Torpedo ist zurück. Luca Torelli, der Killer mit dem Spitznamen einer U-Boot-Waffe, legt sich wieder mächtig ins Zeug, um die Drecksarbeit anderer zu erledigen. – Und manchmal ist es auch schlicht die Rache, die ihn antreibt.
Wie tötet man jemanden, dessen Spitzname Neunleben lautet? Luca gibt sich jedenfalls alle Mühe. Gerade als er glaubt, er habe es geschafft, wird er wieder eines Besseren belehrt. In der Geschichte Die Kunst definitiv zu liquidieren führt Luca ins Krankenhaus, wo er als Arzt verkleidet seiner Arbeit nachgeht. Das hat reichlich dunklen Witz. Überhaupt muss Luca sich in sehr vielen Rollen behaupten. Er täuscht vor, ein Privatdetektiv zu sein. In der Prohibitionszeit macht er sich mit einer Wagenladung Alkohol auf den Weg. Als Leibwächter versagt er völlig. In Sing Sing, einem Gefängnis mit legendärem Ruf in den Vereinigten Staaten, weiß er sich bei seinen Mitgefangenen auf seine gewohnte und schnodderige Art zu behaupten.
Luca Torelli ist ein richtiges Ekelpaket. Es gibt nichts, was man an ihm leiden kann. Er besitzt keine Ehre. Er ist brutal. Er vergewaltigt Frauen, wie es ihm gerade in den Kram passt. Überhaupt macht er alles so, wie es ihm gerade in den Kram passt.
Warum bereiten seine Geschichten dennoch so viel Lesevergnügen? – Vielleicht liegt es daran, dass jeder Mann gerne mal ein richtiges Schwein wäre. Allerdings, und das macht Autor Enrique Sánchez Abuli sehr schnell deutlich, folgt auf jeder gesetzlichen und moralischen Entgleisung die Strafe auf dem Fuß. Auch das macht den Spaß an der zweiten Ausgabe aus der Torpedo-Reihe deutlich.
Spiel’s noch einmal, Sam hat wenig mit dem allseits bekannten Casablanca zu tun. Eine Frau wurde entführt und Luca nutzt die Gelegenheit, um ein wenig Extrageld einzustreichen. Zuvor gilt es jedoch die Entführer außer Gefecht zu setzen. Das gestaltet sich wegen Lucas Zügellosigkeit mal wieder sehr schwierig. Luca hat jedoch auch mal wieder ein Schweineglück.
Die Kamellen Dame, kein Schreibfehler, gehört zu den Frauen, die sich zu wehren weiß. Abuli fixiert sich nicht auf das stetig gleiche Frauenmuster der mehr oder weniger hilflosen oder auch notgeilen Schlampe. Nur meint Luca wohl, dass es in dieser Welt nichts anderes gibt. Entsprechend schlittert er auch in die wohlverdiente Misere.
Auf der anderen Seite bestärkt Abuli ihn wie in Tic Tac in seinem Glauben. Na, ein Killer muss auch Erfolg haben und wenig Menschenkenntnis gehört auch zum Job.
Der unglaublich böse Witz wie er beispielhaft in Miami Bitch und Ein fürchterliches Honorar zu finden ist, lässt Torpedo deutlich aus dem Thriller-Genre herausragen – übergreifend, unabhängig vom Medium. Torpedo gibt sich ähnlich düster wie Sin City, aber der Humor hebt die vielen Geschichten im Stile des Film Noir auf eine ganz andere Stufe. In Tic Tac und in Miami Bitch ist es ihm vergönnt, Gauner aufs Kreuz zu legen – man weint keinem der Beteiligten auch nur eine Träne nach. In anderen Situationen, wie in West Sad Story, erhält Luca seine Strafe. So moralisch erzählt Abuli seine Geschichten doch. – Natürlich nicht so moralisch, dass die Konsequenz in Lucas Tod liegen würde.
Man darf nicht vergessen, dass Lucas Welt abseits des Gesetzes liegt. Innerhalb dieser Welt hält er sich schon an Regeln – meist handelt es sich dabei um das Gesetz des Stärkeren oder dessen mit der größeren Ganovenschläue.
Die Atmosphäre dieser Welt ist vom Zeichner Jordi Bernet ungeheuer gut eingefangen. Fast könnte man meinen, dass in der nächsten Szene James Cagney oder Edward G. Robinson um die Ecke kommt – oder um die Ecke gebracht wird, um im dunklen Humor der Geschichten zu bleiben. Ein halb verhungerter Clint Eastwood hätte Luca Torelli spielen können. Mit der Schnodderschnauze, die er in Dirty Harry führt, würde es wirklich gepasst haben.
Bernets Strich ist absolut locker und stilsicher ausgeführt. Schatten werden selten ganz hart geführt. Mit leicht geführtem Pinselstrich wird so ein Verlauf simuliert oder Verläufe angedeutet. Optisch macht er aus Luca und seinem Gefolgsmann Rascal ein komisches Duo, deren Auftreten und ihre Brutalität im genauen Gegensatz zu ihrem Äußeren stehen. In der letzten Episode Ein fürchterliches Honorar, die besonders lang ausfällt, darf Bernet einige neue Seiten an Luca zeigen. Es ist wirklich lustig, wie aus Luca plötzlich ein Charmeur wird und wie es Bernet Vergnügen bereitet, diese Szenen zu zeichnen.
Perfekte, düster-komische Thriller- und Krimi-Unterhaltung, gelungen in seiner Erzählweise, immer in der richtigen Länge, sehr kurzweilig und man kann den Band als Gangsterfilm-Fan erst nach der letzten Seite weglegen. 😀
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