Mittwoch, 29. November 2023
Ein MÖRDER geht auf den Straßen von BRÜSSEL um. Der Winter hat seine weiße Schneepracht über der Stadt ausgebreitet. Nachts bleiben die Menschen lieber daheim. Nur wenige Auots sind unterwegs und hinterlassen Spuren im frisch fallenden Schnee. SUZY BELAIR, eine Barsängerin, wurde soeben von ihrem Chef darauf hingewiesen, dass ihr Auftritt leblos, kraftlos sei. Der Abend ist gelaufen, die Laune im Keller. SUZY macht sich auf den Heimweg, ärgerlich über den Schnee. An manchen Tagen geht eben alles schief. Sie soll sich diesbezüglich nicht täuschen.
ROBERT SAX ist zurück! In der 2. Episode, VERLORENES PARADIES, erwartet den Leser ein geheimnisvolleres BRÜSSEL als zuletzt. RODOLPHE nicht so ganz zufällig in diesen Thriller stolpern. Eine Nachricht trifft ROBERT SAX ins Herz. Sofort ist der Held auf den Beinen und versucht von dieser Nachricht eine Verbindung zu seiner eigenen Vergangenheit herzustellen. Der Leser erfährt mehr über den Mann, der doch mehr als eine Art Hallodri daherkam und nun plötzlich mit einer todernsten Traurigkeit umgehen muss. Dieses Kippen des Charakters gibt der ganzen Handlung ein starkes Gewicht und der Figur des ROBERT SAX zusätzliche Ecken und Kanten, die nicht nur ihn interessanter machen. Auch das BRÜSSEL der 1950er Jahre ist mit seinem altstädtischen Charme, seinen verschneiten Gassen die perfekte Krimikulisse.
Dabei belassen es RODOLPHE und LOUIS ALLOING (sowie Kolorist DRAC) es nicht. Neben falschen Fährten, die hier ausgelegt werden, lassen die Comic-Künstler es sich nicht nehmen, einen absoluten Automobilklassiker in Szene zu setzen: einen PLYMOUTH FURY, Baujahr 1958, knallrot, mit weißen Seitenstreifen. Natürlich hätten sich die Comic-Künstler für jedes Automobil zu diesem Zweck entscheiden können. Automobile Klassiker aus jenen Tagen gibt es reichlich, auch sportliche. Und das Ergebnis? Ganz einfach: die Szenen mit dem PLYMOUTH FURY, als fahrbares Utensil ebenso wie als kurzfristige Werkstattkulisse sind schlicht eine Augenweide. 🙂
RODOLPHE gelingt eine ausgewogene Mischung aus persönlicher Tragödie, aus detektivischer Arbeit, Action und dem Aufbau von Beziehungen und dem Vertiefen von Freundschaften. ROBERT SAX als Serienheld kommt dem Leser näher. Neben der Spannungssteigerung gelingt es RODOLPHE, Mitleid für ROBERT SAX zu wecken. Plötzlich wird aus dem Tunichtgut und Schürzenjäger ein Mann, der mit seiner Vergangenheit (völlig zu Recht) hadert und bei anderen Menschen nur langsam auftaut.
LOUIS ALLOING kann sich für Szenen generell Zeit lassen. Der Aufbau, oft über mehrere Seiten hinweg, ist ruhig (für den Leser, nicht grundsätzlich für ROBERT SAX oder seine Mitstreiter). Bilder (und Text) leiten den Leser ungeheuer versiert, streuen Atmosphöre und Information punktgenau ein. Ein gutes Beispiel ist ein Gespräch zwischen dem Chefmechaniker von ROBERT SAX und der Sekretärin. Aktuelles Geschehen und Rückblick werden geschickt, für das Auge flüssig, ineinander verwoben.
