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Comic Blog


Montag, 03. Mai 2010

Reisende im Wind 6 – Buch 2

Filed under: Abenteuer — Michael um 18:33

Reisende im Wind 6 - Buch 2Das Mississippi-Delta ist riesig. Dieses Land ist nicht zu bändigen. Hier ist der Mensch nichts. Wer seine Hand ins Wasser hält, muss damit rechnen, dass sie ihr abgebissen wird. Trotzdem ist es ein Paradies. Wer die Regeln beachtet, wer vorsichtig ist, kann überleben und erlebt eine Welt ohnegleichen. Die alte Isabeau, die hier endlich eine Heimat fand, zeigt der jungen Isabeau die Schönheit dieser Landschaft, allerdings nicht ohne durch ihre Erzählung beständig zu mahnen, sich in Acht nehmen zu müssen.

Der Kreis schließt sich. Mit dieser Doppelfolge beendet Autor und Zeichner Francois Bourgeon die Geschichte um Isabeau de Marnaye, die der Leser in Abenteuern um die Reisenden im Wind begleiten durfte. Gleichzeitig hebt er eine neue Generation aus der Taufe, eine junge Frau namens Isabeau Murrait, kurz Zabo. Der gemeinsame Vorname ist Programm. Beide Frauen sind stark, energisch, auch rebellisch. Beide behaupten sich, müssen auch ihre Leidensfähigkeit beweisen. Besonders die ältere Isabeau, die aus ihren Erinnerungen erzählt, hat viel Schreckliches erlitten.

Der zweite Teil beginnt mit einer sehr leichten Erzählung über die umstände des Bürgerkrieges. Für einen Zivilisten waren beide Seiten gleichermaßen gefährlich. Reisen konnten das Ende bedeuten, führte man sie auf offiziellen Wegen durch. Bilder und Off-Text führen zu einer kleinen Behausung weit abseits im Bayou. Francois Bourgeon zeigt eine Welt, an der die Zeit vorüberzieht. Gleichzeitig offenbart er dem Leser eine magische Landschaft, urwüchsig, nicht zähmbar, in der jedes Hochwasser Veränderungen herstellt und alte Wegmarken keine Gültigkeit mehr haben.

Die alte Isabeau fand eine Zeit des Glücks. Nach all den Mühen, die sie auf dem afrikanischen Kontinent erlebte, jenen Schrecken, die sie anfänglich in der Neuen Welt erwarteten, erlebt sie auch eine Ruhephase. Mit sehr sicherer Hand zeichnet und erzählt Bourgeon die Erlebnisse von Isabeau und ihrer kleinen Tochter. Bis das Monster Mensch wieder in ihr Leben eingreift.

Sehr gezielt wählt Bourgeon seine Szenen aus und kombiniert auf routinierte wie auch auf sehr schöne Weise Text und Bild. Das Unheil kommt auf Zehenspitzen. Man ahnt als Leser, dass etwas geschehen wird, kann dieses Unheil aber noch nicht benennen. Das ist von Bourgeon gewollt, es schürt die Spannung und macht die herannahende Katastrophe noch grausamer, obwohl der Tod eher belanglos sein Werk vollzieht.

Francois Bourgeon ist ein Meister des erzählenden Bildes. Das Zusammenspiel von Bild und Text ist eine Sache, szenenweise völlig auf Text zu verzichten, eine ganz andere Sache. Solche Szenen unterstreichen die Ruhe in der vorliegenden Erzählung, in der es zwar viele Höhepunkte gibt, von denen man als Leser aber zu keinem Zeitpunkt den Eindruck hat, der Autor habe sie auf Biegen und Brechen gesucht. Oftmals wirken seine Bilder sehr groß. Sie sind nicht wirklich größer oder besser aufgeteilt als auf anderen Seiten, aber die Gegensatz zwischen Nahaufnahmen und Totalen ist sehr fein arrangiert, um diesen Effekt zu erreichen.

Bourgeons Bildern liegt eine aufwendige und sehr genaue Tuschearbeit zugrunde. Der Farbauftrag ist zart, die Wirkung ist zumeist hell, selbst in dunklen bis düsteren Abschnitten. Nur ein einziges Mal findet sich auf einer Seite ein richtig dunkles Bild, in dem Schwarz dominiert. Dieses Bild hat ebenfalls keinen Text, umso stärker fällt seine Bedeutung aus, umso eindringlicher wirkt es auch durch die Einfachheit des Motivs.

Eine nur scheinbar einfache Geschichte auf überaus geniale Art erzählt. Der Zweiteiler um Das Mädchen vom Bois-Caiman dürfte zu einer der besten grafischen Novellen der letzten Jahre gehören. Eine Vorkenntnis der Ursprungsreihe der Reisenden im Wind ist nicht erforderlich.

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