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Comic Blog


Donnerstag, 26. September 2024

HARRY DICKSON 2 – DAS HORROR-TRIBUNAL

Filed under: Thriller — Michael um 11:38

HARRY DICKSON 2 – DAS HORROR-TRIBUNALFREDERIC HAMILTON hat einen Traum. Keinen schönen Traum. Er sitzt auf einem Stuhl vor einer Bühne, auf dem ein Tribunal Aufstellung genommen hat. Alle Köpfe sind unter Kapuzen verhüllt. Davor an einem Tisch, stehend, ein Richter, ebenso vermummt, der den reichen Unternehmer anklagt, sich an den Menschen versündigt und diese ausgebeutet zu haben. FREDERIC HAMILTON weiß nicht, wie ihm geschieht. Es bleibt nicht bei diesem einen Traum. Und der nächste ist bedrohlicher als der zuvor. FREDERIC HAMILTON wendet sich an die Polizei. Doch Träume sind nicht die Sache der Kriminalbeamten. Gäbe es nicht GOODFIELD, der die Angelegenheit doch ernst nimmt und ihn an einen Privatdetektiven verweist, dem seltsame Fälle gerade recht kommen: HARRY DICKSON.

JEAN RAYs amerikanische Version von SHERLOCK HOLMES ist erneut unterwegs. Die einst so beworbene Figur HARRY DICKSON, ihres Zeichens Privatdetektiv, ansässig in England, ist wieder mit einem unheimlichen Fall befasst, der den Anschein vermittelt, es könnten übersinnliche Mächte am Werk sein. Doch wer steckt tatsächlich dahinter?

DOUG HEADLINE und LUANA VERGARI haben sich an die Adaption eines Werkes von JEAN RAY gemacht, und die Geschichte braucht sich nicht hinter den Werken von JEAN RAYs Kollegen ARTHUR CONAN DOYLE zu verstecken. Denn gleich zu Beginn setzen Zeichner ONOFRIO CATACCHIO und Kolorist HIROYUKI OOSHIMA eine Szene um, die dem guten alten viktorianischen Krimi- und Schauerroman alle Ehre macht. HARRY DICKSON ist ein Genie auf seinem Gebiet und darüber hinaus sehr hartnäckig, was die Aufdeckung von Geheimnissen und Verbrechen anbelangt. Natürlich ist HARRY DICKSON nicht gezwungen, allein ans Werk zu gehen. Sein Gehilfe TOM WILLS und der Kriminalbeamte GOODFIELD halten dem Detektiven bei Bedarf den Rücken frei. Auch ein Genie kann nicht überall zugleich sein.

Erst recht nicht, wenn ihm ein kriminelles Genie zu schaffen macht. Die beiden Auoren der Adaption lassen sich Zeit, die Spannung aufzubauen und das Netz um das Opfer zusammenzuziehen. Aber sie begnügen sich (nach JEAN RAYs Vorlage) nicht einfach damit. Jedes Kapitel macht das Rätsel knackiger, es steigert die Gefahr und hier können Menschen sterben. HARRY DICKSON klärt keine Fälle auf, in denen alten Damen die Handtaschen gestohlen werden. DAS HORROR-TRIBUNAL bedeutet tödlichen Ernst. Da ist aber nicht nur der Einfallsreichtum auf krimineller Ebene zu bestaunen, gleichfalls darf man die Findigkeit des Detektiven bewundern, der sich wirklich eine recht besondere Aktion einfallen lässt, um unbemerkt zu ermitteln.

Kapitelweise steigert sich die Spannung, fast wie auf einer Treppe, wo die Luft oben für die Charaktere immer dünner wird und ein endgültiges Finale zwingend. In dieser Spirale arbeitet ONOFRIO CATACCHIO als Zeichner mit sehr klaren Linien, stilsicher und man fühlt sich unweigerlich an Zeiten erinnert, als Schauspieler wie BASIL RATHBONE oder MARGARET RUTHERFORD auf den Leinwänden zu sehen waren, in schwarzweiß selbstverständlich. Auf letzteres wird hier natürlich verzichtet. HARRY DICKSON tritt auf mit einem markanten Profil, einem kantigen Kinn, einem meist stechend konzentriertem Blick und einer widerspenstigen Haartolle. Allerletzte Markenzeichen sind seine Pfeife, seine gepflegte Erscheinung und, bei Außeneinsätzen, ein recht amerikanischer Trenchcoat.

Den Gegensatz zur normalen Detektivtätigkeit aus Ermittlung, Recherche, Laufarbeit und geduldigem Abwarten, ob und wie sich eine gestellte Falle schließt, gibt es in bewusst gruseligen Momenten, die sich auch grafisch vom Rest der Geschichte absetzen. Da ist DAS HORROR-TRIBUNAL natürlich gleich vorneweg mit dabei, denn für den armen FREDERIC HAMILTON verdichtet sich die Bedrohung immer mehr, bis keine Fehlinterpretation seiner Lage mehr möglich ist. Darüber hinaus wartet ONOFRIO CATACCHIO mit Anspielungen und kleinen Rückblicken in eine furchtbare Vergangenheit auf, bevor sich HARRY DICKSON einem der kuriosesten Angriffe der Detektivgeschichte stellen muss. Diese sich steigernden Überraschungen dürften die LeserInnen bestimmt zum Umblättern zwingen. (Mir ging es so!)

Wenn die Romanbibliographie stimmt, existieren an die 178 Vorlagen, viel Stoff also für weitere Comic-Abenteuer von HARRY DICKSON. Angesichts der ersten beiden Adaptionen kann ich nur sagen: Mehr davon! Die grafische Umsetzung hält das Auge fest, leitet es sanft zur nächsten Szene, der Vorlage eines Kriminalstoffs aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gemäß. Neben der Spannung vollbringen die nach dem Original arbeitenden AutorInnen DOUG HEADLINE und LUANA VERGARI auch das Kunststück, den Leser (mich) zu fesseln. Das sollte aber auch bei anderen LeserInnen verfangen. Dank des Zeichners ONOFRIO CATACCHIO auch ein optisch packendes Detektivabenteuer! Top! 🙂

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