Sehr viel ernsthafter als die erste Folge kommt Band 2 der Serie ROBERT SAX daher. Gab es im ersten Thriller noch Anflüge einer humoristischen oder auch satirischen Note, geht es hier (wie bei einem Krimi mit einem Serienmörder nicht anders zu erwarten) todernst zur Sache. ROBERT SAX selbst muss sich seiner Vergangenheit stellen. Die damit erreichte dramatische Tiefe richtet sich alsbald nach außen, denn eine alte Wunde scheint nur durch die Lösung eines Kriminalfalls zu schließen sein. VERLORENES PARADIES nennt RODOLPHE diese Wunde. Gleichzeitig ist VERLORENES PARADIES auch ein Schwelgen in einer leicht romantisierten BRÜSSELER VERGANGENHEIT (in der nicht alles besser war, aber vielleicht eine Spur konzentrierter). LOUIS ALLOING, der Zeichner, hat seine Figuren und sein dramatisches Umfeld im Griff, vertrautes Ambiente, vertraute Charaktere, die zudem an der Geschichte wachsen dürfen. Ein Wohlfühlkrimi! 🙂
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Sonntag, 19. November 2023
Buchstäblich jede Reise hat ein Ende. Die Expedition unter der Leitung der beiden Abenteurer MERIWETHER LEWIS und WILLIAM CLARK ist auf ihrer letzten Etappe des beschwerlichen Weges, der sie zur pazifischen Küste des nordamerikanischen Kontinents führen soll. Hetzend, gejagt und von einer unglaublichen Idee beseelt ist die Gruppe seit ihrem Aufbruch nicht nur sehr dezimiert, sondern auch innerlich zerrissen. Freund und Feind sind schon lange nicht mehr klar definiert. Augenblicklich braucht man sich, denn das Land wehrt sich weiterhin gegen die Eindringlinge. MONSTER können in jeder Verkleidung überall lauern. Das Erklimmen einer Felswand, gefährlich genug selbst für erfahrene Kletterer, wird rasch zu einer Belastungsprobe für die gesamte Gruppe …
Seit 2013 befinden sich MERIWETHER LEWIS und WILLIAM CLARK auf ihrer Comic-Reise. In diesem Medium ist das eine sehr lange Zeit, vor allem da es sich um eine neue Reihe handelte. Weltweit gab es einige bremsende Widrigkeiten, an denen kaum einer vorbeikam. Acht Hardcover-Bände sind heruntergebrochen auf die komplette Reihe 48 Ausgaben, die insgesamt erschienen sind. CHRIS DINGESS stützte sich zu Beginn auf wahre Begebenheiten, nämlich die tatsächliche Expedition von LEWIS und CLARK, die selbstverständlich Eingang in amerikanische Geschichtsbücher gefunden hat. Alles weitere dazwischen, von der Ost- zur Westküste, ist weitestgehend gruselig und spannend fabuliert, sieht man von einigen Charakteren ab, die ebenso wirklich an der Reise beteiligt waren.
Eine ganz wichtige Figur hierbei ist SACAGAWEA, indianischer Abstammung und Mutter eines Sohnes. Dieses Kind spielt eine wichtige Rolle im Endspurt der Geschichte, denn (so hat es sich CHRIS DINGESS ausgedacht) es hängt das Schicksal eines Kontinents und eines noch jungen Staates von ihm ab. Es ist ein KRIEGSKIND, der Sproß zweier verfeindeter Parteien, entsprechend groß ist seine Bedeutung. Ausgerechnet SACAGAWEA, die den weißen Eindringlingen eigentlich nichts schuldet (obwohl sie auch eine gewisse Dankbarkeit empfindet), will die aufgezwungene Aufgabe erfüllen. Am Ende wartet, wählt man den Gamer-Jargon, der BOSS-GEGNER, ein DÄMON namens NAVATH (nicht der Teufel, wie zu erwarten gewesen wäre, aber nah dran).
Der Erfolg der Serie hat verschiedene Gründe. Einer ist die hervorragende Charakterzeichnung der Figuren und ihre Entwicklung über die Reise hinweg. Unterschiedlichste Einflüsse haben die Charaktere geformt. Tiefste Ängste mussten bezwungen werden. Hass wurde geschürt, teilweise besiegt. Unmenschliche Anstrengungen wurden vollbracht. CHRISS DINGESS hat seine Figuren einmal durch die Hölle und zurück geschickt. Nach den körperlichen Herausforderungen werden nun die SEELEN der Reisenden auf eine besondere Probe gestellt. NAVATH ist einer jener DÄMONEN, die zu den geschickten Manipulatoren gehören. Sie quälen ihre Opfer gerne mit Wahrheiten (natürlich auch körperlich, daraus macht er gar keinen Hehl), weil die innere Vernichtung, eine unsichtbare Qual des Menschen dem DÄMON eine ungeheure Freude bereitet.
