Samstag, 26. August 2023
ROBERT SAX führt die geerbte Autowerkstatt, aber irgendwie ist er fehl am Platz. Seine Sekretärin hat das Büro besser im Griff als er. Außerdem ist der Chefmechaniker Raul um einige Grade der bessere Reparateur als ROBERT SAX. Da trifft es sich, wenn das Telefon klingelt und etwas scheinbar Wichtiges zu erledigen ist. Am besten solche Kleinigkeiten, die außerhalb der Werkstatt erledigt werden müssen. Eines Tages ruft ROBERTS Freund BOON an. BOON betreibt einen Buchladen und berichtet über ein seltsames Erlebnis. Was zuerst nur als eine Kuriosität im Brüsseler Alltag daherkommt, binnen kurzer Zeit zu einem Fall, bei dem sich Spione und Killer die Klinke in die Hand geben.
Comic kann vieles. Ganz besonders toll ist es, wenn der Leser hierdurch in andere Welten oder in die Vergangenheit eintauchen kann. Mit ROBERT SAX gelingt genau letzteres Kunststück. Der Comic-Veteran RODOLPHE (Szenarist) und Zeichner LOUIS ALLOING mit in die aufblühenden 1950er Jahre, ins beschauliche Brüssel. Die Stadt schwankt zwischen altertümlichen Bauten und der nahenden Moderne, repräsentiert durch die EXPO 1958, in der das ATOMIUM, ein futuristischer Bau in Form eines gigantischen Verbunds aus neun ATOMEN, es schafft, das MANNEKEN PIS als weltweites Wahrzeichen der Stadt zu verdrängen. Aber es ist auch eine Hochzeit des KALTEN KRIEGES, in der Fortschritt gleichzeitig einen Vorsprung vor feindlichen Mächten bedeutet. Und als Ausdruck dieser Fortschrittshörigkeit kommt NUCLEON 58 ins Spiel.
ROBERT SAX schlittert in seinen ersten Fall wie die berühmte Jungfrau zum Kinde. Er demonstriert, dass er eben kein JAMES BOND oder ein anderer Geheimagent ist. An der Bar sitzen, kann er ganz gut, mit Frauen flirten auch, wenn allerdings Schusswaffen ins Spiel kommen oder gar körperliche Gewalt, dann hat sich das in entsprechenden Romanen wahrscheinlich leichter gelesen, als es in Wahrheit ist. ROBERT SAX muss diese Erfahrung jedenfalls ziemlich handfest machen. Auf der anderen Seite sind seine Fähigkeiten als Detektiv nicht übel. Noch nicht ausgereift, weil er das Handwerk nicht gelernt, aber immerhin verfügt er über ein paar polizeiliche Kontakte.
RODOLPHE hat seine Erfahrungen mit kriminalistischen Szenarien gesammelt. Hier wagt er zusammen mit LOUIS ALLOING einen geradezu nostalgischen Comic-Schritt. In vielerlei Hinsicht ist es auch eine Liebeserklärung an die Stadt Brüssel. Betrachtet man die Innenstadt, deren gebäude nicht unter dem Krieg gelitten haben und stellt ihn die neue moderne Sachlichkeit entgegen, der Verwaltungsgebäude, der glatten, glanzlosen Fassaden oder sogar ROBERT SAX‘ Wohnhaus, das sich heutzutage noch betonfrisch ins Stadtbild einfügen würde, merkt man allein an diesen Äußerlichkeiten, dass etwas im Wandel ist.
ROBERT SAX ist noch nicht ganz in dieser sich verändernden Welt angekommen. Sein Frauenbild ist etwas von gestern, während die jungen Frauen, denen er begegnet, schon einen Schritt weiter sind. Da mag eine flappsige Bemerkung seine Gesprächspartnerin vor den Kopf stoßen, und er ist ein Mannsbild, dessen Sensibilität diese Reaktion nicht einmal bemerkt. RODOLPHE hat viele kleine Charakterzüge eingearbeitet, kleine Szenen, die Leser dem zeigen, wo ROBERT SAX steht und wie er tatsächlich einen Lernprozess durchmacht.
