Isabelle reist mit Gouvernante Tamassy in die Grafschaft Vorderthal, in den Schweizer Alpen. Das Mädchen soll sich hier erholen, Ruhe finden, doch gleich bei ihrer Ankunft finden sie im Schloss einen grauenhaften Gestank vor. Die Hausmädchen bitten um Verständnis. Irgendwo im Haus müsse ein Tier verendet sein. Man suche schon danach. Die Wahrheit ist, wie kann es anders sein, viel schlimmer. Ihr Gastgeber, der Graf, ist ein gefährliches Wesen, das sich von der Anwesenheit Isabelles nur eines verspricht: Blut.
Blut ist ein ganz besonderer Saft. Isabelle hat dies über die Jahre lernen müssen. Gerade in den aktuellen Tagen des Krieges wird ihr ihre Vergangenheit ins Gedächtnis zurückgerufen, als sie wieder auf ihre alte Gouvernante trifft. Madame Tamassy hat leider jene vergangenen Ereignisse nicht ganz so gut verkraftet und sich ebenfalls in ein blutsaugendes Monster verwandelt. Aber was ist so besonderes an Isabelles Blut, dass Vampire geradezu in wahnsinnige Raserei verfallen, wenn sie nur in ihrer Nähe sind?
Der Arzt Julien Sauniere hat ganz andere Probleme. Seit seine große Liebe ihn verraten und verlassen hat, ergibt er sich dem Alkohol. Er will nichts mehr von all den Geheimnissen und Ereignissen wissen, die ihn an diesen Punkt seines Lebens geführt haben. Andere sehen das nicht so. Die Inquisition ist immer noch auf der Suche nach Sauniere und will wissen, was er weiß. Während in Europa der von Lord Lorraine angestiftete Krieg außer Rand und Band gerät, Frankreich sich immer weiter zurückziehen muss und sogar seine Verbündeten, die Briten, verliert, will der Inquisitor Moricant endlich dem Geheimnis aller Geheimnisse auf den Grund gehen. In einem Tal am Ende der Welt lüftet sich der Schleier. Doch das macht es für alle Beteiligten in keiner Weise einfacher.
Vor dem Hintergrund eines faschistisch auftretenden Frankreichs, mit einem Herrscher, der seine Blutlinie direkt auf Jesus Christus zurückführt, entbrennt ein europaweiter Krieg. Vor diesem Hintergrund hat Autor Arvid Nelson eine Geschichte auf der Suche nach dem heiligen Gral entworfen. Die heilige Inquisition, an ihrer Spitze ein hinter einer Maske auftretender Moricant wird seiner Unmenschlichkeit entrückt. Vampire, mythologische Kreaturen und unheimliche Wesen, wie auch seltsame Hexenkräfte sorgen für eine allseits bedrohliche Atmosphäre und jenes Flair, das Rex Mundi aus der Masse von Mystery-Geschichten allgemein heraushebt.
Nach dem ursprünglichen Zeichner der Reihe, Eric J, hat sich nun Juan Ferreyra als Stammzeichner etabliert. Es sind sehr weich anmutende Zeichnungen, regelrecht gemalt, aber, damit es nicht zu aufwändig wird, immer mit einer farblichen Grundstimmung versehen. Diese Stimmung folgt dem jeweiligen Licht oder verdeutlicht eine Tageszeit, eine Gemütsstimmung, aber auch eine Jahreszeit.
Der Winter schickt ein graues, mal ein fahles gelbes Licht, spärlich durchbrochen durch Laternen oder in Räumen durch Zimmer- oder Schreibtischlampen. In Gewölben glost es rötlich und in einem Moment, der entscheidend für den ganzen Krieg sein könnte (wenn Lord Lorraine darüber sinniert, freiwillig aus dem Leben zu scheiden), herrscht ein giftiges Grüngelb vor, eine Farbe, die richtige Lebensfeindlichkeit und auch Verzweiflung ausstrahlt. Farbsprache wird hier groß geschrieben, weitaus größer als es bei Eric J der Fall gewesen ist.
Besondere Höhepunkte? Um ehrlich zu sein, ist die gesamte Arbeit von Juan Ferreyra ein grafischer Höhepunkt. Allenfalls lässt sich sagen, dass einige persönliche Spannungsspitzen aus der Bilderfolge herausragen und die kann jeder für sich selber ausmachen. Für mich sind es die Begegnung mit einem Greif ebenso wie letztlich die Sequenz im Tal am Ende der Welt. Der Greif ist ohne besondere Merkmale ausgestattet. Er orientiert sich an der Mythologie, wirkt aber gerade deshalb umso echter (und bei aller Grausamkeit auch schöner, schließlich ist er ein Raubtier). Das Tal selbst hat durch seine nächtliche Ansichten und seine Farbgebung und Beleuchtung einen tollen magischen Charakter, der auch der Handlung entspricht.
Ein Fest für das Auge. Juan Ferreyra verzaubert durch seine Bilder die Geschichte. Es ist zu hoffen, dass dieser optische Eindruck auch in die Verfilmung hinübergerettet werden kann, denn sie macht inzwischen sehr viel von der Grundstimmung der mysteriösen Geschichte aus. Ansonsten: Die Spannung steigt kontinuierlich. Wer ein Sahnehäubchen im Mystery-Genre braucht, sollte mal ein Häppchen probieren. 🙂
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