Gleichzeitig fallen einige Masken zum Schluss. Es gibt Enthüllungen und dabei kommt so mancher Beteiligter überhaupt nicht gut weg. Das ist von CHRISS DINGESS verdammt gut gelöst und erzählt, außerdem konsequent. Hier werden keine falschen Helden aufgebaut. Sie (und ihre Träume und Ziele) werden eher zertrümmert. BAND 8, mit dem Titel SACRIFICIUM & REDITUS, ist so abgrundtief düster geraten, dass er sogar die sieben Vorläuferbände abhängt. Es gibt nur eine Sequenz, die etwas Glück und Freude (bei den Figuren) verbreitet (und die währt nicht lange).
Erzählerische Kunst ist die eine Seite, die grafische Gestaltung ist die andere. Hierfür standen zwei absolute Könner bereit, nämlich MATTHEW ROBERTS (Zeichnungen) und OWEN GIENI (Farben). Die leicht ausgeführten Figuren zusammen mit einer organischen Farbgebung ergeben einen Zeichentrickcharakter früherer Machart, weit entfernt von computergenerierten Zeichnungen heutiger Produktionen. Die Farbgebung von OWEN GIENI, die wirkt, als sei er mit Gouache, Aquarell, teils Buntstift zu Werke gegangen, ist erfrischend vielfältig. Wenn Farben es gestattet wird, ineinander zu verlaufen, Lichter aufgesetzt werden, abschattiert wird, je nach Sonneneinstrahlung (oder nächtlicher Atmosphäre, Feuerschein). Manche Seiten folgen einer Farbstimmung und erzählen zusätzlich zur Szene, zum Text (soweit vorhanden) noch eine zusätzliche Spur. Das Ergebnis ist ein höchst intensives Leseerlebnis.
Ein dramatischer Abschluss, ein trauriger Abschluss. Es ist spannend, weiterhin, aber zum Ende stehen andere Ziele der Geschichte im Vordergrund. CHRIS DINGESS gibt den verbliebenen Charakteren sehr viel Raum, sich dem Leser zum Schluss zu erklären. Haben sich Träume erfüllt? Hat sich das Leben verändert, auch für die Zukunft (in den meisten Fällen, aber kaum zum Besseren)? Selbst auf der dämonischen Ebene ist ein NAVATH nachvollziehbar. Das Böse kann begriffen werden. Optisch ist es ein Hammererlebnis in der achten und letzten Folge. MATTHEW ROBERTS und OWEN GIENI liefern ganz besonders hier, unabhängig vom mysteriösen Faktor der Geschichte, ein starkes Wildwestabenteuer ab, in dem die Wildnis von Nordamerika mehr ist als nur Kulisse. Eine der stärksten Mystery-Adventure-Serien der letzten Jahre (ganz gleich in welchem Medium)! Toller Abschluss! 🙂
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Freitag, 17. November 2023
SONNY ist ein ganz normaler Mann, durchschnittlich, passt auf seine alte Mutter auf und schlittert da in eine Sache rein. Eine ganz besondere Sache. Eine besonders widerliche Sache. Furchtbar. Eigentlich wollte er nur helfen. Leben retten. Doch plötzlich sind da zwei Tote. Nackt. Gefoltert. SONNY kam zu spät. Aber er hat noch eine Chance. Er muss sich beeilen. Und er muss auf alles gefasst sein. Auf alles. Aber in erster Linie muss er sich verdammt beeilen! Bevor er schon wieder zu spät kommt.
RICK REMENDER hat sich nicht nur als Comic-Autor etabliert, sondern auch als Garant für starke Geschichten, die ungewöhnliche Wege gehen. A RIGHTEOUS THIRST FOR VENGEANCE ist eine dieser Geschichten. Mischungen aus FANTASY und SCIENCE FICTION, KILLER (wie in DEADLY CLASS) oder knallharte und satirische SPACE OPERA (wie in FEAR AGENT) waren seine bisherigen Themen.
RICK REMENDER setzt sich selbst keine Grenzen, nimmt Bekanntes und setzt Neues hinzu oder stellt direkt ein Genre auf den Kopf. Hier in A RIGHTEOUS THIRST FOR VENGEANCE ist er sehr ernst, sehr nah an der Realität (na, ungefähr, denn wer die Nachrichten verfolgt, wird einige Parallelen finden), mitreißend, aufwühlend, mit einer Story, die den Leser (mir) zuweilen ein paar Atemaussetzer beschert hat. Ähnlich, wie es ein Film oder eine Serie manchmal vermag, schafft es A RIGHTEOUS THIRST FOR VENGEANCE, einen die Umgebung vergessen zu lassen und ganz in die Handlung einzutauchen.
