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Comic Blog


Sonntag, 14. April 2024

BOUNCER 12 – HEKATOMBEN

Filed under: Abenteuer — Michael um 15:21

BOUNCER 12 - HEKATOMBENWo Gold auftaucht, verwirrt es den Verstand der Menschen nicht selten. Und viel Gold lässt ihn zuweilen wahnsinnig vor Gier werden. Das kleine Städtchen BARRO CITY wird nicht nur seit Wochen von schweren Regenfällen heimgesucht, in der örtlichen Bank wird auch ein riesiger Goldschatz aufbewahrt. Das lockt in dieser apokalyptischen Atmosphäre bald schon menschliche Asgeier an. Während der Regen den Friedhof auswäscht und die Särge aus dem lehmigen Boden spült und die Hauptstraße entlangtreibt, reitet eine Gruppe Uniformierter völlig durchnässt in den Ort. Was zunächst nach einer Hilfsmannschaft aussieht, entpuppt sich bald als eine Horde Ganoven. Der BOUNCER und seine Freunde geraten, kaum dass der Regen aufhört und die Hitze wieder Einzug hält, kurz darauf in höchste Gefahr.

Der Titel des 12. Bandes der Western-Reihe BOUNCER lautet: HEKATOMBEN. Ein Begriff, den ich auch erst einmal nachschlagen musste. Zitat (Wikipedia):

Im übertragenen Sinn spricht man in der Moderne auch bei einer erschütternd großen Zahl von Menschen, die einem Unglück, einem Massaker oder ähnlichem zum Opfer gefallen sind, von einer Hekatombe.

In der Antike entsprach die HEKATOMBE einem Opfer für die Götter. Anscheinend wurde die Anzahl und die Verschiedenheit der Opfer über die Jahrhunderte immer größer. Im übertragenen Sinne, wie oben angesprochen, jagt ALEJANDRO JODOROWSKY, Autor von BOUNCER, die Opferzahl im gleichen Städtchen BARRO CITY auch ziemlich in die Höhe. Hier von einem (oder mehreren) Massaker zu sprechen, ist ganz und gar nicht verkehrt. Der Blutzoll ist enorm. ALEJANDRO JODOROWSKY ist bekannt dafür, dass er sich in seinen Geschichten gerne kurios mythologisch anlehnt, um dem Ganzen so eine noch dramatischere Not zu verleihen. Die schwimmenden Särge gleich zu Beginn, wenn der Tod seinen angestammten Platz verlässt, sind ein gutes Beispiel.

In einem streng begrenzten Szenario tobt sich das Böse aus. In einem Städtchen, in dem jeder jeden und jede kennt, da ist es für Einheimische schwer, ein Querulant zu sein. Wenn also etwas geschieht, etwas Schlimmes, dann muss es von außerhalb hereingetragen worden sein. Der Leser weiß gleich zu Beginn, woher das Böse kommt, wann es angekommen ist. Und das ist gleichermaßen eine Fährte, die den Leser ein wenig aufs Glatteis führt. Denn er weiß eben doch nicht alles. Neue Personen auf dem Spielfeld versprechen neue Wendungen. Es wird gewalttätig, aber ebenso lässt ALEJANDRO JODOROWSKY Kriminalelemente einfließen, denn in der kurzen Zeit häufen sich die Verbrechen unterschiedlichster Art. Und so gibt es sogar eine Spurensuche und Ermittlung, wie sie im guten alten Krimi gang und gäbe ist. Ein gutes Gegengewicht zu ziemlich stark choreographierten Schießereien, wie sie in keinem Western fehlen dürfen.

Häufig ließ sich in Geschichten von ALEJANDRO JODOROWSKY beobachten, wie sehr er seine Hauptfiguren leiden lassen kann. Mit BOUNCER verhält es sich hier ähnlich. Wer gerne mit Sympathieträgern mitleidet, kann hier gar nicht anders. BOUNCER, ein Charakter, der immer bemüht ist, das Richtige zu tun, ereilt hier nicht nur ein trauriges Schicksal, er muss gleichzeitig mit großer Trauer umgehen. Das nichst daran ändert, dass ALEJANDRO JODOROWSKY die Geschichte wendungsreich angelegt hat, nicht übertrieben und nicht aus dem Hut gezaubert. Freunde der neuen realistischen Sorte von WESTERN ebenso wie jene, die der ITALO-VARIANTE anhängen, werden hier absolut fündig, auch ohne Vorkenntnisse der bisherigen Handlungen.