AGENTEN IN DER DUNKLEN STADT: Ja, es ist todernst. Wer sich in dieses Geschäft begibt, kann sterben. Aber es mischt sich auch ein wenig Comedy unter, denn das Erreichen der Ziele erfordert manchmal Improvisation. Die wiederum fällt infolge einer gewissen Grundnervosität etwas unprofessionell aus. Keine Sorge, die Thrillerelemente überwiegen. RODOLPHE und LOUIS ALLOING lassen durchaus die Klassiker des Genres hochleben (DER UNSICHTBARE DRITTE, DER DRITTE MANN etc.). Das fällt besonders auf, wenn es ans Schleichen und Horchen geht und Verstecken die bessere Alternative ist.
LOUIS ALLOING arbeitet nicht mit der berühmten Ligne claire, die gerade in den Figuren den Realismus etwas vergessen lässt. LOUIS ALLOING ist immer noch sehr exakt, aber es darf auch mal etwas kantiger, etwas ruppiger sein, da darf sich eine Verdickung in eine Linie einschleichen. Sehr sauber insgesamt, doch nicht aus dem Ei gepellt. Feststellen lässt sich, wie sehr er sich in das alte Brüssel eingearbeitet hat. Automobile, Mode und Architektur bezeichnen die Veränderungen des Lebens jene 1950er Jahre. Formen brechen aus (wie bei den Fahrzeugen), eine Frau im roten Kleid fällt auf (und sei das Kleid nach heutigen Gesichtspunkten noch so bieder). Details bringen ein Lebensgefühl auf den Punkt, die grafische Fülle unterfüttert die starke Atmosphäre.
Wer die 1950er mag, wer Thriller vor dieser Kulisse mag und eben in einer besonderen europäischen Stadt wie Brüssel (nicht nur wie so oft in den USA), einen Helden wider Willen (der noch an sich arbeitet und mit seiner Aufgabe sichtlich wächst), ein tolles Gespür für den richtigen Moment und spannungssteigernde Elemente sowie den Umbruch jener Tage, der liegt mit dem Auftaktband von ROBERT SAX goldrichtig. Alle anderen dürfen ebenfalls einen Blick in diese fein erzählte und illustrierte Agentengeschichte riskieren! 🙂
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Dienstag, 22. August 2023
Eine der mächtigsten Kreaturen des Universums, der PHOENIX, suchte sich einst eine der mächtigsten Mutantinnen der Erde, JEAN GREY, als Hülle und stiftete großes Unheil – vereinfacht gesagt. JEAN GREY starb. Doch plötzlich, als sich vieles bei den X-MEN verändert hat, ihr ehemaliger Ehemann SCOTT SUMMERS eine neue Liebe gefunden hat, rührt sich etwas in den Tiefen von JEAN GREYS Grab. Ein halb verwester Leichnam gräbt sich durch die Erde, regeneriert sich mit Hilfe des PHOENIX. Aber ist sie wirklich die JEAN GREY, die alle kannten, die Freundin, die Kampfgefährtin? Oder ist sie etwas ganz anderes geworden?
GREG PAK hat den PHOENIX zurückgeholt. In gleich zwei aufeinander folgenden Geschichten, ENDSONG und WARSONG, sucht sich der PHOENIX ein neues Gefäß und wird zu einer gigantischen Bedrohung. Es schaukelt sich langsam auf. Zu Beginn kann keiner der X-MEN, nicht einmal EMMA FROST, genau sagen, ob es sich nicht um eine Täuschung handelt. In ENDSONG geht es um Macht. Um eine Macht, die der PHOENIX besitzt, nämlich jene über Leben und Tod. Liebe ist im Spiel, sogar reichlich, denn SCOTT SUMMERS war nicht der einzige Mann, der sich zu JEAN GREY hingezogen fühlte. Darüber hinaus, der wahre Grund für das Spiel des PHOENIX, gibt sich QUENTIN zu erkennen, ein junger Mutant, der nichts geringeres möchte, als seine große Liebe wieder LEBENDIG im Arm zu halten.
GREG PAK entwickelt eine erste Geschichte mit ENDSONG, in der die X-MEN mit sich selbst beschäftigt sind. Keine äußere Bedrohung (na, eine vergleichsweise kleine, aber die ist zu vernachlässigen). Dank der grafischen Umsetzung von GREG LAND wird ein KINTOPP-ERLEBNIS daraus, denn GREG LAND arbeitet gerne nah am Fotorealismus und verwendet Vorlagen aus dem Umfeld von HOLLYWOOD (manchmal sogar wiedererkennbar, manchmal machen sich Comic-Fans sogar auf die Suche nach dem entsprechenden Foto). Das ist ein wenig mystisch, gruselig und entfaltet eine gehörige Portion Fantasy-Feeling.
