Freitag, 24. Januar 2020
DER HENKER IST TOT. Eine Giftschlange hat den unbeliebtesten Mann der Ortschaft BARRO CITY zur Hölle geschickt. Vielleicht auch in den Himmel. Wer kann das sagen? Die Stadtoberen hingegen stehen nicht zur Beantwortung dieser existenziellen Frage zur Verfügung, denn sie haben mit dem vakanten Posten des amtlich bestellten Hinrichters ein ganz anderes Problem. Wer will den Job haben? Weil nämlich gerade jemand ganz dringend an den Galgen gebracht werden muss! Die Einwohner des Ortes wollen BIG JIM hängen sehen! Der voluminöse Mann hat drei Kinder ermordet und aufgefressen. Dennoch will sich keiner freiwillig als Scharfrichter melden. Also soll das Los entscheiden!
BOUNCER ist zurück. Sein Leben und seine Aufgaben sind kaum einfacher geworden. Im Gegenteil, es hat den Anschein, als müsse Autor ALEJANDRO JODOROWSKY den bereits einarmigen Helden dieses Western an seine Grenzen treiben. Gleich der Beginn der Geschichte DIE GERECHTIGKEIT DER SCHLANGEN beschäftigt sich mit einem dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte. Nennen wir es die Imitation von Gerechtigkeit und Justiz. Nur, weil jeder Posten von Exekutive und Legislative ausgefüllt ist, kann noch lange nicht von einer korrekten Vorgehensweise die Rede sein. BOUNCER wird per Los zum HENKER bestimmt.
Obwohl es nun so aussieht, als drehe es sich in den hier versammelten Nachfolgegeschichten DIE RACHE DES EINARMIGEN, DIE BEUTE DER WÖLFINNEN nur um Verbrechen, Gewalt und vermasselte Justiz, ist ein Kernelement BOUNCERS Familiengeschichte und seine Suche nach Liebe oder einer Gefährtin. Und wie der berühmte Esel hinter der Karotte an der Angel herläuft, lässt ALEJANDRO JODOROWSKY seinen Helden BOUNCER am ausgestreckten Arm verhungern. Sicherlich hat der Rausschmeißer das eine oder andere Liebesabenteuer, durchaus auch ein solches, was in einem üblichen Western so nicht zu erwarten wäre, aber das berühmte HOLLYWOOD-HAPPY-ENDING sucht sich hier vergebens.
Aber mehr noch. FAMILIE ist letztlich das große Thema. In Deutschland ist man wahrlich mit Familiendramen in Roman, Serie und Film gesegnet, aber in dieser Form ist es doch eher selten. Zumal hier ein Vater seinen Nachwuchs fürchterlich drangsaliert, ein Indianer seinem Volk nachtrauert (ebenfalls eine Form der Familie) und Rache verlangt sowie ein BOUNCER, der einmal mehr von seiner Vergangenheit eingeholt wird und plötzlich den Resten und dem Vermächtnis seiner Familie gegenübersteht. ALEJANDRO JODOROWSKY würzt seine Helden gerne mit speziellen Abstammungslinien, Flüchen, Tragödien. Doch BOUNCER dürfte noch ein paar Extraportionen abbekommen haben.
Na, es gibt schon etwas Hoffnung. Und so ganz alleine ist BOUNCER nicht. Dem Einarmigen steht ein dreibeiniger Hund zur Seite und es gibt jemanden, der sich für ihn interessiert, ohne dass er es so richtig bemerkt. BOUNCER ist in Sachen Liebe nicht unbedingt ein Schnellmerker. Allerdings, bis Erkenntnisse in dieser Hinsicht reifen, dauert es. Zuvor hat Zeichner FRANCOIS BOUCQ viele, viele, viele starke Szenen zu Papier gebracht und einigen Figuren zu optischem Leben verholfen, die noch länger in Erinnerung bleiben.
