Kein richtiger Auftrag. Mehr ein Gefallen. Jemanden erledigen, der einem anderen im Weg steht. DER KILLER übernimmt die Angelegenheit. Schon, um nicht aus der Übung zu kommen. Ein neues Ziel und eine neue Umgebung erfordern Recherche. Wie, wo, wann zuschlagen. Je besser ein Ziel beschützt ist, desto aufwändiger ist die Vorbereitung. Die Umsetzung klappt. Natürlich. Ein präzise ausgeführter Schuss. Keiner hat den Täter gesehen. Kein Spuren sind zurückgelassen worden. Und dann läuft doch noch einiges schief …
DER KILLER hat sich verändert. Der über die Welt philosophierende Auftragsmörder würde es wahrscheinlich nicht zugeben, aber er ist nicht mehr der Mensch, der diese brutale Tätigkeit einmal zu zu seinem Beruf erklärt hat. Er ist nicht mehr Single, und er ist Vater. Er ist reich und eigentlich hätte er nicht nur allen Grund, sich aus dem geschäft zurückzuziehen, er müsste auch nie wieder eine Waffe in die Hand nehmen und könnte das Töten anderen überlassen.
Gäbe es da nicht ein Problem. Töten ist kein einfacher Zeitvertreib für ihn. Es ist auch nicht einfach nur ein Beruf. Es ist seine Leidenschaft. Eine Leidenschaft, die er nur ungern aufgibt, selbst dann, wenn es wirklich brenzlig für ihn und seine Schutzbefohlenen wird. Zu seinem Glück ist man bei der Familie seiner Frau auch nicht zimperlich und weiß sich zu wehren.
Eine andere Welt, ein anderes Auftreten. Wie war es doch zu Anfang, als DER KILLER in einem Zimmer auf sein Opfer wartete, nichts geschah, Stunde um Stunde verstrich und sich eine verstörende Ungewissheit einstellte. Mittlerweile ist DER KILLER erfolgsverwöhnt. Der Leser konnte verfolgen, wie sich eine Art Triumvirat bildete. Ein ehemaliger Agent, einer aus dem organisierten Verbrechen und DER KILLER, hauptsächlich als der Mann fürs Grobe. Aber die Macht zu erlangen ist eine Sache, sie zu erhalten eine ganz andere.
MATZ, der Szenarist, vertieft die Geschichte in dieses Problem. DER KILLER glaubt sich eine ganze Weile Herr der Lage zu sein. In so manch gefährlichen Situation (sprich: Schießerei) ist er das auch. Aber die Spielregeln der Hochfinanz wie auch der internationalen Politik und ihrer Geheimdienste stößt er an seine Grenzen. LUC JACAMON, Zeichner und ebenso wie MATZ von der ersten Stunde an dabei, gestaltet harte Actionszenen, die der Moderne ihren Tribut zollen. Auffallend hier zwei sehr unterschiedliche Szenen, einmal im Großstadtmilieu, einmal in der Wüste. Letzterer Abschnitt wirkt bei dem KILLER noch lange nach.
Interessant (und sehr gelungen) ist die Technik, mit der LUC JACAMON eine Actionszene darstellt (und weiterhin perfektioniert). Der Comic-Künstler verschmilzt, überschneidet, über eine Seite verteilt, Szenenabschnitte miteinander. Das ist zweifellos einem Filmschnitt abgeschaut und imitiert gekonnt die Geschwindigkeit eines Moments, indem die Bilddichte der Action-Collage erhöht wird und möglichst viele Eindrücke gleichzeitig gezeigt werden. Das hat auch zur Folge näher an das momentane Empfinden des KILLERS heranzukommen, der entsprechend rasch reagieren muss, um mit mehreren Angreifern fertig zu werden.
Die Gegensätzlichkeiten des Hauptcharakters führen zu völlig gegenläufigen Sequenzen. LUC JACAMON gestaltet ein wunderbares Familienleben, traumhafte Ferien in der karibischen See. MATZ begleitet die schönen Bilder mit den düsteren Gedanken des KILLERS. Gleichsam als eine Art Vorausschau auf das weitere Geschehen (das weit entfernt ist von der Traumschiff-Atmosphäre) und Warnung an den Leser, sich keinesfalls in Sicherheit zu wiegen. Unter der Oberfläche des Scheins kocht die Gefahr sehr bald über.
So dauert es nicht lange und DER KILLER und sein Kumpel HAYWOOD (als Freunde würden sie sich nicht bezeichnen) liefern ein Paradebeispiel dafür ab, was sie (wahrscheinlich) unter einer erfolgreich durchgeführten Aktion verstehen. Unter dem Strich bedeutet das: keine Überlebenden, keine Zeugen. Mit allen Mitteln. Folter. Ohne Gnade. Und eben noch gab sich DER KILLER als treusorgender Vater, liebevoller Partner und Familienmensch. Was für ein Gegensatz!
Aber das ist ein wichtiger Teil, der hier für Spannung sorgt und den KILLER unberechenbar erscheinen lässt. Der Leser kann nie sicher sein, welcher Charakterzug des KILLERS als nächstes an der Oberfläche auftaucht. Oder welches Land. DER KILLER bedeutet in der 3. GESAMTAUSGABE der Reihe einen sehr weitläufigen Blick auf die Welt, in unterschiedlichsten Vegetationszonen, verschiedensten Bevölkerungsdichten und -schichten sowie Zivilisationsstufen (rechnet man gedankliche Rückblicke auf die Menschheitsgeschichte mit ein). Das ist abwechslungsreich, überraschend und nicht das, was ein Leser normalerweise in einem Thriller erwarten würde.
MATZ (Szenarist) und LUC JACAMON (Zeichner) schicken in der 3. GESAMTAUSGABE einen KILLER ins Rennen, der (aber das würde er niemals zugeben) auf seine Art ein Teil des Establishments geworden ist. DER KILLER gelangt auf eine neue Ebene, Überraschungen inklusive, spannend, durchdacht, anspruchsvoll. 🙂
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