Manchmal etabliert sich heimlich still und leise ein Gebäude in einer langen Reihe von Geschichten. Eines dieser Gebäude ist ein Geldspeicher. – Ein Geldspeicher? Wer Onkel Dagobert kennt, kommt an seinem Geldspeicher nicht vorbei. Besser gesagt, er kommt nicht hinein!
Ein derart geiziger Charakter wie Dagobert Duck kam natürlich auf Dauer mit einem normalen Haus für sein Geld aus. Es musste etwas Spektakuläres her, etwas Außergewöhnliches. Carl Barks entwickelte die Idee eines Geldspeichers, eine überdimensionale Spardose. Äußerlich gepanzert und innerlich an ein mit Geldstücken und Geldscheinen gefülltes Schwimmbad erinnernd, war der Geldspeicher häufig ein Handlungsort oder ein Ausgangspunkt so mancher Abenteuer.
Im Laufe der Jahre hat das Gebäude verschiedene architektonische Entwürfe durchlaufen. Nicht immer war ein Abriss und Neuaufbau für das neue Aussehen verantwortlich. Manchmal verschwand das gute Stück auch in der Tiefe der Erde oder wurde jenseits des großen Teiches (in Italien) neu gestaltet.
Jeder Donald Duck Leser, der Geschichten über seine Familie gelesen hat, wird irgendwann Onkel Dagoberts Vergnügen im Geldspeicher gesehen haben. Er schwimmt und paddelt darin herum. Jedes Sinken des Pegels verursacht bei ihm Verzweiflung und Übelkeit, wenn nicht Schlimmeres. Dagoberts Bemühungen sein Geld zu vermehren stehen in engem Zusammenhang mit dem Geldspeicher, der im Laufe der Zeit immer mehr zur Festung wurde.
In dieser 5. Ausgabe aus der Reihe Heimliche Helden sind einige Geschichten zusammengetragen worden, die beispielhaft die Entwicklung des Geldspeichers beleuchten. Die Zeitschiene der Erscheinungen beginnt im Jahr 1951, streift die 60er Jahre und springt sogleich ins neue Jahrtausend. Ganz zweifellos haben die alten Geschichten aus der Disneyschen Urzeit immer noch den meisten Charme. Carl Barks war ein Könner auf seinem Gebiet. Zeichner wie Tony Strobl und Luciano Bottaro folgen ihm mit ihrem Talent sicherlich gleichauf. Don Rosas Ruf ist natürlich bekannt und sicherlich berechtigt, wegen meiner Vorbelastung durch die vorher erwähnten Zeichner habe ich mich aber so richtig mit seinem Zeichenstil anfreunden können.
Im Vorwort wird die äußerliche Entwicklung des Geldspeichers geschildert, die sich in Geschichten wie Eingefrorenes Geld (1951, dt. 1954) oder Eiskalt erwischt (1957, hier in dt. Erstveröffentlichung). Es ist aus gestalterischer Sicht sehr interessant, was aus einem Würfel werden kann. Die Idee von Carl Barks, die Front des Speichers mit einem großen Dollar-Zeichen zu verzieren, ist sehr prägnant. Das aus der italienischen Ecke ausgeführte Design mit roter Kuppel und einem Doppel-D auf der Front ist etwas moderner und leichter. Die Symbiose der beiden Designs, wie sie in den Duck Tales zu sehen war, ist die perfekte Variante. (Mit den leicht gewölbten Außenseiten ist der Eindruck besonders cartoony.)
Der Einfallsreichtum dessen, was man mit einem Geldspeicher anstellen kann, lässt äußerst phantastische Ideenblüten entstehen. Der Geldspeicher platzt, sein Inneres verschwindet in den Tiefen der Erde, er fliegt durch die Luft und natürlich ist er der ständigen Bedrohung ausgesetzt, geknackt zu werden. – Der Geldspeicher ist oft ohne die Panzerknacker undenkbar. Diese Räuberbande hat natürlich mehrmals versucht, an das Geld von Bertel zu kommen, wie sie ihn liebevoll nennen, aber die Erstürmung des Geldspeichers gehört zu den Höhepunkten ihres Schaffens. Auch hierzu finden sich Auszüge mit kleinen Geschichten, die sehr unterschiedlich ausfallen. – Sich in Kisten hineinzuschmuggeln, ist noch einfach, in Donalds Identität in den Geldspeicher einzudringen, ist eher ungewöhnlich.
Ein Haus ist ein Haus, der Geldspeicher jedoch ist ein Symbol für den Reichtum und den Geiz von Onkel Dagobert geworden. Sicherlich haben reale Geldaufbewahrungsanlagen wie das legendäre Fort Knox auch Vorbildcharakter für den Geldspeicher gehabt, der zeitweise ähnlich waffenstarrend abgebildet wurde. Für die Abenteuer der Ducks ist der Geldspeicher mitunter so wichtig geworden wie die Panzerknacker.
Ein rundum gelungener Querschnitt, angenehm nostalgisch von damaligen Comic-Größen gezeichnet, modern und liebevoll in die Gegenwart transportiert. Schön aufbereitet. Für Disney-Fans auf jeden Fall empfehlenswert. 🙂
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