Da gehen beide, Autor und Zeichner, nicht eben zart mit dem WILDEN WESTEN um. Von Wildwestromantik kann hier nicht die Rede sein. Der einfache Revolverheld reicht ALEJANDRO JODOROWSKY nicht. Mörder sind hier wahre Monster, degeneriert, debil. Sie kommen als simple Tagelöhner daher oder auch als Großgrundbesitzer. Die Menge verwandelt sich, sobald es jemanden zu lynchen gibt, in eine wahnsinnige Meute. Seltsamerweise, und das ist von ALEJANDRO JODOROWSKY klasse herausgearbeitet, will buchstäblich jeder gemeine Bürger einen Mörder baumeln sehen, aber selber aufhängen, wollen sie ihn auch nicht. Und derjenige, der es dann erledigt, wird beschimpft und bespuckt. Obwohl er (oder sie) nach dem Gesetz, also offiziell, handelt. ALEJANDRO JODOROWSKY lässt wahrlich kein Silberfädchen an dieser Welt.
Schönheit, vor allem in den Zeichnungen, keine Romantik, wird der Leser nur in zwei Bereichen finden. FRANCOIS BOUCQ huldigt dem amerikanischen Westen und seinen wunderbaren Felsformationen. Und er setzt eine Episode aus BOUNCERS Kindheit deutlich vom düsteren Restgeschehen ab.
Armer BOUNCER! Diesem Serienhelden wird nichts geschenkt. ALEJANDRO JODOROWSKY und FRANCOIS BOUCQ setzen die Abenteuer im Leben von BOUNCER mit einer dunklen Konsequenz fort, die es in sich hat. Dieser WILDE WESTEN ist eher dem Spaghettiwestern zugeneigt, als den Lobpreisungen aus Hollywood. Die Illustrationen sind vorbildlich. FRANCOIS BOUCQ kann als Meister seines Fachs und insbesondere als Meister dieses Genres bezeichnet werden. Empfehlenswert! 🙂
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Sonntag, 19. Januar 2020
DIE EINSAMKEIT DES KILLERS, während er auf den finalen Schuss wartet. DER KILLER hat sich von der Welt abgeschottet. Freunde, Familie sind Fremdworte. Er benutzt sie auch nicht als Tarnung. Er kommt, erledigt seinen Auftrag und verschwindet wieder. Ein Dutzendgesicht, keinerlei auffällige Verhaltensweisen. Er taucht in der Menge unter, ist einer von vielen. Er kennt sein Handwerk, besitzt außerordentliche Geduld und Planungstalent. Aber dieser Auftrag nagt an ihm. Es dauert. Und dauert. DER KILLER liegt auf der Lauer. Nur das Ziel lässt auf sich warten. Es kommt nicht dahin, wo es erwartet wird. Und mit jedem Tag sehnlicher erwartet wird. Langsam wird DER KILLER nervös.
DER KILLER begreift sich als Teil des Systems. Nicht nur eines gegenwärtigen, sondern eines über die Epochen allgemeingültigen Systems. Menschen sterben, er tötet sie. DER KILLER geht mit einer eigens, täglich eingeimpften Kaltschnäuzigkeit durchs Leben. Das hätte ganz normal sein können, bis er sein Talent freilegte und er feststellte, wie gut es ist, sein eigener Chef zu sein. Kein einfacher Charakter, keiner, den man mögen möchte, aber einer, der den Leser von Abschnitt zu Abschnitt immer näher an sich heranlässt.
MATZ, als Autor, und LUC JACAMON, als Zeichner, hatten es mit ihrem KILLER-Projekt zunächst nicht einfach. Zwei Verlage lehnten es ab, CASTERMAN forderte zunächst ein vollständig gescribbeltes Album, unentgeltlich versteht sich, bevor eine Vertragsunterzeichnung in Frage kam und das Projekt veranschaulicht vor dem Redakteur lag. Nun, es kam an, und die hier vorliegende 1. Gesamtausgabe vereint die ersten fünf Alben, also den ersten kompletten Handlungsstrang.
