Graustreif hat seine Heimat verloren. Er konnte die Entführung einiger seiner Artgenossen verhindern, dabei geriet er selber in Gefangenschaft. Der Katzenkrieger, die Freiheit gewöhnt, findet sich plötzlich in einem fremden Haus wieder, inmitten einer menschlichen Ortschaft und alles ist so anders, als er es von Geburt an her kennt: Sogar die Katzen. Die Welt mag anders sein, aber ganz so schlecht ist es nicht. Gut, das Essen, das sie ihm vorsetzen ist grauenhaft, doch es ist warm und kuschelig, während es draußen bitterböse regnet. Die Zweibeiner um ihn herum, zwei ältere und zwei jüngere, scheinen ihn zu mögen. Sie kraulen ihn und er lässt es genießerisch zu. Schließlich wird der Freiheitsdrang zu gewaltig.
Bei der nächsten Gelegenheit ist Graustreif durch die offene Tür entkommen. Und wie es auf einmal riecht! Und all die fremden Geräusche! Graustreif kann nicht anders. Ein wenig beschämend ist es zwar für einen Katzenkrieger, aber er flüchtet sich lieber in die Umarmung eines Zweibeiners. Am nächsten Tag versucht er es erneut.
Erin Hunter: Nicht eine, nicht zwei, nein, gleich drei Autorinnen teilen sich dieses Pseudonym. Cherith Baldry, Kate Cary und Victoria Holmes haben das Universum erfunden, in dem sich verschiedene Katzenclans ein Gebiet in einem Wäldchen teilen. Auf dem englischen Buchmarkt gibt es bislang 17 Romane, aufgeteilt auf drei verschiedene Zyklen.
Der Einstieg erfolgt in aller Kürze. Graustreif wird seiner Heimat entrissen und so erwacht er zunächst in einer für den Leser vertrauten Welt, einem beschaulichen Vorort der Menschen – oder der Zweibeiner, wie Graustreif, ein gestandener Kater, sie nennt.
Die Zweibeiner haben nichts zu sagen in dieser Geschichte und falls doch, werden sie nicht verstanden. Durch die Augen von Graustreif erfährt der (junge) Leser die Fremdartigkeit dieser Umgebung. Die Umzäunungen, die fein gepflanzten Beete, die künstliche Bewässerung und kurz geschnittene Rasen laden nicht den freiheitsliebenden Graustreif nicht gerade zur Entdeckertour ein. Zu allem Überfluss erheben andere Kater – gewöhnliche und verwöhnte Hauskater – auch noch Anspruch auf verschiedene Reviere. Das ist mit leichter Hand von David Jolley geschildert, der die Manga-Adaption von Erin Hunter übernommen hat.
Katzengeschichten sind keine Neuigkeit auf dem Buchmarkt, spätestens Felidae von Akif Pirincci machte diese Hauptdarsteller auch in Deutschland populär. Sein Katzenkrimi schaffte es sogar auf die Leinwand und in den Comic. Weitaus weniger brutal und sehr schön für Kinder, sogar zu Herzen gehend ist der vorliegende erste Band der Warrior Cats mit dem Titel Der verlorene Krieger. Einfach und unterhaltsam erzählt erlebt der Leser die schlichte Sicht der Katzen ohne besondere Fantasy-Elemente, wie sie manchmal in die Vermenschlichung von Tiergeschichten Einzug halten. Hier wird Wert auf eine möglichst unverfälschte Katzenwelt gelegt – sofern das machbar ist, versteht sich.
Denn so ganz kann natürlich nicht auf eine Vermenschlichung verzichtet werden. Die Katzen verständigen sich mit ihren eigenen Worten und so ganz weit weg ist diese Kommunikation von jener der Zweibeiner dann doch nicht.
Die grafische Gestaltung von James L. Barry folgt dem Manga, genauer dem Manhwa, da hier eine europäische Leserichtung eingehalten wird. Schwarzweiß, mit nur wenigen Graustufen ausgeführt, ist die Optik geradlinig, schnörkellos und ohne Überraschungen. Hier ist eindeutig ein jüngeres Publikum die Zielgruppe, die sich von überbordenden Bildern nicht beeindrucken lassen würde. Die Geschichte soll schnell und zügig erzählt werden, ohne Ablenkungen mit unnützen Details. Die Katzen sind liebenswürdig gezeichnet, kindlich, aber ohne Disney-Charme, der einem zu Katzen nach den berühmten Aristocats zwangsläufig auch einfällt. Das gelingt trefflich und entwickelt sich für Graustreif versöhnlich, da er eine neue Freundin findet.
Eine leichte Kinderlektüre, ein wenig geheimnisvoll, ordentlich spannend, leichtfüßig gezeichnet und erfolgreich, wie die sechs englischen original Manga-Bände zeigen.
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