In der zweiten Geschichte, eine neuerliche Rückkehr des PHOENIX, mit dem Titel WARSONG, arbeitet auch Gefühle heraus, lüftet aber darüber hinaus ein ungeheuerliches Geheimnis (im wahrsten Sinne des Wortes!) und ist schon actionlastiger als die erste Hälfte des Bandes. Das Tempo ist größer. Außerdem, im Gegensatz zu ENDSONG, hat WARSONG für das MARVEL-UNIVERSUM durchaus Relevanz. Was in ENDSONG passierte, kann getrost vergessen werden. Es hat keinerlei Nachwirkungen. Ganz anders WARSONG, das die Zöglinge von EMMA FROST in den Mittelpunkt stellt.
Als Zeichner dieser zweiten Episode tritt TYLER KIRKHAM in Erscheinung. Stilistisch liegt er auf einer Welle wie JIM LEE, MICHAEL TURNER oder ALAN SILVESTRI. Seine Zeichnungen wirken jedoch viel technischer, weniger intuitiv, weniger leicht skizziert. Ihre Wirkung ist starrer, was sich in Action-Szenen bemerkbar macht. Das ist weiterhin durchweg sehr gut illustriert, geht nur nicht die letzte Strecke, wie es ein JIM LEE machen würde. Die Leistung der Koloristen JUSTIN PONSOR und JIM STARR ist von Anfang bis Ende großartig und macht hier und da eine Klippe der Zeichner wett.
Ein Wort: BOMBASTISCH. Die X-MEN im absoluten Mittelpunkt, nur die GUTEN MUTANTEN stehen hier ihren Mann und ihre Frau. Letzteren fällt eine besondere Rolle zu, sie sind die Auslöser eines höchst dramatischen Spiels. INSGESAMT STARK ILLUSTRIERT von Top-Zeichnern im Zusammenspiel mit einem tollen Grafik-Team! 🙂
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Freitag, 11. August 2023
1610. Spanien. In der Region Navarra. Der junge ALONSO DE SALAZAR Y FRIAS ist als Inquisitor unbequem. Geschützt durch einen mächtigen Mentor, selbst einmal einer Anklage entronnen, vertritt er stets einen ganz eigenen Standpunkt und erkennt schnell, wen er charakterlich vor sich hat und sieht die Schwächen im System der Inquisition. ALONSO redet manchmal zu schnell, die Zunge ist rascher als das Gehirn und ignoriert Konsequenzen. Das mag jedenfalls der Eindruck seiner Gesprächspartner sein, besonders aber GONZALO ist dieser Ansicht. Als Sekretär und Leibwächter muss er für seinen Herren häufiger in die Breche springen, als ihm lieb ist. Bislang ließ sich so manche Situation bereinigen, doch die neue Aufgabe zeigt Grenzen auf und offenbart Kräfte, gegen die ALONSO und seine Getreuen (erst recht nicht der Neuling DIEGO) noch nie antreten mussten.
Auf der Basis eines Seriendrehbuches entstand der Zweiteiler SALAZAR, dessen erste Folge hier vorliegt. DAVID ABAJO und JAVIER QUINTAS kreierten die Vorlage, EL TORRES adaptierte sie und IGNACIO NOÉ lieferte die grafische Umsetzung. Besonders letztere ist es, die der Geschichte eine enorme Lebendigkeit und Nähe verleiht.
LEBENDIGKEIT und NÄHE funktioniert über CHARAKTERE. Und hier sind natürlich erst einmal die Hauptfiguren gefragt: ALONSO, GONZALO, DIEGO und nicht zuletzt MARIA. Zeichner INGANCIO NOÉ hat bereits mit dem hierzulande erschienenen HELLDORADO bewiesen, dass er historische Stoffe bearbeiten kann. Damals wie heute ist der Schlüssel, Figuren zu erschaffen, die so aus einem alten Meistergemälde gestiegen sein könnten. Darum sei am Ende, im Anhang begonnen, wo IGNACIO NOÉ einen Einblick darin gibt, wie er seine Figuren findet und gestaltet.