DER KILLER sollte anfangs ein Romanstoff werden. Das leuchtet durchaus ein. Verbrecher stehen mitunter im Mittelpunkt eines oder mehrerer Romane. Klassisches Beispiel hier ist sicher ein PARKER von RICHARD STARK (nicht die Filme, die werden der Vorlage nicht gerecht!). Ihre Coolness, ihre eiskalte Berechnung prädestiniert als Projektionsfläche. Scheinbar leer und gewissenlos marschieren sie durchs Leben und üben ihren Beruf präzise wie ein Uhrwerk aus, stets bereits professionell zu improvisieren, um den JOB auf jeden Fall zu Ende zu bringen, auch wenn es ein paar Leichen mehr erfordert (die am Ende nicht honoriert werden). Ja, wer mit Zynismus, mit charakterlich schwierigen Figuren nichts anfangen kann, die mit ziemlicher Menschenverachtung an ihr Tage- und Nachtwerk gehen, sollte sich nicht auf den KILLER einlassen.
MATZ hat den KILLER als einen halbwegs intellektuellen Philosophen angelegt. Selten ist ein Mörder so damit beschäftigt, seine Arbeit Revue passieren zu lassen. Solange es sich um Routine handelt. Zu Beginn ist dieses Mordsgeschäft noch so aufgebaut. Ein Auftrag, ein Mord, nach Möglichkeit einer, der am Ende nach einem Unfall aussieht. Es sei denn, der Auftraggeber verlangt etwas anderes, vielleicht ein deutlich leuchtendes Exempel für die Konkurrenz. Das ist allerdings schlecht für einen Menschen, der seine Arbeit lieber im Dunkeln und ohne Aufmerksamkeit zu erregen verrichtet.
MATZ traf bei seinen Planungen mit LUC JACAMON zusammen, der Zeichner hatte zuvor noch kein Album abgeliefert und arbeitet in einer Mischung aus LIGNE CLAIRE und künstlerischem Strich (nach MATZ‘ eigener Aussage und das passt). LUC JACAMON verpasst dem KILLER ein Gesicht wie eine ovale, eintönige Landschaft, die man schnell vergessen könnte, müsste sich dieser Mensch nicht zeitweise selbst aus der Menge herausheben, mit einem Stummfilmzeitbärtchen und einer kreisrunden HARRY-POTTER-Brille. Als Leser wird man dem KILLER jedweden Charme absprechen, aber sein Umfeld reagiert auf ihn mit einer gewissen Freundlichkeit. Auch scheint er Wirkung auf Frauen zu besitzen. Da man als Leser seinen düsteren Gedanken folgt, fällt es zuweilen schwer, diese Anziehungskräfte nachzuvollziehen.
Nichtsdestotrotz, sie sind da und so findet über die fünf hier zusammengefassten Alben verteilt eine Entwicklung statt, die zu Beginn nicht vorherzusehen war. Über QUERSCHLÄGER, RÄDERWERK, SCHULDEN, BLUTSBANDE und TODESSPIRALE verstrickt sich DER KILLER in Beziehungen, man könnte sagen, in einem richtigen Freundeskreis. Plötzlich gibt es nicht nur den BERUF, nein, plötzlich gibt es über das eigene Leben hinaus auch noch andere zu beschützen.
LUC JACAMON verleiht den Figuren ein Höchstmaß an Individualität. Sie schleichen sich über den sich entwickelnden Handlungsstrang an den Leser heran, dem nichts anderes übrig bleibt, als die Position des KILLERS einzunehmen. Irgendwann sind diese Charaktere zu nahe gekommen, und es ist zu spät, diese noch, besorgt um die eigenen Interessen, um die sprichwörtliche Ecke zu bringen.
