Die Phantomzone war Kryptons Gefängnis für jene Kriminelle, die als besonders schwere Fälle anzusehen waren. Einsamkeit war eine der Strafen, die die Gefangenen dort erwarteten. Ihrer Sinne beraubt, konnten die Verbrecher in der Phantomzone Jahrzehnte, Jahrhunderte ausharren und warten. Und warten. warten. Und nicht nur sie. Wer dort in Gefangenschaft festsaß, machte sich seine Gedanken. Viel mehr blieb ja auch nicht. So entdeckte ausgerechnet der erste Insasse dieses Gefängnisses einen Weg zur Flucht. Im Gegenzug entdeckte Kal-El, den die Erdenbewohner Superman getauft hatten, dass Hass gefühlte Ewigkeiten überdauern kann. Doch für ihn ist es nicht die einzige Überraschung. An einem Ort, an dem er es niemals für möglich gehalten hätte, wartet ein alter Freund auf ihn.
Es war einmal eine Welt, die so vollständig anders als die unsere war, dass eine Beschreibung schwer fällt, all ihre Facetten zu erfassen. In dieser Welt lebten Wesen mit unaussprechlichen Namen, aber nicht minder starken Gefühlen als jene, die auch die Menschen ihr eigen nennen. Autor Grant Morrison schließt den Kreis des ersten großen Bogens, der mit einem neuen DC-Universum und neu aufgestellten Charakteren seinen Anfang nahm. Irgendwie kommt einem als eingefleischter Leser vieles bekannt vor und ist dennoch auf vielerlei Art anders. Neue Leser konnten ohne jegliches Vorwissen ihren Einstieg in dieses Heldenabenteuer wagen, das mit schnellen Schnitten im 21. Jahrhundert angekommen ist.
Grant Morrison hat nicht nur eine Geschichte zu erzählen. Es sind gleich mehrere. Hinzu kommen eine große Anzahl von Hintergrundinformationen, die zum Beispiel in Form von Bildcollagen das reiche Leben eines Superhelden beleuchten. Diese Geschichten können schon lange nicht mehr mit jenen Erzählungen der frühen Tage verglichen werden. Selbst Zeiten, in den es noch Superbände gab, bleiben weit dahinter zurück. Morrison blättert im wahrsten Wortsinn ein Universum auf. Immer neue Handlungsorte von Episode zu Episode, neue Nebencharaktere, ein roter Faden, der anfangs noch durchsichtig, später immer deutlicher durchscheint. Für Superman wird es ein nostalgisches Wiedersehen geben und extrem gefährlich wird es darüber hinaus, lebensgefährlich sogar. Für andere wird es melancholisch und Abschiede nahen. Wesen aus der 5. Dimension (die nicht zum ersten Mal alles auf den Kopf stellen) tragen die Hauptschuld am Desaster, das Superman alles abverlangt.
Gleich vier Zeichner schicken Superman auf eine Achterbahnfahrt, die neben einer Menge zu gestaltender Auseinandersetzungen den Superhelden auch emotional traktiert und Schmerzen zufügt. Allen voran überzeugt Rags Morales, der den Helden zwischen Realität und Traumwelt zeichnet. Da kann es im schnellen Wechsel dem Leser schon einmal schwindelig werden. Wer nur einzelne Episoden in Heftform liest, kann da auch den Anschluss immerhin kurzzeitig verlieren. In dieser dritten Sammelausgabe des Neustarts mit dem Titel Am Ende aller Tage passiert das nicht.
Neben einem Kampf mit einem alten, ehemals tödlichen Feind, der viel Aufmerksamkeit erhält, sind die kleinen Begegnungen am Rande schöner, inhaltlich auch bestimmt wirkungsvoller. Eine dieser Begegnungen findet mit Vater und Sohn statt, Clark Kent trifft seinen irdischen Ziehvater. Alter Schmerzen und Wiedersehensfreude halten sich die Waage. Die grafische Inszenierung ist wunderbar gelungen. Am schönsten gelingt sie jedoch aus der Zeichenfeder von Chris Sprouse, der eine Art Nachtrag zur Haupthandlung gestaltet und stilistisch nahe an einen Tony Harris, bekannt durch die Serie Ex Macchina, herankommt. An besagter Serie arbeitete Sprouse auch kurz mit. Man könnte den grafischen Stil mit einer Form von Comic-Art-Deco beschreiben. Klarste Linien, penibel sauber konstruierte Formen in jeglicher Hinsicht, ob es nun die Charaktere oder Hintergründe betrifft.
Ein fantastischer Abschluss, für den sich Grant Morrison ein krachendes und sehr durchdachtes Finale hat einfallen lassen. Action mit verschachtelten Handlungsabschnitten, die zum Dranbleiben auffordern. In einem Film müsste mit höchster Aufmerksamkeit zugeschaut werden. Tolles Comeback eines Superhelden. 🙂
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