Einerseits inspiriert von KOPTISCHEN GEMÄLDEN, andererseits fündig geworden bei Künstlern jener Epoche wie einem EL GRECO (1541-1614), DIEGO VELÁSQUEZ (1599-1660) oder BARTOLOMÉ ESTEBAN MURILLO (1617-1682) entsteht ein optisch hervorragend recherchiertes Werk. Außerdem gleichen diese hier gezeigten Menschen, wie sie sich ganz offensichtlich in jener Zeit gaben, weil sie vielleicht doch eine Spur anders aussahen als heute. Und ihre Kleidung, ihre Haartracht diesen Eindruck sogar noch unterstrich. IGNACIO NOÉ lässt den Leser in diese Zeitspanne eintauchen, in das, was heute noch architektonisch Bestand hat, und jenes, das im Miteinander und täglichem Leben verloren gegangen ist.
Der Look seiner Bilder wirkt stets etwas entrückt. Die Farben kommen der Natur sehr nahe, aber eben nur nahe. Es ist eine Spur künstlich. Das hat nichts mit einer Computerkolorierung zu tun (die es eben nun einmal ist). Das ist so vom Künstler gewollt. In Räumlichkeiten, die vom Kerzenlicht erhellt werden (oder in denen nur punktuell Ecken aus der Dunkelheit gezerrt werden und der Rest im Zeilicht bleibt), stellt sich ein natürlicher Effekt ein. Darüber hinaus ist alles etwas blasser als in Wirklichkeit.
IGNACIO NOÉ liebt den fetten, expressiven Strich. Seine Figuren stehen wuchtig im Bild, sie füllen ihren Platz aus. Gesichter, Konturen, Profile, Faltenwürfe sind wie herausgemeißelt, hart vor dem weichen Hintergrund. Die Wirkung ist prall, als wären die Figuren fassbar. Je weiter von Reklamebildlichkeit unserer Gegenwart entfernt, umso echter, grandioser ist die Wirkung der Figuren und gleichzeitig schauen sie lebendig gewordenen Statuen ähnlich, kolorierten Büsten noch früherer Tage, als es vor Charakterköpfen gewimmelt haben muss. Insgesamt arbeitet IGNACIO NOÉ, als platziere er Figuren auf einer Bühne und holt den Zuschauer auf einen möglichst naheliegenden Stuhl, halb mittendrin im Geschehen.
EL TORRES fiel die Aufgabe zu, das Drehbuch zu adaptieren. Im Anhang wird schön veranschaulicht, wie der Prozess dieser Arbeit (bis zur fertigen Comic-Seite) aussieht. Denn Drehbuchseite ist nicht gleich Comicvorlagenseite. Aufbau und Bilderabfolge sind nicht identisch. Nicht alles kann und muss im Comic ebenso wahrgenommen werden wie im Medium Film. Spannend wird es, wenn die ersten Kritzeleien einen Seitenaufbau andeuten, sich alles schließlich verdichtet und nach der Kolorierung am Ende der Text hinzugefügt wird. Die Arbeit heutzutage am Rechner vereinfacht diesen Prozess erheblich.
So mag es Bilder geben, die den Sprung vom Bildschirm nicht auf die Seite geschafft haben. Allerdings gibt es Bilder, die dort von IGNACIO NOÉ umgesetzt wurden. Umso schockierender sind sie (auch, da Schockmomente überaus sparsam verwendet werden). In einer sich stetig spannungssteigernden Handlung zupfen solche Momente an den Nerven des Lesers.
THRILLER, MYSTERY, HORROR, GRUSEL, HISTORIENABENTEUER: SALAZAR 1, JUDICA CAUSAM TUAM, vereinigt verschiedene Genres in sich. ALONSO DE SALAZAR Y FRIAS (den ein junger Vincent Cassel gespielt haben könnte) ist eine Hauptfigur, die den Leser schnell für sich einnimmt. Mit Ecken und Kanten, ein paar Schwächen, dafür umso mehr Stärken versehen, ist er eine Art kirchlicher Detektiv, der den in menschlichen Abgründen nach der Lösung suchen muss. Diese ist diesmal anders, als er es bislang erfahren musste. Ungewöhnlich, düster, hart, packend! Sehr gut! 🙂
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Dienstag, 08. August 2023
Nach den letzten Ereignissen sieht alles wieder nach einem ruhigen Lebensabschnitt aus. OWEN JOHNSON kann und darf sich wieder auf seine Familie konzentrieren, daheim in den Vereinigten Staaten von Amerika. Aber etwas hat sich verändert. Denn seine Familie weiß nun um seine Vergangenheit und um seine Fähigkeiten. OWEN JOHNSON beherrscht nicht nur die asiatische Kampfkunst, die ihm im ORDEN DER FLAMMENDEN FAUST beigebracht worden ist. Er verfügt außerdem über die Macht der FLAMMENDEN FAUST. Diese Fähigkeit ist seit langer, langer Zeit einzigartig und macht ihn zum Ziel. Und letztlich auch seine Familie.