Es gibt nur wenige Brüche, die zum Aufatmen einladen, allenfalls dann, wenn die Handlung einen Sprung hinlegt, zum Beispiel ein halbes Jahr verstreicht. Zuvor, wenn der Leser die vergehenden Stunden ausführlich mitverfolgen kann, bleibt keine Zeit für eine Pause. Außerdem erzählt RICK REMENDER seinen THRILLER unter eine Prämisse: TRAUE NIEMANDEM. Unter dieser Voraussetzung hält RICK REMENDER die Spannung non-stop hoch, denn man weiß NIE (!), wo der nächste Wendepunkt wartet, welches Schicksal im nächsten Moment um die Ecke kommt.
So eine Geschichte, spannend und brutal, braucht einen Comic-Künstler, der die Geschichte möglichst realistisch inszenieren kann, ansonsten funktioniert es nur halb so gut. ANDRÉ LIMA ARAÚJO (und CHRIS O’HALLORAN) ist so ein Zeichner, der aus einem anfangs unbekannten Charakter eine lebende und leidende Figur macht, die dem Leser ans Herz wächst: SONNY. Stilistisch bedient sich ANDRÉ LIMA ARAÚJO beim MANGA und bei modernen AMERIKANISCHEN STILEN. Dünne Outlines, feinste Linien innen arbeiten die nötigsten Details heraus. Hautfalten, Faltenwurf der Kleidung, Schweißtropfen, Bartstoppeln. Dünn angelegte Streifenmuster symbolisieren rasante Geschwindigkeit. Daneben finden sich teils fein ausgearbeitete Hintergründe, wie es der MANGA- bzw. ANIME-FAN kennen mag. Hier kann es aber von beruflichen Hintegrund ANDRÉ LIMA ARAÚJOS herrühren, denn der Portugiese ist ebenfalls Architekt.
In Sachen Bildeinstellung und Zooms auf Gesichtsausdrücke werden MANGA-FANS ebenfalls einige der bekannten Techniken wiedererkennen. Aber COMIC-FANS mehr der amerikanischen Machart oder der europäischen müssen sich keine Sorgen machen und nicht abgeschreckt sein. A RIGHTEOUS THIRST FOR VENGEANCE nimmt sich gleichfalls ein Beispiel an filmischen Vorbildern. Lange Sequenzen, zueinandergehörende Bildfolgen erinnern an die Arbeiten von SERGIO LEONE oder QUENTIN TARANTINO, die Rasanz mancher Szenen könnte auch in einem Film von JOHN WOO vorkommen. Kurzum, die Bilder von ANDRÉ LIMA ARAÚJO (nach entsprechenden Vorgaben von RICK REMENDER) finden ihre Parallelen in der Popkultur, beziehen von dort ihre Modernität. Kennen muss man diese Idole und ihre Arbeiten aber nicht.
Helden wider Willen, Killer und finstere Machenschaften sind eine Seite der Medaille und erfinden das Rad nicht neu. Wo RICK REMENDER und ANDRÉ LIMA ARAÚJO enorm punkten können, sind Atmosphäre und Charakterentwicklung beziehungsweise die Charakterzeichnung. Plötzlich steht eine Aufgabe oder ein Problem im Raum. Wie wird das gelöst werden? Wird derjenige, den es betrifft, überhaupt darauf eingehen? Wird er sich zurückziehen oder den nächsten Schritt wagen? Darüber hinaus entwickelt RICK REMENDER keine Dialoglandschaft. Charaktere reagieren mitunter wortlos oder wortreduziert. Dem entgegen setzt ANDRÉ LIMA ARAÚJO Nuancen in Mimik und Gestik und erhöht so die Konzentration des Lesers auf die Details, die das Fundament der Geschichte auf der ganzen Strecke bilden.
