LOIS LANE ist mit einem Reporter verheiratet. Sie hat einen Sohn, mittlerweile volljährig und sehr verantwortungsbewusst. Aber LOIS LANE ist Reporterin aus Leidenschaft. Das ist nicht einfach nur ein Beruf. Leidenschaft lässt sie Risiken eingehen und Grenzen überschreiten. Natürlich weiß LOIS LANE, dass sie einen Schutzengel hat. Einen außerirdischen Schutzengel sogar. Die Frau, die offiziell mit CLARK KENT verheiratet ist, hat leider ein Problem. Sie wurde dabei beobachtet, wie sie mit SUPERMAN knutschte. (Noch ist seine Geheimidentität nicht gelüftet.) Zweitens will sie sich nicht ständig hinter seinem stählernen Rücken verstecken und so engagiert eine Art Bodyguard-Detektivin: RENEE MONTOYA.
Es kann im Hintergrund von Superheldenabenteuern durchaus ernsthaft zugehen. Publikationen wie GOTHAM CENTRAL oder SLEEPER spielen mit dieser Idee. LOIS LANE war in diesem Zusammenhang eigentlich längst fällig. Die Reporterin, die ein Leben VOR SUPERMAN hatte, nabelt sich sich hier auffällig stark ab. Wenn SUPERMAN auftaucht, kurz nach einem Anschlag (von dem sich nicht sagen lässt, war für sie bestimmt oder an jemand anderes), ist das zwar augenscheinlich hilfreich, aber nicht sonderlich erwünscht. Die leichten Spannungen zwischen dem berühmtesten Comic-Paar überhaupt erreichen hier ein ein spannendes Niveau.
Mehr noch. LOIS LANE gibt sich innerhalb eines oft sehr lichten DC-Universums sehr düster. Klar, es gab unzählige Weltuntergangsszenarien, omnipotente Irre, Invasionen, magische Monster und Zombies. Weil GREG RUCKA den Radius der handelnden Person klein hält, das geografische Umfeld ebenso und sich mehr und mehr in eine Stoßrichtung fokussiert, gerät die Handlung wunderbar dicht und wird ungewöhnlich packend.
Der vorliegende Band umfasst die komplette 12-teilige Miniserie (außerdem findet sich ein kleiner Prolog aus einer anderen Serie). Man merkt der Geschichte ihre Geschlossenheit an. Autor GREG RUCKA folgt einer klar umrissenen Handlung, in der Superhelden nicht nur Randfiguren sind, sondern auch Frauen deutlich im Mittelpunkt stehen. Sie sind einerseits Heldinnen eines Thrillers, andererseits auch gruselige Gegenspielerinnen. Hier wird mit Klischees gespielt. Aus einer attraktiven Gestalt wird plötzlich eine Fratze mit Totenkopf.
MIKE PERKINS, über die gesamte Serie hinweg der Illustrator des Thrillers, erinnert technisch an Kollegen wie MICHAEL LARK (GOTHAM CENTRAL) oder SEAN PHILLIPS (SLEEPER). Hier wird auf natürliche Haltungen von Figuren Wert gelegt. Poser exitieren nicht (allenfalls bei den Superhelden, von denen wird das erwartet, wie etwa von SUPERMAN, der erlösergleich einfach mal in der Luft schwebt). Die Tuscheausführungen von MIKE PERKINS selbst sind nicht fein zu nennen. Es ist eine Technik des harten Strichs. MIKE PERKINS hat Realismus zum Ziel, erreicht diesen auch überwiegend, aber er gibt seinen Zeichnungen auch stets einen Ausdruck mit. Hier gibt es kein Posen, hier gibt es Auftritte.
Meist stellt sich der Eindruck ein, dass es einen Kern einer Szene, eines Bildes, einer Seite gibt. Manchmal würde eine Seite in schwarzweiß ausgeführt reichen, um das Auge zu führen. Manchmal wurde extra Raum für einen speziellen Farbklecks gelassen oder eine hauptsächliche Hintergrundfarbe eine extreme Stimmung erzeugt. Gesichter werden bei einer Beerdigung aus dem Dunkel gerissen, ein außergewöhnlicher Polizeieinsatz wird hautnah miterlebt. Szenen, die einerseits aus dem Rahmen fallen, rahmen alltäglicheres ein, helleres, Übergänge. Aber im Laufe der Handlung verblassen diese Zwischenstimmungen immer mehr.
GREG RUCKA beschleunigt das Tempo, Entdeckungen, Informationen und starke Ereignisse treiben die Handlung voran. Mit ihr zusammen halten die EYE-CATCHER von MIKE PERKINS den Leser auf den Seiten fest. Erst im zwölften Kapitel, das eine Epilog-Stimmung vermittelt, wird es ruhiger. Knäuel werden aufgelöst, Charaktere erhalten eine (verdiente) Belohnung.
LOIS LANE kann mehr als nur ein SIDE-KICK von SUPERMAN zu sein. Nun gut, das wussten Fans des Stählernen schon, aber ganz selten wurde der Ehefrau von CLARK KENT so viel Entfaltungsraum gegeben, den Frauen so viel ernsthafter Platz eingeräumt (als Heldinnen stehen sie ja seit Jahrzehnten in der ersten Reihe). Dicht und düster erzählt von GREG RUCKA, dazu passend von MIKE PERKIN illustriert. Ein Highlight im DC-Universum. 🙂
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