ROBERT KIRKMAN, der Erfinder der Erfolgsserien THE WALKING DEAD und INVINCIBLE, schickt seinen Helden OWEN JOHNSON in die vierte Runde. Bereits in den ersten drei Bänden reaktivierte er das Genre KUNG FU EPOS, indem er ganz klassisch seinen amerikanischen Helden in ein asiatisches Kloster steckte. Das weckte allerlei SHAOLIN-Assoziationen. Doch ROBERT KIRKMAN ist als Autor (ähnlich wie ein QUENTIN TARANTINO) auf nostalgischen Spuren unterwegs. Er holte die ZOMBIES in die Gegenwart zurück, verpasste SUPERHELDEN eine Frischzellenkur, gab den DINOS einen neuen Kick. Und so verhält es sich auch mit den Krachern um KUNG FU, KARATE und andere Kampfkünste. ROBERT KIRKMAN setzt eine ordentliche (ziemlich fette) Portion FANTASY und MAGIE hinzu.
Das Titelbild des vierten Bandes gibt einen kleinen (wirklich nur einen kleinen) Eindruck. Oben glüht die FLAMMENFAUST, unten im Halbdunkel wartet das Böse, dessen Anführer von Schlangenkörpern umkränzt wird. Gut gegen Böse, Licht gegen Schatten, das ist der Kern von FIRE POWER. Und wieder ist mit OWEN JOHNSON ein Held am Start, der nicht um diesen Status gebeten, noch sich darum gerissen hat, diesen zu erlangen. Ganz im Gegenteil: Der Start der vierten Folge findet in den USA statt. Dort, wo OWEN JOHNSON bereits einmal glaubte, weit weg vom Geschehen und den Fehden zwischen ORDEN und CLAN zu sein. Kann der Leser es sich noch halbwegs vorstellen, wenn sich dunkle Schwert- und Karatekämpfer sich auf einem mystischen Berg in Asien bekriegen, fällt das im Umfeld einer ur-amerikanischen Vorstadtidylle schon schwerer. Aber es fasziniert auch viel mehr, wenn gerade dort die HÖLLE ausbricht.
CHRIS SAMNEE hat sich für MARVEL ausgiebig mit SUPERHELDEN beschäftigt. Darüber hinaus könnte er ohne Probleme und grafisch ansprechend eine komplette Geschichte über ein dramatisches, amerikanisches Vorstadtleben bestreiten, ganz im Stile von DESPERATE HOUSEWIVES, PRETTY LITTLE LIARS oder ähnlichem. Denn das gezeigte normale Leben der JOHNSONS, samt der Großeltern, der MIDDLE SCHOOL, dem Alltag von COPS (OWENS Frau ist eine Polizistin) funktioniert als Comic hervorragend und braucht sich nicht hinter anderen medialen Ausdrucksformen zu verstecken.
Aber ROBERT KIRKMAN ist eben nicht der Autor, der er nun mal ist, würde er sich mit derlei Themen begnügen. Für ihn sind sie nur eine Plattform, von der aus es sich durchstarten lässt (wenn er sie nicht gerade demontiert, wie er es in THE WALKING DEAD getan hat). Das BÖSE findet seinen Weg in die Idylle der Vorstadt. Das ist überraschend und geht mit einem Kippen der Farben einher. Plötzlich weicht das warme Licht, des Tages oder der Wohnzimmerlampen, einem giftigen Blaugrün oder es wird neongrell, wenn das BÖSE seine HEIMLICHKEITEN aufgeben kann und es seine Selbstherrlichkeit offen präsentieren kann. Natürlich nur, wenn es in der Überzahl ist.
Der Leser darf sich freuen! Aus der BESCHAULICHKEIT der amerikanischen VORSTADTIDYLLE wird es größer und größer und größer. Handelt es zu Beginn noch um Zweikämpfe, artet es in der zweiten Hälfte in epische Schlachten aus. Und das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Hier scheinen ROBERT KIRKMAN und CHRIS SAMNEE Gefallen daran gefunden zu haben, es so richtig gigantisch krachen zu lassen. Was angesichts der bisherigen Ereignisse schwer vorstellbar ist. Aber sie schaffen es! WOW! 🙂
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