Der Spirit macht einen Ausflug. Man könnte sagen, er wird für ein Picknick zwangsrekrutiert. Zuerst wehrt er sich dagegen. Doch mit fortschreitender Aktivität wie kuscheln, schwimmen, faulenzen oder Softball spielen, vergisst er so langsam den Alltag. Derweil passt Streifenpolizist Klink auf Crusher, einen Gehilfen des Kraken, auf. – Aufpassen? Na, Sam Klink hat dazu seine ganz eigene Auffassung.
Der Krake? Wie kann er geschnappt werden? Crusher könnte ein guter Köder sein. Nachdem der Spirit Crusher nach seinem falschen Ausbruch unter einer Treppe im Polizeigebäude wiedergefunden hat, steht einer Falle für den Kraken nichts mehr im Wege.
Als der Krake offensichtlich verstorben ist – der Umgang mit Handgranaten will gelernt sein – ist der Spirit kurzzeitig geblendet. Dies ist die Gelegenheit für seine Feinde, sich an ihm zu rächen oder aber durch den Tod des Spirits ein großes Tier in der Unterwelt zu werden. Allerdings wäre der Spirit nicht der Spirit, wenn er nicht auch eine ordentliche Portion Glück neben seinem Können als Detektiv – oder maskierter Held – verbuchen könnte.
Und so ist er zwar blind, aber mit einem guten Helfer wie Ebony an seiner Seite kann nichts mehr schief gehen. Na, so gut wie nichts jedenfalls.
Will Eisner – Man mag ihm als Leser zu Füßen liegen oder ihm mit Abneigung begegnen, seine Schaffenskraft hingegen ist so oder so bewundernswert. Alleine die 192 Seiten in der vorliegenden 15. Ausgabe von Will Eisner’s The Spirit Archive müssen erst einmal erdacht, geleistet und publiziert werden.
Was bin ich für ein toller Held!
Der Spirit hat durchaus die Fähigkeit zur Selbstkritik, ist doch dieser Ausspruch nicht ernst gemeint. Wieder einmal flog eine Handgranate, wieder einmal hat ihn der Krake ausgebootet. Der Spirit muss einerseits als Kind seiner Zeit angesehen werden, andererseits ist sein Humor zeitlos. Eine Figur wie Ebony, ein schwarzer Gehilfe, ist sicherlich so heutzutage nicht mehr denkbar und könnte ähnliche Proteste hervorrufen wie Tim im Kongo.
Der vorliegende zeitliche Ausschnitt aus Will Eisners Schaffen, 6. Juli bis 28. Dezember 1947, hatte seine ganz eigene erzählerische Kultur, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg besonders von den Vereinigten Staaten geprägt war. Es war die große Zeit von James Cagney, Humphrey Bogart, Edward G. Robinson, welche die Hollywoodsche Schwarze Serie mitprägten. Der Leinwandhumor eines Jerry Lewis, hier bereits auf geniale Art von Will Eisner vorweggenommen, könnte für den berühmten Komiker tatsächlich inspirierend gewesen sein. Die Albernheit, die gerade im Zusammenhang mit der Jagd auf den Kraken zutage tritt, findet sich später auch in der Fantomas-Trilogie mit Louis de Funès. Ein gutes Beispiel für Eisners Gespür für zeitlose Komik. (Ebenso wie er mit dem blinden Auftritt des Spirit die ewig wiederkehrenden Geschichten um blinde kriminalistische Aufklärer gehörig auf die Schippe nimmt.)
Eisner ist ein Meister des Anfangs. Die erste Seite einer Geschichte kann mit einem stets anderen Seitenaufbau aufwarten. Mal sind es mehrere Bilder, mal nur eines, dessen begleitender Text wie ein Hörspiel- oder Märchenauftakt wirkt. Immer wieder versteht es Eisner geschickt, die Neugier des Lesers zu schüren.
Die gelungensten Varianten dürften jene von Das Zeichen des Kraken, Mr. Bowsers Wahl und Aladins Lampe sein.
Besonders letztere Geschichte zeigt was grafisch und textlich herauskommen kann, wenn Eisner sich selbst vollkommen freie Bahn lässt. Der allseits bekannte Geist aus der Lampe mischt die Unterwelt auf. Ebony entgeht diesem Geist nur knapp – weil er zu ungeduldig ist. Wie gut Eisner auch mit Märcheninhalten spielen kann, zeigt er außerdem mit seinen Märchen für jugendliche Straftäter. Hänsel und Gretel wie auch das gute alte Aschenputtel werden von Eisner in die Welt des Spirit integriert.
Die Comics sind mit einem großen Sinn für den Cartoon und die Karikatur gezeichnet. Manchmal sind einzelne Figuren sehr überdreht, um sich im Gegensatz zur höchst realistischen Figur des Spirit abzusetzen. Dieser sieht zwar nicht aus wie eine groteske Figur, verhält sich aber munter so. So spielt Eisner auch hier fein mit Klischees und den Vorstellungen des Lesers, so lange, bis man als Leser nur noch lächelnd weiterblättern kann.
Bei dem einen oder anderen mag es dauern, bis der Spirit einen gefangen nimmt. Es bedarf auch einer gewissen Geduld – aus einer Zeit, als mit Geduld auch noch die Zeitung gelesen wurde – aber diese lässt sich angesichts der guten Unterhaltung schnell wieder erlernen. Komisch, auch niedlich, spannend und wieder komisch. Der Spirit passt auch nach so langer Zeit noch! 🙂
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