Sonntag, 19. Juni 2022
BRIDGETTE, DUNCAN und ROSE besuchen einen Pub, das THE LANCELOT ARMS. Die dort versammelten Gäste sind alles andere als begeistert über das Auftauchen der Fremden. Bevor sich die Situation hochschaukelt, erscheint völlig überraschend eine dritte Partei: DER GRÜNE RITTER. Er fordert die Anwesenden zu einem Spiel auf. Wer sich dem Spiel verweigert, verliert seinen Kopf, mitleidlos und rasch. Erst ROSE – nach einem ziemlichen Gemetzel – hat die – vorerst – rettende Idee, wie der Rest der Anwesenden ihre Köpfe behalten können.
Viele Landstriche, Länder, ganze Kontinente haben ihre ganz eigenen besonderen Mythen. Und ein paar davon haben es sogar zu weltweiter Prominenz gebracht. KÖNIG ARTUS und seine berühmte TAFELRUNDE ist sicherlich eine davon. KIERON GILLEN hat sich dieser reichhaltigen mythologischen Landschaft angenommen. Längst nicht alles bisher hatte mit ARTUS zu tun, aber diese Figur sitzt immer noch im Kern der ANDERSWELT wie eine Spinne im Netz.
Der Leser, der nur halbwegs an englischen Mythen interessiert ist, wird bestimmt einmal auf ARTUS und seine damit verbundenen Legenden gestoßen sein. Aber keine (bestimmt gar keine!) wird auch nur ansatzweise mit den in ONCE & FUTURE auftretenden Interpretationen übereinstimmen. Neben den bisher bekannten Figuren aus den ersten beiden Bänden (MERLIN gehört natürlich auch dazu) tritt nicht nur DER GRÜNE RITTER auf (eine sehr skurrile Figur), sondern mit LANCELOT ein Charakter, der gerade in der SAGA um die diversen RITTER DER TAFELRUNDE eine sehr spezielle Rolle einnimmt.
KIERON GILLEN nimmt diese Figur und benutzt sie als Trigger, um weitere (folgenschwere) Ereignisse in Gang zu setzen. Um es sich vorstellen zu können (für jene, die bisher noch keinen Blick in ONCE & FUTURE geworfen haben): Zeichner DAN MORA hat aus den RITTERN eine Art ZOMBIE in einer RITTERRÜSTUNG gemacht. Ferner gibt er ihnen Eigenschaften mit, die auch über das übliche Maß einer fantastischen Kreatur hinausreichen. Das sorgt für viele (sehr viele) Überraschungen, nicht nur für den Leser, die Helden des Abenteuers sind ebenfalls öfters kurz vor der Sprachlosigkeit. Selbst BRIDGETTE, eine alte Dame mit MONSTERJÄGERVERGANGENHEIT, hat nicht alles, was ihr hier über den Weg läuft, schon gesehen.
Wie soll man die Mischung beschreiben? Vielleicht ist es so, als träfe BUFFY auf MONTY PYTHON und GAME OF THRONES. DRACHEN inklusive. DAN MORA (Zeichnungen) und TAMRA BONVILLAN (Farben) machen aus dieser Comic-Reihe etwas Herausragendes. Erzählung und Thema stechen bereits aus der Masse fantastischer und gruseliger Comics heraus. Die Bilder, das Arrangement der Bildfolgen, die Einfälle bei der Gestaltung der Kreaturen und ihrer Fähigkeiten sind ein echter Knaller. Sobald die ANDERSWELT in den Sequenzen dominiert und CAMELOT die Szenerie übernimmt, entspinnt sich eine fantastische Bilderwucht. Was qualitativ auf den Covern zu sehen ist, erhält der Leser ebenso im Innenteil.
Die Szenen im heutigen Eingland lassen sich als Action-Thriller umschreiben (solange nichts ÜBERNATÜRLICHES den Weg der drei Helden kreuzt; auch das kommt vor). Das allein hätte bereits eine Menge Potential für ein starkes Lesepaket. DAN MORA und TAMRA BONVILLAIN könnten diese Genre locker stemmen (nichts dagegen, wenn sie’s mal täten). Hier toben sie sich so richtig an den MONSTERN aus. Das sind die Höhepunkte, die in immer kürzerer Folge eingeflochten werden, bis zum krassen Finale!
DAS PARLAMENT DER ELSTERN, so lautet der Titel des dritten Bandes von ONCE & FUTURE. Das Intro geht direkt auf diesen Titel ein. Es dürfte eine heftigsten Einleitungssequenzen im Comic allgemein sein, blutig, mysteriös, verdammt düster. Aber es setzt sofort, von Seite 1 an, den Stimmungslevel auf das entsprechende Niveau, was bis zum Schluss gehalten wird.