Hut ab vor MATZ und LUC JACAMON, die es geschafft haben, ein dichtes Szenario mit einer zunächst sehr unsympathischen Hauptfigur zu kreieren. Man muss sich als Leser immer wieder in Erinnerung rufen, dass dieser Charakter für seinen Lebensunterhalt Menschen tötet. Ich mag den grafischen Stil, der den Leser nah an die Figuren heranführt. Als unbeteiligter Dritter spielt man bei den Zusammenkünften der Mörder und Drogendealer Mäuschen, schnuppert in das Milieu hinein, gefahrlos, bis man den KILLER, sehr zum eigenen Leidwesen, gar nicht mehr so unsympathisch findet. Ganz so, wie es MATZ beabsichtigt hat. Ein starker Thriller! 🙂
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Montag, 13. Januar 2020
LARRY B. MAX auf ungewohnten Pfaden. Gerade hat der Steuerfahnder die Oberhand über die CHANNING CORPORATION gewonnen, da stellt sich sein Arbeitgeber die berechtigte Frage, auf welcher Seite der staatliche Angestellte eigentlich noch steht. LARRY B. MAX bedient sich eines Genies auf dem Gebiet der globalen Finanzwelt, JAKOFF, Milliardär. Allerdings ist JAKOFF nicht zimperlich in der Wahl seiner Mittel, noch weniger in der Wahl seiner Mitstreiter. Doch selbst ein JAKOFF ist nicht allmächtig, sondern hat potente Gegenspieler, ausgerechnet aus dem reich der Mitte, CHINA. Schnell wird klar, hier stehen sich nicht nur Akteure mit großem finanziellen Hintergrund gegenüber. Unter dem wirtschaftlichen Deckmäntelchen tobt ein Krieg der Systeme. Und LARRY B. MAX könnte mittendrin zerrieben werden …
Frischer Wind bei I.R. $. Selten war die Geschichte aktueller. Wer in den vergangenen Wochen und Monaten die Wirtschaftsnachrichten über Strafzölle zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und China auch nur ansatzweise verfolgt hat, wird sofort Parallelen entdecken. Und nicht nur dabei. STEPHEN DESBERG bedient sich ebenfalls bei den inneren Verhältnissen der USA. Das ist teils gruselig im Vergleich zur Realität, ein großzügiges Spiel mit Verschwörungstheorien und über die gesamte Strecke eine der spannendsten Folgen der ganzen Reihe.
LARRY B. MAX hat sich von einer Menge Ballast befreit. Die Dämonen der Vergangenheit, familiäre Plagegeister, stehen der Figur nicht mehr im Weg und bremsen sie aus. LARRY B. MAX ist sehr fokussiert, hat starke Auftritte und stellt nach außen den harten Knochen dar, den TOUGH GUY, der nur angesichts einer neuen Bekannten es sich gestattet, ein wenig schwach zu werden. Weil, da lockt Autor STEPHEN DESBERG seinen Hauptcharakter, die junge Frau, SUNSET mit Künstlernamen, für ein stinknormales Leben steht, in dem man nicht hin und wieder einer Kugel ausweichen muss.
Die Handlung ist nicht sehr verzwickt, aber der Leser sollte schon aufpassen. Denn die Handlung ist sehr dicht, Bild und Text gehen sehr schön Hand in Hand, ergänzen sich zeitweilig sogar hervorragend. Man kann es ein grundsätzliches Prickeln der Gefahr nennen. Oder, dass STEPHEN DESBERG für seine Figur die Bedrohung immer weiter heraufbeschwört. Es ist toll, wie packend STEPHEN DESBERG die Geschichte schreibt und fast wie nebenbei frühere Bedrohungen (aus dem alten Leben von LARRY B. MAX) beinahe zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen lässt.
BERNARD VRANCKEN sucht im Gegensatz zu STEPHEN DESBERG keine Anlehnungen an der Realität, sondern kreiert eigene Figuren. Optische Ähnlichkeiten sind hier fehl am Platz. BERNARD VRANCKEN zeichnet einen Gentleman, der aber mit schmutzigen Tricks arbeitet. Die traut man ihm wegen seines Model-Aussehens aber nicht zu. Auch seine Gegner lassen sich dadurch täuschen. Optisch könnte er ein Actionheld sein, tatsächlich ist er ein Taktierer, ein Schachspieler, ein Dandy, der manchmal von der Schusswaffe Gebrauch macht.
