Siegfried wird von Königin Brunhilde schon lange und sehnlich erwartet. Als der Held endlich im Thronsaal steht, an der Seite des Burgunderkönigs Gunther, wird sein Auftritt missverstanden. Denn Brunhilde liebt Siegfried aus eigenem Erleben, während der Recke bislang nur dachte von der Tochter des Göttervaters geträumt zu haben. Siegfried fügt sich den Erklärungen seiner Mitreisenden, es halte sich schließlich um eine Zauberin, und stellt sich getarnt der immens starken Gegnerin zum Kampf, um sie für seinen Lehnsherren König Gunther zu gewinnen. Die Täuschung gelingt, doch schnell wird manchen Beteiligten an dieser tragischen Geschichte klar, dass Brunhilde, die Königin von Island, ihnen nichts Gutes einbringen wird.
Die Götter sind tot, es leben die Götter. Die Geschichte, sehr klassisch, sagenhaft im wahrsten Sinne des Wortes, wurde oft erzählt, weitergereicht, erlebte ihre Spielarten und verbindet hier den Untergang des Burgunderreiches mit dem Untergang der Götter, der Asen. Jede Handlung für sich ist bereits ein umfangreiches Sagengeflecht, Nicolas Jarry nimmt sich für die Erzählung insgesamt sieben Bände (0-6) Zeit. In dieser Ausgabe, mit dem treffenden Untertitel Ragnarök, findet die Reihe ihren Abschluss.
Die Kreise, vielleicht könnten sie in diesem Zusammenhang auch Ringe genannt werden, müssen sich schließen. So war, im Sinne der Sage, zu Beginn das Ende gleich festgelegt. Dem Schicksal zu entrinnen, ist dem Helden wie auch dem Verräter unmöglich. Jeden erwartet am Ende derselbe Preis: Tod. Das klingt nicht nur düster, das ist es auch. Wer nur ein wenig bewandert ist in der germanischen oder nordischen Mythologie, wird hier nichts prägnant Neues entdecken. Nicolas Jarry schafft es dennoch, die Spannung aufrecht zu erhalten, ganz einfach, indem er die Saga so bombastisch wie möglich erzählt.
Durch Djief, Zeichner, ist insgesamt ein bildgewaltiges Epos entstanden, in dem sich in Asgard und in Midgard gleichzeitig, die Erzählstränge wie Stricke um die Beteiligten zusammenziehen. Sind die Bilder in der Welt der Menschen noch relativ zurückhaltend, da Menschen auch nur gemäß ihrer sterblichen Kräfte kämpfen können, bekriegen sich die Götter und Dämonen mit Donner und Blitz, Feuer und Rauch. So kann der Leser sich, wie in den Bänden zuvor auch, auf Breitwandkino freuen, effektvoll koloriert (von Djief und Heban), so dass sehr schöne Ansichten entstanden sind, dramatisch einerseits, traurig andererseits, wenn der Leser vor der Beerdigung Siegfrieds sitzt.
Djief zeichnet, einfache aussagekräftige Gesichter, nah an klassischen Vorlagen, auch der klassischen Linie. Bei der Umgebung, ganz gleich welchen Einzelheiten, ist er ungleich stilistisch aufwändiger. Deutlich wird, wie sehr er den großen Auftritt mag und entsprechende Szenen zelebriert. Der Kampf gegen die Weltenschlange, Wotans letzter Kampf gegen Loge sind nur zwei Beispiele für ein krachendes Finale, dem man nur vorwerfen kann, dass es in zu viele Teile zerfällt und den einzelnen Teilen jeweils zu wenig Aufmerksamkeit zukommt. Aber das liegt einfach an der Fülle des Materials, das auch durch eine Neuerzählung nicht weniger wird.
Eine sehr runde und große Geschichte, mit ewigen Wahrheiten über Freundschaft, Liebe, Verrat und Krieg findet ihren Abschluss. Nicolas Jarry und Djief haben sich als sehr gutes Comic-Team erwiesen und eine sehr schöne Comic-Reihe abgeliefert, nicht nur für Fantasy-Fans oder Sagenfreunde. 🙂
Götterdämmerung 6, Ragnarök: Bei Amazon bestellen