Selten kommen Comics daher, die das Potential eines Vorbildcharakters für ein Genre haben: A RIGHTEOUS THIRST FOR VENGEANCE ist so eine Geschichte. Erzählweise, Aufbau, grafische Gestaltung, die Ausgewogenheit zwischen Ruhe und Spannung machen aus A RIGHTEOUS THIRST FOR VENGEANCE einen echten Pageturner. Das funktioniert als Comic und darüber hinaus generell als vorbildlicher Thriller. RICK REMENDER (Autor) und ANDRÉ LIMA ARAÚJO (Zeichner) präsentieren sich als Comic-Dreamteam. Starke Empfehlung! 🙂
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Donnerstag, 09. November 2023
Ganz Gallien ist von den Römern besetzt. Ganz Gallien? Nein, ein kleines Dorf voller unbeugsamer Gallier widersetzt sich den Besatzern dank seiner mutigen Krieger und eines Zaubertranks, der ihnen übermenschliche Kräfte verleiht. Die Geschichte ist sattsam bekannt. Die Geschichte entstand 1959, ein Zeichentrickfilm folgte bereits 1967. Dieses vorliegende Hörspiel wurde 1997 produziert. 26 Jahre her, aus heutiger Sicht. In Anbetracht der Erscheinung des mittlerweile 40. Bandes der Reihe, DIE WEISSE IRIS, sei mal ein Blick zurück riskiert auf ein Medium, das HÖRSPIEL, das die Comic-Figur ASTERIX nun sogar noch länger begleitet als die hier vorliegende Fassung von KARUSSELL.
Die Figuren im Hörspiel können mit ihren VORBILDERN (im wahrsten Sinne des Wortes) existieren, als Zugewinn, aber sie sollten auch ohne sie verständlich sein. Und das gelingt durch die stimmliche Besetzung, die so gelungen ist, dass sie gleichfalls für eine Synchronisation in Frage gekommen wäre.
WOLF FRASS (Jahrgang 1948) gibt als Erzähler den verschmitzten Unterton vor. ASTERIX ist in diesem Fall nicht nur ein Abenteuer für Kids, es ist in gewissem Sinn auch Comedy. Dieser Eindruck verstärkt sich mit der fortlaufenden Handlung (spätestens, wenn der römische Spion ins Lager der GALLIER kommt) und mit den Stimmen der HELDEN.
ASTERIX wird von PETER HEINRICH gesprochen (leider schon ein Jahr nach Veröffentlichung dieses Hörspiels verstorben) und mit einem Wort: Toll! Die Heiserkeit, die selbstbewusste Art des kleinen Kriegers, das alles passt hervorragend zum Charakter der Comic-Figur. OBELIX, gesprochen von DOUGLAS WELBAT, kommt hier handlungsbedingt noch etwas zu kurz, aber wo er dabei ist (zum Beispiel und ganz besonders bei der Ausgabe des ZAUBERTRANKS), liegt er goldrichtig mit seiner Interpretation des Hinkelsteinlieferanten. Der stimmliche Knaller, wo es wirklich zu 100 Prozent perfekt ist, ist WOLF RAHTJEN als MIRACULIX. WOLF RAHTJEN synchronisierte unter anderen mehr den MERLIN in der Zeichentrickserie PRINZ EISENHERZ, was zeigt, dass seine Stimme für einen alten Druiden prädestiniert war. In diesem MIRACULIX steckt richtig viel Leben drin.
Tolle Nummer, für KIDS, aber auch für Hörspielnostalgiker, die sich für frühere Einsätze starker Stimmen begeistern können, in einem echten Klassiker der Comic-Historie! 🙂
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Sonntag, 05. November 2023
JOVAN und ALIANA werden Eltern. Die kleine DANITZA wird in eine Zeit hineingeboren, in der MARSCHALL TITO mit harter Hand über JUGOSLAWIEN herrscht. JOVAN hat als Dorflehrer keinen leichten Stand. Gerüchte machen die Runde. Es heißt, sein Vater habe im 2. WELTKRIEG mit den Deutschen kollaboriert. Es dauert nicht lange und die feigen Anschuldigungen und Lügen aus dem Hinterhalt fallen bei den geheimdienstlichen Behörden auf fruchtbaren Boden. JOVAN wird verhaftet. Zur gleichen Zeit, jenseits des Atlantiks, in den Vereinigten Staaten von Amerika, hat NERIO WINCH ganz andere Probleme. Er ist Geschäftsmann, außerdem nur 155 Zentimeter groß, ein Umstand, über den sich so mancher seiner Gegner auf dem finanziellen Parkett lustig macht. Allerdings lachen sie nicht lange, denn wenn es um Geld geht, ist NERIO WINCH gnadenlos und von geradezu teuflischer Schläue …
JEAN VAN HAMME schuf mit der Serie um LARGO WINCH eine der erfolgreichsten Comic-Serien (neben mehreren anderen). Die Thrillerreihe (demnächst erscheint bereits Band 24) hat eine frische Hauptfigur. Durch den Tod des Adoptivvaters gerät der junge Mann an die Spitze der GRUPPE W, eines weltweit und unternehmerisch sehr diffenrenziert agierenden Konzerns. Von jetzt auf gleich liegt ihm ein milliardenschweres Imperium zu Füßen. Was zuerst als Segen für einen Habenichts wirken mag, entpuppt sich schnell (fast) als Fluch. Geld und Macht wecken Neid. Daraus resultieren Intrigen und im schlimmsten Fall Mord.