Klare Linien, dem Realismus sehr zugetan, manchmal vielleicht etwas stereotypisch, aber nicht oft. Als Leser sieht man den Figuren gerne bei der Arbeit zu. Auch das gehört dazu. Selbst der fieseste Charakter sollte nicht allzu abstoßend sein. Davon gibt es hier jedoch gar keine Figur. In den Hierarchien der OBEREN ZEHNTAUSEND achtet man auf das Erscheinungsbild. Wer Geld verdient, muss dieses entsprechend bei Konferenzen und Pressemitteilungen vertreten können. STEPHEN DESBERG schreibt BERNARD VRANCKEN eine Szene, die genau diese Muster zeigt. Dann sind Verluste oder Hiobsbotschaften besser für Anleger zu verdauen.
Ein Top-Thriller. Einziges Manko, es ist der erste Teil eines Zweiteilers. Wie sich LARRY B. MAX aus dieser Bredouille herauswindet, welche Schachzüge folgen, erfährt der Leser erst in Band 20, DIE DÄMONEN DER BÖRSE. Zuvor aber ist DIE HERREN DER FINANZWELT ein starker Kracher mit spannenden Wendungen und einer tollen Hauptfigur, die sich von ihrer eigenen Vergangenheit emanzipiert. Weiter so! 🙂
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Montag, 06. Januar 2020
DAS WILDE LAND! Ausgerechnet die HAND treibt dort ihr Unwesen. Die vermummten Attentäter hatten schon oft mit anderen Klingenträgern zu tun. Selbstverständlich gehörte WOLVERINE dazu. Für den X-MAN ist es fast ein besonderes Vergnügen, die Assassinen vom Leben in den Tod zu befördern. Diesmal aber bleibt für ihn nicht mehr viel zu tun, denn ein neuer Krieger hat das Schlachtfeld betreten, nicht minder kampferfahren und fast ebenso hart im Nehmen. Sein Name: CONAN. Als BARBAR bekannt, verdingt er sich als SÖLDNER und DIEB. Attentäter der HAND sind für ihn kaum nennenswerte Gegner. Bei WOLVERINE sieht die Lage schon ganz anders aus! So einen Feind hatte CONAN noch nie!
Manchmal, nicht oft, betrachtet man die Fülle der Comic-Erscheinungen, gerade bei den beiden großen amerikanischen Verlagen DC und MARVEL, gibt es Überraschungen. Dieser Auftaktband zu SAVAGE AVENGERS gehört dazu. AVENGERS gab es in der Vergangenheit, der Gegenwart viele und bestimmt wird es in der Zukunft noch mehr geben. Unendlich viele Teams waren oder sind dort zu finden. Wenn mal wieder ein neues aufgestellt werden soll und zufällig eine Liste seitens der Bestandsmitglieder eingesehen wird, wer denn mal wieder in die Reihen aufgenommen werden soll, stellt sich schnell die Frage, wer war eigentlich noch nicht dabei?
Kurios waren bereits die DARK AVENGERS. Die SAVAGE AVENGERS gehen noch einen Schritt weiter, denn sie versuchen gar nicht erst das Original zu kopieren. Der PUNISHER, WOLVERINE, ELEKTRA, VENOM, DR. VOODOO und (verdammt speziell hier) CONAN geben sich hier die Ehre in einem sehr FANTASY-lastigen Szenario. Schön ist, dass Autor GERRY DUGGAN nicht mit den Charakteren experimentiert hat, sondern jeden davon in seiner ursprünglichen Konzeption behandelt. Da wurde nichts extra für die Handlung getrickst. CONAN besitzt das Herz und das Hirn des HYBORISCHEN ZEITALTERS, WOLVERINE lässt das Tier raus und der PUNISHER wird durch ein paar (sehr gemeine) Vorkommnisse bis aufs Blut gereizt.
