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Comic Blog


Mittwoch, 15. Juni 2005

Die Sternenwanderer

Filed under: SciFi — Michael um 21:23

Die SternenwandererDie Göttin

Atana irrt durch die endlosen Wälder Edenas. Sie wird von Alpträumen geplagt, nachdem sie mit Stell gebrochen hat. Doch nicht nur in ihren Träumen wird sie von furchtbaren Erlebnissen heimgesucht. Kurze Zeit später betritt sie eine Lichtung, die nur durch eine riesige Explosion entstanden sein kann. Ein aufgespießter Kopf auf einem Stock spricht eine deutliche Sprache: Hier war mutwillige Zerstörung am Werk.

Atana macht alsbald die Bekanntschaft mit seltsam vermummten Soldaten. Komplett verhüllt, mit Atemmasken, die sich auswölben wie Rüssel, benehmen und äußern sich diese Kreaturen sehr seltsam. Und sie nehmen Atana gefangen: diese Nestlose könnte sogar an der gefürchteten Nasenkrankheit leiden.
Sie verschleppen Atana in ihr Nest.

Dieses Nest entpuppt sich als riesige unterirdische Stadt, in der alle Bewohner vermummt herumlaufen und die Väterliche anbeten. Diese Welt ist nicht nur gesichtslos. Sie treibt die Sterilität ins Groteske, auf die absolute Spitze. Hier gibt es zwar noch Hierarchien, aber keine Identitäten. In dieser Welt wird Atana eine Revolution auslösen. Wie so häufig, wenn Gesellschaften sich einigeln, entstehen Legenden, formiert sich ein Untergrund, entstehen revolutionäre Gedanken und auch Slums mit Ausgestoßenen, die freiwillig außerhalb der Gesellschaft leben.
Atana, von der die Oberen annehmen, sie sei tot, wird wenig später nach ihrem Ableben von ein paar Revolutionären entführt. Atana wird zur Göttin. In den tiefen Gewölben macht sie Entdeckungen. Ein mutiertes Mädchen, dessen Gedanken eine enorme Kraft haben und Atanas eigene Kräfte, die sich entwickeln und sie schließlich befähigen, sich gegen die Väterliche zu stellen.

Moebius ist ein Multitalent und begnadeter Erzähler. Seine zeichnerische Vereinfachung wurde ihm vorgeworfen und vielleicht sogar mit Schlamperei gleichgesetzt. Ich allerdings glaube, dass Moebius hier einen wunderbar schönen Stil kreiert hat. Dieser mag in seiner Ausführung sehr schlicht sein, aber er ist auch gleichzeitig sehr bildgewaltig, da es ihm in den meisten Fällen gelingt, den Blick des Lesers auf das absolut Wesentliche zu lenken. Man könnte sagen, dass Moebius hier in Cinemascope erzählt. Wie auf einer großen Leinwand wirkt entweder das gesamte Bild oder der Zuschauer ist gedrängt sich inmitten der Bilderpracht auf die gerade relevante Szene zu konzentrieren.

Die Geschichte ist außergewöhnlich. Gerade dachte sich der Leser noch, er würde vorhersehen können, wie es weitergeht. Eine unterirdische Stadt ist sicherlich nicht ungewöhnlich im Rahmen der Science Fiction. Doch die Wendung ins Mystische, nicht zuletzt wegen Atanas Träumerei, gelingt auf sehr gelungene Weise.
Die dargestellte Gesellschaft, in der es keine Abweichungen geben darf und eine verschrumpelte, mumifizierte Gestalt angebetet wird, ist gruselig und sehr erwachsen für eine Comic-Geschichte. Dies ist einer der Bände, in der eine Moral vielleicht, möglicherweise auch eine Philosophie auf leisen Sohlen daherkommt.

Wer dies für sich nicht entdeckt, wird in jedem Fall die Spannung erleben. Zweifellos reiht sich hier kein Höhepunkt an den nächsten, im Gegenteil: die Geschichte bleibt von Anfang bis Ende auf einem sehr hohen Niveau. Diese geheimnisvolle Atmosphäre lässt den Leser erst auf der letzten Seite wieder los, wenn die Revolution sich ihre Bahn bricht.
Einfach nur TOP! 😀

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