Aber wie konnte LARGOS Adoptivvater NERIO WINCH ein derartiges Vermögen aufbauen? Das erzählt die Familiensaga DAS SCHICKSAL DER WINCZLAV, beginnend in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im dritten und letzten Band der Trilogie, DANITZA 1965, spielt die Moderne eine immer größere Rolle und der Wiedererkennungswert mit unserer Gegenwart steigt drastisch an. Zumindest auf einer Seite des Atlantiks. JEAN VAN HAMME erzählt uns zwei verschiedene Familienstränge (die er später gekonnt verbindet). Und so unterschiedlich diese Erzählungen sind, so anders sind die Charaktere (und Schicksale), die der Leser hier kennenlernt. In grundverschiedenen gesellschaftlichen Schichten (obwohl es Überschneidungen gibt), nähern sich der amerikanische und der jugoslawische Familienzweig einander an.
JEAN VAN HAMME kann nicht ins kleinste Detail hinein erzählen. Der Platz steht zwangsläufig in diesem Format nicht zur Verfügung. Also muss er auf ausgewählte und wichtige Ereignisse setzen (selbst davon gibt es noch reichlich!). Hierbei sind die Gegensätze der Lebenswelten toll gelungen. Sie grenzen sich ungeheuer streng gegeneinander ab. Auf der einen Seite das mondäne Amerika der Upper Class, auf der anderen Seite die Niederungen eines real existierenden Kommunismus mit all seinen dunklen Seiten. Wie die Annäherung dieser beiden Seiten klappt, ist lesenswert und ein echtes Kabinettstückchen. Wichtig ist allerdings, den bisherigen Anlauf zu diesem Finale zu kennen.
Mit PHILIPPE BERTHET steht für diesen Dreiteiler ein Comic-Künstler an JEAN VAN HAMMES Seite, der extra für dieses Special in das LARGO-WINCH-Universum eingestiegen ist. Er pflegt einen völlig anderen Zeichenstil als der LARGO-WINCH-Veteran PHILIPPE FRANCQ. Die Welt um die Figuren herum ist mit präzisem Strich realistisch abgebildet, allerdings etwas idealisiert. Bei PHILIPPE BERTHET ist alles ein wenig schöner als in Wirklichkeit. In der Klarheit seiner Bilder findet sich kein Schmutz, selbst abgelegene Gegenden und Morde sind ziemlich reinlich. Allerdings bietet die Geschichte in dieser Idylle reichlich Abgründe. Und Kuriositäten gibt es auch. Ich glaube, in Comics wurde nie zuvor ein Trabbi als Fluchtfahrzeug verwendet.
PHILIPPE BERTHET gelingt es, die traurigen Momente der Handlung einzufangen, die wiederum manchem halbseidenem Erfolg gegenüberstehen. Die Geschichte der WINCZLAV ist in vielen Fällen furchtbar, voller Verzweiflung (vor allem auf der jugoslawischen Seite des Erdballs), die Inszenierung richtig (schön) theatralisch, eindrücklich. Nach JEAN VAN HAMMES Vorgaben bleiben einem die Charaktere nicht fremd, noch lässt ihr Schicksal einen kalt.
