte gehabt, hätte etwas wie HAUTEVILLE HOUSE das Resultat sein können. Jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt im 15. Band der Reihe mit dem Titel KAP HOORN kann getrost diese These aufgestellt werden. Angefangen hat diese Saga anders, aber wie damals zieht Autor FRED DUVAL reale Ereignisse unserer gemeinsamen Historie heran und verknüpft sie mit den fantastischen Ideen, mit denen bereits genannte Autoren spielten. Sogar ein Rückblick auf eine der maßgeblichsten wissenschaftlichen Expeditionen der Welt wird dem Leser gegönnt (nebst CHARLES DARWIN).
Im Verlauf dieser hoch komplexen Saga haben sich zahlreiche Handlungsstränge aufgebaut, diverse Figuren sind hinzugekommen; zu den beiden Hauptagenten GAVROCHE und ZELDA gesellt sich nun ebenfalls eine historische Figur wie DAVY CROCKETT, dem es in dieser fantastischen Zeitleiste gelang, das Massaker von ALAMO zu überleben. Obwohl an Jahren höchst gealtert, bleibt ihm noch eine Aufgabe, denn unbemerkt vom Großteil der Menschheit entwickelt sich eine gewaltige Auseinandersetzung. Hier sieht der Mensch allzu klein und machtlos aus. Im Rahmen dessen, was der Leser bislang in HAUTEVILLE HOUSE erleben durfte, fügt sich dieser Handlungsabschnitt mit seinem Gigantomanismus nahtlos in den Erzählstrang ein.
Feiner allerdings, mit weitaus weniger Effekten, dafür umso tiefsinniger und gefühlvoller, ist die Episode der hier agierenden Helden inmitten der Naturvölker, der SELK’NAM und der RIESEN VON PATAGONIEN, geraten. In einem Nachwort geht FRED DUVAL auf die SELK’NAM ein. 2003 hat eine chilenische Kommision den Untergang des Volkes offiziell als Genozid anerkannt, denn es gilt eben durch die äußere menschliche Einwirkung als ausgerottet bzw. ausgestorben. Basierend auf Aufzeichnungen und Fotos von MARTIN GUSINDE und ANNE CHAPMAN werden die SELK’NAM hier als eigenständige Kultur gezeigt. Ob alles so richtig ist, sei dahingestellt. Die Schilderungen sind auf alle sehr respektvoll und in einem Fantasy-Comic in dieser Form nicht sehr oft zu finden.
CHARLES DARWIN erwähnte die RIESEN VON PATAGONIEN, Menschen von einem Körperwuchs von annähernd drei Metern (so laut FRED DUVAL im Nachwort). Bewiesen werden, konnte ihre Existenz allerdings nie. Das spielt allerdings keine Rolle, weil die hier geschilderte Begegnung ohne große Effekthascherei eine mystische Atmosphäre erzeugt, bei aller Friedlichkeit, in der diese geschieht. Die ruhigen Momente, die sich mit der Kultur, der Folkore, den Gebräuchen der SELK’NAM beschäftigen, sind intensiv und werden von einem DAVY CROCKETT mit knurrigem Humor kommentiert. Gleichzeitig sind sie die Ruhe vor der Sturm. Die darauf folgende apokalyptische Szenerie ist eines H.P. LOVECRAFT würdig. Wer abseits des CTHULHU-Mythos HAUTEVILLE HOUSE noch nicht entdeckt hat, sollte das schleunigst nachholen.
FRED DUVAL weiß, wie er die Spannung über einen derart langen Zeitraum von 15 erschienen Alben hochhalten kann. Eine Saga, in der sich reale Personen und Ereignisse der Historie und Mythen und Fantastisches die Hand geben: HAUTEVILLE HOUSE gehört dank eines enormen Einfallsreichtums zu den Höhepunkten in der Fantastik, gleichzeitig entsteht durch den Auftritt titanischer Kräfte im vorliegenden Abenteuer KAP HOORN ein Höhepunkt der Serie. Stark! 🙂
HAUTEVILLE HOUSE 15, KAP HOORN: Bei Amazon bestellen.
Oder bei Finix Comics.