Die Helden der alten britannischen Sagen sind echte Bastarde! Und machen den drei Helden von ONCE & FUTURE das Leben tierisch schwer. Verflucht starker dritter Teil, mit großartigen Illustrationen und tollem Zug quer durch den gesamten Band, einem heftigen Cliffhanger! Eine der besten Fantasy-Action-Stories seit langem! 🙂
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Samstag, 18. Juni 2022
Welt kaputt. Alles verloren. Allein als Mensch im All. Das kann einen schon zum Saufen bringen. Aber der Lebensunterhalt will auch verdient werden. Und das Raumschiff will fliegen. Wie gut, wenn man gut im Töten, Ballern, Kopfgeldjagen und Söldnertum ist. Irgendwie alles zusammen. Wie gut, dass man dann HEATH HUSTON heißt, weil man sowieso in jeden Fettnapf tritt, den das Universum zu bieten hat!
RICK REMENDER erzählte in den ersten drei Bänden von FEAR AGENT, die Geschichte eines Mannes, der alles verloren hat und dem das Universum wirklich übel mitgespielt hat. Gleichzeitig kreierte RICK REMENDER einen Charakter, der bereit war, es dem Universum mit gleicher Münze heimzuzahlen. In mehreren Kurzgeschichten kehrt diese Tough-Guy-Ikone des Science-Fiction-Comics noch einmal zurück. RICK REMENDER gibt die Erzählungen weitgehend an andere Autoren ab. Auf die bisher bekannten Zeichner der Reihe muss der HEATH-HUSTON-Fan verzichten, dafür sind nun 18 neue Künstler an der Reihe.
FEAR AGENT bedeutet ein Stück weit Chaos. Käme er aus dem Genre WESTERN (es gibt hier wieder einmal entsprechende Anleihen), wäre HEATH HUSTON ein großer ITALO-WESTERN-Held. Hier muss alles ein wenig drüber sein, etwas mehr, etwas größer, derber, brutaler, häßlicher, kauziger. Beispiele hierzu gibt es reichlich. Es gibt Verbeugungen vor dem Genre selbst und auf der anderen Seite, wird sich nicht gescheut, das in die Geschichten zu integrieren, was man gerade aus anderen Genres brauchen könnte.
Als Hommage zu verstehen, sind Stories wie IM AUGE DES CHAOS (ein wenig MANN IM MOND, ein wenig CTHULHU im Weltraum) oder MENSCH ZUM DINNER (was sich ein ROALD DAHL ausgedacht haben könnte) oder UND DANN KAM EINE SPINNE (in der WESTERN mit ALIENS), während DIE PRINZESSIN VON RONGAR ein Ausflug ins HIGH-FANTASY-Genre ist.
Bei 18 verschiedenen Zeichner hat der 4. Band von FEAR AGENT natürlich einiges zu bieten. Manches verströmt Heavy-Metal-Feeling. Zeichner MARK TORRES erinnert stilistisch an einen MIKE MIGNOLA (der hier leider nicht dabei ist). Zeichner JAMES CALLAHAN ist ein grafischer Verwandter eines EDUARDO RISSO (der ist leider auch nicht dabei, obwohl das hier durchaus sein Thema wäre). In NICHTS ZU BEFÜRCHTEN bietet KIERON DWYER (geschrieben von RICK REMENDER selbst) eine feine Trickfilm-Atmosphäre auf. Teilweise waren Stilistiken eines BERNIE WRIGHTSON zu entdecken (was nicht zuletzt an der Zombie-Version von HEATH HUSTONS Frau liegt).
Persönliche Zeichner-Favoriten: PAUL RENAUD (DIE PRINZESSIN VON RONGAR), weil es ein feiner realistischer Stil ist, mehr davon! Außerdem: KIERON DWYER (NICHTS ZU BEFÜRCHTEN), hat den stilistischen Realismus eines BERNIE WRIGHTSON, auch starken Schwung, etwas anarchischen Touch.
FEAR AGENT liegt im 4. Band natürlich immer nur häppchenweise vor. Die Geschichten sind kurz und meist so erzählt, als habe es zuvor schon einen längeren Anlauf gegeben. Man könnte auch sagen: Jede Story ist ein Finale! Ruhephasen (kleine Pausen für HEATH HUSTON, bevor es wieder zur Sache geht) sind äußerst kurz, dafür ist die Geschwindigkeit der Erzählung meistens hoch. Exemplarisch hierfür sind die Geschichten DIE GEDÄRME DES ALLS (ist so abgefahren wie es klingt) oder VON HIER ZUM URANUS oder EIN SCHMUTZIGER AUFTRAG. In die Story reinspringen und durchziehen.
Das kann natürlich bei weitem nicht so in die Tiefe der Figuren gehen, wie es die Vorgängerbände geschafft haben. Die Geschichten sollen einem flott um die Ohren fliegen (tun sie!) und Space-Opera-Feeling vermitteln (tun sie; hat ein wenig von früheren Space Operas, die so manchem SciFi-Fan als Vorlage dienten wie FLASH GORDON) und haben einige starke Prisen Gruselhorror zu bieten (Creepshow lässt grüßen).
