KRÄHEN! ÜBERALL KRÄHEN! Der Militär-Buggy rast durch die lebende Wolke aus Flügeln und Federn. Der Mann am Steuer versucht Herr der Lage zu werden. Das Maschinengewehr feuert. Immer mehr pechschwarze Vögel werden vom Himmel geschossen. Der ehemalige Soldat nimmt seine Pistole hinzu. Das Magazin leert sich. Das Maschinengewehr leert sich. Handgranaten! Das letzte Mittel! In die Luft geworfen, ein gezielter Schuss, eine Flammenhölle explodiert in der Luft …
Die Welt ist nicht tot. Sie ist auch nicht menschenleer. Noch nicht jedenfalls. Viel fehlt allerdings nicht mehr. JEAN-PIERRE PÉCAU (Autor) und DAMIEN (Zeichner) präsentieren dem Leser einmal ein ungewohntes Endzeit-Szenario, indem sie uns in ein entvölkertes Europa mitnehmen. Eine Seuche ist für die ungeheure Dezimierung der Menschheit verantwortlich. Übertragen durch Vögel hat sich die Krankheit rasant ausgebreitet. Geflügelte Tiere wurden zu Hassobjekten. Die verbliebenen Menschen rotten Vögel aus, wo sie sie antreffen und es können. Aber das sind nicht die einzigen Bedrohungen, mit denen sich die Überlebenden auseinanderzusetzen haben.
An der Seite eines ehemaligen Soldaten erlebt der Leser diese Welt hautnah. JEAN-PIERRE PÉCAU erzählt abschnittsweise, springt in den Zeiten, lässt seine Hauptfigur anderen gegenüber berichten, was geschehen ist. Neben Alltäglichkeiten dieser Zeit, wie etwa der Tatsache sich gegen umherstreifende Banden behaupten zu müssen, existieren Geheimnisse (die vorerst nicht zu lüften sind). Am Himmel ziehen Luftschiffe vorüber (siehe Titelbild). Einst waren sie ein Instrument zur Herstellung eines lückenlosen Internets. Dank eigener Solarstromversorgung können sie auf Jahre hinaus eigenständig agieren. Aber: Er heißt, einige dieser Luftschiffe seien bewohnt. Zumindest für diesen Umstand wird der Beweis erbracht (siehe auch Titelbild).
JEAN-PIERRE PÉCAU streut immer neue Fährten aus, um die Neugier hochzuhalten und er hat Erfolg damit. Hier eine Hintergrundinfo, da ein Geheimnis, dort Action, eine Gemeinschaft, wo gehandelt wird, krümelweise, so dass langsam ein Gesamtbild entsteht, aber kein gänzlich geschlossenes. Für die Hauptfigur bleiben noch genügend Rätsel offen. Interessanterweise ist darüber hinaus ein Lauf- und Transportroboter namens MAGARIT nicht nur der dauerhafteste Begleiter des Helden, sondern wird zu einem wichtigen Überlebensbestandteil des ehemaligen Soldaten.
Begegnungen sind in dieser Welt natürlich weitaus seltener als in einer Zeit vor der Seuche. Unser Soldat trifft dank Zeichner DAMIEN auf TYPEN. Hier ist keiner austauschbar. Grundsätzlich finden sich unverwechselbare Gestalten, die sich dem Leser schon nach wenigen Bildern erschließen. Das ist zweifellos eine von DAMIENS Stärken. Ob es die WEGELAGERER sind oder später die Bewohner des Handelspostens und TYPEN wie BROC oder sogar LN.
Was so überlebt: Ausgerechnet ein zum Pick-Up umgebauter R4 wird zu einem wichtigen Transportmittel. Das Fahrzeug ist kurioser Bestandteil einer Fluchtsequenz und sinnbildlich für eine Welt, die alles irgendwie (was noch so reparabel ist) versucht zu nutzen.
Das Setting ist stark, denn es müssen nicht immer die Vereinigten Staaten sein, die untergehen. Der Rest der Welt, hier Europa, Frankreich, ein alpines Umfeld hat ebenfalls einiges zu bieten. Verfallene Städte wie LYON erzeugen Grusel, ländliches Ambiente oder verwaiste Autobahnen dokumentieren den darüber hinaus reichenden Verfall. Unser Held will sich einen Teil seiner Menschlichkeit bewahren und ist gleichzeitig bestrebt, am Leben zu bleiben. Da ist genug an seinem Charakter, um ihn unbequem zu finden, aber ebenso viel, um sympathische Seiten zu entdecken. Toll von JEAN-PIERRE PÉCAU aufgebaut. DAMIENS Zeichnungen setzen den Resten unserer Wirklichkeit ein unwirkliches Flair oben auf. Die eingefangene Düsternis, die Kälte, ab und zu Momente menschlicher Nähe werden sehr schön inszeniert. Für Fans der Apokalypse. Kenntnis von Band 1 ist Pflicht. 🙂
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