Auf diesen dreien MARVEL-HELDEN liegt das Hauptaugenmerk der Handlung. DR. VOODOO, ELEKTRA sind eher Nebenfiguren. VENOM hingegen ist ein Werkzeug für die Handlung und nimmt einen sehr wichtigen und äußerst (!) ungewöhnlichen Part ein. Das hätte kein Leser, selbst der größte MARVEL-FAN jemals vorhersehen können. Hut ab vor GERRY DUGGAN, dass er sich keinerlei Grenzen gesetzt hat. Was dabei herauskommt, ist über die Maßen aufregend, spannend und gelungen.
Zwei Illustratoren sind hier zu nennen: DAVID FINCH hat die, wieder einmal, höchst perfekten Cover der hier versammelten fünf Kapitel geliefert (die Einleitung, im Prinzip ein sechstes Kapitel, entstammt einer Ausgabe des FREE COMICBOOK DAY). Der Hauptzeichner und Tuscher allerdings, MIKE DEODATO JR., steht DAVID FINCH technisch in keinster Weise nach. Hart realistisch, rau, sehr düster, dem Szenario völlig angemessen. Denn die Handlung startet im WILDEN LAND, aber es wird ein Trip, der ausschaut, als marschierten die SAVAGE AVENGERS geradewegs in die Hölle. Im übertragenden Sinne, weil das Ziel DIE STADT DER SICHELN ist. Und anstelle des Teufels eine alte Gottheit herausbeschworen wird, eine Art gigantischer menschenfressender ZENTAUR.
Man merkt, es wird außerordentlich phantastisch, selbst für solche Leser, die schon häufiger mit CONAN zu tun hatten. Es gibt ordentlich viel Magie, einen ziemlich besonderen Auftritt von VENOM (von dem man wahrlich schon viel gesehen hat). Kurz gesagt, die Kämpfe reichen von der normalen Auseinandersetzung, sehr heftigen Momenten (die der Leser von WOLVERINE durchaus gewohnt ist) bis hin zur bombastischen Gigantomanie, in der es blockbustermäßig kracht!
Eine blutige Angelegenheit, stark vom Genre FANTASY dominiert. Wer die normalen AVENGERS gewöhnt ist und etwas ähnliches bei den SAVAGE AVENGERS erwartet, liegt hier total falsch. Wer CONAN mit neuen Freunden möchte, der ist hier goldrichtig! Fetzig hart illustriert von MIKE DEODATO JR. und streng düster durcherzählt von GERRY DUGGAN. Hier werden keine Gefangenen gemacht! Stark! 🙂
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Freitag, 03. Januar 2020
Ein jugendlicher SUPERHELD hat es alles andere als leicht. Der Alltag eines Schülers ist schon streßig. Schlägt man sich dann noch die Nächte um die Ohren, um irgendwelchen Ganoven SUPERSCHURKEN die Flötentöne beizubringen, stellt sich irgendwann, meist sehr schnell, ein ziemlicher Erschöpfungszustand ein. SPIDER-MAN alias PETER PARKER konnte ein Lied davon singen. Und bei MILES MORALES, ebenfalls ein SPIDER-MAN, sieht es nicht besser aus. Außerdem, da lange nicht so erfahren wie die übrigen SUEPERHELDEN, sammelt der Junge täglich neue Eindrücke, die irgendwie verarbeitet werden wollen. Zeit für ein TAGEBUCH!
Eigentlich als Schulprojekt gedacht, eröffnet sich für MILES MORALES so eine Möglichkeit, seine neuesten Erfahrungen zu verarbeiten. Zwar werden diese Gedanken (auch ein Teil des Schulprojekts) niemals von einem anderen Menschen gelesen werden, aber immerhin kann er sich so alles einmal von der Seele schreiben. Und das ist nicht eben wenig.