Das ist Space-SciFi-Fun! Gut für zwischendurch, fein portioniert. HEATH HUSTON, der FEAR AGENT, ist ein BRUCE WILLIS auf Comic-Seiten, im Weltraum. Er ist nicht nett, er lässt es krachen. Man möchte ihn bloß an seiner Seite haben, wenn einen ein fieses Weltraummonster fressen will und man jemanden braucht, der dem Vieh in den A**** tritt! So wie nicht selten in diesem Band. 18 Zeichner und 12 Autoren sorgen für viel Abwechslung, Spannung und Spaß in durchweg gelungener Optik! 🙂
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Freitag, 03. Juni 2022
DUNCAN ist ein normaler junger Mann und versucht ein normales Leben zu führen. Dazu gehören natürlich auch Dates. Aber irgendwie ist er ein Tolpatsch. ROSE, die ihm im Restaurant gegenüber sitzt, hatte sich von DUNCAN etwas anderes erhofft. Ihr weißes Kleid färbt sich unter einem Schwall Rotwein, den DUNCAN in seiner Ungeschicklichkeit quer über den Tisch befördert hat. Der Abend scheint gelaufen. Das bewahrheitet sich schnell, denn kurz darauf klingelt das Telefon. DUNCANS GROSSMUTTER BRIDGETT ist aus dem Heim abgehauen …
DER KÖNIG IST UNTOT! Ein perfekter Untertitel. Die Legende von König ARTUS (oder ARTHUR, je nachdem, welche Auslegung gerade in ist) hat schon viele Umsetzungen in Roman und Film erfahren. Auch Comic-Umsetzungen waren vertreten. Da war es eigentlich an der Zeit, dass diese Legende einmal ordentlich und mit viel Schmackes demontiert wird. KIERON GILLEN hat sich diese Aufgabe angenommen und einen ARTUS aus dem Hut gezogen, der nichts edles mehr an sich hat und nur eines im Sinn hat: ANGELSACHSEN TÖTEN.
Bereits das Erwachen des einstigen Monarchen hat es in sich. Kurz nachdem der untote KÖNIG sich wieder artkulieren kann, offenbart er seine Talente. Er erkennt ANGELSACHSEN am Geschmack ihres Blutes. Für jene, die ihm eigentlich dienen wollten und einer Blutlinie entstammen, die keine britannische Reinheit verspricht, nimmt es ein böses Ende. Mit dem untoten ARTUS folgen mächtige und gruselige RITTER. Klar, was passieren muss! Das BÖSE braucht einen Gegner, der es aufhält!
KIERON GILLEN setzt auf ein TRIO mit höchst unterschiedlichen Rollen. An erster Stelle, als Auslöser des Ganzen ist eine der außergewöhnlichsten OMA-Charaktere zu nennen, die wohl bislang in einem Comic (oder auch in Roman oder Film) ihren Auftritt hatten. BRIDGETT war in jüngeren Jahren eine Art BUFFY, eine MONSTERJÄGERIN, die sich irgendwann, als alles DÄMONISCHE ausgerottet schien, aufs Altenteil zurückgezogen hat. Leider ist das BÖSE nun zurück. Die OMA macht sich wieder an die Arbeit, diesmal unterstützt von Enkel DUNCAN, der ganz langsam in eine völlig neue LEBENSROLLE hineinwächst. Selbst ROSE findet sich plötzlich in einem gänzlich anderen Lebensabschnitt wieder.
DAS FETZT! Anders lässt es sich nicht sagen. KIERON GILLEN hat eine hohe Erzählgeschwindigkeit. Von Kapitel zu Kapitel jagt ein Höhepunkt, ein Cliffhanger den nächsten. Das ist unter dem Strich sehr viel ACTION gepaart mit einer Rätselpartie im Stile eines Rollenspiels oder eines Computergames. Für die Umsetzung hat KIERON GILLEN mit DAN MORA (Zeichnungen) und TAMRA BONVILLAIN (Farben) perfekte Co-Künstler gefunden. DAN MORA zeichnete tatsächlich an einer Comic-Umsetzung von BUFFY und findet sich, gemessen daran, rasch in das Monsterszenario ein. Realistisch, hart, gruselig entsteht ein Bilderreigen, der auch den Ideen eines MIKE MIGNOLA entsprungen sein könnte.
Die Zeichnungen von DAN MORA sind perfekt, die Kolorierung von TAMRA BONVILLAIN setzt dem Ganzen die Krone auf. Eine leuchtende Nacht, in den HIERWELT wie in der ANDERWELT, präsentiert eine Farbenpracht, wie man es angesichts des Settings erwarten kann, aber eigentlich eher selten bekommt. Das magische Umfeld ist in einen regelrechten Farbenrausch getaucht.
Starke Nummer, starker Auftakt, hammermäßige (und mal ganz andere) Charaktere. Tolles Tempo, Luftholen allenfalls am Kapitelende erlaubt. Genial illustriert, detailverliebt und extrabunt. Top! 🙂
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