Ein starker Abschluss, traurig und tröstlich zugleich. Natürlich endet die Geschichte der Familie WINCZLAV hier nicht. JEAN VAN HAMME hat sich eine wahre Achterbahnfahrt für die Familie ausgedacht. Wer sich manche prominente Familien in den USA anschaut, kann kaum verneinen, dass es sich tatsächlich so zutragen könnte. Also Hut ab, vor diesem teils bitteren, finsteren Realismus. Weiterhin fein inszeniert von PHILIPPE BERTHET, inzwischen ein Comic-Veteran, aber ein ebensolcher Garant für ein tolles Comic-Vergnügen. Zwei Daumen hoch! 🙂
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Mittwoch, 01. November 2023
Wie konnten die meisten der irdischen HELDEN fallen? Wie konnte die ZOMBIE-APOKALYPSE die Oberhand gewinnen? HELDEN wie SUPERMAN, WONDER WOMAN oder jemand mit der Macht eines BLACK ADAM? In KAHNDAQ sorgt BLACK ADAM für Ordnung und hält die Seuche zurück. Die HELDEN der JUSTICE LEAGUE sind ihrerseits auf derSuche nach einem Zufluchtsort für Überlebende. BLACK ADAM will ihnen diesen rettenden Ort nicht gewähren. Die Grenzen von KAHNDAQ bleiben geschlossen. Wenig später will BLACK ADAM inkognito unter seinem Volk wandeln, will hören, was sie tatsächlich von ihm denken. Dabei begeht er einen verhängnisvollen Fehler …
TOM TAYLOR setzt seinen DC-HORROR fort. Eigentlich war nach dem ZOMBIE-VIRUS alles klar, die Erde über den Abgrund hinaus. Aber es ist eben nicht nur die Zeit der SEQUELS, sondern auch der PREQUELS und so erzählt DIE ZOMBIE-APOKALYPSE von dem, was während des Niedergangs der Menschheit noch alles geschah und wie einige HELDEN trotz ihrer Macht, dem ZOMBIE-VIRUS zum Opfer fielen.
Natürlich ist ein Opfer wie BLACK ADAM ein Garant für die Niederlage. TOM TAYLOR verändert für seine Fortsetzung ein paar Blickwinkel. Da geschehen Ereignisse aus der Sicht von JIMMY OLSEN. Wir erfahren, wie Leute im DAILY PLANET gerettet wurden. Wie zum Beispiel die ehemalige BLACK CANARY und nun neue GREEN LANTERN viele Überlebende in Sicherheit bringt. TOM TAYLOR setzt auf Drama, Drama, Drama, vor allem, wenn er einen Zufluchtsort ins Spiel bringt und neue Heldengesichter, die bislang in dieser Geschichte nicht auf dem Schirm auftauchten und ein Ort gerät ins Zentrum der Handlung: JÖTUNHEIM. Allein die Verteidigung dieser Festung ist im wahrsten Sinne des Wortes APOKALYPTISCH. Das Besondere sind einige neue Konstellationen sowie Figuren, deren Fähigkeiten plötzlich an Gewicht gewinnen und sogar für eine Verschiebung der Ergebnisse sorgen.
Ähnliche lässt sich auch über den Gastauftritte sagen. Nicht unbedingt handlungsrelevant, dafür sehr gelungen und überraschend ist der Auftritt von BOBO, dem SCHIMPANSEN, KRYPTO dem SUPERHUND und nicht zuletzt dem erst vor kurzem im Animationsfilm DC LEAGUE OF SUPERPETS auftretenden ACE, dem Hund von BATMAN. Wenn BOBO zwischen den Tieren vermittelt, wegen seiner Begabung, mit diesen sprechen zu können, wechselt eine ZOMBIE-APOKALYPSE wieder auf ein ganz anderes Level.
Verschiedene Zeichner arbeiten sehr unterschiedliche (allesamt gute und starke) Bilder heraus. Da gibt es punkige Anflüge (passt zur Brutalität) mit einer Mixtur aus groben und extrem feinen Strichen. Da gibt es einen tollen Realismus mit einem SUPERMAN, der einem CHRISTOPHER REEVE schon recht ähnlich sieht. Da finden sich Bilder, die einerseits moderner, junger amerikanischer Comic sind, andererseits auch Spuren von Animestilistik enthalten. Und schlussendlich findet auch jener Style seine Nachahmer, wie sie Animationsserien um SUPERMAN, BATMAN und BATMAN UND ROBIN in den 1990ern geprägt haben. Da ist wirklich für jeden etwas dabei und alles ist auf seine Art meisterlich.
Ja, DIE ZOMBIE-APOKALYPSE, sie ist furchtbar (gut), hat ihre komischen Momente, ist aber meistens hart, schnell und fügt sich klasse in den bisherigen Erzählstrang ein (wie gesagt PREQUEL). Das Ende, obwohl es natürlich so kommen muss, ist bombastisch. Top! 🙂
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