Auf der Flucht. Inspektor Spadaccini, Spitzname WONDERBALL, hat sich seine Zukunft bei der Polizei auch anders vorgestellt. Er ist ein Mordverdächtiger. Aber immerhin verfolgt er eine Spur. Vieles an dem Fall war bislang merkwürdig. Erklärungen mussten seinen Kollegen unweigerlich Spanisch vorkommen, doch die Zeichen, denen auch sie nach und nach über den Weg laufen, können sie nicht ignorieren. Etwas sehr Krankes ist in den letzten Jahrzehnten geschehen? Jemand hat einen ungeheuerlichen Plan gesponnen, der nun nach so langer Zeit in sich zusammenzubrechen droht und eine Vielzahl von Leuten mit in die Tiefe reißt …
Zitat: Warum sollte jemand im Gehen Kassetten hören?
Zurück in die Vergangenheit. Wir befinden uns in den 1980er Jahren. Der Walkman ist auf dem Markt und beunruhigt, die Kassettenrekorder kennen, denen das Konzept, seine Musik nach draußen mitzunehmen, unsinnig erscheint. Ein Gerät, das außerdem nicht in der Lage ist, aufzunehmen und nur abspielen kann, ergibt noch weniger Sinn. Es ist eine Anekdote am Rande, die von den beiden Autoren, FRED DUVAL und JEAN-PIERRE PECAU, hier eingeflochten wird. Aus einer Zeit stammend, in der noch Begriffe wie Telex verwendet wurden und Filmarchive der besseren Witterung wegen in der Wüste gebaut wurden.
Darüber hinaus vermischen FRED DUVAL und JEAN-PIERRE PECAU geschickt verschiedene Genres: Thriller (getragen durch die Handlung mit der Hauptfigur WONDERBALL), Splatterhorror (ein Blick auf die Figur auf dem Titelbild genügt, um zu sehen, wer hier federführend ist), CSI (Tatort-Investigation und neuartige Ermittlungstechniken geben Anlass zu weiteren Anekdoten). Maggie Osterberg, eine FBI-Agentin, bildet das weibliche Gegengewicht zu WONDERBALL. Die Puzzleteile des Falls, die sie zutage fördert, lassen den Leser letztendlich mehr Hintergrundwissen ansammeln, als den einzelnen Beteiligten jeweils zur Verfügung steht.
COLIN WILSON, Zeichner von WONDERBALL, darf sich mit seiner Paradedisziplin, dem Western, in einem Bild selbst zitieren, als ein kleiner Trupp indianischer Ureinwohner seitlich vorüber reitet und doch noch ein wenig mehr ausdrückt als das. In der Ferne fährt die Hauptfigur vorbei, vor der Kulisse orangeroter Felsengebilde, die so oft den amerikanischen Heimatfilmen als Hintergrund dienten, auf der Suche nach dem Ursprung eines seltsamen Kults. An vielen Stellen der Handlung wird eine Zeitenwende zelebriert, nicht selten mit einem Augenzwinkern, wie oben beschriebene Szene andeutet.
Der Zeichner wird in der dritten Folge von WONDERBALL gefordert, denn viele Szenen kommen ohne Text aus und selbst in Dialogen dürfen Gesichtsausdrücke ihren eigenen Subtext erzählen. Wenn sich Gäste eines Diners darüber beschweren, dass durch das häufige Auftreten von Serienmördern die Anzahl weiblicher Anhalterinnen abgenommen hat, stellt man sich unwillkürlich die Frage, ob es selbst ohne die angesprochene Dezimierung angeraten wäre, zu diesen wenig vertrauenswürdig aussehenden Gestalten in einen Lastwagen zu steigen.
SHERIFF lautet der Untertitel dieser Episode. Diese Figur ist selbstverständlich zur absoluten Spannungssteigerung angetreten. Aber so merkwürdig es auch klingen mag, haben er und WONDERBALL eine wichtige Gemeinsamkeit, über die sich der Leser einmal Gedanken machen sollte. Mehr soll dazu nicht gesagt sein, nur, dass es sich um einen schönen Trick handelt, den sich FRED DUVAL und JEAN-PIERRE PECAU hier haben einfallen lassen, um ein wichtiges Merkmal von WONDERBALL zu entzaubern.
Eine toller, verschachtelt erzählter, sehr mysteriöser Fall, der in Teilen auch in Serien wie AKTE X hätte funktionieren können – wäre nicht MULDER, sondern DIRTY HARRY der Partner von SCULLY gewesen. Die Autoren FRED DUVAL und JEAN-PIERRE PECAU haben ihre Genrehausaufgaben gemacht: Cop der alten Schule muss sich seiner fast vergessenen Vergangenheit und seiner Herkunft stellen. Die Bilder von COLIN WILSON machen in dieser Perfektion den vorliegenden Band zu einem Comic-Thriller-Fest. Sehr gut! 🙂
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