CAPTAIN ROOK treibt eine schier unmöglich scheinende Mission voran. Sie will einen TIGER zur geheimnisvollen ISOLA bringen. Doch der Weg führt ausschließlich durch gefährliche Gebiete. Jäger wollen den TIGER zur Strecke bringen. Monster, Kreaturen halb Mensch, halb Tier können das Ende bedeuten. Nahrung und Wasser sind knapp. Visionen täuschen die Reisenden. Und darüber hinaus birgt der TIGER ein Geheimnis, denn die Großkatze ist alles andere als ein Tier. In Wahrheit ist ihr Name OLWYN, und sie ist eine KÖNIGIN.
Zwei sehr unterschiedliche Reisegefährten auf der Flucht in einer Welt, in der sich ein Krieg ankündigt. BRENDEN FLETCHER und KARL KERSCHL haben ihr eigenes FANTASY-Reich erschaffen. Diese neue Welt erschließt sich dem Leser nur langsam. Einerseits scheinen sich hier Geheimnisse zu bündeln, andererseits schleppen beide Reisegefährten, CAPTAIN ROOK wie auch KÖNIGIN OLWYN, ihre unausgesprochenen Sünden mit sich herum. Rückblenden und Visionen künden davon, wie das Gewissen der beiden ungleichen Charaktere arbeitet. Die Reise von CAPTAIN ROOK und OLWYN wird jäh unterbrochen, als sich MORO, ein wunderlicher Greis, einmischt und OLWYN auf einen neuen Pfad führt.
Grafisch großes KINO, die Erzählung von asiatischer Rätselhaftigkeit. Wer als Comic-Leser sich ein wenig in Animes umgeschaut hat, wird vielleicht einmal auf PRINZESSIN MONONOKE gestoßen sein. Hier wird der Leser eine der Natur auf ähnliche Weise verbundene Kultur vorfinden. Denn die Natur mit ihren Lichtern, den mystisch zu nennenden Farben, die über den kompletten Handlungsstrang hinweg ein Flair eines durch bunte Fenster erleuchteten Tempels ist ein wichtiger Akteur in ISOLA.
Figürlich finden sich Parallelen zu weiteren Klassikern wie FEUER UND EIS sowie DER HERR DER RINGE von RALPH BAKSHI. Damals wurden die Szenen mit Schauspielern gestellt und später wurden diese für einen vollkommen naturalistischen Effekt überzeichnet. Mit den von KARL KERSCHL gestalteten Charakteren könnte es sich optisch ähnlich verhalten (was aber nicht die Arbeitsweise war). Darüber hinaus ergibt sich durch manche Schattierung nicht nur ein schöner räumlicher Effekt, sondern auch Eindruck, die Bilder entstammten einem Zeichentrickfilm der neueren Generation. Hart am Realismus, ein paar Prozentpunkte weniger, werden sich hier Leser wiederfinden können, die COMICS wie das Steinzeitabenteuer MEZOLITH von ADAM BROCKBANK und BEN HAGGARTY mochten.
KARL KERSCHL hat sich bislang auf dem Gebiet der Superhelden-Comics einen Namen gemacht (SUPERMAN, FLASH, TEEN TITANS). Wer sich dortige Bilder anschaut, findet eine leichte Verwandtschaft zu CORY WALKER (INVINCIBLE). In diesem Band, ISOLA, hat sich KARL KERSCHL grafisch gesteigert, hinzu kommt, dass in der Kolorationszusammenarbeit mit MSASSYK farbliche Meisterwerke entstanden sind. Jede Seite hat Titelbildqualität, ohne Abstriche. Jeder Seitenaufbau (hier und da auch eine Doppelseite) ist auf den Punkt genau nach Stimmung und Dramaturgie durchkomponiert. Die Wirkung wird selbstverständlich immer größer, je mehr uns die von BRENDEN FLETCHER und KARL KERSCHL erfundenen Charaktere an sich heranlassen.
Die Verbindung zwischen CAPTAIN ROOK und OLWYN ist zu Beginn seltsam. Auf die üblichen einleitenden Erläuterungen wird verzichtet. Der Leser soll und muss sich vertrauensvoll auf das Geschehen einlassen. In Zeiten, in denen Trailer schon die Handlung ganzer Filme vorweg nehmen, ein Spoiler-Alarm den nächsten ablöst, ist das ungewohnt und verlangt Geduld. Aber, das sei verraten, der Leser sollte diese Geduld aufbringen, denn es lohnt sich. So wartet zum Schluss eine ungewöhnliche Belohnung (die einige Fragen zusätzlich klärt). Zunächst setzen die beiden Erfinder von ISOLA auf Effekte, die den Leser zur Aufmerksamkeit erziehen sollen. CAPTAIN ROOK und OLWYN stoßen auf einen toten Körper (es einfach nur Leiche zu nennen, wäre untertrieben). Das geschieht nach einem recht kurzen, märchenhaften Beginn. Spätestens hier sollte die Faszination für ISOLA beginnen, denn man ahnt nun, dass in ISOLA etwas gewaltig anders ist als in sonstiger MAGIE-UND-SCHWERT-FANTASY.
Mystisch, asiatisch, märchenhaft. Das ist ISOLA. Einflüsse sind sicherlich erkennbar, darüber hinaus begibt sich ISOLA von BRENDEN FLETCHER und KARL KERSCHL auf einen sehr eigenständigen Pfad. ISOLA konzentriert sich sehr auf seine beiden Hauptfiguren und erzählt nur wenig vom großen Ganzen der hier vorliegenden Welt. Es wird also sehr emotional, zwischen Freund und Freund, außerdem zwischen Freund und Feind. Auf geopolitische Eigenarten dieses Fantasy-Universums wird weitestgehend verzichtet. Nur das in dieser Hinsicht für die Handlung absolut Nötigste wird dem Leser mitgeteilt. Genial und technisch perfekt illustriert. Klasse. 🙂
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