Die Agentin Nitaar ist ausgebildet, ihr Selbstbewusstsein lässt sie ohne Verzögerung zu jeder gestellten Mission eilen. Mag da kommen, was wolle. Als Agentin wird sie die Aufgabe schon lösen. Doch bald schon wird klar: Hochmut kommt vor dem Fall. Der Krieg, in den Nitaar hineinschlittert, ist eben doch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Der Konflikt, der sich außerdem anbahnt, ist noch eine Spur heftiger und bald stellt sich die Frage, ob Nitaar nicht Selbstbewusstsein mit Selbstüberschätzung vertauscht.
Diese Agentin kämpft halbnackt und macht bereits auf dem Titelbild daraus keinen Hehl. Wer sich aber nun in einer Art Axa-Welt wähnt, täuscht sich. Denn Autor und Zeichner Louis kreiert nebenbei eine Welt, die eine besondere Form von Zentauren vorstellt und zeigt Drachen, so prachtvoll und gefährlich, dass sie auch ein Universum von J.R.R. Tolkien bevölkern könnten. Die Nacktheit der Figur namens Nitaar fällt zunächst noch ins Auge. Dann gewöhnt man sich als Leser schnell daran. Louis behandelt es selbst auch höchst nebensächlich und zeigt auch, dass Nitaar im Kampf nicht mehr ganz so freizügig zur Sache geht.
Interessanter ist das Konzept eines Volkes, dessen Oberkörper nicht wie bei den bekannten Zentauren aus dem Körper eines Pferdes wachsen, sondern aus dem mit Muskeln bepackten Nacken eines Gorillas. Das birgt rein durch die Körperlichkeit ungewöhnliche Darstellungen und bringt auch Probleme, die Louis mit einem eigenen Raumkonzept löst. Derart voluminöse Arme wie jene von Gorillas wollen bei Tisch auch auf besondere Art untergebracht werden. Sie nehmen eben zu viel Platz weg.
Ein Gott bringt die Wende. Ein Krieg tobt, ein Frieden scheint nicht in Sicht. Da kehrt ein Gott zurück, der nicht zwischen den streitenden Parteien unterscheidet und jeden bekämpft, ohne Gnade. Aber der Gott ist eben ein Drache und Vernichtung ist sein oberstes Ziel. Nitaar, die von Louis als ehrgeiziger, versierter wie auch über die Maßen kühler Charakter gezeigt wird, hat nur auf diese Gelegenheit gewartet. In den Zeichnungen von Louis entsteht mit Nitaar das Bild einer teuflischen Katze, schlank wie ein Panther, mit Hörnern und stets haftet ihr äußerlich und im Verhalten eine Verachtung ihrer Umwelt gegenüber an. Nitaar strotzt vor Selbstbewusstsein. Der Leser findet es textlich so arrangiert, aber Louis setzt dieses Charakterdesign konsequent bildlich fort.
Die Zeichnungen präsentieren sich hart am Rande eines überzeichneten Realismus, ähnlich wie es auch Serge Pelle (Orbital) macht, allerdings ist Louis noch etwas detailfreudiger, nicht ganz leicht im Strich, wenn auch sicherlich ebenso einfallsreich. Die Strich sind oft zart, manchmal auch zerbrechlich, dann wieder kräftig und fett. Louis sucht ein Gleichgewicht in den Strukturen, mein Eindruck, so dass auf jeder Seite eine neue, schöne Balance entsteht. Dies spiegelt sich in der ständig wechselnden Seitenaufteilung wieder, die keine Wiederholung duldet.
Farblich sorgt Sebastien Lamirand für eine eher dunkle Atmosphäre. In der gezeigten Welt, sogar im Rückblick auf Nitaars Herkunft, gibt es keine richtig sonnendurchflutete Szene. Mit dem Auftritt des Gottes hat sich die Dunkelheit endgültig manifestiert. Aber so können auch die Flammeneffekte erst so richtig ihre Wirkung entfalten. Das Szenario schafft also die Bühne für den besten Auftritt. Im sehr Science Fiction-lastigen Auftakt ist der Drache, so klassisch, wie er hier dargestellt wird, fast ein Stilbruch und wer Die Herrschaft des Feuers gesehen hat, mag sogar szenische Parallelen feststellen. Das ändert jedoch nichts an der Intensität der Bilder, mit denen Louis den Leser zu packen versteht.
Ein neue Space Opera, Bekanntes und Neues gut vermengt, feine Unterhaltung im Genre, mit einem überraschenden Schluss. 🙂
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