BRUNO BRAZIL hat es nicht leicht gehabt. Der Agent des KOMMANDO KAIMAN, einer Spezialeinheit, hat eine Reihe von Kollegen im Einsatz verloren, darunter seinen kleinen Bruder Billy. Kein Wunder also, dass sich unter seiner kühlen Miene einiges angestaut hat. Aber die zur Trauerbewältigung begonnene Therapie will keine Abhilfe schaffen. Zu nah ist BRUNO BRAZIL an seinem bisherigen Geschäft, zu sehr zwingen die neuen Ereignisse die alten Erinnerungen und den Schmerz zurück ins Bewusstsein. Denn Menschen aus BRUNO BRAZILS Vergangenheit werden von unidentifizierten Angreifern getötet. BRUNO BRAZIL besinnt sich auf alte Freunde und stellt ein neues Team zusammen.
DIE NEUEN ABENTEUER von BRUNO BRAZIL. GREG als Autor und WILLIAM VANCE als Zeichner waren die Macher der ursprünglichen Serie um den Agenten, der nicht der ganz so glanzvolle und fehlerfreie Agent war wie sein berühmtes britisches Pendant. In der zweiten Hälfte der 1970er endeten bislang die Abenteuer, nicht zuletzt durch die starken Verluste des ersten KOMMANDO KAIMAN bedingt. Nun aber, im Jahre 2019, haben Szenarist LAURENT-FRÉDÉRIC BOLLÉE und Zeichner PHILIPPE AYMOND sich des Kult-Agenten angenommen und die Geschichte fortgeführt. Es wurde nicht modernisiert, sondern wir befinden uns an der Seite von BRUNO BRAZIL weiterhin in den 1970er Jahren.
Gleich das Titelbild gibt uns den Hinweis auf die zeitliche Einordnung. BRUNO BRAZIL steht vor einem MATRA SIMCA BAGHEERA – das ist ein Automobil. Heutzutage muss man diese Zusatzbemerkung bei dieser Marke und diesem besonderen Modell hinzufügen. Damals schon selten, dürfte es heute eine BEGEGNUNG DER DRITTEN ART sein, diesen Sportwagen noch einmal auf der Straße zu sehen. Im Hintergrund findet sich BRUNOS Agentenkollege und Kumpel GAUCHO. Und noch weiter im Hintergrund, groß am nächtlichen Himmel angelegt, der große Unbekannte, der Drahtzieher hinter MORD und ENTFÜHRUNG des vorliegenden ersten Teils des Thrillers BLACK PROGRAM.
Neben den Spannungselementen wird BRUNO BRAZIL zutiefst menschlich von LAURENT-FRÉDÉRIC BOLLÉE präsentiert. Ein Mann, der eben nicht nur ein Agent ist, der sich mit internationalen Verwicklungen und Brutalitäten herumschlägt. Sondern auch ein Ehemann und Familienvater eines Sohnes, der sich in, wie es oft so schön heißt, einem schwierigen Alter befindet. BRUNO BRAZILS familiäre Abwesenheit sorgt kaum für eine Lösung. Aber es bleibt keine Wahl. In den VEREINIGTEN STAATEN und in NEUSEELAND wollen Rätsel gelöst und Helfer rekrutiert werden. LAURENT-FRÉDÉRIC BOLLÉE stellt neben BRUNO BRAZIL ein Team zusammen, das sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Körperliche Verstümmelungen sind äußerliche Kennzeichen von im Kern angeknacksten Charakteren.
PHILIPPE AYMOND hat den Zeichenstift in die Hand und das Erbe von WILLIAM VANCE übernommen. Selbstverständlich war WILLIAM VANCE ein Meister seines Fachs und er hat in verschiedenen Genres brilliert. Aber der 2019er Neustart von PHILIPPE AYMOND gefällt mir besser als das Original. Die Zeichnungen sind differenzierter, Charaktere deutlich unterschiedlicher, trotzdem, im direkten Vergleich, kann PHILIPPE AYMOND kaum leugnen einen Blick auf das Original geworfen zu haben. Die Verwandschaft in der Stilistik ist vorhanden, aber PHILIPPE AYMOND ist weit davon entfernt, WILLIAM VANCE nachahmen zu wollen.
Es ist spannend, wie BRUNO BRAZIL seine Team-Mitglieder findet. Als Leser vermisst man die mehrere Alben umfassende Vorgeschichte der Charaktere nicht. Hier werden allesamt gut vorgestellt, sehr unterschiedlich, aber jeder auf seine Art tough. Gefühle werden gern maskiert, Verletzungen gerne versteckt, was nicht immer möglich ist, wie bei WHIP RAFALE, die querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. Nur gegenüber BRUNO BRAZIL wird der Schmerz rausgelassen, sozusagen auf Augenhöhe mit jemandem, der mitreden kann. Über ACTION braucht sich der Leser neben der sorgfältigen Charakterskizzierung nicht zu beklagen. Die Anschläge und Katastrophen wachsen stetig und hält sich der GEGENSPIELER auch verborgen, lässt seine Kaltblütigkeit keinen Zweifel an seiner Gefährlichkeit. Diesem Feind ist es gleich, über wie viele Leichen er gehen muss.
BRUNO BRAZIL ist wieder da. Er hat seinen Neustart bravorös geschafft. Die Atmosphäre passt zu den 1970ern. Die Erzählweise greift das Gefühl der originalen Vorlage aus eben jenem Jahrzehnt auf. Aber sie webt geschickt neuere Erzähltechniken und Lesegewohnheiten ein. Unteschiedlichste Schauplätze sorgen für Überraschungen und treiben die Spannung in schönen Bögen stets aufs Neue auf die Spitze. Wer klassische Agententhriller mag, technisch perfekt illustriert, ist bei dem neuen BRUNO BRAZIL bestens aufgehoben. 🙂
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