FRANCOIS BOUCQ ist nicht nur ein langjähriger Wegbegleiter von ALEJANDRO JODOROWSKY, er gehört mittlerweile auch zu den Comic-Künstler-Veteranen. Er gehört nicht ganz zu den alten Jahrgängen wie ein JEAN GIRAUD oder ein HERMANN HUPPEN, beides großartige Western-Zeichner, aber er zeichnet in ihrer Tradition weiter. Das sind handgemacht aus, mit deutlichem Tuschestrich und organischem Farbauftrag. Das ist ein Comic-Künstler, der auf tragisch-epische Szenarien angesetzt werden kann und aus den geschriebenen Vorlagen starke, echte Charaktere kreiert, die einem Leser ans Herz wachsen können.

Seine grafisch gestalteten Figuren passen sehr gut zum Western-Genre. Wer einmal Vergleiche anstellen möchte, sucht sich tatsächlich alte Fotografien jener Tage und wird schnell sehen, wie gut sich die Charaktere aus BOUNCER in diese schwarzweißen Rückblicke einreihen würden, ohne aufzufallen. Das zeigt nämlich gleichzeitig einen weiteren schönen Aspekt der Reihe: Authentizität. Keine Glorifizierung. Einfach ein genau gestalteter Blick auf eine Gegend im Nirgendwo, die versucht, sich einen zivilisierten Anstrich zu geben. Nebst Bank und Sheriff, nebst Bordell und Saloon, auch eine Feuerwehr und sogar hier in dieser kleinen Stadt ein Chinatown. Und ganz nebenbei rennen immer noch die Rinder durch die Straßen. Kurz: Eine stark eingefangene Western-Atmosphäre, absolut dicht, auf der ALEJANDRO JODOROWSKY seine Drama-Tragödie vorantreiben kann.

BOUNCER ist jetzt schon eine seit Jahrzehnten wachsende Western-Serie, die zu den Top-Reihen ihres Genres zählt. FRANCOIS BOUCQ hat als Comic-Zeichner auch andere Genres bedient (z.B. Thriller wie JANITOR), aber im WESTERN hat er als Künstler ein Zuhause gefunden. ALEJANDRO JODOROWSKY, ein Experte für tragische Figuren, gönnt seinem BOUNCER nur wenige gute Momente, lässt ihn leiden und sich wieder aufrappeln. Kein strahlender HELD, aber ein KÄMPFER und STEHAUFMÄNNCHEN. Und mit Fug und Recht behauptet: Spannend und dramatisch von der allerersten bis zur letzten Seite. Vorbildlich. TOP! 🙂

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Dienstag, 02. April 2024

SUPERMAN – ROT UND BLAU

Filed under: Superhelden — Michael um 9:57

SUPERMAN – ROT UND BLAUEs war einmal ein Superheld namens SUPERMAN, dessen Trikot-Farben vornehmlich aus ROT UND BLAU bestanden (sieht man von den gelben Farbtupfern im Logo und im Gürtel ab). Seit Jahrzehnten, einer gefühlten Ewigkeit ist der Held vom anderen Stern auf der Erde unterwegs, sehr oft im erfundenen METROPOLIS und tritt gegen unterschiedlichste Gegner an, allen voran natürlich LEX LUTHOR, das neidische Verbrechergenie. Aber das Universum von SUPERMAN ist freilich viel reichhaltiger, wie das Titelbild des vorliegenden Sonderbandes mit dem Titel ROT UND BLAU beweist. Allein die engste Heldenfamilie mit diversen SUPERTIEREN (KATZE, PFERD, besonders KRYPTO, der Hund vom anderen Stern), STEEL, nicht nur einem SUPERBOY, einem SUPERGIRL einem POWER GIRL. Selbstverständlich darf LOIS LANE nicht fehlen, die Varianten SUPERMAN ROT und SUPERMAN BLAU oder BIZARRO. Um nur ein paar zu nennen, die das Cover zieren.

