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Comic Blog


Mittwoch, 05. Juni 2013

Troll – Buch 1

Filed under: Abenteuer — Michael um 20:58

Troll - Buch 1Trolle und Kobolde sollten eigentlich keine Kinder bekommen. Zusammen jedenfalls. Allein der Prozess der Entstehung ist merkwürdig. Ein Koboldfingerchen genügt, um den Trollbauch prägnant anschwellen zu lassen. Doch damit nicht genug. Wenn sich die Eltern ihrer Verantwortung stellen und das Kleine tatsächlich aufziehen wollen, dann entsteht eine der merkwürdigsten Familien, die das Reich der Fantasy jemals gesehen hat. Als gäbe es nicht schon genug Probleme! Denn während die jungen Eltern sich wirklich rührend um den Nachwuchs kümmern, geht das Reich durch den Verlust seines Fürsten, dem Großen Ritter vor die Hunde.

Jean David Morvan und Joann Sfar rollen hier die allseits beliebte Fantasy mit ihren vielen Wesenheiten einmal von einer ganz anderen Seite auf. Ein Humor, zeitweilig sehr schwarz, aber stets intelligent und auch mitfühlend, entfaltet die Lebensgeschichte eines Trolls, eines Kobolds und eines kleinen Mädchens, wie sie in magischen Abenteuern selten zu finden sind. Die Parodie wandelt in den Fußstapfen einer Scheibenwelt oder eines Herrn der Augenringe, nimmt sich aber immer ernst. Aus einem Haudrauf wird plötzlich ein treusorgender Troll, der sich auf den Nachwuchs freut und einen Kobold ins Herz schließt, der sich anfangs noch unglaublich für seine Missetat schämt.

Auf die gleiche Weise, wie die beiden Hauptfiguren ihren Nachwuchs annehmen, schließt man als Leser auch sehr schnell die beiden Chaoten ins Herz, denn bei aller Liebe, die sie dem Kind angedeihen lassen, sind sie doch nicht vom Glück verwöhnt und Tollpatsche auf ihre Art. In der ersten Folge der Gesamtausgabe, die die Abenteuer und vereint, landet die Familie auf der Suche nach Arbeit schließlich sogar in einem Dungeon samt Drachen. Allein dieser Umstand wäre bereits für eine Parodie ausreichend, doch Morvan und Sfar führen zusätzliche Nebenfiguren ein, die der ganzen Geschichte einen teils düsteren, makaberen Anstrich gibt.

Um diesen noch zu verstärken, ist Olivier Boiscommun mit an Bord. Als Zeichner und Kolorist fährt er ein Arsenal an Kreaturen auf, die weit über das hinaus gehen, was der in Sachen HdR verwöhnte Leser und Zuschauer gewöhnt ist. Morvan und Sfar nehmen alles her, was in der Mythologie kreucht und fleucht und es wirkt nicht einmal zu viel. Die Figuren sind überzeichnet, märchenhaft, mit filigranem Strich zu Papier gebracht. Über eine fein ausgeführte Kolorierung im wahrsten Wortsinn entsteht Tiefe und Volumen.

Nehmt die Pfoten von mir, ihr Statistenvolk!

Auch Statistenvolk gibt es, das mag aus der Sicht des großen Ritters so sein, doch ihm wurde nicht weniger Aufmerksamkeit bei der Gestaltung zuteil als den Hauptfiguren. Eines der Völker, das hier so angeschnauzt wird, ist außerdem wahrhaft knuffig anzuschauen. Zur Verniedlichung besitzt Olivier Boiscommun ebenso viel Talent wie zur Verabscheulichung. Letzteres ist eindeutig in der Minderheit und im Sinne einer schön gezeichneten wie auch humorvoll hintergründigen Unterhaltung ist das mehr als nur zu verzeihen.

Ein aquarellartiger Farbauftrag, dem vielleicht noch Abstufungen durch eine Buntstiftnachkolorierung in manchen Fällen zuteil wurde lässt aus fast jeder Seite ein kleines Kunstwerk werden, nicht nur stimmungsvoll, sondern eher stimmungsgeladen.

Klasse, eine Verbeugung vor dem Genre, die vieles in sich vereint, was sich so quer über die Publikationen finden lässt. Allerdings sind die Menschen in der Minderzahl. Die Aufmerksamkeit gilt, wie seit einiger Zeit im Roman zu beobachten, den früheren Randfiguren. Liebevoll in Szene gesetzt, von Seite zu Seite unterhaltsamer wie auch spaßiger werdend, findet sich hier ein gutes Gegengewicht zur gängigen Fantasy. 🙂

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