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Comic Blog


Dienstag, 12. November 2024

ROBERT SAX 4 – BLUTDIAMANTEN

Filed under: Thriller — Michael um 16:15

ROBERT SAX 4 – BLUTDIAMANTENDa wagt es doch tatsächlich jemand, RAUL auf der Arbeit in der Werkstatt anzurufen. Ärgerlich, wenn für ein Telefonat die Tätigkeit unterbrochen werden muss und der andere auch noch um einen Gefallen bittet. Nichtsdestotrotz ist ein HALBBRUDER auch Familie. Also erklärt sich RAUL bereit, einen Koffer abzuholen. Ohne zu wissen, welchen Inhalt er transportieren soll. ROBERT SAX, sein Chef, der ein gutes Auge hat, auch durch eigene Erfahrungen der letzten Zeit, wird bald misstrauisch. Denn es scheint noch mehr Leute zu geben, die ein Interesse an dem Reiseutensil haben.

Viele Länder haben ihre ganz eigene koloniale Vergangenheit, und keine davon ist rühmlich. Sogar das aus verschiedener Sicht kleine Belgien macht da keine Ausnahme. Die 4. Episode von ROBERT SAX nimmt sich mit dem Untertitel BLUTDIAMANTEN dieses Themas an. Man darf den Auslöser der Geschichte nicht als Tragödie bezeichnen, da eine solche eher ohne menschliche Einmischung daher kommt. RODOLPHE startet mit einem von Menschen gemachten Drama. Es ist menschenverachtend, brutal, traurig und RODOLPHE gibt dem Auslöser einen Namen und ein Gesicht, eben einen Schuldigen. Daraus entwickelt sich die weitere Handlung. Denn, auch das hat die Vergangenheit gezeigt, wenn Menschen einander Schlimmes antun, können Entwicklungen in Gang gesetzt werden, an deren Ende sich jemand verantworten muss.

Nun ist ROBERT SAX in seiner 4. Folge weit davon entfernt, politisch sein zu wollen. Aber er nutzt ähnliches Verhalten, nicht unbedingt ein wirkliches Vorkommnis in der Vergangenheit, als Grundlage, um seinen THRILLER zu gestalten. Darüber hinaus greift RODOLPHE eine weitere Thematik auf, die in der Realität ebenfalls nicht unbekannt ist, nämlich die der Verwandtschaft mit einem, der (oder die) sich an Gräueltaten schuldig gemacht hat. Im Ausgangspunkt der Handlung, dem KONGO, kommt es zu einem Verbrechen, das mit einer solchen Menschenverachtung und Leidenschaftslosigkeit ausgeführt wird, das es einem allein in einer GRAPHIC NOVEL schon kalt den Rücken hinunterläuft. Und wie bei so manchen Geschichten mit TÄTERN und OPFERN gibt es am Ende auch noch Beute: BLUTDIAMANTEN.

Und hier kommt ROBERT SAX ins Spiel. Die Geschichte beginnt mit einem Gefallen. In bisherigen THRILLERN war er nicht der beste Arbeitgeber. Kein Ausbeuter, mehr jemand, der die Qualitäten seiner Angestellten nicht richtig erkennt oder wertschätzt. Das betraf ganz besonders seinen Chefmechaniker RAUL. Dieser möchte seinen Bruder besuchen und ROBERT SAX beschließt, dem guten Mann einen Gefallen zu tun und diesen zum Anwesen seiner Bruders zu fahren. Und da er schon dabei ist, kann auch gleich die Sekretärin mit auf die kleine Reise gehen. Aber bald schon fällt ROBERT SAX auf, dass ihre Spazierfahrt keine Tour ins Blaue mehr ist. Sondern eine Verfolgungsjagd!

RODOLPHE baut seine Geschichte mit Rückblicken auf. Auf diese Weise erhalten die VERFOLGER einen moralischen Antrieb, wenngleich ihre Vorgehensweise verbrecherisch ist und sich auf Augenhöhe mit jenen begibt, die sie eigentlich verachten und bestrafen wollen. Aber auch das ist ein Merkmal nicht nur postkolonialer Gräuel. RODOLPHE erzählt eine Geschichte, die, aus der Sicht von ROBERT SAX, vom Kleinen ins Große eskaliert. Keine der drei Figuren, die sich da ins Auto setzen, kann vorausahnen, was sich letztlich anbahnt und in eine Abrechnung mündet. Das erinnert an Krimis aus den 1960ern, ohne aber ins Klischee oder Alberne zu kippen.

Zeichner LOUIS ALLOING darf einmal mehr einige Kulissen verarbeiten und (immer ein Hingucker) feine Automobile in Szene setzen. Der Wechsel zwischen KONGO und belgischem Landesflair ist reizvoll. Eine glasklare Trennung der Atmosphären, gegenwärtiges Belgien (1950er Jahre) und Afrika, wird durch eine Vergangenheitsfärbung im Stile alter Fotografien erreicht. Die Geschehnisse im KONGO werden so ein wenig entschärft, sind jedoch nicht weniger spannend als der offenkundige THRILLER, den ROBERT SAX erlebt. (Und eine von LOUIS ALLOING gestaltete Kellerkulisse kam mir irgendwie bekannt vor.)

LOUIS ALLOING zeichnet seine Bilder mit leichten Linien, kaum getuschten Schatten, und überlässt dem KOLORISTEN DRAC die Erzeugung farblicher Stimmung. Es ist schön zu sehen, wie es ihm trotz dieser selbst auferlegten Einschränkung (er geht eben nicht so ins Detail) gelingt, seinen Figuren sehr viel Charakter einzuhauchen und lebendig zu gestalten. Das gilt besonders für jene Figuren, die hier neu auftreten und sich dem Leser schnell vorstellen müssen, um glaubwürdig zu agieren.

Feine THRILLER-KOST mit sehr ernstem Hintergrund. ROBERT SAX wird unversehens in eine Familiengeschichte wie auch ein internationales Drama hineingezogen. Der Leser weiß etwas mehr als die Hauptfigur, dennoch ist Mitfiebern angesagt, denn es lässt sich nicht vorhersagen, wie das hauptsächliche Trio, SAX, PEGGY und RAUL, aus der Geschichte hervorgehen wird. Das ist so geschickt wie routiniert von RODOLPHE erzählt, wie es von LOUIS ALLOING (und DRAC) grafisch präsentiert wird. ROBERT SAX hat sich als tolle Thriller-/Krimiserie ganz klar etabliert! 🙂

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