Es schläft! Nun, wie lebendig es ist, wussten die Bewohner über die kleine Aurore schon. Wie sie die Kleine beruhigen konnten, war ihnen bisher entgangen. Doch die tolle Atmosphäre, all die neuen Eindrücke in der urzeitlichen Welt, über die jene Börks wachen, haben das Mädchen schließlich doch müde werden lassen. Gut behütet und bewacht, schläft es einen glücklichen Schlaf. Aber sie kann nicht bei den Börks bleiben. Denn Aurore hat eine Familie, die sie liebt. Der gute Doktor Hundsecker ist mit dem Schicksal der kleinen Aurore vertraut, die völlig unverschuldet ihrer eigenen Entwicklung hinterherhinkt. Als er dann eine Idee hat, wie sich das Problem mit ihrer Spätentwicklung lösen lassen könnte, wird daraus der Anstoß für viele unwillkommene Verwicklungen.
Sind sie klein, mach sie noch kleiner. Oder mach die Kleinen ganz groß. Pierre Seron liebt das Spiel mit der Größe. Er schickte riesige Insekten in die Welt der Großen und nun wird der allseits beliebte Renaud einmal ganz klein. Ohne Hut. Dabei beginnt es eigentlich harmlos. Aurore ist ein aufgewecktes wie auch häufig über das Ziel hinausschießende Mädchen. Sie gehorcht nicht recht und weiß nicht, wann es zu viel Gewalt ist, mit der sie sich in Cowboy-und-Indianer-Spiele einmischt. Aber sie erkennt auch die Gefahren nicht, die einem kleinen Mädchen drohen können (eigentlich jedem Menschen), das sich inmitten einer Dinosaurierherde begibt, wenn auch freundlich lächelnd, da sie die grünen Schuppenriesen für Kühe hält. Miss Petersilie, wie die Kleine später wegen ihres grasgrünen Haarschopfes genannt wird, entwickelt sich zu einem kleinen Problem, das noch mehr kleine Probleme nach sich zieht.
Hier hat Pierre Seron wieder einen humoristischen Nerv getroffen. Er schafft eine Ausgangssituation, die nur Slapstick nach sich ziehen kann. Ein kleiner Kniff und schon gibt er sich selbst zahllose Ideen an die Hand, wie die Geschichte von Sketch zu Sketch, von Problemlösungsversuch zu Problemlösungsversuch springt, bis ein neuerliches Problem die Lachmuskeln des Lesers reizt. Aus Renaud wird ein Baby, ein Erwachsener im Körper eines Säuglings, wie es das Titelbild bereits verrät. Am Ende heißt es: zurück zur Natur. Versöhnlich, menschlich, aber nicht in letzter Konsequenz aufgelöst.
Pierre Seron will nämlich noch weiter seinen Spaß mit dem kleinen Renaud haben. Es würde nicht so gut funktionieren, wenn es nicht an dem wäre. Seron erzählt mit Spaß, damit der Leser Spaß hat. Hier mag gleichzeitig ein Erfolgsgeheimnis dieser langlebigen Reihe begründet sein. Ameisenkrabben ist nicht nur ein ungewöhnlicher Titel des zweiten Abenteuers in dieser vorliegenden 14. Maxiausgabe der Minimenschen. Der kleine Renaud erlebt die Abenteuer etwas kindlicher, da ist es nicht weiter verwunderlich, wenn sich Seron auch an die großen Kinderabenteuer wie Flipper erinnert, wenn aber auch gleichzeitig Inspirationen von Abyss einfließen und Seron sich seine eigenen SciFi-Ideen vergegenwärtigt.
Sobald das geschieht, wird es weit weniger ökologisch, als es zunächst den Anschein hat. Es wird französisch komisch, könnte man sagen. Man stelle sich vor, James Cameron hätte Pierre Richard in die Tiefsee geschickt. Vielleicht wäre daraus etwas ganz ähnliches entstanden. Vorausgesetzt japanische Monsterfilmer hätten noch ein Wörtchen mitzusprechen gehabt. Pierre Seron serviert ein ordentliche Gagfeuerwerk, in dem Renaud versucht, am Ball zu bleiben. Dank seiner Größe, der eine Lausbubs, schwierig, aber machbar. Wetten, dass …! verfolgt im dritten Abenteuer des Bandes einen ganz anderen, weitaus ernsteren Ansatz.
Plötzlich ist ein Kind in Gefahr, ernster Gefahr, realistischer Gefahr, mit richtigem Mörder, richtigen Waffen. Doch Renaud ist wieder groß, allerdings lässt ihn Seron nicht ohne Handicap antreten. Für den Leser ist die neue Tarneigenschaft des langjährigen Helden natürlich wieder Anlass zur Heiterkeit, für Renaud selbst ist sie erst einmal ein Problem, vielleicht sogar ein noch größeres als zuvor die Kindliche Statur. Aus dem Problem mit einem Mörder wird zusätzlich ein noch gefährlicheres, umfassender, als gedacht. Plötzlich geht um die Leben eines gesamten Ortes. Die Mixtur aus Komödie und Krimi passt und lässt die Geschichte mittendrin plötzlich aufs Neue durchstarten. Seron erweist sich einmal mehr als Meister des Unerwarteten.
Neue Ideen in der 14. und vorletzten Maxiausgabe der Minimenschen. Pierre Seron beweist die Unerschöpflichkeit seines Einfallreichtums, auch den Mut, Wege zu beschreiten, die andere vielleicht abgetan hätten. Bei ihm funktioniert es! 🙂
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