Zurück aus dem Chaos, in dem alles anders war. Age of X liegt hinter den X-Men. Dennoch hat sich bei ihrer Rückkehr etwas verändert. Legion, der Sohn von Professor X, hat seine inneren Wesenheiten nicht gänzlich unter Kontrolle. Schlimmer noch: Einige sind entkommen. Und sie wollen leben. Allein. Ihre Namen lassen auf außerordentliche Fähigkeiten schließen und klingen alles andere als vertrauenerweckend: Endgame, Chain, Time-Sink, Bleeding Image und Styx. Einzig Susan in Sunshine, ein kleines Mädchen, erweckt nicht den Eindruck von Gefährlichkeit. Die Jagd beginnt.
Ein ungleiches Team, selbst für die Verhältnisse der X-Men führt um den ganzen Erdball. Neben Legion, der die entkommenen Wesenheiten einfangen und sich wieder einverleiben muss, gehören auch Rogue, Magneto und Gambit der kleinen Expeditionseinheit an. Frenzy, die ihren Namen nicht ohne Grund hat und recht rabiat zu Werke geht, gehört zu den neueren Mutanten, die sich bei den X-Men erst noch die Sporen verdienen müssen.
Mike Carey rückt die Doppelepisode X-Men Legacy einmal mehr in die parapsychologische Ecke, die aber zu den X-Men passt. Die Figur des Legion mit seinem scheinbar unerschöpflichen Reservoir an Charakteren mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten wird hier eher gestreift als tatsächlich bis zum Ende gefordert. Allein die sechs Flüchtlinge, die es geschafft haben, ihm zu entkommen und wenigstens im Ansatz ein eigenes Leben zu führen, bieten einen derart vielschichtigen Ansatz, dass Mike Carey mit seiner bewiesenermaßen großen Phantasie eine weitaus längere Geschichte daraus hätte machen können.
So ist der Spannungsaufbau ungeheuer dicht geraten und weiß auch ohne Vorkenntnis des Age of X gleich zu überzeugen und zu packen. Die X-Men leben im Besonderen natürlich von der Optik, wie auch die übrige Verwandtschaft aus dem Hause Marvel. In den hier zusammengefassten sechs Geschichten wird über exaktes Tuschen versucht, die vorliegenden Stile der insgesamt vier Zeichner einander anzugleichen. Dennoch gibt es Unterschiede, die mit den Schlagworten gewissenhaft, intuitiv, aber auch künstlerisch belegt werden können.
Jorge Molina, der den Auftakt gestaltet, erinnert mit seiner Stilistik ein wenig an Pat Lee (Warlands, Wolverine/Punisher). In Worten ausgedrückt ist es eine amerikanisierte Mangatechnik mit harten, geschmeidigen, aber ausdrucksstarken Figuren. Ein Rafa Sandoval tendiert mehr in Richtung eines Arbeitskollegen wie Leinil Francis Yu (Superman Birthright) mit ähnlich harten Zügen und feinen Stricheleien. Khoi Pham, der die meiste Arbeit an der vorliegenden Ausgabe als Zeichner hat, besticht durch einen glasklaren Zeichenstil, realistischer als eine Zeichentrickstilistik, aber durchaus in die Richtung gehend, so dass man sich einmal mehr eine solche X-Men-Umsetzung wünscht.
Grafischer Höhepunkt: Die Begegnung mit Styx. Die Figur, benannt nach dem Fluss, der die Unterwelt und die Welt Lebenden voneinander trennt, ist ein Monster, das perfekt in das Horrorgenre und die Weltuntergangsstimmung passt, die sich im Verlauf des vorläufigen Finales des ersten Teils einstellt. Für X-Men-Fans, die eine Gruseltendenz in den Comics schon immer gemocht haben, dürfte die gesamte Folge genau richtig sein. Für denjenigen, der sich ein umfangreicheres Bild von Legion, einem der besten Neulinge im X-Men-Universum seit langem, machen möchte, sollte hier einen oder mehre Blicke hineinwerfen. 🙂