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Comic Blog


Freitag, 01. September 2023

FORT WHEELING – ERSTER TEIL

Filed under: Abenteuer — Michael um 13:21

FORT WHEELING - ERSTER TEILAm Anfang stehen MORDE. Indianer sind den weißen Männern, die an diesem Tag die Blockhütte von BAKER, dem Händler, betreten, verhasst. BAKER kann die Eskalation nicht verhindern. Schockiert und hilflos muss er alles mitansehen. BAKER bleibt mit den Toten allein zurück, die Nachricht über das sinnlose Massaker findet jedoch rasch seinen Weg zu HÄUPTLING LOGAN. Seine Mutter und seine Geschwister sind unter den Mordopfern. Und mehr noch. Die kleine Schwester war die Frau von CAPTAIN JOHN GIBSON, einem weiteren Händler. HÄUPTLING LOGAN will diese Tat nicht ungesühnt lassen. Viele Menschen, auf beiden Seiten, scheinen nur auf einen Anlass für einen KRIEG gewartet zu haben. Bald schon gibt es die nächsten Toten.

HUGO PRATT nimmt den Leser mit in nahezu vergessene Kriegszeiten. Vor den Ereignissen des WILDEN WESTENS, dem AMERIKANISCHEN BÜRGERKRIEG, den späteren INDIANERKRIEGEN geraten die Schlachten und Kämpfe des FRANZOSEN- UND INDIANERKRIEGES beinahe in den Hintergrund. Die vorliegende Geschichte setzt rund zehn Jahre nach diesen Auseinandersetzungen an. Viele Wunden wurden geschlagen, kaum eine scheint richtig verheilt, obwohl Übereinkünfte geschlossen worden sind. Willkommen auf dem NORDAMERIKANISCHEN KONTINENT, in VIRGINIA im Jahre 1774.

Verschiedene Stämme, SHAWNEE, DELAWARE und MENGWE, lavieren sich zwischen den Macht- und Landesansprüchen der weißen Briten hindurch und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie aufgeben müssen. Ein Auslöser wie die Morde heizt die Gemüter an, das titelgebende FORT WHEELING wird infolge der Gefahr um 400 Soldaten verstärkt. Vor der Kühle dieser Kriegsplanungen geht HUGO PRATT ins Detail und präsentiert einfache Menschen, Charaktere, die von diesen Ereignissen mitgerissen werden, aber auch solche, die verlorene, teils hasserfüllte Seelen sind. Weiße, die Indianer hassen, des Kriegs wegen, den sie miterleben mussten. Oder Weiße, die ihre Familien verloren und nun durch die Wildnis streifen, stets auf der Suche nach Ureinwohnern, die sie töten und skalpieren können. Wie LEW WETZEL und JONATHAN ZANE ohne jegliche Gewissensbisse tun.

Auf der anderen Seite sieht es kaum anders aus. Das Eingeständnis mancher Stämme, für Franzosen oder Briten zu kämpfen, hat Fronten gezogen, die lange nachhallen, selbst als die Franzosen längst aus dem Territorium verschwunden sind. In nebligen Landstrichen lauern sie den soldatischen Patrouillen auf, erschießen, wen sie treffen können. So viele wie nur irgend möglich. Selten nur kommen traditionelle Waffen zum Einsatz. Längst haben sich auch die amerikanischen Ureinwohner an Pistolen und Gewehre gewöhnt. HUGO PRATT zeigt in dieser packenden Erzählung, wie ein fallender Dominostein eine Kette von Ereignissen in Gang setzt, sich diese Kette immer weiter verzweigt und sich niemand mehr den Fehden entziehen kann.

Dazwischen gibt es Charaktere wie den jungen CHRISS KENTON, seinen Freund PATRICK FITZGERALD und das Mädchen MOHENA, die als Weiße bei den Indianern aufgewachsen sind. Liebe macht das Geflecht dieser drei jungen Leute gerade in diesen Zeit besonders kompliziert. Darüber hinaus kündigt sich bereits der nächste Krieg an, historisch weitaus bekannter: der AMERIKANISCHE UNABHÄNGIGKEITSKRIEG. Vorher schon ist man als Leser an die Seite von CHRISS KENTON gerückt, der nichts mit diesem Krieg, mit keinem Krieg zu tun haben will, eigentlich nur Frieden möchte und sogar versucht, den Dingen einen neuen Lauf zu geben. Es will nichts helfen. Das ist die Tragödie in der Geschichte um FORT WHEELING.

Die Spannung einer dramatischen Erzählung im besten Sinne ist das zweite große Element in FORT WHEELING. HUGO PRATT wandelt auf den Spuren eines JAMES FENIMORE COOPER. Seine einfache, aber eindringliche Art des Zeichnens zieht die Erzählung voran, seine Konzentration auf wenige Eindrücke geben Raum für den Moment und die Erweiterung durch das Kopfkino des Lesers. Das setzt auf jeden Fall ein. Verschleiert HUGO PRATT auch so manche Brutalität, sie ist dennoch vorhanden, ungeachtet der Schatten, die darüber liegen oder der Entfernung, die Details unmöglich machen.

Ein Klassiker. Und gleichzeitig eine Geschichtslektion, die auf leichten erzählerischen Füßen daher kommt. HUGO PRATT behandelt ein dunkles, wenig ruhmreiches Kapitel für Amerikaner und Briten mit objektivem Blick auf das wahre Geschehen, ohne die Unterhaltung für den Leser außer Acht zu lassen. Drama, Kampf, Freundschaft, Liebe, ein wenig Coming of age in einer für heutige Verhältnisse unbekannten Welt (zumindest, was die westliche Hälfte anbelangt). HUGO PRATT schafft es, dass man als Leser einfach wissen muss, was weiter mit CHRISS KENTON geschieht. Daumen hoch! 🙂

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Oder bei Schreiber und Leser.

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