PARIS. September 1959. MARGOT arbeitet als Volontärin bei der Zeitschrift AUTO REVUE. Eine Sondernummer ist in Planung. Ausführlich soll über den CITROËN TRACTION AVANT berichtet werden, die Baureihe mit Frontantrieb. Die Aufgaben der Ausgabe werden in der Redaktion aufgeteilt. Mit MARGOT wollen sich die Herren der Schöpfung einen Spaß erlauben und diese über den CITROËN 22 CV schreiben lassen. Das Fahrzeug ist eine Legende. Es soll auf der Automobilmesse 1934 vorgestellt worden sein, ging jedoch nie in Produktion. MARGOT weiß von all dem nichts und macht sich frohgemut an die Arbeit. Es wird der Auftakt zu einem Abenteuer, das sich MARGOT niemals hätte träumen lassen. Und der erste Schritt ist, das GEDÄCHTNIS VON CITROËN zu finden…
AUTOS und FRAUEN, in einer Zeit, in die Damen der Schöpfung sich zu emanzipieren beginnen und das Auto sich als solches einen immer größeren Stellenwert in der Gesellschaft verschafft, schicken OLIVER MARIN (Autor, Zeichner) und ÉMILIO VAN DER ZUIDEN (Storyboard, Zeichner) ihre Heldin MARGOT auf eine höchst amüsante und spannende Tour de Force.
Der Auftaktband lebt nicht nur von seiner charmanten Hauptfigur. Ebenfalls sehr stark ist das Zeitkolorit von MARGOTS REPORTAGEN, wie die Serie übertitelt ist. Gerade Frankreich hat in seiner Geschichte, seinen Erzählungen, seinen Filmen gerne mit dem Lebensstil seiner Menschen, seiner Kultur kokettiert. Und das vollkommen zurecht. Das Bild jener Tage setzt sich gut von seinen europäischen Nachbarn ab und man will dieses Savoir-vivre gerne glauben. MARGOTS REPORTAGEN fängt dieses Gefühl ein, eine gewissen Gelassenheit, eine Aufbruchstimmung jener Epoche und tatsächlich stehen die 1960er Jahre vor der Tür.
MARGOT, jung, adrett, mit frecher Kurzhaarfrisur, neugierig, mit den modernen Ansichten ihrer Zeit ausgestattet und kleidungstechnisch sehr modisch unterwegs, befreit sich hier wunderbar aus der Rolle einer Frau, die nicht ernst genommen wird, hin zu einer Reporterin, die man(n) ernst nehmen muss. OLIVER MARIN zeigt einen Charakter, der im Laufe des Geschehens immer tougher wird (auch von den Umständen dagezwungen) und sich mit dieser neuen Rolle ziemlich gerne anfreundet.
OLIVER MARIN und ÉMILIO VAN DER ZUIDEN spielen außerdem mit Legenden. Der titelgebende 22 CV vorneweg, gleich dahinter die GÖTTIN, der CITROËN DS, die sich anschickt das Szepter zu übernehmen. Nebenbei wagt es eine ALFA ROMEO GIULETTA SPRINT sich in den französischen Straßenverkehr einzumischen. Da spielen die beiden Comic-Macher mit modernen Fahrzeugmythen (wer eine bestimmte Szene sieht, wird wissen, was ich meine; es soll halt nicht gespoilert werden) und stellen das Automobil natürlich auf ein Podest. Denn lange Zeit war der Besitz eines Autos auch gleichbedeutend mit zusätzlich gewonnener Freiheit.
Grafisch beschreiten OLIVER MARIN und ÉMILIO VAN DER ZUIDEN den Weg einer klaren, deutlichen, sauberen Linie. Das sitzt und passt, das gibt jeder Figur markante Merkmale, unverwechselbar für das Auge. Das genügt. Schurken und Helden sind nicht direkt erkennbar, das sorgt für Überraschungen. Die strengen Linien sorgen außerdem für penibelst dargestellte Fahrzeuge. Man(n) will schöne Autos zu Papier bringen (und sehen)!
Ein sehr schöner nostalgischer Serienauftakt (5 Bände gibt es inzwischen). Wer in die 1950er Jahre eintauchen möchte, einem mit Spannung und Augenzwinkern erzählten sowie fein und klassisch illustrierten Comic-Band, der liegt hier goldrichtig! 🙂
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