RHINO, eine KINDERARMEE, CAPTAIN AMERICA, STARLING, TOMBSTONE sind ein paar Begegnungen, mit denen sich MILES MORALES alias SPIDER-MAN herumschlagen muss. Und natürlich LYLE DUTCHER nicht zu vergessen. Der KONREKTOR hat es ebenso auf MILES MORALES abgesehen. Schüler, die zu spät und übermüdet in der Schule erscheinen, sind für den Pädagogen ein rotes Tuch. Hier mag sich Autor SALADIN AHMED ein wenig an die Filmlegende FERRIS BUELLER erinnert haben (auch diesem Schüler hing ständig eine schulische Nemesis im Nacken). Aber SCHULE ist SCHULE und SUPERSCHUKREN sind SUPERSCHURKEN.
Bei letzteren hat sich SALADIN AHMED ein ungewöhnliches MARVEL TEAM-UP einfallen lassen. RHINO kämpft an der Seite von SPIDER-MAN. Das würfelt nicht nur sehr verschiedene Fähigkeiten zusammen, es mischt auch zwei sehr unterschiedliche Generationen. Das äußert sich nicht nur in den Ausdrucksweisen der beiden. Binnen kurzer Zeit wird das Duo auch noch zum Trio um CAPTAIN AMERICA komplettiert. Kling zuerst schräg, funktioniert aber sehr gut.
MILES MORALES setzt als SPIDER-MAN einen neuen Startpunkt. PETER PARKER ist mit den Jahren an Erfahrung gealtert, längst aus der Schule heraus, arbeitete als Lehrer, wurde von DR. OCTOPUS ersetzt und erlebte vieles mehr. Mit MILES MORALES konnte noch einmal bei Null angefangen werden, in einem neuen Jahrtausend und den Erfahrungen, die Jugendliche in diesem Jahrtausend (den ersten beiden Jahrzehnten) nun einmal machen. Das ist, stellt man Vergleiche an mit jenen Zeiten, als SPIDER-MAN noch von JOHN ROMITA (Senior) gezeichnet wurde, nicht mehr ganz so bierernst wie damals. Durch Zeichner (und Tuscher) JAVIER GARRÓN wird dies umso deutlicher.
Der Comic-Künstler zeichnet sehr gut, sehr sauber, aber auch verspielter und rückt damit mehr in die Nähe eines Künstlers wie ED MCGUINNESS, der ebenfalls im MARVEL-UNIVERSUM als Zeichner unterwegs ist, hierzulande aber bekannter für seine Arbeiten für SUPERMAN, BATMAN und Konsorten sein dürfte. JAVIER GARRÓN kommt eine spezielle Aufgabe zu. Während sich viele Zeichner auf besondere Ereignisse auf den Superheldenschlachtfeldern, im Weltall oder an anderen ungewöhnlichen Orten konzentrieren können, darf JAVIER GARRÓN, wie bei SPIDER-MAN zu erwarten, auch die private Seite eines Superhelden abdecken. Und das bedeutet: SCHULE. Unterricht, Freunde, Rivalen, Liebe, Lehrer. Das volle Paket also. Die private Seite tritt selbstredend etwas kürzer als die nächtlichen Abenteuer des vornehmlich schwarz gewandeten SPIDER-MAN. Die Leser sollen schließlich keine Comic-Folgen von BEVERLY HILLS 90210 vorgesetzt bekommen.
Es hat Drama, wie nicht anders zu erwarten ist, wenn Kinder entführt werden. Es hat Witz, durch das Zusammentreffen von RHINO und SPIDER-MAN sehr schön umgesetzt. Es hat Action satt, nicht zuletzt durch Feinde wie TOMBSTONE, der nun mal gar keiner ist, der Gefangene macht. Es hat neue interessante Figuren wie STARLING, die wie eine junge, frische Version des VULTURE daher kommt, so dass SPIDER-MAN seine eigenen Erfahrungen mit einem Geflügelgegner machen darf. Es hat einen starken Autoren wie SALADIN AHMED und einen nicht minder tollen Illustratoren wie JAVIER GARRÓN, dessen Arbeit durch einen Koloristen wie DAVID CURIEL regelrecht geadelt wird. Top! 🙂
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