Der Mufti von Alkar will sich persönlich davon überzeugen, wer dem Sultan den Kopf verdreht. Zu seinem Leidwesen ist die Versuchung zwar gegeben, aber sie ist rein und ohne Fehl. Das macht es nicht leichter. Der Sultan unterdessen weiß, wo seine wahre Aufgabe in diesem Konflikt liegt oder besser: In dem Plan, der sich langsam herauskristallisiert und der alle Beteiligten auf ein Ereignis hinlenkt. Hierus Halem, die heilige Stadt, wartet schon auf den Ansturm der Krieger. Und doch heißt es später: Und der Gott des Kreuzes und der Gott des Halbmonds wandten ihre Blicke ab.
Das Ziel heißt Hierus Halem. So mag man glauben. Doch welches Ziel verfolgen die Kriegsparteien wirklich? Das heilige Land ist ein Schlachtfeld. Eigentlich ist dies ein Widerspruch in sich, aber Jean Dufaux geht als Erzähler mit viel Zynismus ans Werk und schont keine Seite. Wirklich an der Historie Interessierte werden hier nicht fündig, denn Dufaux entwirft seinen eigenen Kreuzzug. Sicher orientiert er sich an wahren Ereignissen, er verwendet auch wahre Begebenheiten und Orte, nischt aber alles so, wie es seiner Geschichte gerade förderlich ist. Herausgekommen ist eine Handlung mit starkem Fantasy-Einschlag, in der mechanisierte Krieger, heilige Männer und auch Dämonen ihren Auftritt haben.
Die Handlungsfäden, in den ersten drei Bänden ausgelegt, werden hier zusammengeführt und zu einem (vorläufigen) Ende gebracht. (Glaubt man dem Vorwort von Dufaux, soll dem Kreuzzug der Nomade folgen.) Die Kenntnis der ersten Bände ist somit Pflicht. Dufuax spielt mit den Hoffnungen der Charaktere. Wünsche stehen Verpflichtungen gegenüber, beides ist meistens nicht in Einklang zu bringen. Wer also ein glückliches Hollywood-Ende erwartet, sucht hier vergebens. Im Gegenteil: Nachdem sich die Protagonisten zum letzten Mal in Stellung gebracht haben (im wahrsten Sinne des Wortes), beginnt die Schlacht.
Philippe Xavier ist ein Künstler, der eine Bilderreigen schafft, der in seiner Machart an Meißelarbeiten, an Skulpturen erinnert. Die Formen sind hart abgegrenzt gezeichnet, streng in der Form, Ausbrüche werden nicht erlaubt. Er verwendet lieber mehr Striche, sehr klein und schmal ausgeführt, als mit großflächigen Schwarzaufträgen zu arbeiten. Man könnte die Bilder als idealisierten Realismus bezeichnen, eine Comic-Form alter Meister, wo auch stets idealisiert wurde, wen es um mythische Themen ging.
Letztlich wird die Handlung, die in Ansätzen phantastisch ist, so noch etwas abstrakter. Figuren wie der Mufti von Alkar, der Aar und der Herr der Maschinen ganz besonders verschieben durch ihre Optik die Geschichte zeitweilig in eine Art Gruselszenario, wenn nicht sogar in Richtung Horror. Doch zurück zum Aufmarsch der Truppen, zum Rüsten für die große Schlacht. Damit eine Schlacht nach einer solchen ausschaut, braucht es Massen. Der Fantasy-Fan, auch der Historien-Freund weiß dank des Kinos, wie so etwas auszusehen hat. Nicht zuletzt auch durch den Film Königreich der Himmel. Hier zeigt sich ein arbeitsreicher Aufwand, rasant gestaltet, auch einmal imposant auf vier Seiten angelegt (zum Aufklappen).
Ungewöhnlich, eine Handlung, die den Leser zum Aufpassen fordert. Hier will auch zwischen den Zeilen gelesen werden, hier wird Geduld verlangt. Mit ebensolcher Geduld erzählt, aufwendig in Szene gesetzt. 🙂
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