Um was geht es hier eigentlich? GESCHICHTEN. Eine ziemliche Bandbreite von EPISODEN, die einen SUPERMAN teils so grundverschieden von seinen großen Abenteuern zeigen, wie es nur selten geschieht. Und das alles in einer Mixtur aus BLAUtönen, ROTtönen und Schwarzanteilen. Das ist ein farbliches EXPERIMENT, aus dem ein eindrückliches Bilderlebnis entsteht, so manchen Moment unterstützt, unterstreicht und in vielen Fällen die menschliche Seite des Kryptoniers, als SUPERMAN oder CLARK KENT, näherbringt.

Da setzt sich ein SUPERMAN mit seinen eigenen FOLTERERFAHRUNGEN auseinander oder löst einen RAUBÜBERFALL als CLARK KENT einfach, indem er mit dem Räuber spricht, von Mensch zu Mensch. Die Geschichten lassen kaum eine Altersstufe des STÄHLERNEN aus, noch beschränken sie sich rein auf die ERDE. Manchmal ist der Anlass einer Episode ziemlich schlicht. Bezeichnend hierfür ist ein Umzug. SUPERMAN und SUPERGIRL suchen ein neues Zuhause. Doch leider hat SUPERGIRLS KATZE keine Lust, sich zu diesem Zweck in eine Transportbox packen zu lassen. Kurz darauf fliegt eine Katze mit rotem Cape AMOK. Die Geschichte ist äußerst nostalgisch zu bewerten, ist doch kurz das merkwürdige SUPERMAN SPACESHIP (samt seiner Hände) zu sehen (damals auch als kurioses SPIELZEUG erhältlich).

NOSTALGIE finden nicht nur die Leser, sondern auch die Figuren selbst. Wenn SUPERMAN selber VATER wird und an JONATHAN KENT zurückdenkt, den er bei all seinen Kräften nicht retten konnte. Oder eine Story, in der MARTHA KENT im Mittelpunkt steht und sich gegenüber ihren Freundinnen (offenbar die KLATSCHBASEN von SMALLVILLE) positioniert und klarstellt, dass CLARK nicht adoptiert ist (wie Gerüchte behaupten). An anderer Stelle rettet SUPERMAN noch mal eben die Welt und schafft es dennoch noch rechtzeitig zum Essen mit seinen Freunden BRUCE WAYNE und DIANA PRINCE im Restaurant vor Ort zu sein.

Gleichzeitig schlagen die Stories den weiten Bogen von der Entstehung des kryptonischen Charakters bis in die Neuzeit, da der Mut SUPERMANS, seine Geheimidentität in der Öffentlichkeit zu verraten, einem Jugendlichen dazu inspiriert sich endlich vor der Familie und allen anderen zu outen. Neben solchen echten, ernsten Themen die WELTRAUMABENTEUER, den Kampf gegen feindliche MONSTER oder auch den Schabernackquatsch zwischen SUPIE und MR MXYZPTLK (der hier eine neue, frische FUNNYSEITE erfährt).

Grafisch ist für den Leser alles dabei. Klassisch, sehr fein, penibel oder auch rebellisch, krass, grob. Stilistisch, dass muss man unterschreiben, ist die Umsetzung stets der Geschichte angepasst. Wenn die GRAFIK eher PUNK ist, dann geht auch im Abenteuer der PUNK ab. Entsprechend verhält es sich, wenn es zum Beispiel menschelt. Dann ist auch die Stilistik ruhiger, klarer.

Ein toller Querschnitt über eine COMICFIGUR, die POPKULTURGESCHICHTE geschrieben hat und weiterhein schreibt. Es ist schön zu sehen, dass SUPERMAN nicht immer das EVENT oder ein wahnsinnig großes CROSSOVER braucht, um zu unterhalten. Nach BATMAN SCHWARZ WEISS oder im anderen Comic-Universum einem WOLVERINE SCHWARZ, WEISS UND BLUT erhält auch der STÄHLERNE seine über Farbkompositionen erzählten Geschichten. Sehr unterhaltsam, neu, nostalgisch, experimentell und versiert. Eine starke Nummer! 🙂

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