LARRY B. MAX auf ungewohnten Pfaden. Gerade hat der Steuerfahnder die Oberhand über die CHANNING CORPORATION gewonnen, da stellt sich sein Arbeitgeber die berechtigte Frage, auf welcher Seite der staatliche Angestellte eigentlich noch steht. LARRY B. MAX bedient sich eines Genies auf dem Gebiet der globalen Finanzwelt, JAKOFF, Milliardär. Allerdings ist JAKOFF nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel, noch weniger in der Wahl seiner Mitstreiter. Doch selbst ein JAKOFF ist nicht allmächtig, sondern hat potente Gegenspieler, ausgerechnet aus dem reich der Mitte, CHINA. Schnell wird klar, hier stehen sich nicht nur Akteure mit großem finanziellen Hintergrund gegenüber. Unter dem wirtschaftlichen Deckmäntelchen tobt ein Krieg der Systeme. Und LARRY B. MAX könnte mittendrin zerrieben werden …
Frischer Wind bei I.R. $. Selten war die Geschichte aktueller. Wer in den vergangenen Wochen und Monaten die Wirtschaftsnachrichten über Strafzölle zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und China auch nur ansatzweise verfolgt hat, wird sofort Parallelen entdecken. Und nicht nur dabei. STEPHEN DESBERG bedient sich ebenfalls bei den inneren Verhältnissen der USA. Das ist teils gruselig im Vergleich zur Realität, ein großzügiges Spiel mit Verschwörungstheorien und über die gesamte Strecke eine der spannendsten Folgen der ganzen Reihe.
LARRY B. MAX hat sich von einer Menge Ballast befreit. Die Dämonen der Vergangenheit, familiäre Plagegeister, stehen der Figur nicht mehr im Weg und bremsen sie aus. LARRY B. MAX ist sehr fokussiert, hat starke Auftritte und stellt nach außen den harten Knochen dar, den TOUGH GUY, der nur angesichts einer neuen Bekannten es sich gestattet, ein wenig schwach zu werden. Weil, da lockt Autor STEPHEN DESBERG seinen Hauptcharakter, die junge Frau, SUNSET mit Künstlernamen, für ein stinknormales Leben steht, in dem man nicht hin und wieder einer Kugel ausweichen muss.
Die Handlung ist nicht sehr verzwickt, aber der Leser sollte schon aufpassen. Denn die Handlung ist sehr dicht, Bild und Text gehen sehr schön Hand in Hand, ergänzen sich zeitweilig sogar hervorragend. Man kann es ein grundsätzliches Prickeln der Gefahr nennen. Oder, dass STEPHEN DESBERG für seine Figur die Bedrohung immer weiter heraufbeschwört. Es ist toll, wie packend STEPHEN DESBERG die Geschichte schreibt und fast wie nebenbei frühere Bedrohungen (aus dem alten Leben von LARRY B. MAX) beinahe zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen lässt.
BERNARD VRANCKEN sucht im Gegensatz zu STEPHEN DESBERG keine Anlehnungen an der Realität, sondern kreiert eigene Figuren. Optische Ähnlichkeiten sind hier fehl am Platz. BERNARD VRANCKEN zeichnet einen Gentleman, der aber mit schmutzigen Tricks arbeitet. Die traut man ihm wegen seines Model-Aussehens aber nicht zu. Auch seine Gegner lassen sich dadurch täuschen. Optisch könnte er ein Actionheld sein, tatsächlich ist er ein Taktierer, ein Schachspieler, ein Dandy, der manchmal von der Schusswaffe Gebrauch macht.
Klare Linien, dem Realismus sehr zugetan, manchmal vielleicht etwas stereotypisch, aber nicht oft. Als Leser sieht man den Figuren gerne bei der Arbeit zu. Auch das gehört dazu. Selbst der fieseste Charakter sollte nicht allzu abstoßend sein. Davon gibt es hier jedoch gar keine Figur. In den Hierarchien der OBEREN ZEHNTAUSEND achtet man auf das Erscheinungsbild. Wer Geld verdient, muss dieses entsprechend bei Konferenzen und Pressemitteilungen vertreten können. STEPHEN DESBERG schreibt BERNARD VRANCKEN eine Szene, die genau diese Muster zeigt. Dann sind Verluste oder Hiobsbotschaften besser für Anleger zu verdauen.
Ein Top-Thriller. Einziges Manko, es ist der erste Teil eines Zweiteilers. Wie sich LARRY B. MAX aus dieser Bredouille herauswindet, welche Schachzüge folgen, erfährt der Leser erst in Band 20, DIE DÄMONEN DER BÖRSE. Zuvor aber ist DIE HERREN DER FINANZWELT ein starker Kracher mit spannenden Wendungen und einer tollen Hauptfigur, die sich von ihrer eigenen Vergangenheit emanzipiert. Weiter so! 🙂
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